Die 90er Jahre waren sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern der Welt gekennzeichnet von Bilanzskandalen und Unternehmenskrisen durch fehlerhafte Unternehmensführung in bislang unbekannter Größenordnung. Eine Debatte um die Verbesserung von Unternehmensverfassung, Qualität der Unternehmensführung sowie Zielsetzung, Leitung und Kontrolle von Gesellschaften war die Folge. Weltweit rückte ein Begriff in den Mittelpunkt betriebswirtschaftlicher und gesellschaftsrechtlicher Diskussionen: Corporate Governance. Der Begriff Corporate Governance ist bislang kein Begriff der deutschen Rechtsordnung. Er umfasst nach internationalem Verständnis die Grundsätze einer guten Unternehmensführung und somit der Leitung und Überwachung eines Unternehmens. Corporate Governace berücksichtigt das Zusammenwirken der Unternehmensorgane und die Verknüpfung des Unternehmens mit Personen und Organisationen, die in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Unternehmen stehen. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat die vorgenannten Ereignisse zum Anlass genommen, umfassende Maßnahmen zur Verbesserung der Unternehmensführung und -überwachung zu ergreifen. Die Maßnahmen spiegeln sich unter anderem im 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Verbesserung von Anlegerschutz und Unternehmensintegrität und dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) wieder. Sie richten sich unmittelbar an börsennotierte Aktiengesellschaften. Corporate Governance wird oftmals noch als betriebswirtschaftlicher Bereich der Unternehmensführung angesehen. Eine wesentliche Grundlage der Ausgestaltung von Corporate-Governance-Strukturen bildet jedoch auch das Gesellschaftsrecht, da dieses den Ordnungsrahmen für Unternehmen vorgibt. Grundsätze der Corporate Governance sind bereits im Unternehmensrecht verankert. Die vorliegende Arbeit befasst sich vor diesem Hintergrund mit der rechtlichen Verbindlichkeit von Corporate Governance Grundsätzen. Ausgangspunkt bilden die Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung von Anlegerschutz und Unternehmensintegrität. Schwerpunktmäßig wird auf bereits bestehende gesetzliche Regelungen eingegangen werden. Bei der Vielzahl der bereits getroffenen bzw. geplanten Maßnahmen erscheint es fraglich, ob den Unternehmen die Anwendung der Corporate Governance Grundsätze noch freigestellt ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung von Corporate Governance
- 2.1. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK)
- 2.1.1. Ziele und wesentlicher Inhalt
- 2.1.2. Regelungscharakter
- 2.2. Das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung
- 3. Verankerung von Corporate Governance im Unternehmensrecht
- 3.1. Gesetz zur Unternehmensmodernisierung und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)
- 3.1.1. Inhalt
- 3.1.2. Im UMAG geregelte Anpassungen des AktG
- 3.1.3. Auswirkungen des UMAG auf Gesellschaftsorgane und Gesellschafter
- 3.2. Gesetz zur Offenlegung der Vorstandvergütung (VorstOG)
- 3.2.1. Inhalt
- 3.2.2. Auswirkungen des VorstOG
- 4. Die rechtliche Verankerung des Deutschen Corporate Governance Kodex
- 4.1. Gesellschaftsrecht als Basis des DCGK
- 4.2. Die Rechtsverbindlichkeit der Regelungen des DCGK
- 4.3. Entsprechungserklärung gem. § 161 AktienGesetz
- 4.3.1. Inhalt
- 4.3.2. Die Haftungstatbestände des § 161 AktG
- 5. Die Vorstufen der Verrechtlichung von Corporate Governance Grundsätzen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der rechtlichen Verankerung von Corporate Governance-Grundsätzen im Unternehmensrecht. Sie analysiert die Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung von Anlegerschutz und Unternehmensintegrität, insbesondere den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und das 10-Punkte-Programm, sowie deren Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis.
- Die Rolle von Corporate Governance in der modernen Unternehmensführung
- Die rechtliche Verbindlichkeit von Corporate Governance-Grundsätzen
- Die Verankerung von Corporate Governance im deutschen Gesellschaftsrecht
- Die Auswirkungen der Gesetzgebung auf Unternehmen und Gesellschaftsorgane
- Die Herausforderungen bei der Umsetzung von Corporate Governance-Prinzipien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema Corporate Governance und erläutert die Relevanz des Begriffs in der heutigen Zeit. Anschließend werden die Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung von Corporate Governance, insbesondere der Deutsche Corporate Governance Kodex und das 10-Punkte-Programm, detailliert vorgestellt. Dabei werden die Ziele, Inhalte und die Regulierungsmechanismen dieser Maßnahmen beleuchtet.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Verankerung von Corporate Governance im deutschen Unternehmensrecht und die rechtlichen Auswirkungen der relevanten Gesetzgebung, wie dem Gesetz zur Unternehmensmodernisierung und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) und dem Gesetz zur Offenlegung der Vorstandvergütung (VorstOG), dargestellt. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der rechtlichen Verbindlichkeit des Deutschen Corporate Governance Kodex und den Haftungstatbeständen des § 161 AktienGesetz gewidmet. Abschließend werden die Vorstufen der Verrechtlichung von Corporate Governance-Grundsätzen in Deutschland betrachtet.
Schlüsselwörter
Corporate Governance, Unternehmensführung, Gesellschaftsrecht, Anlegerschutz, Unternehmensintegrität, Deutscher Corporate Governance Kodex, 10-Punkte-Programm, Gesetz zur Unternehmensmodernisierung (UMAG), Gesetz zur Offenlegung der Vorstandvergütung (VorstOG), Rechtliche Verbindlichkeit, Haftung, Entsprechungserklärung, AktienGesetz.
- Citation du texte
- Andrea Chadde (Auteur), 2006, Die Verankerung von Corporate Governance im Unternehmensrecht - Unternehmensführung im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und Verbindlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60332