Das Assessment Center als moderne Personalentwicklungsmethode? Eine kritische Betrachtung


Diplomarbeit, 2006

90 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Assessment Center.
2.1 Definition des Assessment Centers
2.2 Historische Entwicklung des Assessment Centers
2.3 Zielsetzung des Assessment Centers

3 Anforderungsprofile des Assessment Centers

4 Durchführung eines Assessment Centers
4.1 Beobachtungs- und Beurteilungsaspekte.
4.2 Ablauf und Gestaltung.
4.3 Auswertung und Abschlusskonferenz

5 Chancen und Risiken des Assessment Centers.
5.1 Vorteile und Chancen
5.2 Nachteile und Risiken

6 Gültigkeit und Akzeptanz der nicht-monetären Kriterien
6.1 Validität
6.2 Reliabilität
6.3 Objektivität

7 Einsatz und Durchführung des Assessment Centers in der Praxis – dargestellt am Beispiel der OBI Bau- & Heimwerkermarkt GmbH & Co
7.1 Vorstellung des Unternehmens
7.2 Einsatzbereich
7.3 Ablauf
7.4 Übungen
7.5 personelle Besetzung Kritische Betrachtung des Assessment Centers als moderne Personalentwicklungsmethode

8 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Dreiteilung der beruflichen Kompetenzen

Abbildung 2: Phasen der Urteilsgewinnung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Rotationsplan für 12 Kandidaten und Beobachter A – F

Tabelle 2: Instrumente des AC´s

Tabelle 3: Anforderungsmerkmale der Gruppendiskussion

Tabelle 4: Anforderungsmerkmale des Rollenspiels

Tabelle 5: Anforderungsmerkmale der Präsentation

Tabelle 6: Anforderungsmerkmale des Postkorbs

Tabelle 7: Anforderungsmerkmale des Interviews

Tabelle 8: Anforderungsmerkmale des Persönlichkeitstests

Tabelle 9: Ergebnis- bzw. Auswertungs-Matrix

Tabelle 10: Ergebnisprofil eines Teilnehmers

Tabelle 11: Vorteile und Chancen für das Unternehmen und die Teilnehmer

Tabelle 12: Nachteile und Risiken

1 Einleitung

Jedes Unternehmen wünscht sich Fach- und Führungskräfte, die sowohl fachlich und unternehmerisch als auch sozial kompetent sind. Deshalb wird heutzutage in zunehmendem Maße nach ausgeprägten Fach- und Führungspersönlichkeiten gesucht, die durch viele mitgebrachte und entwickelbare Verhaltensweisen in möglichst vielen Fach- und Führungsrollen angemessen handeln können. Das bedeutet, es werden Menschen gebraucht, die Erkennen und Tun, Wissen und Praxis, Training und Anwendung, Überblick und Spezialwissen, aber auch Wirtschaft und Kultur, lebens-, berufs- und unternehmensbezogenes miteinander verbinden können. Um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden, müssen sich die Personalentscheider überlegen, welche Art und Weise der Rekrutierung von Arbeitskräften die für sie geeignetste und effektivste ist. Immer mehr Unternehmen bedienen sich seit geraumer Zeit einem aufwändigen und eignungsdiagnostischem Personalentwicklungsverfahren, dem so genannten Assessment Center, bei dem mehrere Teilnehmer gleichzeitig von Beobachtern in Bezug auf vorher festgelegte Übungen und Anforderungen beurteilt werden. Diese Methode ist somit ein Personalauswahlverfahren von Unternehmungen für neue Mitarbeiter und kann ebenfalls für die Personalentwicklung von Fach- und Führungskräften eingesetzt werden. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit dieser Personalentwicklungsmethode verbunden ist, kommt es allerdings vorwiegend bei internen Besetzungsentscheidungen im Führungskräftebereich zum Einsatz. Allerdings wird diese Methode zunehmend auch bei Verkäufern, Auszubildenden, Beamten, Polizisten und anderen Berufsgruppen eingesetzt. Das Assessment Center hat in der täglichen Praxis an enormer Bedeutung zugenommen, sowohl bei denen, die sich auf dem Arbeitsmarkt bewerben als auch bei den Unternehmen, da der langfristige, volkswirtschaftliche Erfolg von einer Optimierung des Faktors „menschliche Arbeitsleistung“ abhängig ist. Doch kann es den Anforderungen auch gerecht werden, die Personalentscheider und Anwender an diese Personalentwicklungsmethode stellen? Ist es ein faires und gerechtes Verfahren? Welche Fehlerquellen bringt es mit sich und ist sein Einsatz überhaupt vorteilhaft?

Das Ziel dieser Diplomarbeit ist die kritische Betrachtung des Assessment Centers als moderne Personalentwicklungsmethode und dementsprechend werden in der vorliegenden Arbeit das grundlegende Konzept, die Anforderungsprofile, die Besonderheiten des Verfahrens und die Chancen und Risiken untersucht und dargestellt. Die Ausführung der Diplomarbeit basiert zum einen auf der Erfahrung als Teilnehmerin, zum anderen durch Unterstützung mit Literatur (angegeben mit Fußnoten) und Gesprächen mit Herrn Wegener, zuständiger Personalreferent für Personalauswahl und –förderung der OBI GmbH & Co. KG.

Begonnen wird im zweiten Kapitel mit einer allgemeinen Betrachtung des Assessment Centers. Hier wird das Personalentwicklungsverfahren definiert sowie die historische Entwicklung und die Zielsetzung beschrieben.

Im dritten Kapitel geht es um die verschiedenen Anforderungsprofile, die vorausgesetzt werden. Darunter fallen die Fach-, Methoden- und die Sozialkompetenz.

Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt im vierten Kapitel auf der Durchführung des Assessment Centers, das heißt, die Bedeutung der Beobachtungs- und Beurteilungsaspekte, der Ablauf und die Gestaltung mit sämtlichen Aufgaben und Übungen des Assessment Centers und die Auswertung mit der Abschlusskonferenz. Zu den typischen Aufgaben und Übungen eines Assessment Centers gehören die mündlichen und schriftlichen Übungen, die sich in die Gruppendiskussion, das Rollenspiel, die Präsentation, den Postkorb, das Interview, den Persönlichkeitstest, den Intelligenztest und den Leistungs- bzw. Konzentrationstest aufgliedern.

Des Weiteren werden im fünften Kapitel die Vorteile und Chancen sowie die Nachteile und Risiken einer solchen Personalauswahlmethode erläutert. Neben den offensichtlichen Vorteilen dieses Personalentwicklungsverfahrens soll es vorrangig um die Nachteile und Risiken gehen, die bei der Entwicklung und Durchführung eines Assessment Centers auftreten können. Die kritischen Elemente dieser Personalauswahlmethode sind zum Beispiel Beobachtungs- und Beurteilungsfehler, „Gewinner- und Verlierer-Problematik“, unkompetente Handhabung, unrealistische Übungen und tabuisierte Verfahren.

Im sechsten Gliederungspunkt werden die Gültigkeit und Akzeptanz der nicht-monetären Kriterien, wie Validität, Reliabilität und Objektivität, behandelt.

Im siebten Kapitel beschreibt diese Diplomarbeit den Einsatz und die Durchführung des Assessment Centers in der Praxis – dargestellt am Beispiel der OBI Bau- und Heimwerkermarkt GmbH & Co. KG. Hier wird zunächst das Unternehmen vorgestellt, anschließend werden der Einsatzbereich, der Ablauf, die Übungen und die personelle Besetzung bei OBI näher erläutert.

Im abschließenden Kapitel, dem Fazit, sollen die vorangegangenen Gliederungspunkte noch einmal aufgegriffen und reflektiert werden sowie Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zusammengetragen werden.

2 Das Assessment Center

2.1 Definition des Assessment Centers

Für den Begriff „Assessment Center“ findet man in der Fachliteratur zahlreiche Definitionen, z.B. ist das AC eine

- „aus mehreren Einzel- oder Gruppenübungen bestehende Form der Gruppenbeurteilung, durch die Wissen, Können und vor allem soziale Verhaltensweisen der Gruppenangehörigen erfasst werden. AC´s werden vorwiegend für Führungskräfte eingesetzt und sollen die Entscheidungsfindung bei Auswahl, Beförderung und Ermittlung von Weiterbildungsbedürfnissen verbessern. Die Kandidaten[1] erhalten Gelegenheit, die für bestimmte Positionen typischen Fähigkeiten (z.B. Führungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, usw.) in verschiedenen Übungssituationen zu demonstrieren.“[2]
- „Das AC ist ein systematisches Verfahren zur qualifizierten Feststellung von Verhaltensleistungen bzw. Verhaltensdefiziten, das von mehreren Beobachtern
gleichzeitig für mehrere Teilnehmer in Bezug auf vorher definierte Anforderungen angewandt wird.“[3]
- „Das AC ist eine multiple Verfahrenstechnik, bei der mehrere eignungsdiagnostische Instrumente oder leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden. Dabei geht es um die Einschätzung aktueller Kompetenzen oder die Prognose künftiger beruflicher Entwicklung und Bewährung.“[4]
- „Das AC ist eine bunte Mischung aus subtilen Psychotests zur Personalauslese. Diese Psychotests sind dem Bewerber, unter anderem Namen, bereits aus Grimms Märchen bekannt, in denen angehende Helden oder Freier von Königstöchtern nicht ohne gewisse Prüfungen zum Ziel bzw. zum Erfolg kommen konnten.“[5]
- „Assess (englisch) bedeutet abschätzen und Center (englisch) heißt übersetzt Mittelpunkt. Das AC ist ein aufgaben- und handlungsbezogenes Gruppenprüfungsverfahren mit mehreren Beobachtern. Die Dauer des Verfahrens hängt von der Position ab, das heißt, anspruchsvolle Unternehmen testen Auszubildende 1 – 4 Stunden, potenzielle Führungskräfte können aber 1 – 3 Tage und in Ausnahmen sogar bis zu 5 Tage getestet werden. Die einfachste Form ist z.B. eine 30 – 60-minütige Gruppendiskussion (z.B.: Warum glauben Sie der richtige Kandidat für unser Unternehmen zu sein?), in erweiterter Form werden an die Teilnehmer Aufgaben verteilt (z.B. derzeitige wirtschaftliche Probleme bzw. die Entwicklung einer Internetseite und Marketingstrategie eines Produktes X). Bei Rollenspielen werden Alltagssituationen simuliert, wie z.B. Mitarbeitergespräche, Verkaufsgespräche, Kundenreklamationen, usw.. Eine Steigerung ist das Planungsgespräch, wie z.B. die Einführung eines PKW-Modells, einem Event nach einem Umbau eines Bekleidungshauses, usw.. Bei

solch einem Planungsgesprächs übernimmt ein Teilnehmer die Gruppenleitung für das gesamte Team.“[6]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das AC nach wie vor als das geeignetste Instrument zur Eignungsfeststellung und Vorhersage des späteren beruflichen Erfolgs gesehen wird.[7]

Dies wird auch durch den ständig steigenden Einsatz von AC´s bei der Auswahl von Führungskräften und bei der Auswahl von Spezialisten bestätigt. Denn die Verantwortung und Entscheidungsbefugnis von Mitarbeitern wächst ebenfalls kontinuierlich. Die Verbindung einzelner Unternehmensbereiche ist enger geworden, und abteilungsübergreifende Projektarbeit ist schon lange kein Einzelfall mehr. Aus diesem Grund müssen sowohl die Führungskräfte als auch die Spezialisten in der Lage sein, mit anderen zusammenzuarbeiten, Informationen weiterzugeben und Unternehmensabläufe mit zu gestalten. Um dies zu überprüfen, werden vermehrt AC´s eingesetzt.[8]

Das AC wird somit von vielen als eine Art neue „Wunderwaffe“ der Personalauslese gefeiert, die in Wirklichkeit aber so neu gar nicht ist.[9]

2.2 Historische Entwicklung des Assessment Centers

AC´s haben eine sehr lange Geschichte, denn sie gehen auf ein Auswahlverfahren für Offiziere zurück, das schon im siebzehnten Jahrhundert eingesetzt worden sein soll. Deswegen lässt sich vermuten, dass es wohl auch wieder die Militärs waren, die das Verfahren zu Beginn des letzten Jahrhunderts wieder entdeckt und so perfektioniert haben, dass es für Wirtschaftsunternehmen interessant wurde.[10]

Ursprünglich, im militärischen Bereich zur Rekrutierung von Offizieren eingesetzt, erfuhr das AC somit zunehmend industrieller Anwendung. Der Weg vom militärischen in den wirtschaftlichen Bereich führte richtungsweisend über die Langzeitstudie der Firma AT&T in den Jahren 1956 bis 1966, in der 422 Nachwuchsführungskräfte auf 25 als für den Berufserfolg wesentlich erachtete Eigenschaften überprüft wurden. Die Ergebnisse dieser Studie[11] zur Vorhersagegüte des Verfahrens entsprechen in hohem Maße den heutigen Erkenntnissen.[12]

Diese Studie war ausschlaggebend dafür, dass sich Mitte der 60-er Jahre des zwanzigstens Jahrhunderts das AC so schlagartig in amerikanischen Unternehmen verbreitete. Schon 1970 wurde diese Art der Personalentwicklungsmethode von ca. 1.000 amerikanischen Unternehmen eingesetzt. Parallel gelangte das Verfahren auch wieder zurück nach Deutschland und wurde hier erstmals von dem Unternehmen IBM eingesetzt.[13]

1977 schlossen sich dann in Deutschland mehrere große Unternehmen zu dem „Arbeitskreis Assessment Center, Führungskräfte-Auswahl und –Entwicklung“ zusammen und begannen somit einen intensiven Gedanken- und Erfahrungsaustausch.[14]

In diesem Arbeitskreis werden sowohl von Vertretern der Wirtschaft als auch der Wissenschaft Erfahrungen ausgetauscht, Qualitätsuntersuchungen durchgeführt und die Weiterentwicklung der Methode vorangetrieben. Dies ist der Grund, warum es in Deutschland schon mehrere hundert Unternehmen sein dürften, die das AC-Verfahren als festes Personalauswahl- bzw. als Personalentwicklungsinstrument etabliert haben und die Tendenz ist weiterhin stark steigend.[15]

2.3 Zielsetzung des Assessment Centers

Das Ziel dieser Personalentwicklungsmethode ist eine Verhaltensstichprobe, was bedeutet, dass Bewerber, Anwärter oder Mitarbeiter im AC sehr viel präziser beurteilt werden können als beispielsweise anhand von Zeugnissen, Diplomen oder eines Vorstellungsgesprächs. Denn bei dieser Personalauswahlmethode kann ein Arbeitsplatz direkt simuliert werden. Die Leistungen und die Daten, die erhoben werden, sind unmittelbar auf die Praxis bezogen und werden bei jedem Durchlauf vom Psychologen neu überprüft.[16]

Dadurch sind die auf Tests basierenden Personalentscheidungen gerechter, rationaler und transparenter als solche, die auf Zeugnisse, Gesprächseindrücke oder gar Graphologie zurückgreifen. Ein Vorzug von Tests besteht in der direkten Vergleichbarkeit der gezeigten Leistungen. Alle Bewerber haben die gleiche Chance: Jeder bekommt die gleichen Testaufgaben, alle haben dieselbe Testbearbeitungszeit und das Testergebnis wird nach dem gleichen Schema ausgewertet. Damit sind die Tests objektiver. Des Weiteren können Unternehmen Schulnoten und Arbeitszeugnissen nicht mehr trauen und zusätzlich ermöglichen diese keine Aussage über zukünftige Leistungen. Das AC dient ebenso dem Arbeitgeber dazu, teure Fehlentscheidungen bei der Bewerberauswahl zu ersparen. Das AC hilft aber auch dem Bewerber, indem er ein Feedback erhält, ob er für eine bestimmte berufliche Aufgabe geeignet ist oder nicht.[17]

Aber ganz gleich um welche Art von Testverfahren es sich handelt, steht immer das Bestreben des Unternehmens im Mittelpunkt, Fehlentscheidungen möglichst auszuschließen und die Entscheidungsqualität so zu optimieren, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Auswahl geeigneter Mitarbeiter erhöht.[18]

Zusammenfassend besteht die Zielsetzung des AC´s darin, gegenwärtige oder zukünftige Berufstätigkeiten im Hinblick auf verschiedene Anforderungen möglichst realitätsnah in Spiel- und Testssituationen abzubilden und das Ergebnis durch Beobachter nach dem „Mehraugenprinzip“ einschätzen zu lassen. Bei einem AC handelt es sich um eines der aufwändigsten, differenziertesten und am meisten systematischen Auswahlverfahren.[19]

Die wichtigsten Einsatzzwecke des AC´s dürften mit folgender Auflistung erfasst sein:

- interne Personalauswahl
- Auswahl externer Bewerber
- Laufbahnplanung
- Ausbildungsberatung
- Beurteilung, insbesondere Potentialberatung
- Trainingsbedarfsanalyse
- Teamentwicklung
- Berufsberatung
- berufliche Rehabilitation
- Arbeitsplatzgestaltung und
- Forschung.[20]

3 Anforderungsprofile des Assessment Centers

Vor der Konzeption und Durchführung eines AC´s ist zunächst die Erstellung eines Anforderungsprofils notwendig. Das bedeutet, die überfachlichen Anforderungen müssen mit den dazugehörigen Ausprägungen für die Stelle im Unternehmen als Soll-Ergebnis festgelegt werden. Somit ist eine differenzierte und gründliche Anforderungsanalyse zur Erstellung des Anforderungsprofils mit ausschlaggebend für die Qualität und den Erfolg des AC´s.[21]

Nur durch die sorgfältige Erstellung eines Anforderungsprofils hat das Unternehmen einen Maßstab, an dem die Leistungen der späteren Kandidaten gemessen werden können. Bei der systematischen Ausarbeitung erhält man Merkmale, die eine bestimmte Position kennzeichnen und deren Beschreibung durch konkrete Verhaltensweisen erfolgt. So wird gleichzeitig eine handlungsrelevante, überprüfbare und damit optimierbare Ausgangsbasis geschaffen.[22]

Die Anforderungsprofile des AC´s haben sich in den letzten Jahren auf Grund der starken Veränderungen in Unternehmen und durch den immer stärker werdenden Wettbewerb ebenfalls verändert. Denn neben dem Fachwissen spielen noch ganz andere Faktoren eine wichtige Rolle, um heutzutage berufliche Aufgaben bewältigen zu können. Neben der fachlichen wird nämlich die soziale und methodische Kompetenz der Mitarbeiter immer wichtiger.[23]

In der folgenden Abbildung sind die drei beruflichen Kompetenzen näher dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Dreiteilung der beruflichen Kompetenzen[24]

Bei der fachlichen Kompetenz geht es um Wissen, das einen Verkäufer zu einem Experten in einem Spezialgebiet formt. Die fachliche Kompetenz erhält man durch die Kenntnisse aus dem Studium oder der Ausbildung zusammen mit der jeweiligen Berufserfahrung auf einem bestimmten Gebiet. Die fachliche Kompetenz ist für das Unternehmen unverzichtbar, da diese Art der Kompetenz die Basis für berufliche Aufgabenstellungen darstellt.[25]

Die Fähigkeiten, auf andere einzugehen, spezielle Wünsche hinsichtlich zukünftiger Anwendungen gemeinsam zu klären und dann entsprechend Kaufempfehlungen zu geben, sind bei der fachlichen Kompetenz ausschlaggebend. Sind diese Eigenschaften nicht vorhanden, so hat der Verkäufer kein Einfühlungsvermögen, keine Kommunikationsfähigkeit, kein Verkaufsgeschick und keine Kundenorientierung.[26]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gute Fachkenntnisse unabdingbar sind, dass es auf die Vermittlung von Fachwissen ankommt und dass man auf die Wünsche des Gesprächspartners eingehen muss.[27]

Die soziale Kompetenz ist z.B. Teamfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Belastbarkeit, Kreativität, Zielstrebigkeit, Kontaktfreudigkeit, Eigeninitiative, Selbstbewusstsein, analytisches Denkvermögen, Kritikfähigkeit, Engagement, Flexibilität, Begeisterungsfähigkeit, Verantwortungs-, Leistungs- oder Entscheidungsbereitschaft. Diese Begriffe sind feste Bestandteile der Anforderungsprofile von Unternehmen.[28]

Alle diese Angaben zielen auf gewünschte Eigenschaften ab, die zukünftige Mitarbeiter mitbringen sollten. Allgemein gesagt ist soziale Kompetenz im menschlichen Miteinander das Ausmaß, in dem der Mensch fähig ist, im privaten, beruflichen und gesamtgesellschaftlichen Kontext selbstständig, umsichtig und nutzbringend zu handeln, wobei soziale Kompetenz nicht als durchgängiges,

situationsunabhängiges und generalisiertes Persönlichkeitsmerkmal angesehen werden kann.[29]

Aus diesem Grund ergeben sich folgende Anforderungen an den sozial kompetenten Mitarbeiter:

- Der Mitarbeiter erkennt die Anforderungen, die die soziale Situation an ihn stellt.
- Der Mitarbeiter kann seine Möglichkeiten und seine Grenzen in dieser speziellen Situation einschätzen.
- Der Mitarbeiter vermag eigene Ziele sowie Gruppenziele zu generieren.
- Der Mitarbeiter ist in der Lage, situations- und zielangemessen zu handeln und
- Der Mitarbeiter ist fähig, über einen Prozess zu reflektieren.[30]

Solche Anforderungen an sozial kompetente Mitarbeiter herrschen in jedem Unternehmen, das heißt, der Mitarbeiter muss z.B. bei der Lösung von Aufgaben entscheiden, ob sein Wissen zur Problemlösung ausreicht oder ob er einen Spezialisten hinzuziehen soll. Als Führungskraft muss man immer Zielvorgaben entwickeln und dafür sorgen, dass die einzelnen Arbeitsergebnisse zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst werden können. Bei Schwierigkeiten in einer Abteilung oder in einem bestimmten Bereich muss die Führungskraft die Urasche herausfinden und dafür sorgen, dass Arbeitsabläufe in Zukunft reibungslos gestaltet werden können. Ebenso werden Führungskräfte mit Vorgaben von der Geschäftsleitung konfrontiert und müssen diese in dem eigenen Arbeitsbereich umsetzen.[31]

Dabei muss die Führungskraft den Informationsfluss aufrechterhalten und dafür sorgen, dass die Mitarbeiter die Anweisungen nachvollziehen können. Bei großen Arbeitsbelastungen ist von einer Führungskraft die Fähigkeit gefragt, die Mitarbeiter bei Laune zu halten und zu besonderem Einsatz zu motivieren.[32]

Abschließend lässt sich sagen, dass bei der sozialen Kompetenz primär die Persönlichkeit zählt, die Umsetzung von Fachwissen und der Umgang mit Mitarbeitern sehr wichtig sind. Bei AC´s wird deshalb konkret beobachtbares Verhalten getestet, damit die soziale Kompetenz der Bewerber nicht über deren Selbsteinschätzung beurteilt wird.[33]

Die methodische Kompetenz ist immer dann gefragt, wenn es um die Anwendung von Fachwissen geht. Methodische Kompetenz lässt sich auch als Transfer-Fähigkeit, als Theorie-Praxis-Kompetenz oder als Anwendungsfertigkeit beschreiben. Denn bei dieser Kompetenz geht es immer um die Technik, z.B. Gesprächstechnik, Fragetechnik, Problemlösungstechnik, Konfliktvermeidungstechnik, Kreativitätstechnik, Lerntechnik, Präsentationstechnik und Moderationstechnik. Jeder Mitarbeiter, der im Beruf steht, verfügt über einen Grundstock an derartigen Kenntnissen. Dennoch werden alle diese Techniken im Laufe des beruflichen Fortkommens im Berufsalltag und in Weiterbildungen und Seminaren ausgebaut und vertieft.[34]

Allerdings möchten die Unternehmen bereits bei der Einstellung von Mitarbeitern sicher sein, dass sie um die Bedeutung von methodischer Kompetenz wissen und über eine ausbaufähige Basis an Anwendungsfertigkeiten verfügen. Für ein AC ist es z.B. wichtig, dass der Bewerber weiß, welchen Stellenwert methodische Kompetenz in seinem zukünftigen Berufsalltag hat. Da es aber nicht nur um Wissen geht, sondern insbesondere auf gezeigtes Verhalten ankommt, ist es von großer Bedeutung, bei den gestellten Anforderungen durch methodisch kompetentes Verhalten zu glänzen.[35]

Abschließend ist zu bemerken, dass die zahlreichen methodischen Techniken, wie z.B. Gesprächstechnik, Problemlösungstechnik, Lerntechnik, usw., die größte Rolle spielen.[36]

Reines Fachwissen reicht für die Einstellung von Mitarbeitern nicht aus.

Unternehmen erwarten für die zu besetzende Position eine umfassende berufliche Qualifikation, die aus fachlicher, sozialer und methodischer Kompetenz besteht. Diese Anforderungsprofile werden bei AC´s getestet und nur wer diesen Profilen entspricht, hat eine reelle Chance bei dem neuen Unternehmen eingestellt zu werden bzw. die gewünschte Position zu erhalten.[37]

4 Durchführung eines Assessment Centers

4.1 Beobachtungs- und Beurteilungsaspekte

Der Aufbau eines AC´s ist in vier Elemente gegliedert, wobei mehrere Kandidaten mehrere Übungen durchlaufen und dabei von mehreren Beobachtern auf mehreren Dimensionen beurteilt werden. Durch zwei Regeln werden diese Elemente in eine systematische Ablauforganisation gebracht. Die erste Regel betrifft die Beobachtungssituation, die zweite Regel den Beurteilungsprozess.[38]

Das Prinzip für die Beobachtungssituation wird in der folgenden Tabelle an einem Beispiel veranschaulicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Rotationsplan für 12 Kandidaten und Beobachter A-F[39]

Die Tabelle zeigt einen Beobachtungsplan für ein AC mit 12 Kandidaten und 6 Beobachtern. Für diesen Plan gelten folgende Rahmenbedingungen:

- Alle Beobachter sollen möglichst schnell alle Kandidaten in Aktion erlebt haben.
- Die Beobachter sollen zu Beginn wenigstens für zwei Übungen in ihrer Beobachtergruppe zusammenbleiben.
- Jeder Beobachter soll jeden Teilnehmer mindestens in zwei Übungen erleben.
- Jeder Beobachter soll jeden Teilnehmer sowohl in der ersten Hälfte als auch in der zweiten Hälfte der Veranstaltung beobachten und bewerten.
- Die Gruppenzusammensetzung soll wechseln.
- Die stärksten Teilnehmer sollen gegen Ende – wie in einer Play-Off-Runde – in einer Gruppe zusammengefasst werden.[40]

[...]


[1] In der vorliegenden Diplomarbeit wird überwiegend die männliche Form (Kandidat, Bewerber, Beobachter, usw.) benutzt. Dies soll allerdings keine Diskriminierung der Leserinnen darstellen, sondern geschieht allein deshalb, um den Sprachfluss nicht zu stören.

[2]Rump, Paul (Hrsg.) / Kaufmännisches Lexikon – Wirtschaft für jedermann / München / 1985 / Seite 44.

[3]Jeserich, Wolfgang / Mitarbeiter auswählen und fördern / München; Wien / 1981 / Seite 33.

[4]Schuler, Heinz / Assessment Center als Auswahl- und Erfolgsinstrument – Einleitung und Überblick / Stuttgart / 1987 / Seite 2.

[5]Hesse, Jürgen & Schrader, Hans Christian / Assessment Center für Hochschulabsolventen – Bewältigungsstrategien für das härteste Personalausleseverfahren / Frankfurt am Main / 1998 / Seite 16.

[6] Vorlesung Personalwesen bei Herrn Tonigold an der Berufsakademie Mannheim am 24.02.2005 (4. Semester).

[7]Durnwalder, Kurt (Hrsg.) / Assessment Center – Leitfaden für Personalentwickler / München ; Wien / 2001 / Seite 1.

[8]Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / Assessment Center-Training – Die wichtigsten Übungen – Die besten Lösungen / Frankfurt am Main / 2001 / Seite 17.

[9] vgl. Hesse, Jürgen & Schrader, Hans Christian / a. a. O. / Seite 15.

[10]Beitz, Holger & Loch, Andrea / Assessment Center – Erfolgstipps und Übungen für Bewerber / 1. Auflage / München / 2004 / Seite 12.

[11] Bei dieser Studie handelt es sich um die so genannte „Management Progress Studie“, die unter sehr hohen wissenschaftlichen Standards durchgeführt wurde. Hier erreichte das AC eine Vorhersagegenauigkeit wie kein anderes bisher eingesetztes Auswahlverfahren.

[12] vgl. Durnwalder, Kurt (Hrsg.) / a. a. O. / Seite 2.

[13]Boettger, Anja / Assessment Center – Ein Arbeitshandbuch / Renningen / 2004 / Seite 4.

[14] vgl. Beitz, Holger & Loch, Andrea / a. a. O. / Seite 12.

[15] vgl. Boettger, Anja / a. a. O. / Seite 4.

[16]Siewert, Horst H. / Spitzenkandidat im Assessment Center – Die optimale Vorbereitung auf Eignungstests, Stressinterviews, Personalauswahlverfahren / 5., aktualisierte Auflage / Frankfurt am Main / 2004 / Seite 14.

[17]Hesse, Jürgen & Schrader, Hans Christian / Die 100 wichtigsten Fragen zum Assessment Center – Optimale Vorbereitung in kürzester Zeit / aktualisierte Neuausgabe / Frankfurt am Main / 2003 / Seite 153.

[18]Brenner, Doris und Frank & Giesen, Birgit / Individuell bewerben – Mit praktischen Übungen zum Assessment Center / 4. Auflage / Köln / 2000 / Seite 139.

[19]Freund, Ferdinand; Knoblauch, Rolf & Eisele, Daniela / Praxisorientierte Personalwirtschaftslehre / 6., neubearbeitete Auflage / Stuttgart / 2003 / Seite 101.

[20]Von Rosenstiel, Lutz; Regnet, Erika & Domsch, Michael E. / Führung von Mitarbeitern – Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement / 4. überarbeitete und erweiterte Auflage / Stuttgart / 1999 / Seite 151.

[21] vgl. Boettger, Anja / a. a. O. / Seite 9.

[22]Sarges, Werner (Hrsg.) / Management-Diagnostik / 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage / Göttingen; Bern; Toronto; Seattle / 1995 / Seite 719.

[23] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 37.

[24] vgl. ebenso / Seite 37.

[25] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 38.

[26] vgl. Siewert, Horst H. / a. a. O. / Seite 160.

[27] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 38.

[28] vgl. ebenso / a. a. O. / Seite 40.

[29] vgl. Boettger, Anja / a. a. O. / Seite 15.

[30] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 40.

[31] vgl. Boettger, Anja / a. a. O. / Seite 15.

[32] vgl. ebenso / Seite 15.

[33] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 40.

[34] vgl. ebenso / a. a. O. / Seite 42.

[35] vgl. Boettger, Anja / a. a. O. / Seite 10.

[36] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 42.

[37] vgl. Püttjer, Christian & Schnierda, Uwe / a. a. O. / Seite 43.

[38]Kompa, Ain / Assessment Center – Bestandsaufnahme und Kritik / 7. Auflage / München; Mering / 2004 / Seite 40.

[39] vgl. Jeserich, Wolfgang / a. a. O. / Seite 110.

[40] vgl. Jeserich, Wolfgang / a. a. O. / Seite 110.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Das Assessment Center als moderne Personalentwicklungsmethode? Eine kritische Betrachtung
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim  (Staatliche Studienakademie Mannheim)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
90
Katalognummer
V60374
ISBN (eBook)
9783638540728
ISBN (Buch)
9783638677561
Dateigröße
945 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kritische, Betrachtung, Assessment, Centers, Personalentwicklungsmethode
Arbeit zitieren
Kati Franke (Autor:in), 2006, Das Assessment Center als moderne Personalentwicklungsmethode? Eine kritische Betrachtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60374

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