Arthur Schnitzlers Lieutenant Gustl erschien das erste Mal im Jahr 1900 in der Weihnachtsbeilage der Wiener Neuen Freien Presse und rief sofort Erregung und Entsetzen vor allem bei den Militärs hervor. Denn Schnitzler kritisierte mit seiner Novelle nicht nur das Militär und das Duellwesen, sondern legte mit dem durchgängigen inneren Monolog noch dazu das Innenleben eines Leutnants offen, wie es für diese Zeit sehr untypisch war. Nachdem der Autor in der Zeitung Reichswehrmassiv attackiert worden war darauf nicht standesgemäß mit einer Duellforderung antwortete, rief man ihn auf, bekannt zu geben, ob er der Verfasser dieser Novelle sei. Schnitzler gab dies offen zu. Daraufhin wollte ihn das Bezirkskommando in einem Ehrengerichtsverfahren belangen, wogegen sich Schnitzler allerdings wehrte. Im Gegenzug fasste der „Ehrenrat für Landwehroffiziere und Kadetten Wien“ den Beschluss: der beschuldigte Oberarzt hat die Standesehre dadurch verletzt, daß er als dem Offiziersstande angehörig eine Novelle verfaßte und in einem Weltblatte veröffentlichte, durch deren Inhalt die Ehre und das Ansehen der österr. ung. Armee geschädigt und herabgesetzt wurde, sowie daß er gegen die persönlichen Angriffe der Zeitung „Reichswehr“ keinerlei Schritte unternommen hat.
Schnitzler wurde daraufhin zum „Sanitätssoldaten des k. u. k. Landsturms“ degradiert und trug seine Strafe mit Würde. Diese Anekdote verdeutlicht, welch große Rolle die Ehre eines Mannes in der vom Militär dominierten österreichischen Gesellschaft Anfang des 20. Jahrhunderts spielte. Arthur Schnitzler stellte sich seinen Gegnern und trug die Konsequenzen seiner Handlung. Seine Figur Leutnant Gustl vertuscht jedoch seine Ehrverletzung und trägt die Konsequenzen letztendlich nicht. Im Folgenden möchte ich auf das Motiv der Ehre in Arthur Schnitzlers Lieutenant Gustl eingehen und die Frage verfolgen, ob Gustl ein ehrenhafter Mann ist oder nicht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil – Leutnant Gustls Ehre
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Motiv der Ehre in Arthur Schnitzlers Novelle "Lieutenant Gustl". Sie untersucht, ob Leutnant Gustl ein ehrenhafter Mann ist und analysiert die Rolle der Ehre im Kontext der österreichischen Gesellschaft Anfang des 20. Jahrhunderts.
- Die Bedeutung des Duells im gesellschaftlichen Kontext
- Der militärische Ehrenkodex und seine Auswirkungen auf die Lebensweise von Leutnant Gustl
- Die Frage der Ehre als Ausdruck sozialer Hierarchie und Machtverhältnisse
- Die Ambivalenz des Begriffs "Ehre" und seine Interpretation im Kontext der Novelle
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Entstehungsgeschichte und den Kontext von Arthur Schnitzlers "Lieutenant Gustl" ein. Sie beleuchtet den Konflikt zwischen Schnitzler und den Militärs, der durch die Veröffentlichung der Novelle ausgelöst wurde.
Hauptteil – Leutnant Gustls Ehre
Der Hauptteil analysiert das Motiv der Ehre in der Novelle. Er beleuchtet die Rolle des Duells als Mittel zur Selbstjustiz und zeigt, wie die militärische Ehrenordnung die Lebensweise von Leutnant Gustl prägt. Der Abschnitt untersucht auch die Ambivalenz des Begriffs "Ehre" und die Frage, ob Gustl tatsächlich als ehrenhafter Mann bezeichnet werden kann.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter der Arbeit sind Ehre, Duell, Militär, gesellschaftliche Hierarchie, Machtverhältnisse, Moral, Militärkodex, Österreich, Fin de siècle, Arthur Schnitzler, Leutnant Gustl.
- Arbeit zitieren
- Linda Tolle (Autor:in), 2006, Leutnant Gustl, ein (un)ehrenhafter Mann? Über das Motiv der Ehre in Arthur Schnitzlers Lieutenant Gustl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60537