Trainspotting can never be a film! - Analyse der Erzählstruktur des Films und Romans in ihrer Bedeutung zur Tiefenstruktur Umsetzung


Seminararbeit, 2004

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Transformation Impossible? / Einleitung I
1.1 Das Analyse Modell / Einleitung II

2 Die Theorie der Textanalyse
2.1 Tiefenstruktur in Relation zur Mittelbarkeit
2.2 Oberflächenstruktur in Relation zur Erzählperspektive
2.3 Stanzels Typenkreis der Erzählsituationen
2.3.1 Ich-ES
2.3.2 Auktoriale ES
2.3.3 personale ES
2.3.4 Konstituenten der Erzählsituationen und Typenkreis

3 Transformationsmodell der Erzählsituationen für Filmvergleich
3.1 Zur Tiefenstruktur Transformation im Film
3.2 Filmische Gestaltungsmittel im ES Bezug
3.2.1 Kinematographische Konnotationen
3.2.1 attached und detached camera als Dichotomie der Kameraführung
3.2.2 Gestaltung im Schnitt
3.2.3 Syntagmen in ES Kontext
3.2.4 Vereinigung der Gestaltungsmittel in Filmsprachen
3.3 Besonderheit der Ich-ES und Übersicht der filmischen ES

4 Medienvergleich Trainspotting
4.1 Der Roman Trainspotting
4.2 Der Film Trainspotting

5 Schlussbemerkungen

6 Literaturverzeichnis

1. Transformation Impossible? / Einleitung I

Trainspotting kann niemals verfilmt werden. Sagt wer? Sagt John Hodge. Drei Jahre nach dieser Feststellung kommt der Film Trainspotting in die Kinos. Hat wer mit verfilmt? Hat John Hodge.

Bevor wir Hodge selbst die Gelegenheit geben nicht als Lügner und Drehbuchautor in unserer Erinnerung zu verbleiben, möchte ich eine Information seiner Aussage beleuchten. Nicht jeder Film kann verfilmt werden. Warum? Ist es die von Literaturwissenschaftlern leidenschaftlich den vorherrschenden Adaptoren entgegen geschmetterte „Werktreue“? Eigentlich hat sich ja gezeigt das freie Adaptionen häufig eher die Qualitäten ihrer Vorlagen vermitteln als „werktreue“ Verfilmungen ohne jegliche Abweichung. In Wahrheit wurden unter Betrachtung der Werktreue oft kaum objektivierbare Aussagen und Wertungen getroffen, die eine Basis zur Erörterung vergleichbarer Kriterien vermissen ließ.[1]

Einen mit viel Spannung verfolgten Weg zu unserer Frage ging die Semiotik. Schanze konstatiert, dass das Problem des Verhältnisses von Film und Vorlage im Wesentlichen ein semiotisches ist. Er führt aus wie zwischen dem digitalen Kode der Vorlage und dem analogen Kode des bewegten Bildes ein Transformationsprozess stattfindet der als „Verfilmung“ bezeichnet werden kann.[2]

Das dies die Materie aber nicht in ausschöpfenden Maße beschreiben kann, fasst Nerlich in einer ganzen Abhandlung seiner „Kritik an semiotischen Theorien und Modellen“ ab und Werner Faulstich stellt zu 'schlechter' letzt gar fest: „Soweit Filmsemiotik sinnvoll und verständlich ist, ist sie banal“[3]

An dieser ernüchternden Stelle möchte ich endlich John Hodge zu Wort kommen lassen. Auf die Frage warum Trainspotting unverfilmbar ist antwortet er:

“1. It is a collection of loosely related short stories about several different characters. Only towards the end does it take on a continuous narrative form.
2. The characters, each with a distinctive voice, are defined by internal monologue as much as anything, and the language is uncompromisingly specific to a time and place”

John Hodge 1996 S.9

In der Essenz sieht Hodge also die hauptsächliche Problemstellung in der schwierigen Erzählstruktur und der Vielfalt an Individueller Darstellung mit den medienspezifischen Eigenheiten.

Um induktiv zu schließen: Trainspotting wurde verfilmt, also können diese Probleme der Erzählstruktur und die Erdrückende Masse an Inneren Monologen anscheinend gelöst werden. Das thematisiert vorliegende Arbeit.

1.1 Das Analyse Modell / Einleitung II

Die beste Analyse schien mir, die vom Drehbuchautor zu bewältigenden Punkte zu untersuchen. Diese Arbeit geht deshalb auf die Erzählstrukturen von Mittelbarkeit und Erzählsituation ein um damit die jeweiligen medienspezifischen narrativen Gestaltungen auf eine Werteebene zu bringen. Stanzels Modell der Erzählsituationen in Verbindung mit Hursts vergleichendem Modell schien mir eine gute Basis zu bieten.

Angefangen bei der Tiefenstruktur um quasi die Qualität vom „Ton des Töpfers“ zu erfassen taste ich mich weiter zur Realisierung in Irving Welsh’s Roman Trainspotting. Auf Basis der dann erörterten Erzählsituationen wird ein Vergleich der Strukturen, zusammen mit der Adaption des narrativen Modus zeigen inwiefern eine vergleichbare Adaption in qualitativen und objektiv vergleichbaren Kriterien im Film stattgefunden hat.

2 Die Theorie der Textanalyse

„Tiefenstruktur beinhaltet(…) den Stoff als ungeformte Idee und (…) alle anderen Faktoren und Prozesse (…) die mit dem Akt des Schreibens zusammenhängen(..)“[4]

Wie wir nachher sehen werden ist dies ein nicht zu vernachlässigbarer Punkt für die Mittelbarkeit und damit der Erzählperspektive. In Trainspotting haben wir relativ offensichtliche Oberbegriffe, wie z.B. Drogen, die aber in Ihrer komplexen Vernetzung im Gesamtstoff denotativ nicht mehr dem Gesamtbild gerecht werden. Darum habe ich aus dem am häufigsten thematisierten journalistischen und wissenschaftlichen Diskursen sowie Autorenkommentaren eine Begriffsauswahl summiert, die kurz erläutert werden soll.

Lebensentwürfe

Trainspotting" heißt soviel wie Züge gucken - am Gleis oder auf der Brücke stehen und den vorbeirauschenden Loks hinterherschauen. Wie den verpassten Chancen auf ein anderes Leben.“[5] Was für ein Lebensentwurf, mit seinen Intentionen, Wünschen und Träumen, ist aber erstrebenswert? Als Determinanten dafür kann man Zugehörigkeit (Nationalität, Gruppe, Wohnort) und Drogenakzeptanz nennen.[6]

Individuation

Trainspotting erzählt seine Geschichte primär nicht in der Prämisse das Drogensüchtige bemitleidenswert und Opfer wären wie es häufig in Literatur dargestellt wird. Irving Welsh zeigt aber wie verschiedene Charaktere ihren Weg finden oder verlieren mit und ohne Drogen. Beeinflusst werden sie darin von Loyalität eines Kollektiv-Individuums und der Drogensucht als negative Identität zur Kontrolle über eine Lebenssituation, die zur Verfügung stehende positive Identitätselemente sich einander ausschließen lässt.[7]

Anhand dieser Vernetzung der Tiefenstruktur der Vorlage muss sich auch die Adaption messen, aber zunächst möchte ich die erzähltheoretischen Konsequenzen weiterführen.

2.1 Tiefenstruktur in Relation zur Mittelbarkeit

Die Unterscheidung zwischen Autor und Erzähler ist heutzutage nahezu anerkannt.[8]

Daraus konnte man ableiten das der Narrator gleichzeitig zum Vermittler der Geschichte, aber auch als Person zur Maßeinheit der Mittelbarkeit dieser wird. Mittelbarkeit zeigt sich laut Füger sogar als konstitutives Element der Epik womit sie auch zum Strukturelement der Erzähltheorie wird und damit unsere Aufmerksamkeit hat.

Die Transformation des Stoffes ( Tiefenstruktur ) in ein literarisches Werk ist die künstlerische Aufgabe des Autors dazu braucht er eine Form der Präsentation. Diese Form ist die Erzählerfigur, die wie oben erläutert damit die Mittelbarkeit zum entscheidenden Faktor der Stoffformung konstituiert. .[9]

2.2 Oberflächenstruktur in Relation zur Erzählperspektive

Laut Andreotti ist die Oberflächenstruktur der abgeschlossene, vorliegende Erzähltext. Sie ist vollständig von der Erzählperspektive bestimmt. Angenommen der Autor wählt verschiedene Erzählfiguren aus, so bestimmt er damit zwei verschiedene Oberflächenstrukturen.[10] Diese können in Fall von Thomas Mann’s Zauberberg ineinander verwoben, oder wie in Trainspotting Welshs episodisch sein.

2.3 Stanzels Typenkreis der Erzählsituationen

Basierend mit den vorhergegangenen Erläuterungen zur Bedeutung von Mittelbarkeit und ihrer tonangebenden Gestaltung der Erzählperspektive, kann diese jetzt analysiert werden. Stanzel formuliert drei idealtypische Erzählsituationen (ES) in seiner umfassenden Theorie des Erzählens. Die Ich-ES, die auktoriale ES, und die personale ES. (Erzähltheorie, Hurst, S.23)

2.3.1 Ich-ES

Die Ich-ES ist wie keine andere in der Erzählwelt integriert. Ihre Perspektive ist häufig stark eingeschränkt und mit der fiktiven Welt vernetzt. Es besteht volle Identität mit der Welt der Charaktere und der Welt des Erzählers, in der Idealtypischen Konstitution des Ich-ES. Herauszuheben ist allerdings dabei der Unterschied zwischen erzählendem Ich und erlebten Ich.[11]

In Bernard Cornwells Warlord[12] Zyklen berichtet der gealterte Dwerfel auto- biographisch zurückblickend von seinen Erlebnissen. Dabei kommt eine Dipole Lese-

Wahrnehmung zustande. Informationen werden von einem erlebenden Ich mit geringen Bewußtheitsgrad und von dem erzählenden Ich mit dem höheren Bewußtheitsgrad kommentiert. Abhängig von der räumlichen und zeitlichen Distanz verstärkt das den Spannungsgrad.[13]

2.3.2 Auktoriale ES

Keine räumlichen oder zeitlichen Grenzen kennt der Erzähler dieser ES. Da er kein Teil der fiktiven Welt ist, sondern ungebundener Beobachter mit unbegrenzten Wissen und Verständnis über die fiktive Welt hinaus.[14]

2.3.3 personale ES

Besonderheit der personalen ES ist es eine Reflektorfigur als Ersatz für den Erzähler zu stellen. Eine Illusion der Unmittelbarkeit wird hergestellt, der Reflektor erzählt nicht das Geschehen sondern vermittelt den Leser den Eindruck die Fiktive Welt aus der Sicht des Reflektors zu erleben und zu sehen. Verstärkt wird dies durch erlebte Rede und Inneren Monolog.[15]

2.3.4 Konstituenten der Erzählsituationen und Typenkreis

Eben benannte Erzählsituationen bezeichnen eine spezifische Situation. Die der literarischen Praxis oft nur ungenügend gegenübersteht. Um ein fließendere, graduellere Abgrenzung zu finden ordnet Stanzel deshalb die ES bestimmten Konstituenten zu, und zwar Person, Perspektive und Modus.[16] Jede Konstituente liegt zwischen zwei Polen und schiebt sich so den idealtypischen ES näher bzw. entfernter hin.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hier entspricht das extrem der Identität der Seinsbereiche der Ich-ES, die Gegensituation ( Auktoriale ES ) wird aber maßgeblich von der zweiten Konstituente bestimmt liegt also in einem Zwischenbereich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Spektrum zwischen einer deutlich gestalteten Erzählerfigur und einer Reflektorfigur wie in der personalen ES beschrieben wird durch die dritte Konstituente abgetrennt, dem Modus. Der Pol des Erzählers liegt zwischen Ich-ES und auktorialer ES, Reflektorfigur hingegen ist deutlich polarisiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Die drei Konstituenten Person, Perspektive und Modus bilden ein System, in der alle Erzählvarianten möglich werden, die sich zwischen den jeweiligen polaren Positionen ergeben können sind „[17] Demnach sind die ES idealtypische Situationen, die je an einer Konstituente und/ oder Pol angesiedelt sind. Diese sehr abstrakte Form wird überschaubarer im Gesamtbildes deswegen hier der gesamte Typenkreis nach Stanzel.


[...]

[1] Vgl. Gießenfeld 1991 S.275ff.

[2] vgl. Schanze S. 281-290

[3] Faulstich S.55

[4] vgl. Stanzel 1989, S.31ff

[5] www.av-filme.de Barthelmy dpa

[6] vgl. Filmverstehen, König, S. 9-13

[7] vgl. Ebd., S. 19

[8] Stanzel 1989, S.27

[9] Hurst 1996, S.18-21

[10] vgl. Ebd., S.20

[11] vgl. Ebd. S.24

[12] Cornwell, Der Winterkönig

[13] vgl. Ebd.S.24

[14] vgl. Ebd.S.25

[15] vgl. Ebd.S.25

[16] Stanzel 1989 S.70ff

[17] Hurst 1996, S.27

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Trainspotting can never be a film! - Analyse der Erzählstruktur des Films und Romans in ihrer Bedeutung zur Tiefenstruktur Umsetzung
Hochschule
Universität Bayreuth
Veranstaltung
Proseminar Mediendramaturgie
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
33
Katalognummer
V60735
ISBN (eBook)
9783638543279
ISBN (Buch)
9783638688604
Dateigröße
998 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trainspotting, Analyse, Erzählstruktur, Romans, Bedeutung, Tiefenstruktur, Umsetzung, Proseminar, Mediendramaturgie, Kino, Literatur, Adaption, Stanzel, Dramaturgie, Medien, Film
Arbeit zitieren
Gideon Koman (Autor:in), 2004, Trainspotting can never be a film! - Analyse der Erzählstruktur des Films und Romans in ihrer Bedeutung zur Tiefenstruktur Umsetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60735

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