Kaum ein Streit wurde erbitterter geführt, als der Streit um die Vergleichbarkeit von Nationalsozialismus und Kommunismus. Vor allem Anhänger des Marxismus wehrten sich heftigst dagegen, mit ihrem Feindbild verglichen oder gar gleichgesetzt zu werden. Der Totalitarismusansatz behandelt aber Faschismus und Kommunismus gleichermaßen, da beide auffällige Gemeinsamkeiten aufweisen und die Demokratie inklusive ihrer Werte ablehnt. Steffen Kailitz zeichnet das Bild wie folgt: „Die beiden tragenden Säulen der demokratischen Verfassungsstaaten, die Akzeptanz des Pluralismus und die unbedingte Achtung der Menschenrechte, werden bewusst negiert. Der Glaube im Besitz der objektiven Wahrheit zu sein, bedingt den Versuch einer ideologischen ‚Gleichschaltung’ der Bevölkerung; damit wird der Pluralismus zerstört. Totalitarismen bedeutet der einzelne Mensch nichts und das Kollektiv alles; das ermöglicht rücksichtslose Verletzung der Menschenrechte im Namen der ‚guten’ Sache.“ 1
Das 20. Jahrhundert ist das Zeitalter, in dem totalitäre Systeme in Europa entstanden und wieder untergegangen sind. Damit ist es auch das Zeitalter der Theorien über den Totalitarismus. Hierbei ist zu beachten, dass es nicht „die“ erkenntnistheoretische Theorie gibt, gleichzeitig aber viele verschiedene Ansätze, die während dieser Zeit verschiedene Phasen zwischen hoher Akzeptanz und kategorischer Ablehnung durchliefen. Diese Arbeit stellt einzelne theoretische Ansätze im Zeitverlauf vor und versucht darzustellen, welche Stadien das Totalitarismuskonzept durchlaufen hat und welche Mechanismen dabei gewirkt haben. Im Anschluss daran soll ein Überblick über die aktuelle Diskussion gegeben werden, in der sich der Totalitarismusansatz der teilweise berechtigten Kritik stellen muss, um schließlich herauszufinden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Festhalten am Konzept der Totalitarismustheorien sinnvoll ist.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- TOTALITARISMUSTHEORIEN IM WANDEL DES 20. JH.
- Die Entdeckung des neuen Phänomens
- Die „Klassiker\" der Totalitarismustheorie
- Die Soziologisierung des Totalitarismusansatzes
- Das Wiederaufleben des Totalitarismuskonzepts
- DIE AKTUELLE DISKUSSION
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit widmet sich der Entwicklung von Totalitarismustheorien im 20. Jahrhundert und analysiert ihre verschiedenen Phasen von Akzeptanz und Ablehnung. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Totalitarismus zu zeichnen, wobei die Entstehung des Begriffs, seine Wandlung und seine aktuelle Relevanz im Fokus stehen.
- Die Entstehung des Totalitarismuskonzepts und seine Verwendung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts
- Die Entwicklung und Diversifizierung der Totalitarismustheorien im Laufe des 20. Jahrhunderts
- Die Kritik am Totalitarismusansatz und seine aktuelle Relevanz in der Forschung
- Die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Anwendung des Totalitarismusbegriffs ergeben
- Die Bedeutung der Totalitarismustheorien für das Verständnis der politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
- EINLEITUNG: Diese Einleitung stellt die zentrale These der Arbeit dar: Der Vergleich von Nationalsozialismus und Kommunismus unter dem Begriff des Totalitarismus ist notwendig, da beide Systeme gemeinsame Merkmale aufweisen, die Demokratie und Menschenrechte ablehnen. Sie erläutert den historischen Kontext der Entstehung der Totalitarismustheorien und ihre Bedeutung für die politische Entwicklung des 20. Jahrhunderts.
- 2.1. Die Entdeckung eines neuen Phänomens: Dieses Kapitel beleuchtet die ersten Anfänge des Begriffs "Totalitarismus" und zeigt, wie er im Kontext der Entstehung des Bolschewismus und des italienischen Faschismus geprägt wurde. Es werden die ersten vergleichenden Betrachtungen von Bolschewismus und Faschismus sowie die zunehmenden Warnungen vor einer Bedrohung durch diese Systeme vorgestellt.
- 2.2. Die „Klassiker\" der Totalitarismustheorie: Dieses Kapitel widmet sich den Hauptströmungen der Totalitarismustheorie und ihren Protagonisten, die den Begriff des Totalitarismus im 20. Jahrhundert prägten. Es werden wichtige Denker wie Eric Voegelin, Carl J. Friedrich und Hannah Arendt vorgestellt, die den Totalitarismus als ein spezifisches politisches Phänomen definierten, das durch die totale Kontrolle des Staates über alle Lebensbereiche gekennzeichnet ist.
- 2.3. Die Soziologisierung des Totalitarismusansatzes: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung der Totalitarismustheorie im Kontext der soziologischen Forschung und diskutiert die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Anwendung des Begriffs auf soziale und gesellschaftliche Prozesse ergeben.
- 2.4. Das Wiederaufleben des Totalitarismuskonzepts: Dieses Kapitel widmet sich der Renaissance des Totalitarismusbegriffs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zeigt, wie er im Kontext neuer politischer Entwicklungen und Herausforderungen neu interpretiert und diskutiert wurde.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen und Themen der Totalitarismusforschung, wie z.B. "Totalitarismus", "Faschismus", "Kommunismus", "Demokratie", "Menschenrechte", "Ideologie", "Propaganda", "Gewalt", "Kontrolle", "Massen", "Staat", "Gesellschaft", "System", "Vergleichbarkeit", "Kritik", "Entwicklung". Die Arbeit analysiert die verschiedenen Ansätze der Totalitarismustheorie im 20. Jahrhundert und untersucht ihre Bedeutung für die politische Geschichte Europas.
- Arbeit zitieren
- Julia Wiedersich (Autor:in), 2006, Konjunkturen der Totalitarismustheorie - Zwischen politischer Instrumentalisierung und wissenschaftlicher Erkenntnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60737