Die Selbstreflexion des Journalismus in Krisenzeiten am Beispiel des Spiegels


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Geschichte der Krisenkommunikation
2.1. 1. Weltkrieg
2.2. 2. Weltkrieg
2.3. Vietnamkrieg

3. Wirklichkeitskonstruktion/Zensur

4. Aktualität

5. Glaubwürdigkeit

6. Selbstreflexion im Spiegel

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Ob Krisen den Weg in die Öffentlichkeit finden hängt im publizistischen System von bestimmten Regeln ab. Nicht zuletzt die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit von schockierenden Bildern entscheidet über die Präsenz in den Medien. Dieses Phänomen lässt sich von dem Beginn der Kriegsberichterstattung im sogenannten Krimkrieg (1853-56) bis heute nachvollziehen.

Kriege, Staatsstreiche, Bürgerkriege, usw. sind besondere Abarten politischer Konflikte. Diese haben in der Regel eine Vorgeschichte, die als Krise bezeichnet wird. Krisen spitzen sich in Kriegen zu. Kriege sind fortgesetzte Krisen, die eine hohe Gewaltintensität aufweisen[1].

Soziologisch betrachtet sind Krisen als die Bedrohung zentraler Werte zu sehen. Diese reduzieren Sicherheit, setzen unter Zeitdruck und verlangen nach Entscheidungen.

Krisen sind nicht vorbereitete Bedrohungen des Systembestandes. Sie gefährden den Erfüllungsstand zahlreicher Werte diffus, worauf ihr Integrationseffekt beruht[2].

„Unsicherheit, Entscheidungsdruck und Zeitknappheit sind soziale Phänomene, die in kognitiven und kommunikativen Prozessen generiert, verstärkt und reduziert werden.[3]

Die Lösung und Beendigung einer Krise läuft damit wesentlich nach den Regeln der Kommunikation ab. Dies wird deutlich, wenn man die moderne Systemtheorie betrachtet, nach welcher Kommunikation Gesellschaften konstituieren. Krisen stellen damit den „Zusammenbruch der das System regelnden Kommunikation[4] “ dar.

Die Wirklichkeitskonstruktion der Menschen und der Abgleich von Krisenszenarien wird in der Informationsgesellschaft stark durch Medien beeinflusst. Sie transportieren dabei entgegen klassischer Vorstellung keine Informationen, sondern entwerfen Wirklichkeitsmodelle. Man spricht von medialer Wirklichkeit. Diese wird durch Medienangebote verkörpert. Medien entscheiden darüber, ob ein Sachverhalt thematisiert wird oder überhaupt auf der Tagesordnung erscheint. Rezipienten können Medienangebote annehmen oder Ablehnen, aber nicht über das Angebot an sich entscheiden.

Mit der fortgesetzten Etablierung einer Mediengesellschaft rückt die Kommunikation in und über Krisen immer mehr in den Blickpunkt der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Die Selektion von Krisen als Nachrichten, die Beziehungen zwischen Militär und Journalismus, die Bewertung von Medienangeboten durch das Publikum, die Rolle von Medien in internationalen Konflikten und die Kommunikation über Kommunikation in Krisen rücken dabei in den Blickpunkt. Ob Krisen überhaupt als solche wahrgenommen werden, hängt von der Zugänglichkeit der Krisengebiete, sowie der Bereitschaft der beteiligten Parteien zur Informationsvermittlung ab. Ob über Kriege berichtet wird, hängt auch von der Betroffenheit des eigenen Landes, der Beteiligung wichtiger Elitenationen und anderen Faktoren ab. Bildschirmmedien, wie TV oder Internet benötigen zudem auch noch Bilder vom Geschehen, um Zuschauer zu binden. Journalisten begründen ihre Themenauswahl mit den Interessen des Publikums. Da jedoch kein direkter Rückkanal besteht, werden die Interessen der Journalisten automatisch zu denen des Publikums gemacht. Tatsächlich unterscheiden sich diese natürlich.

Ob Medien in Krisen eher zu einer Verständigung durch Informationsvermittlung führen, oder durch ihre Integration im jeweiligen System die Differenzen noch verstärken ist umstritten.

Zensur ist sicher mit dafür verantwortlich, ob Krisen zu Nachrichten werden. Auf der anderen Seite dient sie auch oft als Entschuldungsargument für verfehlten Journalismus. Doch Journalismus muss sich nicht immer der Zensur unterwerfen, sondern kann sie selbst zum Thema machen und kritisch reflektieren. Der Journalismus befindet sich jedoch auch aus Selbsterhaltungstrieb in dem Zwang aus Informationen und Bildern aktuelle Nachrichten zu produzieren. Auf der anderen Seite sind auch die Militärs auf das System Journalismus angewiesen, um ihre Auffassungen in der Öffentlichkeit kund zu tun, um Public Relation zu betreiben. Sie bieten den Medien Wirklichkeitsmodelle als Erklärungsmuster. Zensur verknappt dabei Informationen und erhöht damit journalistische Aufmerksamkeit.

Das System Journalismus verändert sich ständig dadurch das es sich auch selbst thematisiert. Dies geschieht in Krisen besonders stark. Journalismus passt sich aber nicht nur an veränderte Bedingungen an, sondern thematisiert sich auch aus kommerziellen Gründen. Schnell werden aus Reportern Kriegshelden und der eigentliche Krieg rückt in den Hintergrund.

Diese Phänomene werde ich am Beispiel des Spiegels näher untersuchen.

2. Geschichte der Krisenkommunikation

Seit es Kriege gibt, gibt es auch Kriegsberichtserstattung. Schon Alexander der Große führte in seinem Heer Schreiber mit, die seine Siegesmeldungen unverzüglich verbreiteten. Dadurch eilte ihm der Ruf ein erfolgreicher Heerführer zu sein voraus. Das führte dazu, das immer mehr zu seinem Heer strebten und so seinen Erfolg vergrößerten und ihm weitere Siege einbrachte.

Mit ansteigender Bedeutung der Tageszeitungen in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts, bekamen Medien immer mehr Bedeutung bei der Vorbereitung und Durchführung von Kriegen. Aus den kleinen Kriegen wurden große Volkskriege, auf die die Bevölkerung vorbereitet werden musste.

Napoleon erkannte die Bedeutung von Massenmedien als einer der ersten und führte Armeezeitungen ein. Diese berichteten über seine Siege in Italien und Ägypten (1796/97 und 1798/99)[5]. Er benutzte dabei die Mittel der Erpressung und der Zensur um seine Ziele zu erreichen. Oft gab er persönliche Anweisungen über den Inhalt der Berichterstattung.

Mit der Entwicklung von Zeitungen zu profitablen Wirtschaftsunternehmen, entwickelten sich Kriegsberichtserstatter im heutigen Sinn, als vom Militär relativ unabhängige Korrespondenten, die die Armeen begleiten um über die Kämpfe zu berichten.

Als erster „Pressekrieg“ in der Geschichte, wird der Krimkrieg (1853-56) bezeichnet. In dem Krieg zwischen England, Frankreich und Russland waren dutzende Kriegsberichterstatter beteiligt und berichteten vor allem über die Belagerung und den Fall Sewastopols. Einer der bekanntesten von ihnen war William Howard Russel, der für die Londoner Times berichtete. Er folgte den Truppen auf Malta und auf die Krim. In diesem Krieg gab es allerdings noch keine gezielte Presselenkung oder Zensur. So kritisierte er schon vor dem eigentlichen Einsatz die schlechte Führung und den katastrophalen Zustand der Armeen.

Das führte zur Ausweitung der Diskussionen über die Aufgaben der Kriegsberichterstattung. So wurde gegen Ende des Krieges, am 25.Februar 1856 die Zensur eingeführt[6].

Ein weiteres Medium bekam in diesem Krieg größere Bedeutung: die Fotographie. Fotos konnten zwar noch nicht in Tageszeitungen abgedruckt werden, aber sie wurden in Ausstellungen gezeigt und vermittelten so ein Bild des Krieges.

Doch auch ökonomische Interessen spielten eine Rolle bei der Entsendung von Kriegsberichterstattern in die Krisengebiete. So stieg die Auflage der Londoner Times in diesem Krieg um über dreißig Prozent an.

Im bald folgenden amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1861-65) fand die drahtlose Telegraphie Einzug in die Militärtechnik. Die beschleunigte natürlich die Kommunikation ungemein und ist ein Beispiel dafür wie sehr sich Kommunikation in Kriegszeiten verändert. Krieg wurde zum Medienereignis.

[...]


[1] Löffelholz, Martin (Hrsg.), Krieg als Medienereignis, Opladen 1993, S.11

[2] vergl. Luhmann, Niklas, Öffentliche Meinung in: Langebucher, Wolfgang R.(Hg.), Politik und Kommunikation, München/ Zürich 1979, S.39

[3] Löffelholz, Martin (Hrsg.), Krieg als Medienereignis, Opladen 1993, S.11

[4] Frei, Daniel, Feindbilder und Abrüstung, München 1985, S.301

[5] Dominikowski, Thomas, `Massen`medien und ´Massen´krieg. Historische Annäherungen an eine unfriedliche Symbiose in: Löffelholz, Martin (Hg.), Krieg als Medienereignis. Grundlagen und Perspektiven der Krisenkommunikation, Opladen 1993, S.37

[6] ebenda, S.38

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Selbstreflexion des Journalismus in Krisenzeiten am Beispiel des Spiegels
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Medien- und Kommunikationswissenschaften)
Veranstaltung
Medien und Krieg
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V60886
ISBN (eBook)
9783638544566
ISBN (Buch)
9783638775779
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Selbstreflexion, Journalismus, Krisenzeiten, Beispiel, Spiegels, Medien, Krieg
Arbeit zitieren
Oliver Friedel (Autor:in), 2005, Die Selbstreflexion des Journalismus in Krisenzeiten am Beispiel des Spiegels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60886

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