Es handelt sich bei der Jenseitsliteratur, von den Pyramidentexten bis zu den Unterweltsbüchern, um Schriften für den Verstorbenen, die ihm zur Wiedergeburt verhelfen sollten. Es gibt zwar viele Arbeiten, die sich mit diesen Texten beschäftigen, aber praktisch keine, die sich mit der Frage auseinander setzen, woher das spezielle Wissen, das in der Jenseitsliteratur verarbeitet wurde, stammt. Erik Hornung ist einer der wenigen Ägyptologen, die diese Frage konkret beantworten. Seiner Meinung nach stammt dieses Wissen aus dem kollektiven Unbewussten. Er bezieht sich bei seiner Deutung auf die Psychologie Carl Gustav Jungs. Zu einem ähnlichen Schluss gelangt auch Jan Assmann, der ebenfalls meint, dass die Informationen aus dem Unbewussten stammen. Er richtet sich bei seiner Deutung aber nach Aspekten der Psychologie Sigmund Freuds. Beide Interpretationen basieren also auf zwei unterschiedlichen tiefenpsychologischen Sichtweisen. Es gibt auch die Möglichkeit, diese Texte aus schamanischer Sicht zu deuten. Der Schamane 2 begibt sich mittels bestimmter Techniken auf Seelenreise, um sich im jenseitigen Bereich um die Seele des Verstorbenen zu kümmern. Er sucht sie, fängt sie ein, begleitet sie, beschützt sie, bringt sie zurück oder weist ihr den Weg. Ich denke, dass es im Alten Ägypten Schamanismus gab, der aber im frühen Alten Reich aus dem institutionalisierten Kult verdrängt wurde. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das Unbewusste aus der Sicht von Sigmund Freud
- Das Unbewusste aus der Sicht von Carl Gustav Jung
- Die Jenseitsliteratur aus der Sicht von Jan Assmann
- Die Jenseitsliteratur aus der Sicht von Erik Hornung
- Schamanismus und die altägyptischen Seelenvorstellungen
- Schamanismus und außerkörperliche Erfahrungen
- Die Jenseitsliteratur aus der Sicht des Schamanismus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit der Interpretation der altägyptischen Jenseitsliteratur und untersucht, woher das spezielle Wissen, das in diesen Schriften verarbeitet wurde, stammt. Der Fokus liegt dabei auf dem Vergleich verschiedener theoretischer Ansätze, die auf die Psychologie von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung sowie auf schamanische Traditionen zurückgreifen.
- Die Bedeutung des Unbewussten für die Interpretation der altägyptischen Jenseitsliteratur
- Der Vergleich der psychoanalytischen Ansätze von Freud und Jung
- Die Rolle des Schamanismus in der altägyptischen Kultur und seine Verbindung zur Jenseitsliteratur
- Die Analyse der Inhalte und Veränderungen der Jenseitsliteratur im Laufe der Jahrhunderte
- Die Verbindung zwischen Schamanismus und der altägyptischen Seelenvorstellung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einführung: Die Einleitung stellt die Thematik der Jenseitsliteratur im Alten Ägypten vor und beleuchtet die Forschungslücke hinsichtlich der Herkunft des in ihr verarbeiteten Wissens. Es werden die Ansätze von Erik Hornung und Jan Assmann erwähnt, die beide das Unbewusste als Quelle dieses Wissens sehen, jedoch unterschiedliche psychologische Perspektiven einnehmen. Die Arbeit untersucht auch die Möglichkeit einer schamanischen Interpretation der Jenseitsliteratur.
- Das Unbewusste aus der Sicht von Sigmund Freud: Dieses Kapitel stellt Freuds Drei-Instanzen-Modell der Psyche vor, bestehend aus Es, Über-Ich und Ich, wobei das Unbewusste als Ort archaischer Vorstellungen und Triebwünsche definiert wird. Es werden Freuds Theorien zur Traumdeutung und zur Verdrängung von Wünschen in das Unbewusste erläutert.
- Das Unbewusste aus der Sicht von Carl Gustav Jung: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Jungs Unterscheidung zwischen dem persönlichen und dem kollektiven Unbewussten. Es werden die Archetypen als ererbte Strukturen des kollektiven Unbewussten vorgestellt, die Einfluss auf das menschliche Erleben und Verhalten haben.
Schlüsselwörter
Altägyptische Jenseitsliteratur, Unbewusstes, Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Schamanismus, Seelenvorstellungen, Archetypen, Traumdeutung, Seelenreise, Jenseitsbereich, altägyptische Kultur.
- Quote paper
- M.A. Sabine Neureiter (Author), 2005, Der Einstieg in die Unterwelt beginnt im Kopf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61111