Im ersten Teil des Aufsatzes werden Argumente dargestellt, die gegen und solche, die für einen altägyptischen Schamanismus sprechen. Im mittleren Teil wird Hinweisen nachgegangen, die den Schluss zulassen, dass ein frühzeitlicher Schamanismus existiert haben muss, der weit in die spätere Geschichte ausstrahlte. Daran anschließend werde ich das Statuenherstellungsritual, den ältesten Teil der Mundöffnungszeremonie, unter dem Aspekt des Schamanismus neu interpretieren. Im letzten Teil wird das Verdrängen des frühzeitlichen Schamanismus durch den offiziellen Kult rekonstruiert. Schon im frühen Alten Reich wurde der Schamane, so meine Vermutung, durch den Sem-Priester ersetzt und die schamanischen Praktiken als solche aus dem institutionalisierten Kultgeschehen verdrängt. Erinnerungen daran finden sich aber im Totenkult, im Königskult, im Tempelkult, in der Medizin, in der Magie und in den Mythen. Der Schamanismus als kulturelles Phänomen wurde Teil des kollektiven Gedächtnisses.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Argumente gegen einen altägyptischen Schamanismus
- 1.2 Argumente für einen altägyptischen Schamanismus
- 2. Hinweise auf einen altägyptischen Schamanismus
- 2.1 Jenseitsbeschreibungen
- 2.2 Weltenebenen
- 2.3 Hilfsgeister
- 2.4 Seelenaspekte
- 2.5 Initiation: Zerstückelung und Wiedergeburt
- 2.6 Erleuchtung
- 2.7 Räumlichkeiten, Kleidung und Hilfsmittel
- 3. Schamanische Elemente im Totenkult und in der Medizin
- 3.1 Das Statuenherstellungsritual I: Kunst und Meditation
- 3.2 Das Statuenherstellungsritual II: Schamanismus und Wiedergeburt
- 3.3 Das Rezept Nr. 216 des Medizinischen Papyrus Hearst
- 4. Versuch einer Rekonstruktion der historischen Entwicklung des Schamanismus
- 5. Résumée
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Möglichkeit eines schamanischen Einflusses auf die altägyptische Kultur. Ziel ist es, scheinbar etablierte Interpretationen altägyptischer Phänomene unter dem Aspekt des Schamanismus neu zu beleuchten und zu diskutieren. Die Arbeit stützt sich dabei hauptsächlich auf Sekundärquellen.
- Die Argumentation für und gegen die Existenz eines altägyptischen Schamanismus.
- Hinweise auf schamanische Praktiken in altägyptischen Jenseitsvorstellungen, Weltmodellen und Ritualen.
- Die Rolle schamanischer Elemente im Totenkult und in der altägyptischen Medizin.
- Eine Rekonstruktion der historischen Entwicklung des Schamanismus im Alten Ägypten und dessen mögliche Verdrängung durch den offiziellen Kult.
- Die Bedeutung der Terminologie und die Herausforderungen bei der Anwendung ethnographischer Begriffe auf altägyptische Quellen.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung thematisiert die kontroverse Debatte um die Existenz eines altägyptischen Schamanismus. Sie führt die Vorbehalte einiger Ägyptologen an, die den Begriff "Schamanismus" im altägyptischen Kontext als unangemessen ablehnen. Die Autorin beschreibt ihre Motivation, diese Thematik zu untersuchen, und betont die Notwendigkeit, etablierte Interpretationen aus einer neuen Perspektive zu beleuchten. Sie kündigt die Struktur der Arbeit an, welche Argumente für und gegen einen altägyptischen Schamanismus abwägt, Hinweise auf schamanische Praktiken untersucht und schließlich eine mögliche historische Entwicklung rekonstruiert.
1.1 Argumente gegen einen altägyptischen Schamanismus: Dieses Kapitel analysiert die gängigen Argumente gegen die Existenz eines altägyptischen Schamanismus. Es thematisiert die begrenzte Aussagekraft der Quellen im Vergleich zu ethnographischen Daten und die kulturspezifische Praxisbezogenheit der Begriffe „Schamane“ und „Schamanismus“. Die „vorherrschende ägyptologische Lehrmeinung“, die bestimmte Phänomene als Randerscheinungen oder Überbleibsel abtut, wird kritisch beleuchtet. Des Weiteren wird der unterschiedliche kulturelle Stellenwert von Begriffen wie „Meditation“ im Vergleich zu „Trance“ oder „Seelenflug“ erörtert, wobei die Autorin die kulturelle Legitimierung bestimmter Phänomene und die Ablehnung nicht-institutionalisierter Praktiken herausarbeitet. Schließlich wird die Argumentation der kulturellen Sonderstellung Altägyptens als ein weiteres Hindernis für die Annahme eines altägyptischen Schamanismus diskutiert.
2. Hinweise auf einen altägyptischen Schamanismus: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene Hinweise, die die Autorin als Unterstützung für die These eines altägyptischen Schamanismus anführt. Es werden Jenseitsbeschreibungen, Weltenebenen, Hilfsgeister, Seelenaspekte, Initiationsrituale (Zerstückelung und Wiedergeburt), Erleuchtungserfahrungen und die damit verbundenen Räumlichkeiten, Kleidung und Hilfsmittel untersucht und auf ihre schamanistischen Parallelen hin analysiert. Die Kapitelteil erläutert die jeweiligen Aspekte und deren Relevanz für das Thema, indem es auf konkrete Beispiele und deren Interpretation eingeht.
3. Schamanische Elemente im Totenkult und in der Medizin: In diesem Kapitel wird der Fokus auf den Totenkult und die altägyptische Medizin gerichtet. Die Autorin analysiert das Statuenherstellungsritual, ein zentraler Bestandteil der Mundöffnungszeremonie, unter dem Aspekt des Schamanismus. Sie interpretiert dieses Ritual als eine schamanische Praxis, wobei sie die Aspekte der Kunst, der Meditation und der Wiedergeburt beleuchtet. Zusätzlich wird ein Rezept aus dem Medizinischen Papyrus Hearst untersucht, um weitere mögliche schamanische Einflüsse in der Medizin zu belegen. Der gesamte Kapitelteil dient der Darstellung schamanischer Elemente in wichtigen rituellen und medizinischen Praktiken.
4. Versuch einer Rekonstruktion der historischen Entwicklung des Schamanismus: Das Kapitel widmet sich der historischen Entwicklung des Schamanismus im Alten Ägypten und seiner möglichen Verdrängung durch den offiziellen Kult. Die Autorin stellt die Hypothese auf, dass der Schamane im Alten Reich durch den Sem-Priester ersetzt wurde und die schamanischen Praktiken aus dem institutionalisierten Kultgeschehen verdrängt wurden. Jedoch blieben Erinnerungen daran im Totenkult, Königskult, Tempelkult, der Medizin, Magie und den Mythen erhalten.
Schlüsselwörter
Schamanismus, Altes Ägypten, Totenkult, Medizin, Mundöffnungsritual, Sem-Priester, Jenseitsvorstellungen, Weltenebenen, Hilfsgeister, Initiation, Meditation, Vision, Quellenkritik, Religionsgeschichte, Kulturanthropologie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Altägyptischer Schamanismus?
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Möglichkeit eines schamanischen Einflusses auf die altägyptische Kultur. Es wird geprüft, ob scheinbar etablierte Interpretationen altägyptischer Phänomene unter dem Aspekt des Schamanismus neu beleuchtet und diskutiert werden können.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit stützt sich hauptsächlich auf Sekundärquellen.
Welche Argumente werden für und gegen einen altägyptischen Schamanismus vorgebracht?
Die Arbeit beleuchtet sowohl Argumente gegen (z.B. begrenzte Aussagekraft der Quellen, kulturspezifische Praxisbezogenheit von Begriffen wie "Schamane" und "Schamanismus", die "vorherrschende ägyptologische Lehrmeinung"), als auch Argumente für einen altägyptischen Schamanismus (z.B. Analyse von Jenseitsbeschreibungen, Weltenebenen, Hilfsgeistern, Seelenaspekten, Initiationsritualen, Erleuchtungserfahrungen und rituellen Praktiken).
Welche Hinweise auf schamanische Praktiken werden untersucht?
Die Arbeit untersucht Jenseitsbeschreibungen, Weltenebenen, Hilfsgeister, Seelenaspekte, Initiationsrituale (Zerstückelung und Wiedergeburt), Erleuchtungserfahrungen und die damit verbundenen Räumlichkeiten, Kleidung und Hilfsmittel auf ihre schamanistischen Parallelen hin.
Welche Rolle spielen schamanische Elemente im Totenkult und in der Medizin?
Das Statuenherstellungsritual (Mundöffnungszeremonie) wird als eine schamanische Praxis interpretiert, die Aspekte von Kunst, Meditation und Wiedergeburt umfasst. Ein Rezept aus dem Medizinischen Papyrus Hearst wird auf mögliche schamanische Einflüsse hin untersucht.
Wie wird die historische Entwicklung des Schamanismus im Alten Ägypten rekonstruiert?
Es wird die Hypothese aufgestellt, dass der Schamane im Alten Reich durch den Sem-Priester ersetzt wurde und schamanische Praktiken aus dem institutionalisierten Kultgeschehen verdrängt wurden. Erinnerungen daran blieben jedoch im Totenkult, Königskult, Tempelkult, der Medizin, Magie und den Mythen erhalten.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Schamanismus, Altes Ägypten, Totenkult, Medizin, Mundöffnungsritual, Sem-Priester, Jenseitsvorstellungen, Weltenebenen, Hilfsgeister, Initiation, Meditation, Vision, Quellenkritik, Religionsgeschichte, Kulturanthropologie.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, Kapitel zu Argumenten für und gegen einen altägyptischen Schamanismus, Hinweise auf schamanische Praktiken, schamanische Elemente im Totenkult und in der Medizin, einen Versuch der Rekonstruktion der historischen Entwicklung und ein Resümee.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, etablierte Interpretationen altägyptischer Phänomene unter dem Aspekt des Schamanismus neu zu beleuchten und zu diskutieren.
Welche Herausforderungen werden im Zusammenhang mit der Anwendung ethnographischer Begriffe auf altägyptische Quellen angesprochen?
Die Arbeit thematisiert die Bedeutung der Terminologie und die Herausforderungen bei der Anwendung ethnographischer Begriffe auf altägyptische Quellen, insbesondere die kulturspezifische Praxisbezogenheit von Begriffen wie "Schamane" und "Schamanismus".
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- M.A. Sabine Neureiter (Author), 2005, Schamanismus im Alten Ägypten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61116