Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1. Begriffsdefinition
1.1 Rassismus
1.2 Rassismus nach Lapeyronnie
2. Gegenwärtige Situation in französischen Vorstädten
2.1 Vektoren für Beziehungen gesellschaftlicher Gruppen
2.1.1 Konsummuster
2.1.2 Sprache
2.2 Soziale Abgrenzung
2.2.1 Räumliche Trennung
2.2.2 Negative „Rassen“-Identifikation
2.3 Rassismus und Diskriminierung
2.3.1 Assimilation als Ursache von Rassismus
2.3.2 Äußerungsformen des Rassismus
3. Maßnahmen gegen die Ausgrenzung
3.1 Eingliederungsmindesteinkommen (RMI)
3.2 Soziale Stadtentwicklung
3.3 Demokratisches Programm
4. Zusammenfassung und Ausblick
5. Literaturverzeichnis
0. Einleitung
Die Struktur der französischen Gesellschaft kann als zweigeteilt bezeichnet werden. Ein Problem, das in den letzten Jahren immer deutlicher wurde, ist die soziale Ausgrenzung. Dadurch bedingt haben sich in vielen französischen Großstädten Randgruppen-milieus herausgebildet. Bezeichnend für diese Milieus ist u.a. der weit unter dem Landesdurchschnitt liegende Lebensstandard. Das eigentliche Stadtleben reduziert sich auf elementare Formen. Die wenigen positiven Ereignisse können den fortlaufenden Verfall nicht aufhalten.
Die Lebensweise der in die Randbezirke „abgeschobenen“ Per-sonen ist mit dem Leben in nordamerikanischen Ghettos ver-gleichbar. Unruhen, Gewalt und Rassismus bestimmen das Tages-geschehen.
Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entstehung der sozialen Probleme, die von den außerhalb der Gesellschaft stehenden Personen bewältigt werden müssen. Der Schwerpunkt liegt dabei im Bereich Rassismus, welcher mit Hilfe des Ansatzes Didier Lapeyronnies bearbeitet wird.
Die gegenwärtige Situation in Frankreich wird unter den Aspekten der sozialen Abgrenzung, den Vektoren für gesellschaftliche Beziehungen und den Erscheinungsformen von Rassismus und Diskriminierung beschrieben. Im darauf folgenden Kapitel werden die Maßnahmen, die der Ausgrenzung entgegenwirken sollen, aufgezeigt.
1. Begriffsdefinition
Rassismus ist der zentrale Begriff der vorliegenden Arbeit. In diesem Kapitel soll eine allgemeine Definition des Begriffs gegeben werden. Im Anschluss daran wird auf Gemeinsamkeiten und Abweichungen im Rassismusbegriff von Lapeyronnie eingegangen.
1.1 Rassismus
Oft wird unter dem Begriff Rassismus die Fremdenfeindlichkeit einer Bevölkerungsgruppe gegenüber einer anderen verstanden. Doch Fremdenfeindlichkeit ist nur ein Aspekt, der zum Rassismus gezählt werden muss. Giddens definiert Rassismus als: „Die Zuschreibung der Überlegenheit oder der Minderwertigkeit an eine Bevölkerungs-gruppe, deren Mitglieder bestimmte vererbte Körpermerkmale ge-meinsam haben. Der Rassismus ist eine spezifische Form des Vor-urteils, das an die physischen Unterschiede zwischen Personen an-knüpft. Rassistische Einstellungen fassten vor allem während der Kolonialisierung durch den Westen Fuß, doch scheinen sie auch auf Mechanismen des Vorurteils und der Diskriminierung zu beruhen, die man in sehr vielen Kontexten des Lebens verschiedender mensch-licher Gesellschaft findet.“ (Giddens 1995, 789)
Hervorzuheben ist hier, dass Rassismus nicht nur zwischen unter-schiedlichen Bevölkerungsgruppen stattfindet, sondern auch inner-halb einer Volksgemeinschaft entstehen kann (siehe dazu den An-satz von Lapeyronnie). Zudem sind neben den physischen Unterschieden, die auch nicht in allen Fällen gegeben sind, die sozialen Verhältnisse von Bedeutung. Der Annahme, dass Rassismus auf Vorurteile, die Diskriminierung zur Folge haben, beruht, kann bezogen auf das Thema zugestimmt werden.
1.2 Rassismus nach Lapeyronnie
Lapeyronnie bezeichnet Rassismus als „eine Folge des Zerfalls gesellschaftlicher Strukturen bzw. der unkontrollierten Ablehnung einer destrukturierenden und stark um sich greifende Modernität“. (Lapeyronnie 2001, 25) Rassismus muss hier als ein Erfahrungs-modus verstanden werden, der einem Individuum hilft, sich in der Gesellschaft zu definieren und zu positionieren. Durch dieses Ver-halten entsteht z.B. die soziale Abgrenzung, auf die unten näher eingegangen wird.
Im Gegensatz zu Giddens lässt Lapeyronnie die physischen Merk-male unberücksichtigt. Überlegenheit und Minderwertigkeit sind auch in diesem Ansatz als Auslöser für Vorurteile und Diskriminierung ge-nannt.
2. Gegenwärtige Situation in französischen Vorstädten
Die republikanische Bürgerschaft beinhaltet, dass der öffentliche Lebensraum durch gleiche Rechte und Pflichten gelenkt wird und dass jeder Einzelne mit seiner persönlichen Identität respektiert wird.
Durch die Wirtschaftskrise der siebziger Jahre und ihre Folgen der Arbeitslosigkeit und städtische Ghettoisierung sowie der Vertrauens-verlust in die politischen Vertretungen (Parteien ohne Zukunftspro-jekte, schwache Gewerkschaften) hat Frankreich besonders im Bereich der Großstädte mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Diese Funktionsmängel der Gesellschaft zeigen sich z.B. durch Aus-grenzung der unteren Schichten, die zuvor sozial integriert worden waren. Die geographische Ausgrenzung aus den Stadtzentren geht für die Bewohner oft Hand in Hand mit der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausgrenzug. Diese Ausgrenzung thematisiert B. Taverniers Dokumentarfilm über ein Armenviertel von Montreuil. Ein Viertel, das auf der anderen Seite der Stadtringautobahn liegt, die Paris von seinen Vororten trennt.
1999 erklärte Claude Bartolone, der Vizeminister für Städtewesen die Absicht, „soziale Apartheid und die Zersplitterung der Städte dadurch zu bekämpfen, dass die Gemeinden gezwungen werden sollten, neue Sozialwohnungen zu bauen, um das 1991 erlassene Gesetz „Loi d‘orientation sur la ville“, auch Anti-Ghettogesetz genannt, in die Praxis umzusetzen“. (http://ww.france.diplomatie.fr /label_france/
DEUTSCH/SOCIETE/violence/violence.html)
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