Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache: Die Anzahl der Verurteilungen wegen Insiderhandels in Österreich fällt im Vergleich zu anderen Börsenplätzen erheblich niedriger aus. Trotzdem ist eine steigende Tendenz bei den eingeleiteten Insider- Untersuchungen in den letzten Jahren auch in Österreich zu verzeichnen.
Jüngste Anlassfälle, wie jene des Voest-General Franz Struzl, aber auch Verdachtsmomente gegen Finanzminister Mag. Karl Heinz Grasser, welche noch immer medialen Niederschlag finden, haben die Diskussion rund um das Thema Insiderhandel und den damit verbundenen gesetzlichen Restriktionen neuerlich aufflammen lassen sowie die Forderung nach strengeren, gesetzlichen Bestimmungen zunehmend verstärkt. Solche Vorfälle zeigen, dass die Problematik des Insiderhandels nicht nur ein Phänomen bestimmter Börsen ist, sondern vielmehr seit jeher mit dem Handel an allen Börsen einhergeht. Obwohl der Nachweis von Insiderhandel in der Vergangenheit nur in wenigen Fällen tatsächlich gelungen ist, ist nicht davon auszugehen, dass er nicht stattfindet. Empirische Studien zeigen sehr deutlich, dass eine hohe Dunkelziffer besteht.
In der vorliegenden Arbeit wird daher unter dem Thema „Betriebswirtschaftliche Beurteilung des Insiderhandelsverbotes“ versucht, diese Thematik theoretisch fundiert aus „betriebswirtschaftlicher“ Sicht zu veranschaulichen. Unter dem „betriebswirtschaftlichen Blickwinkel“ ist dabei vor allem der Fokus auf Kritik und Auswirkungen für betriebswirtschaftliche Einheiten im weitesten Sinne zu verstehen, welcher sich direkt in den einzelnen Kapiteln widerspiegelt
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ausgangsproblematik
2.1. Grundsätzliche Überlegungen
2.2. Auswirkungen auf den Kapitalmarkt
2.2.1. Interne Kapitalmarkteffizienz
2.2.2. Externe Kapitalmarkteffizienz
3. Zielsetzungen
3.1. Schutz des Anlegers
3.2. Schutz der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte
3.3. Schutz des Emittenten
3.4. Schutz weiterer Beteiligter
4. Begriffsdefinitionen
4.1. Insiderinformation
4.1.1. Insiderinformation gem. § 48a BörseG
4.1.2. Insiderinformation gem. der Marktmissbrauchs-RL
4.2. Insiderpapiere
4.2.1. Insiderpapiere gem. § 48a BörseG
4.2.2. Kritische Betrachtung Insiderwertpapierdefinition
4.2.3. Insiderpapiere gem. der Marktmissbrauchs-RL
4.3. Betroffener Personenkreis
4.3.1. Primärinsider
4.3.2. Sekundärinsider
4.3.3. Kritische Betrachtung des Begriffes „Insider“
4.4. Running, Pushing und Insiderhandel
4.5. Prinzipal-Agent-Strategien und Insiderhandel
4.6. Vorliegen des Insidertatbestandes
5. Rechtsgrundlagen, Maßnahmen und Verbote gegen Insiderhandel
5.1. Rechtsgrundlagen
5.1.1. Bisherige, relevante Gesetze
5.1.2. Aktuelle, relevante Gesetze
5.1.3. Behördenzuständigkeit
5.2. Flankierende Maßnahmen (Pflichten)
5.2.1. Ad-hoc-Publizitätspflichten
5.2.2. Umsatzberichtspflichten
5.2.3. Kontrolle des Insiderinformationsflusses (Standard Compliance Code)
5.3. Verbote für Primär- und Sekundärinsider
5.3.1. Verbote für Primärinsider
5.3.2. Verbote für Sekundärinsider
6. Strafen und Sanktionen
6.1. Strafgerichtliche Sanktionen
6.2. Verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen
6.2.1. Disziplinarstrafen
6.2.2. Geldstrafen
6.3. Zivilrechtliche Sanktionen
7. Aktuelle Fallbeispiele
7.1. Insiderdeal bei der Voest AG
7.2. Insiderdeal des Finanzministers
8. Exkurs: Ausländische Rechtslage
9. Auswirkungen der Maßnahmen gegen Insiderhandel
aus betriebswirtschaftlicher Sicht
10. Kritische Würdigung
11. Kreativer Ausblick
12. Resümee
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache: Die Anzahl der Verurteilungen wegen Insiderhandels in Österreich fällt im Vergleich zu anderen Börsenplätzen erheblich niedriger aus.[1] Trotzdem ist eine steigende Tendenz bei den eingeleiteten Insider-Untersuchungen in den letzten Jahren auch in Österreich zu verzeichnen.[2]
Jüngste Anlassfälle, wie jene des Voest-General Franz Struzl, aber auch Verdachtsmomente gegen Finanzminister Mag. Karl Heinz Grasser, welche noch immer medialen Niederschlag finden, haben die Diskussion rund um das Thema Insiderhandel und den damit verbundenen gesetzlichen Restriktionen neuerlich aufflammen lassen sowie die Forderung nach strengeren, gesetzlichen Bestimmungen zunehmend verstärkt.[3] Solche Vorfälle zeigen, dass die Problematik des Insiderhandels nicht nur ein Phänomen bestimmter Börsen ist, sondern vielmehr seit jeher mit dem Handel an allen Börsen einhergeht. Obwohl der Nachweis von Insiderhandel in der Vergangenheit nur in wenigen Fällen tatsächlich gelungen ist, ist nicht davon auszugehen, dass er nicht stattfindet. Empirische Studien zeigen sehr deutlich, dass eine hohe Dunkelziffer besteht.[4]
In der vorliegenden Arbeit wird daher unter dem Thema „Betriebswirtschaftliche Beurteilung des Insiderhandelsverbotes“ versucht, diese Thematik theoretisch fundiert aus „betriebswirtschaftlicher“ Sicht zu veranschaulichen. Unter dem „betriebswirtschaftlichen Blickwinkel“ ist dabei vor allem der Fokus auf Kritik und Auswirkungen für betriebswirtschaftliche Einheiten im weitesten Sinne zu verstehen, welcher sich direkt in den einzelnen Kapiteln widerspiegelt.
Im ersten Teil der Arbeit werden verschiedene Grundproblematiken skizziert, die beim Auftreten von Insiderhandel entstehen und wesentlich sind, um die Ziele der Schutzmechanismen zu verstehen. Anschließend sollen wichtige, essentielle und häufig auftretende Begriffe im Zusammenhang mit Insiderhandel näher bestimmt und voneinander abgegrenzt werden. Kernelemente dieser Arbeit stellen jedoch die Beleuchtung von Maßnahmen und Verboten gegen den Insiderhandel, deren kritische Würdigung sowie deren Auswirkungen dar. Schließlich werden noch aktuelle Anlassfälle als praktische Beispiele illustriert, bevor ein Ausblick vorgenommen wird.
Auf eine genaue Darstellung aller rechtlichen Regelungen, die auf dieses Thema einwirken, wird in dieser Arbeit verzichtet, da es den Rahmen erheblich sprengen würde. Sehr wohl werden jedoch die wichtigsten rechtlichen Restriktionen erläutert. Dabei wird von der derzeitig gültigen Rechtslage ausgegangen, welche um die noch umzusetzenden Neuerungen aufgrund der neuen Marktmissbrauchs-RL der EG – wo nötig – ergänzt wird. Ferner ist zu erwähnen, dass Deutsches Recht ausschließlich für grundlegende Begriffsdefinitionen, welche sich mit den österreichischen decken, verwendet wurde.
2. Ausgangsproblematik
2.1. Grundsätzliche Überlegungen
Information stellt im heutigen Wirtschaftszeitalter längst einen wesentlichen Produktionsfaktor dar, dessen Bedeutung jenem der Rohstoffe um nichts mehr nachsteht. Grundvoraussetzung für langfristigen Erfolg ist es, relevante und richtige Informationen in ausreichender, notweniger Menge und vor allem rechtzeitig zur Verfügung zu haben. Dabei kommt den Informationssprüngen eine zentrale Bedeutung zu.[5]
Kapitalmärkte bieten dabei im Rahmen ihrer Funktion die Plattform für den Informationsaustausch und somit die „Informationszentrale“ für alle Beteiligten. Informationen, die von diesen Kapitalmärkten - also von der Börse als Handelsplatz, an dem sich Anleger und Investor gegenüberstehen - stammen, sollten als zentrales Ziel jedermann zugänglich sein, damit es zu keiner asymmetrischen Informationsverteilung[6] kommt.[7] Die Qualität eines solchen „Marktplatzes“ lässt sich somit aus dem Kriterium der jederzeitigen, richtigen und vor allem raschen Informationsverfügbarkeit ableiten. Genau darin liegt die Problematik des Insiderhandels.
Werden kursrelevante Informationen zunächst nur einzelnen Personen, den sog. Insidern vorbehalten und nicht über die Kapitalmärkte kommuniziert, so hat dies negative Auswirkungen auf jene Personen, für die gerade diese Informationen nicht zugänglich gewesen sind. Insider handeln demnach zwangsläufig auf Kosten Anderer mit unverschuldetem Nichtwissen.[8] Diese unfaire Praktik zu Lasten Anderer[9] muss seitens des Kapitalmarktes und dessen rechtlichen Rahmens mittels Instrumenten einerseits präventiv, also im vorhinein, und andererseits durch Verfolgung von Rechtsverfehlungen im nachhinein unterbunden werden, um das Vertrauen der Beteiligten in den Kapitalmarkt zu wahren.[10]
2.2. Auswirkungen auf den Kapitalmarkt
Aufgrund der dargelegten Problematik stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der Insidertatbestand auf den Kapitalmarkt haben kann. Als Übergriff kann dabei der schrittweise Verlust der Kapitalmarkteffizienz genannt werden. Dabei ist grundsätzlich zwischen der internen sowie der externen Kapitalmarkteffizienz zu unterscheiden.[11]
2.2.1. Interne Kapitalmarkteffizienz
Intern wird der Kapitalmarkt dann als effizient angesehen, wenn die Organisation dieses Marktes straff und ausreichend ist. In diese Systematisierungkategorie fällt also die Beurteilung, ob ausreichende Regelungen gegen den Insiderhandel am jeweiligen Markt(platz) bestehen oder nicht. Gibt es nur mangelhafte Regelungen, so kommt es aufgrund des bereits angesprochenen Vertrauensverlustes zum Verlust der Funktionalität des Marktes und im extremsten Fall zum Marktversagen.
2.2.2. Externe Kapitalmarkteffizienz
Externe Kapitalmarkteffizienz besteht hingegen dann, wenn sowohl Out- als auch Insider über die gleichen Informationen verfügen und es zu keiner asymmetrischen Informationsverteilung kommt und somit alle Beteiligten mit dem gleichen Informationsstand – im sog. „Fair Game“ – Transaktionen tätigen können.
3. Zielsetzungen
Aufgrund der erläuterten Ausgangsproblematik und den sich daraus ergebenden Problemen für die jeweiligen Beteiligten lassen sich Zielsetzungen für gesetzliche Regelungen gegen Insiderhandel ableiten.
3.1. Schutz des Anlegers
Im Zentrum sämtlicher Beschränkungen des Insiderhandels steht der Schutz des Anlegers. Als oberste Maxime gilt es, sein Vertrauen in den Markt aufrechtzuerhalten, um die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu wahren.[12] Reflektiert der Kurs des Wertpapieres nämlich nicht mehr dessen wahren Wert – z.B.: weil eine Überbewertung aufgrund von Insiderinformationen, welche noch nicht bekannt sind und das Fallen des Kurses bewirken würden, besteht – so wird der Anleger künftig nicht mehr dem angegebenen Kurswert vertrauen. Dies würde zum Rückzug vom Kapitalmarkt mangels Vertrauen führen.[13] Daher ist der Schutz des Anlegers vor allem aus gesamtwirtschaftlicher Sichtweise unbedingt erforderlich.[14] Ferner ist anzumerken, dass natürlich auch ein Anlegerschutz aus individuellen Gesichtspunkten notwendig erscheint. Dieser „Individualschutz“ soll verhindern, dass der Anleger vor Nachteilen, die ihm direkt (z.B.: durch Kursverfall nach Publikation der Insiderinformation) entstehen, geschützt ist.[15]
3.2. Schutz der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte
Neben dem Anlegerschutz, der auch Auswirkungen auf den Kapitalmarkt hat, ist auch der direkte Schutz des Kapitalmarktes an sich als Ziel zu nennen. Schutzregelungen sollen dazu beitragen, sowohl die „institutioneller Funktionsfähigkeit“ als auch die „operationale Funktionsfähigkeit“ zu erhalten. Unter institutionelle Funktionsfähigkeit wird dabei die Funktionsfähigkeit des Marktes aufgrund des Vertrauens des Anlegers verstanden. Die operationale Funktionsfähigkeit hingegen bedeutet, dass durch die Vermeidung von Insiderhandel keine zusätzlichen Marktkosten entstehen.[16] Überhöhte Marktkosten würden beim Insiderhandel dadurch entstehen, dass Anleger zur Kompensation möglicher, künftiger Verluste, welche durch Insiderwissen Dritter zu Stande kommen, erhöhte Kapitalaufbringungskosten (sog. Risikoprämien) vom Emittenten abverlangen würden.[17]
3.3. Schutz des Emittenten
Schließlich ist auch der Emittent, dessen Wertpapiere Handelsgegenstand sind, zu schützen. Insiderhandel würde nämlich, wie bereits angesprochen, für den Emittenten erhöhte Kapitalkosten mit sich bringen. Außerdem würden Organe der Unternehmung (wie beispielsweise Vorstände, etc.) aufgrund eines möglichen, persönlichen und gewinnbringenden Vorteils dazu verleitet werden, Firmenpläne zu manipulieren, um daraus einen persönlichen Vorteil ziehen zu können. Dies hätte wiederum Auswirkungen auf das Betriebsklima.[18]
3.4. Schutz weiterer Beteiligter
Unter dem Begriff der „weiteren Beteiligten“ sind Mittelspersonen (wie beispielsweise Investmentbanken, Rechtsanwälte, Steuerberater, etc.) zu subsumieren, welche in Beziehung mit dem Emittenten stehen und deren Mitarbeiter in Kontakt mit Insiderinformationen kommen. Gäbe es keine Restriktionen beim Insiderhandel, würden diese Personen dem Ruf ihrer eigenen, den Emittenten beratenden, Unternehmung durch Weitergabe von Insiderinformationen erheblich schaden.[19]
4. Begriffsdefinitionen
Bevor auf Maßnahmen zur Erreichung der vorherigen Zielsetzungen näher eingegangen wird, sollen im folgenden grundsätzliche Begriffe, welche für den weiteren Verlauf von Bedeutung sind, näher erläutert und von ähnlichen Begriffen klar abgegrenzt werden.
4.1. Insiderinformation
4.1.1. Insiderinformation gem. § 48a BörseG
Welcher Tatbestand genau unter einer Insiderinformation zu verstehen ist, wird im § 48a BörseG in der derzeitig gültigen Fassung genau definiert. Dort wird Insiderinformation als „ (...) eine Information über eine bestimmte vertrauliche Tatsache, die mit einem Wertpapier oder einem Emittenten im Zusammenhang steht und die, wenn sie in der Öffentlichkeit bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs des Wertpapieres erheblich zu beeinflussen (...)“, bezeichnet.
Die Formulierung lässt dabei schon einige Ermessensbegriffe erkennen, die es näher zu definieren gilt. Die Formulierung, dass es sich bei der Information um „eine bestimmte vertrauliche Tatsache“ handeln muss, grenzt die Insiderinformation klar von Gerüchten ab. Das Schlagwort „vertraulich“ soll zum Ausdruck bringen, dass die Information vorerst nur einem bestimmten und abgegrenzten Personenkreis und noch nicht den Anlegern zur Verfügung steht.[20]
Ab wann eine Information bereits als „öffentlich bekannt“ gilt und in welcher Zeitspanne eine Information öffentlich bekannt zu machen ist, bedarf weiterer Ausführungen. Grundsätzlich müssen kursbeeinflussende Informationen unverzüglich publiziert werden. Als publizierende Medien sind dabei die Wirtschaftsteile der Printmedien, Fachzeitschriften sowie Finanz-Nachrichtenagenturen (wie z. B.: Reuters) und vor allem das Amtsblatt der Wiener Zeitung zu wählen.[21] Sind vorherige Insiderinformationen über diese Medien kommuniziert worden, gelten sie zwar als publiziert, müssen jedoch noch nicht „öffentlich bekannt sein“. Dieser besondere Schutzzweck dient der Sicherung einer Reaktionszeit für Anleger gegenüber Insidern. Erst ab entsprechender Kenntnisnahmemöglichkeit und Reaktionsmöglichkeit der Anleger ist der Tatbestand der Insiderinformation gänzlich entkräftet.[22] Diese Tatsache ist schließlich auch betriebswirtschaftlich von großer Bedeutung.
4.1.2. Insiderinformation gem. der Marktmissbrauchs-RL
Zusätzlich zum österreichischen BörseG wurde mit Erlass des Europäischen Parlaments und des Rates die neue Richtlinie über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) erlassen, welche es durch die Mitgliedsstaaten gem. Artikel 18 der Richtlinie bis zum 12. Oktober 2004 umzusetzen gilt. Im folgenden wird auf die Bestimmungen dieser Richtlinie und auf deren künftige Auswirkungen auf die derzeitig gültige, österreichische Rechtslage eingegangen.
Gemäß der Richtlinie wird Insiderinformation als „ (...) eine nicht öffentlich bekannte, präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender, derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, (...) [bezeichnet].“[23] Diese Definition bezieht sich dabei auch auf Warenderivate (bei denen der Tatbestand der Insiderinformation zusätzlich davon abhängt, ob eine solche Information in der Praxis von Marktteilnehmern erwartungsgemäß veröffentlicht gehört) sowie Personen, die mit noch nicht ausgeführten Kundenaufträgen beauftragt sind.[24]
Im Unterschied zum Börsegesetz wird in der Richtlinie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch der indirekte Zusammenhang zu „ bestimmten“ Wertpapieren oder Emittenten ausreicht. Mit dieser Regelung hat man vor allem auf Insidergeschäfte in Verbindung mit der Finanzierung von terroristischen Aktivitäten reagiert.[25] /[26]
Ferner lässt die Formulierung „ präzise“ den Schluss zu, dass Gerüchte alleine für das Vorliegen von Insiderinformation nicht ausreichen. Zusätzlich soll das Ausmaß der Bedeutung einer Information, die sie schlussendlich als Insiderinformation klassifiziert, mit der Definition „ Eignung einer erheblichen Kursbeeinflussung“ bei bekannt werden der Information, abgegrenzt werden. Die bisherige Formulierung des österreichischen Börsegesetzes, wonach Insiderinformationen „vertraulich“ sein müssen, deckt sich dabei inhaltlich mit der Formulierung „nicht öffentlich bekannt“ der Richtlinie.[27]
4.2. Insiderpapiere
Welche Finanztitel als Insiderpapiere (sog. insider securities)[28] angesehen werden, wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.
4.2.1. Insiderpapiere gem. § 48a BörseG
Derzeit umfasst die Rechtslage gem. § 48a BörseG folgende Wertpapiere „(...) sofern sie zum Handel auf einem Markt zugelassenen sind, der von staatlich anerkannten Stellen reglementiert und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglich ist,
- Aktien, Zwischenscheine, Genussscheine, Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen, Kassenobligationen, Kassenscheine, Kapitalanlagefondsanteile, Partizipationsscheine und sonstige Wertpapiere, sofern sie vertretbar sind
- Verträge über oder Recht auf Zeichnung, Erwerb oder Veräußerung der (...) [vorher] genannten Wertpapiere,
- Finanzinstrumente mit fester Laufzeit, die sich auf die (...) [vorhin] genannten Wertpapiere beziehen, Finanzterminkontrakte und Optionen,
- Verträge mit Indexklauseln, die (...) [vorhin] genannte Wertpapiere zum Gegenstand haben.“
4.2.2. Kritische Betrachtung Insiderwertpapierdefinition
Der Gesetzgeber hat fast alle Effektarten und Kapitalmarktpapiere explizit erfasst, was im Sinne des Schutzes der Anlegerinteressen ist. Eine Einschränkung der Definition der Insiderpapiere wird lediglich durch das Eingrenzen der betroffenen Märkte vorgenommen.[29] Kritisch anzumerken ist dabei jedoch, dass auf eine konkrete Aufzählung sämtlicher bestehender Märkte verzichtet wird sowie weitere Konkretisierungen fehlen.[30] Somit wird beispielsweise der Telefonhandel[31] nicht erfasst, bzw. der sonstige Handel nicht explizit von der Marktdefinition erfasst.[32]
4.2.3. Insiderpapiere gem. der Marktmissbrauchs-RL
Die bereits angesprochene neue RL über Insider-Geschäfte hat auch Auswirkungen auf die erfassten Finanzinstrumente. Die wesentlichste Auswirkung stellt dabei die Erweiterung der erfassten Finanzinstrumente auf Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Aktien oder Aktienindexbasis (sog. Equity Swaps) und Optionen dar. Ferner werden nach Übernahme der Richtlinie auch Finanztitel erfasst werden, die nicht auf dem geregelten Markt gehandelt werden. Somit kann auch Privathandel, bei Vorliegen der restlichen Voraussetzungen, zum Insidertatbestand führen.[33]
4.3. Betroffener Personenkreis
Nach der bisherigen Definition, welche Wertpapiere als Insiderpapiere gelten können und welche Informationen Insiderwissen darstellen, drängt sich nun die Frage auf, wer Inhaber eines solchen Insider-Wissens sein kann. Naheliegend ist es natürlich, Emittenten, Personen, die mit dem Emittenten in irgend einem vertraglichen Verhältnis stehen, sowie Anleger in die Kategorie möglicher Insider einzuordnen.[34] Dabei sind diese Personengruppen laut Börsengesetz zwei grundlegenden Typen von Insidern, nämlich Primärinsidern einerseits und Sekundärinsidern andererseits, zuzuordnen.[35] Diese Klassifizierung ist wichtig, da je nach Typ von Insider unterschiedliche Verbote, mit den sich daraus ergebenden, unterschiedlichen Konsequenzen, bei Verstößen ergeben.[36] (Siehe Kapitel 5.3. Verbote für Primär- und Sekundärinsider)
4.3.1. Primärinsider
Gemäß § 48a (3) BörseG zählen dazu jene Personen, die aufgrund ihres Berufes oder ihrer Beschäftigung, ihrer Aufgaben oder ihrer Beteiligung am Kapital des Emittenten Zugang zu Insiderinformationen erhalten.[37] Als Beispiele sind hier Angestellte und Organe des Emittenten (z. B.: Vorstand, Aufsichtsrat, etc.), Mitarbeiter von Kredit- oder Finanzinstituten, aber auch Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Großaktionäre zu nennen.[38] Auch der Deutsche Gesetzgeber definiert diese Personengruppe gleich.[39]
Als wage Begriffe sind hier „Beruf“, „Beschäftigung“ und „Aufgabe“ zu identifizieren. Der Gesetzgeber stellt hier jedoch klar, dass unter dem Begriff „Beruf“ vor allem selbstständige Tätigkeiten (z.B.: Beratertätigkeiten) und diese im speziellen auch ohne vertragliche Bindung, zu verstehen sind. Unter „Beschäftigung“ wird dabei auf ein bestehendes Dienstverhältnis abgestellt, wobei es gleichgültig ist, ob dieses Dienstverhältnis direkt mit dem Emittenten oder einem, dem Emittenten nahe stehenden Unternehmen, besteht. Um auch noch jene Personen zu erfassen, die gemäß ihrer Amtstätigkeit (z.B.: Betriebsprüfer) zu Insiderinformationen gelangen können, wird der Begriff „Aufgabe“ benützt.[40]
Ferner ist zu beachten, dass auch Angestellte des Emittenten – und hier nicht nur leitende Angestellte – als Insider klassifiziert werden können. Entscheidend für den Tatbestand eines Insiders ist hier, ob die Informationen „auf Grund“ oder lediglich „anlässlich“ der Tätigkeit erworben wurden. Letztere Informationen stellen keinen Insidertatbestand dar. Ihre Inhaber werden daher auch nicht als Primärinsider klassifiziert und erfahren auch nicht deren Konsequenzen.[41]
[...]
[1] Vgl. o. V. [Blitzsauber 1994], S. 24.
[2] Vgl. o. V. [Waffen gegen Insider 2003], o. S.
[3] Vgl. o. V. [Voest Insider Party 2003], o. S.
[4] Vgl. Kretschmer [Diskussionsbeitrag: Insiderhandel 1992], „Die Häufigkeit von Insidergeschäften“.
[5] Vgl. Gerke [Die Börse der Zukunft 1997], S. 117f.
[6] Vgl. Gerke [Die Börse der Zukunft 1997], S. 170.
[7] Vgl. Hauser/Rosenstock [Börse und Kapitalmarkt 1997], S. 82f.
[8] Vgl. Diwok [Verbietet die EG Insidergeschäfte? 1988], „Begriff und Verwerflichkeit“.
[9] Vgl. Lucius [Standard Compliance Code 1994], „Langtext“.
[10] Vgl. Gerke [Die Börse der Zukunft 1997], S. 125.
[11] Vgl. hierzu und im folgenden: Clemenz/Oppitz [Insiderrecht: ökonomische Perspektive o. J.], S. 2f.
[12] Vgl. Gall [Neue RL über Insider-Geschäfte 2003], „Einleitung“.
[13] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading 1997], S. 6f.
[14] Vgl. Oppitz [Unternehmenspublizität nach dem BörseG 1992], o. S.
[15] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading 1997], S. 12f.
[16] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading], S. 18f.
[17] Anm. d. Verfassers.
[18] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading 1997], S. 21f.
[19] Vgl. Hausmaninger [Insiderinformation 1993], o. S.
[20] Vgl. Schärf [Börsegesetzesnovelle 1993], „Insiderinformation“.
[21] Vgl. Altendorfer [Tatbestand gegen Insidergeschäfte 1993], „Insiderinformation“.
[22] Vgl. Iro [Insiderbestimmungen BörseG 1992], „Veröffentlichung“.
[23] RL [Insider-Geschäfte und Marktmanipulation 2003], Artikel 1 (1).
[24] Vgl. RL [Insider-Geschäfte und Marktmanipulation 2003], Artikel 1 (1).
[25] Vgl. Gall [Neue RL über Insider-Geschäfte 2003], „Insiderinformation“.
[26] Anm. d. Verf.: Beispielsweise wurde der Terroranschlag am 11. September 2001 mittels
„short selling“ aufgrund der Insiderinformation finanziert.
[27] Vgl. Gall [Neue RL über Insider-Geschäfte 2003], „Insiderinformation“.
[28] Vgl. Gerke [Börsenlexikon 2002]: Gerke [Börsenlexikon 2002], S. 418.
[29] Vgl. Behr [Insiderhandel und Optionspreisspannen 2000], S. 29.
[30] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading 1997], S. 222f., S. 380ff.
[31] Vgl. Carl/Klos [Insiderrecht im Wertpapierhandelsgesetz 1995], „Die Insiderpapiere “.
[32] Vgl. Schärf [Börsegesetzesnovelle 1993], o. S.
[33] Vgl. Gall [Neue RL über Insider-Geschäfte 2003], „Erfasste Finanzinstrumente“.
[34] Vgl. Hausmaninger [Insiderinformation 1993], o. S.
[35] Vgl. Wiener Börse [Börsenlexikon 2003], o. S.
[36] Vgl. Hausmaninger [Insider Trading 1997], S. 371.
[37] Vgl. Winternitz [Wertpapieraufsichtsgesetz 1998], S. 57.
[38] Vgl. Altendorfer [Tatbestand gegen Insidergeschäfte 1993], „Primärinsider“.
[39] Vgl. Gerke [Börselexikon 2002], S. 417.
[40] Vgl. Schärf [Börsengesetzesnovelle 1993], „Insider“.
[41] Vgl. Altendorfer [Tatbestand gegen Insidergeschäfte 1993], „Primärinsider“.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.