Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen auf Eisenbahnbrücken aus Stahl


Diplomarbeit, 2001

159 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1. Vorbemerkungen
2.2. Auswertung der Messdaten mit dem Programm DIAdem
2.2.1. Allgemeines
2.2.2. Methode der Signalanalyse
2.2.3. Methode der Differentiation
2.3. Simulation der Zugüberfahrten mit dem Programm DYNACS
2.3.1. Programmbeschreibung
2.3.2. Festlegung der Fahrspuren
2.3.3. Geneigte Fahrbahn
2.4. Vorstellung der VDI Richtlinie
2.4.1. Allgemeines
2.4.2. Kurven gleicher Bewerteter Schwingstärke
2.4.3. Zusammenhang zwischen Bewerteter Schwingstärke und subjektiver Wahrnehmung

3. Verschiebungs- und Beschleunigungsmessungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg
3.1. Allgemeines
3.2. Beschreibung des Brückenbauwerks
3.3 Gerätschaft und Messungsvorbereitung
3.4. Anordnung der Messpunkte
3.5. Beschreibung der Diesellok Baureihe
3.6. Darstellung und Beurteilung der Verformungsmessungen
3.6.1. Allgemeines
3.6.2. Darstellung der Durchbiegungen in Feldmitte
3.6.3. Beurteilung der aus den Durchbiegungen in Feldmitte abgeleiteten Beschleunigungen nach VDI Richtlinie
3.6.4. Darstellung der Querbewegungen in Feldmitte
3.6.5. Beurteilung der aus den Querbewegungen in Feldmitte abgeleiteten Beschleunigungen nach VDI Richtlinie
3.6.6. Ergebnisse der Verformungsanalyse
3.7. Darstellung und Beurteilung der Beschleunigungsmessungen
3.7.1. Allgemeines
3.7.2. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in vertikaler Richtung nach VDI Richtlinie
3.7.3. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in horizontaler Richtung nach VDI Richtlinie
3.7.4. Ergebnisse der Beschleunigungsmessungen
3.8. Persönliche Einschätzung der Schwingungsintensität und Vergleich mit den Messungen

4. Überfahrtsimulationen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg
4.1. Allgemeines
4.2. Generierung des Brückenbauwerks
4.2.1. Das Modell der Brücke
4.3. Fahrzeugdiskretisierung
4.4. Eigenfrequenzen und Eigenformen
4.4.1. Eigenfrequenzen des mit DYNACS generierten Systems
4.4.2. Eigenfrequenzen von Eisenbahnbrücken nach Frýba
4.4.3. Vergleich der DYNACS -Berechnungen mit den Anhaltswerten von Frýba und den Originalmessungen
4.5. Dämpfungsmethode
4.5.1. Systemdämpfung
4.5.2. Dämpfungsansatz
4.6. Vergleich der gerechneten mit den gemessenen Durchbiegungen in Feldmitte
4.7. Darstellung und Beurteilung der Überfahrtsimulationen in vertikaler Richtung
4.7.1. Allgemeines
4.7.2. Schienenrauigkeit
4.7.3. Beurteilung der Überfahrtsimulationen in vertikaler Richtung nach VDI Richtlinie
4.8. Vergleich der Beschleunigungsmessungen mit den Überfahrtsimulationen
4.8.1. Vorbemerkung
4.8.2. Darstellung der gerechneten und der gemessenen Beschleunigungsverläufe in vertikaler Richtung
4.8.3. Vergleich der Originalmessungen mit verschiedenen Schienenrauigkeiten
4.8.4. Zusammenfassung
4.9. Problematik der Simulation von Tragwerkschwingungen in Querrichtung

5. Beschleunigungsmessungen am Stahlüberbau Königsstraße in Aachen
5.1. Allgemeines
5.2. Beschreibung des Bauwerks
5.3. Gerätschaft und Messungsvorbereitung
5.4. Anordnung der Messpunkte
5.5. Darstellung und Beurteilung der Beschleunigungsmessungen
5.5.1. Allgemeines
5.5.2. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in vertikaler Richtung nach VDI Richtlinie
5.5.3. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in horizontaler Richtung nach VDI Richtlinie
5.6. Persönliche Einschätzung der Schwingungsintensität und Vergleich mit den Messungen

6. Überfahrtsimulationen am Stahlüberbau Königsstraße in Aachen
6.1. Allgemeines
6.2. Generierung des Brückenbauwerks
6.2.1. Federcharakteristika des Schotteroberbaus
6.3. Fahrzeugdiskretisierung
6.4. Eigenfrequenzen und Eigenformen
6.4.1. Eigenfrequenzen des mit DYNACS generierten Systems
6.4.2. Vergleich der DYNACS -Berechnungen mit den Anhaltswerten von Frýba
6.5. Dämpfungsansatz
6.6. Darstellung und Beurteilung der Überfahrtsimulationen in vertikaler Richtung
6.6.1. Allgemeines
6.6.2. Beurteilung der Überfahrtsimulationen in vertikaler Richtung nach VDI Richtlinie
6.7. Vergleich der Beschleunigungsmessungen mit den Überfahrtsimulationen
6.7.1. Vorbemerkung
6.7.2. Darstellung der gerechneten und der gemessenen Beschleunigungs-verläufe in vertikaler Richtung
6.7.3. Vergleich der Originalmessungen mit verschiedenen Schienenrauigkeiten
6.7.4. Zusammenfassung
6.8. Simulation von Tragwerkschwingungen in Querrichtung

7. Diskussion der Ergebnisse
7.1. Diskussion der erweiterten Anwendbarkeit der VDI Richtlinie 2057 auf verkehrsinduzierte Brückenschwingungen
7.2. Vorschlag für eine Beurteilung der Einwirkungen von Brückenschwingungen auf den Menschen
7.2.1. Beurteilungskriterien
7.2.2. Grundlage für die Ausarbeitung eines Vorschlags
7.2.3. Formulierung des Vorschlags
7.3. Einordnung von gemessenen Brückenschwingungen in die vorge-schlagene Richtlinie
7.3.1. Beurteilung der Messungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg
7.3.2. Beurteilung der Messungen am Stahlüberbau Königsstraße in Aachen
7.3.3. Beurteilung der Messungen an der Oberkasseler Brücke in Düsseldorf
7.3.4. Beurteilung der Messungen an einer Stahlbrücke und einer Verbundbrücke in Troisdorf
7.3.5. Beurteilung der Messungen am Bahnsteig im Kölner HBF
7.3.6. Beurteilung der Messungen an einer Straßenbrücke in Essen
7.3.7. Zusammenfassung
7.4. Einordnung der mit dem Programm DYNACS errechneten Schwingungen des Lehrter BF in die vorgeschlagene Richtlinie
7.5. Diskussion der Vorhersagegenauigkeit von Brückenschwingungen mit dem lehrstuhleigenen Programm DYNACS
7.6. Formulierung einer allgemeinen Vorgehensweise zur Berechnung von verkehrsinduzierten Brückenschwingungen mit dem Programm DYNACS

8. Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

0. Vorwort

Principles there are,

but even they remain unreal

until you actually apply them.

Forman S. Acton

Grundlage für die Arbeit waren umfangreiche Literatur sowie leistungsfähige Computerprogramme. Mein Dank gilt Prof. Dr.-Ing. G. Sedlacek für die Bereitstellung der für das Diplomthema nötigen Literatur und für die Nutzung der Hard- und Software des Lehrstuhls für Stahlbau. Zudem danke ich Dipl.-Ing. Bertram Kühn für die gute Betreuung der Arbeit und den vielen Assistenten des Lehrstuhls für die freundliche Unterstützung.

Zum Inhalt dieser Arbeit gehörten Beschleunigungsmessungen am Stahlüberbau Königsstraße in Aachen. Hier danke ich cand. Ing. Heiko Ehrich für seine Mithilfe bei den Messungsvorbereitungen und Messungsdurchführungen.

Die Deutsche Bahn AG stellte für die Durchführung der Überfahrtsimulationen einige Informationen zur Verfügung. Im einzelnen danke ich Herrn Dipl.-Ing. Volkmar Quoos von der DB Netz AG Magdeburg für die Übersendung der Ergebnisse der Verschiebungsmessungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg, Herrn Dipl.-Ing. Herbert Koep von der DB Netz AG Köln für die Bereitstellung der Konstruktionspläne des Stahlüberbaus Königsstraße in Aachen und Herrn Dipl.- Ing. Bernd Bergander vom Forschungs- und Technologiezentrum in München für die Bereitstellung der Daten des Vertikalmodells der elektrischen Lokomotive BR103.

Zum Schluss möchte ich den studentischen Hilfskräften und Diplomanden danken, die mir so manchen fachlichen oder programmtechnischen Ratschlag geben konnten.

Aachen, Februar 2001 Marc Weiner

1. Einleitung

Moderne Stahlkonstruktionen zeichnen sich durch ein geringes Eigengewicht und ebensolche Dämpfung aus, womit ihre Schwingungsanfälligkeit stark zunimmt. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen zum Schwingungsverhalten und zur Gebrauchstauglichkeit von stählernen Eisenbahnbrücken.

Ein Ziel ist die Beurteilung der Einwirkungen mechanischer Schwingungen auf die sich auf einem Brückenbauwerk befindlichen Menschen, um Aussagen über die Wahrnehmbarkeit und Tolerierbarkeit der auftretenden Schwingungen zu treffen.

Ein Beispiel für Schwingungsprobleme unter Eisenbahnverkehr ist der Lehrter Bahnhof in Berlin, dessen Bahnsteige und Gleise teilweise auf einer Stahlkonstruktion auflagern. Gegenstand der vom Institut für Stahlbau der RWTH-Aachen durchgeführten Untersuchungen war das Schwingungsverhalten der Bahnsteige und der Dachkonstruktion unter Eisenbahnverkehr und die durch die Schwingungen hervorgerufenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen der auf den Bahnsteigen befindlichen Personen. Da es für die Beurteilung verkehrsinduzierter Brückenschwingungen noch keine Richtlinie gibt, wurde die VDI Richtlinie 2057, die für Schwingungsprobleme im Hochbau anwendbar ist, zur Orientierung herangezogen. Weitere Anwendungsbeispiele, wie z.B. die Schwingungsanregung der Oberkasslerbrücke in Düsseldorf durch den S-Bahnverkehr zeigen, dass eine Richtlinie zur Beurteilung von Brückenschwingungen notwendig ist. Hier schließt das Thema der Diplomarbeit an. Es werden auftretende Schwingungsprobleme an Eisenbahnbrücken eingehend untersucht und Vorschläge zur Erweiterung der Richtlinie 2057 gemacht.

Im ersten Teil der Diplomarbeit wird auf die Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen auf Eisenbahnbrücken aus Stahl eingegangen. Zu diesem Zweck werden zum einen die bereits durchgeführten Messungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg herangezogen, zum anderen werden an einem Vergleichsobjekt in Aachen Schwingungsmessungen durchgeführt. Die Beurteilung der Einwirkungen mechanischer Schwingungen auf den Menschen erfolgt mit Hilfe der VDI Richtlinie 2057, die sich auf die Beurteilung von Schwingungen am Arbeitsplatz beschränkt. Durch einen Vergleich der Ergebnisse der VDI Richtlinie mit den eigenen Wahrnehmungen auf den Brücken wird die erweiterte Anwendbarkeit der Richtlinie auf Eisenbahnbrücken aus Stahl überprüft und gegebenenfalls eine Modifizierung der bestehenden Richtlinie vorgeschlagen.

Neben der Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen bei bestehenden Bauwerken sind auch Vorhersagen von zu erwartenden Schwingungen bei neuen Brückenbauwerken von Interesse. Um mögliche konstruktive Maßnahmen frühzeitig treffen zu können, werden Überfahrtsimulationen durchgeführt, deren Ergebnisse eine gute Einschätzung der zu erwartenden Brückenschwingungen liefern.

Der zweite Teil der Diplomarbeit behandelt die Durchführung von Überfahrtsimulationen, sowohl über das Kreuzungsbauwerk Zangenberg, als auch über das Vergleichsbauwerk in Aachen, mit dem lehrstuhleigenen FE-Programm DYNACS. Um realistische Berechnungen der zu erwartenden Brückenschwingungen zu erhalten, und um die Vorhersagegenauigkeit des Programms DYNACS zu überprüfen, werden die Messergebnisse mit den Rechenergebnissen verglichen. Es werden die systemabhängigen und die systemunabhängigen Parameter der beiden Bauwerke mit Hilfe von Literaturangaben und Erfahrungswerten definiert und in einer Parameterstudie hinsichtlich ihrer Einflussgröße sortiert.

Die abschließenden Betrachtungen zeigen die Anwendungsgrenzen des Programms und eine allgemeine Vorgehensweise für zukünftige Überfahrtsimulationen auf, die den weiteren Umgang mit dem Programm DYNACS erleichtern.

In einem Ausblick werden weiterführende Maßnahmen zur Gestaltung der Richtlinie für die Beurteilung verkehrsinduzierter Brückenschwingungen und zur Weiterentwicklung des Programms DYNACS dargestellt.

2. Grundlagen

2.1. Vorbemerkungen

In diesem Kapitel wird die allgemeine Vorgehensweise der Messdatenauswertung geschildert. Die Auswertung der Messdaten der Beschleunigungsmessungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg und am Stahlüberbau Königsstraße in Aachen, sowie die Auswertungen der Überfahrtsimulationen erfolgen mit dem Programm DIA dem.

Die Überfahrtsimulationen werden mit dem lehrstuhleigenen Programm DYNACS durchgeführt. In Kapitel 2.3 wird das Programm vorgestellt. Es werden die Anwendungsmöglichkeiten und die programmtechnische Umsetzung der Überfahrtsimulationen beschrieben.

Grundlage der Auswertungen der Messdaten ist die VDI Richtlinie 2057. In Bezug auf die Diplomarbeit von Dipl.-Ing. C. de Renet “Untersuchungen an Verbundbrücken im kurzen und mittleren Spannweitenbereich zur Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen” wird auf die Betrachtung weiterer Normen und Richtlinien verzichtet, da nach seinen Erkenntnissen die VDI Richtlinie 2057 für die Bewertung von Brücken die besten Ergebnisse liefert.[1]

2.2. Auswertung der Messdaten mit dem Programm DIAdem

2.2.1. Allgemeines

Die maßgebende Größe für die Wahrnehmung von Schwingungen ist die Beschleuni­gung und die Frequenz, mit der sie auftritt. Die Auswertung der auf den Brücken gemessenen Schwingbeschleunigungen wird computergestützt mit dem Programm DIA dem vorgenommen. Dieses Programm dient zum einen der Datenverarbeitung und zum anderen zur graphischen Darstellung der gewonnenen Ergebnisse.

Die Auswertung erfolgt in so genannten Zeitfenstern. Das heißt, dass die gesamte Überfahrtzeit in Zeitintervalle zerlegt und diese Zeitintervalle ausgewertet werden. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass auch kurzzeitige Effekte erfasst werden.

2.2.2. Methode der Signalanalyse

Eingangssignal:

Das Eingangssignal beinhaltet den Beschleunigungs-Zeit-Verlauf eines Messpunktes. Die Beschleunigung hat die Einheit [m/s²] und die Zeit hat die Einheit [s].[2]

Das Eingangssignal liegt als diskrete Zeitreihe {ui}, i=1,2,,N von Funktionsordinaten mit konstantem Abstand (Abtastintervall) Dt vor.

Digitaler Filter:

Zu Beginn der Frequenzanalyse wird das Eingangssignal digital gefiltert, um nur einen bestimmten Frequenzbereich zu untersuchen. Bei der digitalen Filterung wird ein zeitabhängiges Signal rechnerisch so behandelt, dass die spektralen Komponenten des Signals in bestimmten Frequenzbereichen durchgelassen und in anderen Frequenzbereichen gesperrt werden. So lässt der Tiefpassfilter nur Frequenzen durch, die unterhalb einer definierten Grenzfrequenz liegen.

Zur Filterung steht in DIA dem der rekursive IIR-Filter (infinite impulse response) zur Verfügung. Mit Hilfe des IIR-Filters lassen sich analoge Filtercharakteristika sehr gut nachbilden, da durch die rekursive Struktur die Impulsantwort nicht abgebrochen wird und der Amplitudengang dadurch genau mit dem analogen Filter übereinstimmt. Dieses Filtersystem berücksichtigt für die Bildung der diskreten Ausgangswerte des gefilterten Signals zeitlich vorausgehende Eingangsgrößen.

Eine Filterart des IIR-Filters ist der Butterworth-Filter. Dieser Filtertyp zeichnet sich dadurch aus, dass die idealen Amplitudencharakteristika (Tiefpass, Hochpass, ...) durch einen sehr steilen Übergang vom Durchlass- in den Sperrbereich angenähert werden können.

Der Filtergrad mit den Abstufungen 2, 4, 6, 8 und 10 ist ein Maß für die Güte des IIR-Filters und gibt die Anzahl der zurückzuführenden Filterausgangssignale an. Je höher der Filtergrad gewählt wird, umso kleiner ist die Übertragungsbandbreite, d.h. der Übergang vom Durchlass- in den Sperrbereich verläuft entsprechend steiler. Gerechnet wird mit einem Filtergrad 6, der programmintern durch Kaskadierung von Filtern 2 Grades realisiert wird.

Fast Fourier Transformation:

Mit Hilfe der Fast Fourier Transformation (FFT) lässt sich eine Frequenzanalyse eines Signals durchführen, indem eine Transformation einer zeitabhängigen Größe (Brückenschwingung) in den Frequenzbereich vorgenommen wird. Das Ergebnis dieser Transformation gibt Auskunft über die frequenzmäßige Zusammensetzung des digitalen Messsignals. Es handelt sich hierbei um eine Art der Berechnung der diskreten Fourieranalyse, die gegenüber der herkömmlichen Methode eine erhebliche verkürzte Rechenzeit benötigt.

Die FFT wird stets in Potenzen von 2 (...64, 128, 256, 512, 1024 ...) durchgeführt. Sie wird daher gegebenenfalls nicht für alle vorliegenden Messdaten, sondern nur für die Anzahl von Messdaten durchgeführt, die mit der nächst tieferen Zweierpotenz übereinstimmt. Die Abtastrate des Zeitsignals und die Anzahl der Abtastpunkte müssen so gewählt werden, dass der interessierende Frequenzbereich richtig beschrieben wird. Da reelle Zeitfunktionen ein mit der Abtastfrequenz periodisches und achsensymmetrisches Amplitudenspektrum aufweisen, werden bei der Fourieranalyse N reelle Zeitwerte durch N/2 komplexe Werte im Frequenzbereich ausreichend repräsentiert.

Die erreichbare Frequenzauflösung fs, also die Differenz zweier aufeinander folgender Frequenzen, hängt direkt von der Gesamtdauer T des betrachteten Signals ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die maximal zu untersuchende Frequenz fmax ergibt sich zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei einer Messdauer von 1,5 Sekunden und 512 Messpunkten im Zeitbereich ergibt sich beispielsweise eine Frequenzauflösung fs von 1/1,5s = 0,667 Hz und ein Gesamtfrequenzbereich von 0 Hz bis fmax =512/(2*1,5s) = 170,7 Hz.

Die Abtastung hat, wie in (2.2) gezeigt, mit mindestens der doppelten Frequenz wie die höchste im Signal zu erwartende Frequenz fmax zu erfolgen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Forderung wurde von NYQUIST aufgestellt und belegt.[3] Wird das Abtasttheorem nach NYQUIST nicht eingehalten, kommt die Abtastfrequenz fab in den Bereich der maximal erwarteten Frequenz des Signals, so wird das abgebildete Signal derart verzerrt, dass der Informationsgehalt des ursprünglichen Signals verloren geht. Es werden Signale vorgetäuscht, die nicht im Ausgangssignal enthalten sind. Liegen die Frequenzen fmax und fab nahe zusammen, kommt es zu Schwebungen, das abgebildete monofrequente Signal enthält nur eine Frequenz f =| fmax - fab |. Bild 2.1 soll dies verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.1: Darstellung des Abtastfehlers für fab < fmax

Das analoge Signal A(t) mit der Kreisfrequenz w0 = 2pf0 wird nach der Abtastung durch das Signal Ã(n) mit der Frequenz f repräsentiert. Eine Rekonstruktion des analogen Signals ist nun nicht mehr möglich. Um diesen Effekt zu vermindern, werden in der digitalen Signalverarbeitung so genannte Tiefpassfilter eingesetzt. Diese gewährleisten durch ihre Filtercharakteristika, dass nur eine bestimmte Bandbreite (0 ≤ ffmax) des Signals aufgenommen werden kann. Somit ist die maximal zu erwartende Frequenz bekannt.

Die Durchführung einer FFT ist Grundlage jeder weiteren Signalanalyse.

Fensterfunktion:

Bei der Transformation eines Signals aus dem Zeitbereich in den Frequenzbereich werden die Fourier-Koeffizienten unter der Annahme bestimmt, dass das Signal durch den Wertesatz vollständig beschrieben wird. Liegt ein Signal vor, das sich über den Abtastbereich hinaus erstreckt (beispielsweise eine kontinuierliche Sinuswelle), kann die Berechnung der FFT zu einer Verfälschung des tatsächlichen Spektrums führen, wenn sich der Abtastbereich nicht exakt über das k-fache einer Periode (mit k = 1,2,...) erstreckt. Dieser Fehler bei der Bestimmung des aktuellen Spektrums führt zu einer Spektralverbreiterung (leakage). Diese kann dazu führen, dass Informationen, die in dem Signal enthalten sind, nicht erkannt werden können, weil nicht exakt erfasste Spektralanteile sich gegenseitig überlagern und gegebenenfalls aufheben.

Die Ursache ist darin begründet, dass die Fourier-Transformation eines Signalausschnitts aufzufassen ist, als die Transformation des Produkts des unbegrenzt fortgesetzten Signals und einer Rechteckfunktion, die genau in dem gewünschten Ausschnitt den Wert 1 und außerhalb den Wert 0 hat.

Dieser Fehler tritt nur dann nicht in Erscheinung, wenn der Abtastbereich ideal ist, d.h. sich über genau eine oder mehrere Perioden erstreckt. In allen anderen Fällen muss dafür gesorgt werden, dass die Spektralverbreiterung durch die Anwendung von Fensterfunktionen reduziert wird, die zu den Intervallrändern hin abfallen.

Eine allgemeingültige Regel für den Einsatz der Fensterfunktion kann nicht gegeben werden. Für verschiedenartige Signale sind unterschiedliche Fensterfunktionen geeignet. Hat man mit einem Fenster bei der Analyse eines bestimmten Signals gute Erfahrungen gemacht, so kann es in einem anderen Fall schlechte Ergebnisse liefern. Die Literatur empfiehlt für stochastische Signalverläufe die Fensterfunktionen von KAISER-BESSEL oder eventuell von HANNING.[4] Da diese Fenster allerdings zum Rand hin zu 0 abfallen, tragen sie zu einer Amplitudendämpfung bei, die nicht richtig korrigiert werden kann. Aus diesem Grund wird das Rechteckfenster (lässt das Signal unverändert) für die Signalanalyse verwendet.

Amplitudenberechnung:

Die Amplitudenberechnung ist eine Spektralberechnung aus den Real- und Imaginärteilen der Schwingung, die in einer FFT ermittelt werden. Sie erfolgt für zwei unterschiedliche Amplitudentypen, der Peakamplitude und der Effektivamplitude.

Unter der Peakamplitude versteht man die Berechnung der frequenzabhängigen Amplituden des zuvor fourieranalysierten Signals gemäß der Beziehung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die physikalische Einheit der Peakamplitude ist dieselbe wie die des Eingangssignals, also die Einheit [m/s²]. Dem Signal kann somit zu jeder Frequenz die zugehörige Größe der Amplitude zugeordnet werden. So können z.B. die Eigenfrequenzen des Bauwerks ersichtlich werden.

Die Effektivamplitude (RMS: root mean square) wird gemäß folgender Formel ermittelt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sie ist der Effektivwert der Beschleunigung, also gleich der Bewerteten Schwingstärke K (siehe Kapitel 2.4.1). Sie hat ebenfalls die Einheit [m/s²].

Terzanalyse:

Mit Hilfe der Terzanalyse werden Frequenzintervalle zusammengefasst und die zugehörigen Amplitudenwerte aufaddiert. Für die Einordnung in die VDI Richtlinie 2057 wird eine Terzberechnung zu einer Effektivamplitude (RMS) durchgeführt. Die Intervalllänge wird anhand von Terzspektren bestimmt, deren Obergrenzen sich zu den Untergrenzen etwa wie 3√2 :1 verhalten.

Erzeugt werden auf der Ordinate die so genannten Mittenfrequenzen und auf der Abszisse die summierten Amplitudenwerte der einzelnen Frequenzintervalle. Die Mittenfrequenzen fm werden aus unteren (fu) und oberen (fo) Grenzfrequenzen gemäß folgender Beziehung gebildet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aufgetragen in dem Diagramm zur subjektiven Wahrnehmung (Bild 2.8) geben die berechneten effektiven Beschleunigungen Aufschluss über die Stärke der Brückenschwingung.

2.2.3. Methode der Differentiation

Das Eingangssignal beinhaltet den Verschiebungs-Zeit-Verlauf eines Messpunktes. Durch Differentiation ist auf den Geschwindigkeits- bzw. Beschleunigungsverlauf des Messpunktes zu schließen. Das Eingangssignal liegt als diskrete Zeitreihe {ui}, i=1,2,,N von Funktionsordinaten mit konstantem Abstand (Abtastintervall) Dt vor.[5]

Am leichtesten lässt sich die Differentialrechnung mit Hilfe von Tangenten und Sekanten erklären. Die Gerade durch zwei Punkte P1 und P2 einer Kurve heißt Sekante. Hält man den Punkt P1 fest und bewegt sich der Punkt P2 auf P1 zu, nähern sich die Sekanten immer mehr der Tangente der Kurve durch den Punkt P1 an. Die Steigung einer Sekante lässt sich einfach durch Division der zwei Differenzen (y2-y1) und (x2-x1) bestimmen. Dieser Differenzenquotient gibt die Steigung der Tangente (das ist die Ableitung) an die Kurve in P1 um so genauer wieder, je näher P2 dem Punkt P1 liegt.

Da gerade in der Messdatenerfassung und Messdatenauswertung nicht formelmäßig vorgegebene Funktionen, sondern nur empirisch beschriebene Funktionen vorliegen, unterstützt Dia dem die numerische Differentiation. Mit der Funktion Differential lässt sich die Ableitung einer empirisch vorgegebenen Funktion in jedem Punkt näherungsweise berechnen, und zwar mit Hilfe der oben angesprochenen Differenzenquotienten. Sind beispielsweise Wegverhältnisse über der Zeit ermittelt worden, kann mit Hilfe der Funktion Differential die momentane Geschwindigkeit (Ableitung des Weges nach der Zeit) für jeden (diskreten) Zeitpunkt näherungsweise bestimmt werden.

2.3. Simulation der Zugüberfahrten mit dem Programm DYNACS

2.3.1. Programmbeschreibung

Bei dem lehrstuhleigenen Programm DYNACS handelt es sich um ein Finite-Elemente-Programm , das die Verformungen und Schnittgrößen für 3-dimensionale Stabwerke ermittelt. Dabei werden sowohl dynamische Effekte, als auch die Einflüsse aus der Theorie 2. Ordnung berücksichtigt.

Um ein Tragwerk in DYNACS zu generieren, werden in einem globalen Koordinatensystem Knoten mit den zugehörigen Freiheitsgraden definiert. Die Knoten werden mit Stäben gelenkig oder biegesteif verbunden. Den Stäben werden Massen und Querschnittseigenschaften zugeordnet. Zusätzlich können statische Knotenmassen oder Lasten, die an Knoten angreifen berücksichtigt werden.

Mit der Diplomarbeit “Dynamisches Brückenverhalten unter Fahrzeuglasten” von Maike Timm wurde das Programm um eine Berechnungsart erweitert, so dass nun auch Fahrzeugüberfahrten über Brücken simuliert werden können.[6] Es besteht die Möglichkeit, sowohl die Fahrzeug- als auch die Strukturreaktion auf eine Überfahrt auszuwerten. Hier wird jedoch nur die Strukturantwort betrachtet. Das Zusammenwirken von Struktur und Fahrzeug wird von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst.

Neben den Steifigkeits- und Masseneigenschaften der Systeme berücksichtigt das Programm DYNACS:

- Rauigkeit der Fahrbahn bzw. der Schiene
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- Fahrzeugart (IR, IC, ...)

Die Fahrzeuge werden als Schwingungssysteme dargestellt. Für jedes Fahrzeug werden Startposition und Geschwindigkeit angegeben, so dass in jedem Zeitschritt an den aktuellen Positionen die Achskräfte ermittelt werden können. Auf die Modellierung des Fahrzeugs wird in Kapitel 4.3 näher eingegangen.

Die Überfahrtsimulationen erfolgen als Zeitschrittberechnung nach dem Newmarkverfahren, bei dem in einem zeitlichen Abstand die Verschiebungen, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der beiden Systeme Fahrzeug und Brücke berechnet werden können. In jedem Zeitschritt wird mit der Ermittlung der Achslasten begonnen. Aus den Achslasten wird der Lastvektor aufgestellt, so dass die Bewegungsgleichung gelöst werden kann. Das Ergebnis sind die Schnittgrößen und Verformungen der Brücke. Die Verformungen haben Einfluss auf die Achslasten des nächsten Zeitschritts, wenn sie eine Verschiebung der auf der Fahrbahnoberfläche befindlichen Achsen bewirken.

2.3.2. Festlegung der Fahrspuren

Die Fahrbahn der Brücke wird durch Fahrspuren dargestellt. Jede Spur besteht aus einer Reihe von Stäben, die überfahren werden. Die Fahrzeuge werden jeweils einer Fahrspur zugeordnet, die sie mit konstanter Geschwindigkeit in beliebiger Richtung passieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.2: Generierung der Fahrspuren

Das Koordinatensystem der Brücke richtet sich nach dem Aufbau des Stabwerks, das eine beliebige Lage im Raum einnehmen kann. Um eine flexible Bestimmung des globalen Koordinatensystems zu ermöglichen, werden die Fahrspuren und Fahrzeuge unabhängig von der Brücke behandelt. Das Koordinatensystem der Fahrbahn ist 2-dimensional, dabei zeigt die x-Achse in Fahrtrichtung und die z-Achse entgegen der Richtung der Erdbeschleunigung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.3: Koordinatensysteme von Brücke und Fahrbahn

Jede Fahrspur wird ohne Berücksichtigung der Krümmung und Neigung als Band betrachtet, das auf der x-Achse liegt. Es können somit keine Fliehkräfte in der Kurvenlage berücksichtigt werden. Die Länge der Fahrspur setzt sich zusammen aus der Summe der Längen der überfahrenen Stäbe und den Strecken vor und hinter der Brücke. Das Profil der Fahrbahnoberfläche, das sich durch Veränderung in vertikaler Richtung ergibt, wird auf der z-Achse aufgetragen. Es können auch mehrere Fahrspuren den gleichen Stäben zugeordnet werden, um die unterschiedliche Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche zu berücksichtigen.

2.3.3. Geneigte Fahrbahn

In dem Programm DYNACS können geneigte Fahrbahnen berücksichtigt werden. Die ermittelten Bauwerksantworten beziehen sich immer auf das globale Koordinatensystem. Zur Illustration werden im Folgenden zwei Methoden zur Generierung der Querneigung einer Fahrbahn näher erläutert. Nach demselben Schema ist auch eine Längsneigung zu berücksichtigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die erste Möglichkeit besteht darin die Neigung des Oberbaus über die Lage der Knoten und Stäbe im Raum zu berücksichtigen (Bild 2.4). Die Knoten werden im globalen Koordinatensystem (x, y , z) definiert. Die Zugmasse wirkt in die globale z-Richtung, die zugleich auch Richtung der Erdbeschleunigung ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.4: Generierung einer Querneigung durch Definition der Knoten und Stäbe im Raum

Es besteht weiterhin die Möglichkeit, das System eben zu generieren und den Vektor der Erdbeschleunigung entsprechend zu verändern, d.h. in Komponenten gy und gz aufzuteilen (Bild 2.5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zugmasse wirkt in Richtung der resultierenden Erdbeschleunigung g. Die Bauteilantworten beziehen sich auf das globale Koordinatensystem. Dies hat zur Folge, dass die für das globale Koordinatensystem (y, z) errechneten Bauteilantworten in das gedrehte Koordinatensystem (y´, z´) transformiert werden müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.5: Generierung einer Querneigung durch Transformation des Beschleunigungsvektors

Die Koordinatentransformation (2.7) kann gut mit dem Programm DIA dem durchgeführt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die zweite Variante ist etwas eleganter. Der Generierungsaufwand ist geringer und die Querneigung kann zu einem späteren Zeitpunkt durch einfache Änderung der Komponenten gy und gz in dem DYNACS -Eingabefile variiert werden.

2.4. Vorstellung der VDI Richtlinie 2057

2.4.1. Allgemeines

Die VDI Richtlinie 2057 unterteilt sich in Grundlagen, Bewertung, Beurteilung und Messung. Zweck der Richtlinie ist die Beurteilung der Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen am Arbeitsplatz.[7]

Die Beurteilung des Einflusses von Schwingungen auf den Menschen ist von vielen Randbedingungen abhängig. Dazu zählen unter anderem die Körperhaltung, eine gleichzeitige Schallquelle, Klimabedingungen oder der physische und psychische Zustand. Die Vielfältigkeit und Komplexität dieser Bedingungen macht es äußerst schwierig, eine Norm zur Bewertung von Schwingungseinflüssen auf den Menschen zu erstellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Einwirkung kann über die Füße des stehenden, das Gesäß des sitzenden, den Körper des liegenden Menschen oder über die Hände erfolgen (Bild 2.6). Für die Zugüberfahrten ist die Frequenzbewertung bei Einwirkung im Sitzen (relevant auf Bahnsteigen) und im Stehen von Bedeutung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.6: Beschleunigungsrichtungen

Quelle: VDI Richtlinie 2057 (1987)

Nach VDI Richtlinie beschränkt sich der zu untersuchende Frequenzbereich auf 1Hz bis 80Hz. Schwingungen mit Frequenzen über 80 Hz werden bei kleinen Schwingwegen zunehmend im Schuhwerk oder in der Kleidung absorbiert. Soweit sie den Körper überhaupt mit merklicher Stärke erreichen, dringen sie in die an die Haut angrenzenden Körperschichten kaum noch ein. Schwingungen mit Frequenzen unter 1 Hz beanspruchen den Menschen individuell sehr verschieden, wobei Kinetoseerscheinungen (z.B. Seekrankheit) eine wichtige Rolle spielen. In der VDI Richtlinie 2057 wird für diesen Frequenzbereich auf die ISO 2631/3 “Evaluation of exposure to whole-body z-axis vertical vibration in the frequency range 0,1 to 0,63 Hz” verwiesen.

2.4.2. Kurven gleicher Bewerteter Schwingstärke

Aus den Eingangsdaten der Schwingungsbeschleunigung wird unter Berücksichtigung unterschiedlicher frequenzabhängiger Wirkungen die “Bewertete Schwingstärke” K als Kenngröße der Beanspruchung gebildet. Die Bewertete Schwingstärke ist der Effektivwert des frequenzbewerteten, bandbegrenzten und normierten Schwingungssignals. Dieser Effektivwert wird auf der Basis von Terzspektren ermittelt. Die Berechnung der Bewerteten Schwingstärke aus den Beschleunigungsmessungen, also die effektive Beschleunigung, wurde im Kapitel 2.2 näher erläutert.

Die Bewertung der effektiven Beschleunigung erfolgt mit so genannten Kurven gleicher Bewerteter Schwingstärke.

Beispielhaft sind nach folgenden Formeln die Ergebnisse der Frequenzanalyse für die vertikale Richtung zu bewerten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei sind die Frequenz f und die Effektivwerte der Beschleunigungen ax, ay und az einzusetzen. Die angegebene Formel (2.8) ist im Bild 2.7 in Abhängigkeit von Frequenz und Schwingbeschleunigung bei Einwirkung in z-Richtung für den stehenden Menschen graphisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.7: Kurven gleicher Bewerteter Schwingstärke KZ

Quelle: VDI Richtlinie 2057 (1987)

2.4.3. Zusammenhang zwischen Bewerteter Schwingstärke und subjektiver Wahrnehmung

Zur Bewertung der Schwingungen gibt die VDI-Richtlinie auch Anhaltswerte zur Skalierung der subjektiven Wahrnehmung (Bild 2.8). Diese reicht von einer Fühlschwelle, unterhalb der eine Wahrnehmung nicht mehr möglich ist, bis zu einer Schmerzgrenze, oberhalb der die Wahrnehmung in Schmerz übergeht. Aufgrund der Kriterien Wohlbefinden (Komfort), Leistungsfähigkeit und Gesundheit kann eine exakte Einteilung nicht allgemeingültig festgelegt werden.

Die Zusammenhänge in Bild 2.8 basieren auf den Kurven gleicher Bewerteter Schwingstärke K und sind nur als Anhaltswerte zu sehen.

Ähnliche Beurteilungskurven gibt die VDI Richtlinie auch für die Bewerteten Schwingstärken KX und KY an. Die Auswertung erfolgt in analoger Weise wie für die in z-Richtung.

Auf der Basis der subjektiven Wahrnehmung werden die Beschleunigungsmessungen an den beiden Brückenbauwerken bewertet.

Das Bild 2.8 zeigt die Kurven der subjektiven Wahrnehmung, die aus den Kurven der Bewerteten Schwingstärke abgeleitet sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.8: Subjektive Wahrnehmung in z-Richtung

Quelle: VDI Richtlinie 2057 (1987)

3. Verschiebungs- und Beschleunigungsmessungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg

3.1. Allgemeines

Das Brückenbauwerk befindet sich auf der Bahnstrecke von Weißenfels nach Zeitz nahe der Ortschaft Zangenberg. Es dient als Untersuchungsobjekt der DB Netz AG im Rahmen der bilateralen Arbeitsgruppe SBB - DB AG: “Beurteilung bestehender Eisenbahnbrücken aus Stahl”.

Am 30.09.1999 fanden in diesem Zusammenhang seitens der Deutschen Bahn AG Verzerrungs- und Verschiebungsmessungen am stählernen Überbau des Brückenbauwerks statt. Zusätzlich wurden von Dipl.- Ing. B. Kühn Beschleunigungsmessungen durchgeführt. Die Zugüberfahrten erfolgten mit zwei gekoppelten Diesellokomotiven der Baureihe 232 und mit Geschwindigkeiten von 10 bis 40 km/h.

Grundlage für die Beurteilung der Schwingungsbeschleunigungen ist die VDI Richtlinie 2057. Für eine Beurteilung der gemessenen Beschleunigungsverläufe wird der Frequenzbereich von 1 bis 80 Hz betrachtet.

3.2. Beschreibung des Brückenbauwerks

Bei dem Bauwerk handelt es sich um eine eingleisige einfeldrige Fachwerkbrücke mit unten liegendem Fahrbahnsystem aus dem Jahre 1911.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.1: Kreuzungsbauwerk Zangenberg

Die Spannweite der Brücke beträgt 80 m. Das Tragwerk ist in Längsrichtung statisch bestimmt gelagert, die beweglichen Lager befinden sich am Widerlager Weißenfels. Das offene Fahrbahnsystem besteht aus Längsträgern (ausgebildet als Durchlaufträger) und Querträgern im Abstand von 4,0 m.

Das folgende Bild 3.2 zeigt den schematischen Aufbau des Tragwerks.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.2: Systemquerschnitt des Kreuzungsbauwerks Zangenberg

Die Verkehrslasten werden zuerst über die Schwellen in die inneren Längsträger abgetragen. Diese tragen die Lasten weiter in die Querträger und die wiederum ihre Lasten in die außenliegenden Hauptträger ab.

In den jeweils letzten Brückenfeldern sind Bremsverbände vorhanden, wodurch sich die Längsträger zwangsläufig an der Haupttragwirkung beteiligen. Die Brückenbalken sind auf den Längsträgern quasi unverschieblich über Schwellenwinkel befestigt. Die Schienen laufen am Widerlager Zeitz durch, am Widerlager Weißenfels ist ein Schienenauszug vorhanden. Die Brückenbalken weisen einen Systemabstand von 60-65 cm auf. Damit ist bei einer vorhandenen Schwellenbreite von ca. 26 cm der maximale zulässige lichte Abstand von 40 cm eingehalten. Es ist ein oberer und ein unterer Windverband vorhanden. Zwischen den Längsträgern ist ein Schlingerverband eingebaut.

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Bild 3.3: Unterer Windverband

Die Brücke liegt im Bereich eines Gleisbogens, wobei der Radius 2000 m beträgt. Das Gleis liegt im Radius mit einer maximalen Überhöhung von 30 mm. Es ist kein Dienstgehweg vorhanden. Es existieren allerdings Austritte in die Bereiche zwischen den Hauptträgerdiagonalen.

3.3 Gerätschaft und Messungsvorbereitung

Für die Schwingungsmessungen an dem Kreuzungsbauwerk Zangenberg wurden die am Lehrstuhl für Stahlbau vorhandenen Messgeräte benutzt. Dabei handelte es sich um zwei Beschleunigungsaufnehmer B12, einem Messverstärker und dem Messgerät DASH IV.

Die Geräte wurden zuvor kalibriert, geeicht und auf Ihre Funktionstüchtigkeit untersucht. Die Beschleunigungsaufnehmer wurden mit Magnethaltern unverschieblich an der Brücke befestigt, und der DASH IV zeichnete die Beschleunigungen der Messpunkte über die Zeit auf.

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Das folgende Bild 3.4 zeigt die Befestigung eines Beschleunigungsaufnehmers.

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Bild 3.4: Beschleunigungsaufnehmer am Längsträger in vertikale Richtung

3.4 . Anordnung der Messpunkte

An dem Brückenbauwerk wurden sowohl die Verschiebungen in vertikaler Richtung, als auch die Querverschiebungen in horizontaler Richtung gemessen. Der Messpunkt zur Ermittlung der vertikalen Durchbiegung befand sich am äußeren Längsträger in Feldmitte. Durch die zusätzliche Befestigung eines Wegaufnehmers an der parallel verlaufenden Brücke (Bild 3.5) konnten die Querbewegungen in Feldmitte gemessen werden.

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Bild 3.5: Wegaufnehmer zur Messung der Querbewegungen

Die Schwingungsmessungen erfolgten mit zwei Beschleunigungsaufnehmern, die gleichzeitig Messergebnisse lieferten. Sie wurden ungefähr in Feldmitte angeordnet und befanden sich sowohl am Längsträger, als auch am Querträger. Während der Zugüberfahrten versetzte Dipl.-Ing. B. Kühn die Beschleunigungsaufnehmer, so dass mal das horizontale und mal das vertikale Bauwerksverhalten mit den Messinstrumenten aufgezeichnet wurde.

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Auf dem folgenden Bild 3.6 ist die Lage der Messpunkte dargestellt.

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Bild 3.6: Lage der Messpunkte

Alle weiteren Beschreibungen der Messungen und der Überfahrtsimulationen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg beziehen sich auf die in Bild 3.6 dargestellten Punkte. Die Punkte 216 und 319 für die horizontalen und vertikalen Beschleunigungsmessungen und der Punkt 417 für die Durchbiegungen und Querbewegungen.

3.5 . Beschreibung der Diesellok Baureihe 232

Die Baureihe 232, auch “Taigatrommel” genannt, wurde für den schnellen Reisezugdienst Anfang der 70iger Jahre in der damaligen Sowjetunion entwickelt und gebaut. Seit der Wende 1990 steht sie im Dienst der Deutschen Bahn AG.

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Bild 3.7: BR 232 - schwere Personen- und Güterzuglok Baujahr 1973

Sie ist mit 120 t Dienstgewicht das schwerste Triebfahrzeug im Fahrzeugpark der Deutschen Bahn AG. Aus diesem Grund wurde sie für die Messungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg eingesetzt.

Entwicklungsbedingte unterschiedliche Konstruktionsmerkmale führten zu einigen “Unterbaureihen”. So kann man die für die Deutsche Reichsbahn beschafften Baureihen 130, 131, 132 und 142 als nahezu identisch im Aufbau bezeichnen.

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Bild 3.8: Brückenüberfahrt der Dieselloks der Baureihe 232

3.6 . Darstellung und Beurteilung der Verformungsmessungen

3.6.1. Allgemeines

Die Verformungsmessungen erfolgten bei Zugüberfahrten der gekoppelten Dieselloks BR232 mit Geschwindigkeiten von 10 bis 40 km/h. Es wurden von der DB Netz AG Magdeburg die Durchbiegungen des äußeren Längsträgers (Hauptträger) und die Querbewegungen des Brückenbauwerks in Feldmitte gemessen (Punkt 417 in Bild 3.6).

Durch zweimalige Differentiation der Verformungsverläufe ist auf die Beschleunigung des Messpunktes zu schließen (siehe auch Kapitel 2.2.3). Die zeitlichen Ableitungen des Schwingwegs s heißen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die so gewonnenen Beschleunigungsverläufe werden zur Beurteilung der Schwingungen nach VDI Richtlinie 2057 herangezogen.

Der konstante Zeitschritt Dt der Verformungsmessungen liegt bei 1/150 Sekunden. Nach

Kapitel 2.2.2 lässt dies eine maximal zu untersuchende Frequenz (NYQUIST-Frequenz) von 75 Hz zu.

3.6.2. Darstellung der Durchbiegungen in Feldmitte

Die maximale Durchbiegung des Punktes 417 in vertikaler Richtung (Bild 3.6) betrug bei den Zugüberfahrten 27,6 bis 28,10 mm.

Im Anhang A sind die Durchbiegungsverläufe für die Geschwindigkeiten 10, 20, 30 und 40 km/h dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.9: Gemessene Durchbiegung bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h

3.6.3. Beurteilung der aus den Durchbiegungen in Feldmitte abgeleiteten Beschleunigungen nach VDI Richtlinie 2057

Aus den Durchbiegungen wurden mit dem Programm DIA dem durch zweimalige Differentiation der vertikalen Verschiebungen die Beschleunigungsverläufe des Messpunktes 417 ermittelt.

Eine genaue Beurteilung der Beschleunigungsverläufe nach VDI-Richtlinie ist aus dem in Kap. 3.6.1 geschilderten Grund nur bis 75 Hz möglich. Bei der Bestimmung höherer Frequenzanteile wird das abgebildete Signal derart verzerrt, dass der Informationsgehalt des ursprünglichen Signals verloren geht. Es werden Signale vorgetäuscht, die nicht im Ausgangssignal enthalten sind. Da die NYQUIST-Frequenz mit 75 Hz aber nahe der Grenzfrequenz der VDI-Richtlinie mit 80 Hz liegt, kann diese kleine Abweichung vernachlässigt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.10 zeigt den aus den Verschiebungsmessungen gewonnenen und mit 75 Hz gefilterten Beschleunigungsverlauf des Punktes 417 bei einer Zugüberfahrt mit 40 km/h.

Die Auswertung der Beschleunigungsverläufe nach VDI Richtlinie 2057 zeigt, dass für höhere Zuggeschwindigkeiten die Beurteilungen der subjektiven Wahrnehmung höher liegen. Dies ist einfach zu begründen, da bei höherer Geschwindigkeit auch die Anregung des Brückenbauwerks größer ist. Aus diesem Grund werden für die weiteren Betrachtungen nur noch die Bauteilantworten bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h betrachtet. Für die niedrigeren Geschwindigkeiten fallen die Beurteilungen nach VDI Richtlinie etwas geringer aus. Die Auswertungen für die Zuggeschwindigkeiten von 10, 20 und 30 km/h sind dem Anhang B zu entnehmen. Das folgende Bild 3.11 zeigt die Bewertung des Beschleunigungsverlaufs der zweimal differenzierten Durchbiegung bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h.

Die subjektive Wahrnehmung liegt danach im Frequenzbereich von 1 - 8 Hz zwischen “Fühlschwelle” und “stark spürbar” und im Frequenzbereich von 8 - 75 Hz zwischen “stark spürbar” und “sehr stark spürbar”. Bei einer Frequenz von ca. 40 Hz liegt die subjektive Wahrnehmung sogar über dem Richtwert von “sehr stark spürbar”. Das Abknicken der Bewertungskurve bei ca. 60 Hz ist damit begründet, dass das letzte Terzspektrum nicht vollständig beschrieben werden kann, sondern bei 75 Hz abbricht. Somit werden nur teilweise die Amplituden der einzelnen Frequenzen in diesem Terzspektrum aufsummiert (siehe auch Kapitel 2.2.2).

Zusammengefasst lässt diese Auswertung auf eine sehr stark wahrnehmbare Brückenschwingung schließen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.11: Bewertung des Beschleunigungsverlaufs der zweimal differenzierten Durchbiegung des Punktes 417 bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h

3.6.4. Darstellung der Querbewegungen in Feldmitte

Bei den Querbewegungen, also den horizontalen Verschiebungen des Punktes 417 über die Zeit, ergeben sich Unterschiede. Auffällig ist die starke Zunahme der Querbewegung bei der Geschwindigkeitserhöhung (fast Verdopplung der Werte). So variieren bei den unterschiedlichen Zuggeschwindigkeiten die maximalen Verschiebungen von 0,6 bis 1,1 mm.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.12: Gemessene Querbewegung bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h

Betrachtet man die reine Ausschwingfunktion der Brücke in Querrichtung, also den Bereich von 15 - 30 Sekunden in Bild 3.12, so ergeben sich mit Hilfe einer Fast Fourier Transformation (FFT) diein Bild 3.13 dargestellten Frequenzanteile.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.13: Frequenzanteile der Ausschwingfunktion in Querrichtung

Zu bemerken ist, dass sich bei den unterschiedlichen Geschwindigkeiten das Ausschwingverhalten der Brücke mit den beiden Frequenzanteilen 1,6 und 2,9 Hz nicht ändert. Dies lässt auf die ersten beiden Eigenfrequenzen der Brücke in Querrichtung schließen. In Kapitel 4.4 werden diese horizontalen Eigenfrequenzen durch die DYNACS -Berechnung bestätigt.

Die Darstellung der Querverschiebungen bei Zuggeschwindigkeiten von 10, 20, 30 und 40 km/h mit den zugehörigen Frequenzanalysen der Ausschwingkurven sind in Anhang A dargestellt.

3.6.5. Beurteilung der aus den Querbewegungen in Feldmitte abgeleiteten Beschleunigungen nach VDI Richtlinie 2057

Aus den Querbewegungen wurden ebenfalls mit dem Programm DIA dem durch Differentiation die Beschleunigungsverläufe des Messpunktes 417 ermittelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.14: Beschleunigungsverlauf der zweimal differenzierten Querbewegung des Punktes 417 bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h

Die Auswertung der Beschleunigungsverläufe nach VDI Richtlinie gibt für den untersuchten Frequenzbereich von 1-75 Hz für alle Zuggeschwindigkeiten die gleichen Ergebnisse. Die subjektive Wahrnehmung liegt danach in diesem Frequenzbereich zwischen “Fühlschwelle” und “gut spürbar”.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.15: Bewertung des Beschleunigungsverlaufs der Querbewegung des Brückenbauwerks bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h

Im Anhang C sind die Zeitschriebe, die FFT-Analysen und die Beurteilungen der Beschleunigungsverläufe der Querbewegungen bei den Zuggeschwindigkeiten 10, 20, 30 und 40 km/h dargestellt.

3.6.6. Ergebnisse der Verformungsanalyse

Durch die zweimalige Differentiation der Verformungen ist auf den Beschleunigungsverlauf eines Punktes zu schließen. Dies wird in Kapitel 3.7.2 durch den Vergleich mit den Beschleunigungsmessungen bestätigt.

Die Analyse des Beschleunigungsverlaufs des Punktes 417 wird mit Hilfe der VDI Richtlinie 2057 durchgeführt. Als Ergebnis ist für die vertikale Beschleunigungsrichtung zu nennen, dass die Schwingungsintensität im Frequenzbereich bis 8 Hz zwischen der “Fühlschwelle” und “stark spürbar” und im Frequenzbereich von 8 bis 80 Hz zwischen “stark spürbar” und “sehr stark spürbar” liegt. Im höheren Frequenzbereich übertrifft die Beurteilung sogar kurzzeitig den Maximalwert der Richtlinie (Bild 3.11). Der Bewertungsunterschied der Richtlinie zwischen dem niedrigen und dem hohen Frequenzbereich wirft erste Fragen auf. Um Aussagen über die vernünftige Beurteilung der Schwingungen durch die Richtlinie machen zu können, müssen die Einschätzungen der Richtlinie, gewonnen aus den Verformungsmessungen und den Beschleunigungsmessungen, mit den persönlichen Wahrnehmungen

verglichen werden. Der Vergleich und die Einschätzung der Anwendbarkeit der Richtlinie erfolgen in Kapitel 3.8.

Die Analyse der Querbewegungen des Punktes 417 lässt zwei Ergebnisse erkennen. Zum einen zeigt die lange Ausschwingdauer, dass die Brücke in Querrichtung kaum Dämpfung hat, zum anderen sind bei den Auswertungen der Beschleunigungsverläufe in Querrichtung im gesamten Frequenzbereich “gut spürbare” Schwingungen festzustellen (Bild 3.15).

3.7. Darstellung und Beurteilung der Beschleunigungsmessungen

3.7.1. Allgemeines

Die Beschleunigungsmessungen erfolgten ebenfalls bei Zugüberfahrten der gekoppelten Dieselloks BR232 mit Geschwindigkeiten von 10 bis 40 km/h.

In Tabelle 3.1 sind die näher untersuchten Beschleunigungsmessungen mit ihren Messrichtungen aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3.1: Betrachtete Messungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg

Bei den Beschleunigungsmessungen ist der Zeitschritt Dt mit 1/5000 Sekunden wesentlich kleiner gewählt worden. So ist eine sehr gute und genaue Abbildung der Frequenzbereiche auch weit über 80 Hz möglich. Um die Datenmenge bei dem kleinen Zeitschritt nicht zu überstrapazieren wurde die Messdauer auf 6,5 Sekunden begrenzt. Der Messbeginn fand etwa beim Befinden der Loks auf gleicher Höhe zu den Beschleunigungsaufnehmern statt. In Anhang D sind die Auswertungen der in Tabelle 3.1 aufgelisteten Messungen dargestellt.

3.7.2. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in vertikaler Richtung nach VDI Richtlinie 2057

Die vertikalen Beschleunigungsmessungen wurden für alle vier Zuggeschwindigkeiten (Tabelle 3.1) durchgeführt. Der Messpunkt 216 befand sich am Querträger und der Messpunkt 319 am Längsträger (Bild 3.6).

Auch aus den Beschleunigungsmessungen wird ersichtlich, dass bei höheren Zuggeschwindigkeiten die Beschleunigungen der beiden Punkte zunehmen. Aus diesem Grund werden hier nur die Ergebnisse der Messung 4 vorgestellt. Die mit 80 Hz gefilterten Beschleunigungsverläufe der beiden Messpunkte 216 und 319 sind in vertikaler Richtung ähnlich. Die maximalen Amplituden der beiden Signale liegen etwa bei 5 m/s². Die Bilder 3.16 und 3.17 zeigen die mit 80 Hz gefilterten Beschleunigungsverläufe der Punkte 216 und 319 bei einer Zugüberfahrt mit 40 km/h. Da die Messlänge auf 6,5 Sekunden begrenzt ist, zeigen die beiden Bilder nur einen Ausschnitt der gesamten Überfahrt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.16: Beschleunigungsverlauf des Punktes 216 in z-Richtung (Messung 4)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.17: Beschleunigungsverlauf des Punktes 319 in z-Richtung (Messung 4)

Ebenso ist der Verlauf der Beurteilungskurven nach VDI Richtlinie 2057 in vertikaler Richtung für die beiden Messpunkte 216 und 319 ähnlich. Für die Zuggeschwindigkeit von 40 km/h liegt die subjektive Wahrnehmung im Frequenzbereich von 1 - 8 Hz zwischen “Fühlschwelle” und “gut spürbar” und im Frequenzbereich von 8 - 80 Hz zwischen “stark spürbar” und “sehr stark spürbar”.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.18: Bewertung der Beschleunigungsmessungen am Punkt 216 in vertikaler Richtung bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h (Messung 4)

Die Vergleiche mit den in Kapitel 3.6.3 gewonnenen Ergebnissen zeigen große Übereinstimmungen in den Beschleunigungszeitverläufen. Die Beurteilungskurven nach VDI Richtlinie 2057 für die Messpunkte 216 und 319 stimmen gut mit den zweimal differenzierten Verschiebungen des Punktes 417 überein (Bild 3.19).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.19: Vergleich der nach VDI Richtlinie 2057 bewerteten Beschleunigungsverläufe der Punkte 216 und 319 mit dem Punkt 417

Zum einen ist dies eine Bestätigung für gute Ergebnisse durch Differentiation einer Wegfunktion, zum anderen gibt dies eine Kontrolle der richtigen Kalibrierung der Messinstrumente, da auf zwei verschiedenen Wegen (Beschleunigungsmessungen und Wegmessungen) ein gleiches Ergebnis ermittelt wurde.

3.7.3. Beurteilung der Beschleunigungsmessungen in horizontaler Richtung nach VDI Richtlinie 2057

Horizontale Beschleunigungsmessungen wurden wie aus Tabelle 3.1 ersichtlich nur bei der Zuggeschwindigkeit von 40 km/h (Messung 5) durchgeführt, da sie nicht im Hauptinteresse der Untersuchungen lagen. Die horizontalen Beschleunigungen in x-Richtung wurden am Querträger (Punkt 216) und die horizontalen Beschleunigungen in y-Richtung am inneren Längsträger (Punkt 319) gemessen.

Die Wahrnehmung der Schwingungen in x-Richtung liegt nach VDI-Richtlinie unterhalb der “Fühlschwelle” und kann somit als nicht wahrnehmbar beschrieben werden (Bilder D.17 und D.18).

Nicht zu vernachlässigen sind die Beschleunigungen in y-Richtung (Querschwingungen). Das Bild 3.20 zeigt den Verlauf der Beschleunigung über die gemessenen 6,5 Sekunden. Sie sind sehr viel größer als die Beschleunigungen der zweimal differenzierten Querbewegungen (Bild 3.14). Dies liegt daran, dass hier an unterschiedlichen Punkten gemessen wird. Der Punkt 417 liegt am äußeren Längsträger (Hauptträger). Durch die Trägheit des Systems wird dieser Punkt weniger stark beansprucht, als der Punkt 319 (innerer Längsträger), der im direkten Einfluss der Anregung steht (siehe auch Bild 3.6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.20: Beschleunigungsverlauf des Punktes 319 in y-Richtung (Messung 5)

Auch in der Beurteilung der Beschleunigungen in y-Richtung (Querbewegungen) lässt der Messpunkt 319 (Bild 3.21) Unterschiede mit den zweimal differenzierten Querbewegungen (Bild 3.15) erkennen. In den beiden Bewertungen der Beschleunigungsmessungen nach VDI Richtlinie 2057 liegen die wahrgenommenen Schwingungen im gesamten Frequenzbereich unterhalb von 8 Hz zwischen der “Fühlschwelle” und “gut spürbar”. Oberhalb von 8 Hz liegen die Beurteilungskurven des Punktes 319 wesentlich höher als die des Punktes 417. Auch hier ist die Begründung, dass das dynamische Verhalten des Punktes 417 geringer ist, als das des Punktes 319. Der Punkt 417 befindet sich nicht so nah an der Erregerquelle, wodurch ein Teil der Energie (z.B. durch die Anschlussverbindungen der Träger) gedämpft wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.21: Bewertung des Beschleunigungsmessungen am Punkt 319 in horizontaler Richtung (Querrichtung) bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 km/h (Messung 5)

3.7.4. Ergebnisse der Beschleunigungsmessungen

Die Analyse der Beschleunigungsverläufe der Punkte 216 und 319 wird mit Hilfe der VDI Richtlinie 2057 durchgeführt. Die Ergebnisse der Beschleunigungsmessungen sind mit den Ergebnissen der Verformungsanalyse (Bild 3.19) gut vergleichbar.

In vertikaler Beschleunigungsrichtung lässt die Bewertung nach der VDI Richtlinie 2057 im niedrigeren Frequenzbereich bis 8 Hz auf ”gut spürbare” Brückenschwingen schließen. Im höheren Frequenzbereich liegt die Beurteilung ebenfalls nahe dem Maximalwert der Richtlinie. In allen ausgewerteten Messungen fallen die Bewertungen der Brückenschwingungen im niedrigen Frequenzbereich geringer aus, als im hohen Frequenzbereich. Ein Vergleich der persönlichen Wahrnehmungen mit den auf Messdaten basierenden Beurteilungen nach der VDI Richtlinie gibt Aufschluss, ob die Einschätzungen richtig, oder Verbesserungen nötig sind (siehe Kapitel 3.8).

Die horizontalen Beschleunigungen (Querschwingungen) werden im niedrigen Frequenzbereich für “gut spürbar” und im höheren Frequenzbereich für “stark spürbar” eingeschätzt.

3.8. Persönliche Einschätzung der Schwingungsintensität und Vergleich mit den Messungen

Die VDI Richtlinie 2057 gibt eine Einschätzung der Schwingungsintensität. Um die Richtlinie auf die Beurteilung der Einwirkungen von Brückenschwingungen auf den Menschen erweitern zu können, müssen die Ergebnisse der Verformungs- und Beschleunigungsmessungen mit den persönlichen Wahrnehmungen verglichen werden.

Die persönliche Einschätzung der Beurteilung der Schwingungen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg wurde von Dipl.- Ing. Kühn durchgeführt. Da kein Dienstgehweg vorhanden war, musste Herr Kühn sich in die Austrittbereiche zwischen den Hauptträgerdiagonalen stellen. Dies erfolgte bei Zuggeschwindigkeiten von 30 und 40 km/h, da Herr Kühn erst bei den späteren Messungen die Beschleunigungsmesser von vertikalen in horizontale Messrichtungen umsetzte und sich somit ständig auf der Brücke befand. Herr Kühn stand nahe den Messpunkten und hatte eine stehende Haltung eingenommen.

Die Schwingungsanregungen der Loks waren für Herrn Kühn sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Richtung sehr gut zu spüren. Er konnte die Wahrnehmung der Schwingungen in die beiden Beschleunigungsrichtungen vertikal und horizontal (Querrichtung) unterteilen. Die vertikalen Schwingungen beschrieb er als hochfrequentes Vibrieren in den Füßen und niederfrequentes auf und ab Bewegen. Die horizontalen Schwingungen verglich er mit dem langsamen hin und her Schaukeln eines Schiffs. Zusammengefasst beschrieb Herr Kühn die Schwingungen als sehr unangenehm und störend.

Nach der VDI-Richtlinie liegt die subjektive Wahrnehmung der vertikalen Schwingungen in dem Bereich von 1 bis 4 Hz zwischen “Fühlschwelle” und “gut spürbar” und im Bereich von 4 bis 8 Hz bei “gut spürbar”. Der Literatur ist zu entnehmen, dass besonders solche Schwingungen als intensiv empfunden werden, deren Frequenzen mit Eigenfrequenzen des Körpers zusammenfallen (Resonanz).[8] Dabei hat der Körperrumpf einer stehenden Person die Eigenfrequenzen zwischen 4 bis 12 Hz. Da Herr Kühn gerade die niedrigen Schwingfrequenzen als unangenehm empfand, stellt sich die Frage, ob die Einschätzungen der Richtlinie in dem Frequenzbereich kleiner 8 Hz vernünftig sind. In Kapitel 7 wird auf diese Frage näher eingegangen. Im höheren Frequenzbereich stimmt die Richtlinie mit den persönlichen Wahrnehmungen in sofern überein, dass die hochfrequenten Schwingungen spürbar waren, Herr Kühn sie jedoch als nicht weiter störend beurteilte.

Das lange Ausschwingen der Brücke in horizontaler Richtung mit den ersten beiden Eigenfrequenzen 1,6 und 2,9 Hz (Kapitel 3.6.4) unterstreicht die niedrigfrequentierte Horizontalschwingung. Auch in den Beurteilungen der Beschleunigungen nach VDI-Richtlinie (Bild 3.15 und 3.18) befindet sich die subjektive Wahrnehmung bei “gut spürbar”. Hier scheint die Richtlinie gute Einschätzungen zu liefern, weitere Untersuchungen sollten aber folgen.

4. Überfahrtsimulationen am Kreuzungsbauwerk Zangenberg

4.1. Allgemeines

Die Überfahrtsimulationen wurden mit dem lehrstuhleigenen Programm DYNACS durchgeführt. Sie erfolgten als Zeitschrittberechnung nach dem Newmarkverfahren, bei der in einem zeitlichen Abstand die Verschiebungen, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen bestimmter Punkte des Brückentragwerks berechnet wurden. Ziel war eine möglichst gute Übereinstimmung mit den Messergebnissen der verkehrsinduzierten Brücken-schwingungen zu erhalten. Es fand eine Gegenüberstellung der Messergebnisse mit den Rechenergebnissen statt, um die Vorhersagegenauigkeit des Programms zu verifizieren. Im Rahmen der Überfahrtsimulationen wurden zudem Parameterstudien durchgeführt. Es wurden die schwingungsrelevanten Parameter eingehend untersucht und hinsichtlich ihrer Einflussgröße sortiert.

Bei den Überfahrtsimulationen beschränkten sich die Berechnungen auf die vertikalen Beschleunigungen (z-Richtung). Für diese Beschleunigungsrichtung ist das Programm DYNACS gut geeignet, da hier die dynamischen Effekte der Überfahrt gut abgebildet werden können. Auf die Problematik der Simulation von Brückenschwingungen in horizontaler Richtung wird in Kapitel 4.9 näher eingegangen.

Der Vergleich der gemessenen mit den simulierten Beschleunigungen wird nur in dem Frequenzbereich bis 25 Hz geführt. Hohe Frequenzen sind in hohem Maße von der Auslegung und Lagerung einzelner Bauteile abhängig. Solche Randbedingungen können in DYNACS nicht eingegeben werden. Um eine möglichst klare Aussage über das Verhalten im unteren Frequenzbereich zu finden, wird durch numerische Filter der hohe Frequenzbereich (über 25 Hz) herausgefiltert. Ein weiterer Grund zur Betrachtung des Frequenzbereichs unter 25 Hz ist, dass die subjektive Wahrnehmung von Schwingungen in diesem Frequenzbereich für den Menschen am größten ist.

4.2. Generierung des Brückenbauwerks

4.2.1. Das Modell der Brücke

Um die Brücke zu beschreiben, wurde sie als 3-dimensionales Stabwerksystem idealisiert. Zur Simulation der Schwingungen in z-Richtung konnten die geringe Überhöhung von 30 mm und die leichte Kurvenlage vernachlässigt werden, da diese auf die vertikalen Beschleunigungen einen sehr geringen Einfluss haben. Diese Vereinfachung wurde gewählt, um den Generierungsaufwand möglichst gering zu halten und Rechenzeit zu sparen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 4.1: Generierung des Brückenbauwerks Zangenberg (Zwei-Schienen-Modell)

In DYNACS wurde das Tragwerk mit Knoten und Stäben mit den zugehörigen Freiheitsgraden diskretisiert. Die Stäbe erhielten Massen und Querschnittseigenschaften (siehe auch Kapitel 2.3). Das Brückenbauwerk Zangenberg wurde mit 1127 Knoten und 1860 Stäben mit 32 verschiedenen Querschnitten generiert (Bild 4.1). Die Querschnittswerte wurden von der DB Netz AG Magdeburg ermittelt und zur Verfügung gestellt.

Die Generierung des Tragsystems konnte sehr realitätsnah durchgeführt werden, da das Bauwerk eine reine Fachwerkbrücke ohne Schotteroberbau darstellt. Die Schiene entsprach der generierten Fahrspur und wurde als Bernoulli-Balken mit der Biegesteifigkeit EI, der Querschnittsfläche A und der Dichte r ausgeführt.

Da die Brücke als 3-dimensionales Stabwerksystem generiert wurde, musste bei der Festlegung der Fahrspur die Auswirkungen eines 2-dimensionalen Zugmodells (Kapitel 4.3) auf das Brückenbauwerk berücksichtigt werden. Hierzu wurden die Einflüsse der beiden folgenden Modelle untersucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 4.2: Ein-Schienen-Modell und Zwei-Schienen-Modell

Bei dem Ein-Schienen-Modell liegt die generierte Fahrbahn in Brückenmitte, mittig auf den Schwellen. Die gesamte Belastung wird somit auch mittig auf den Schwellen eingetragen. Dies entspricht einer erheblichen Abweichung zur realen Belastung.

Günstiger ist in diesem Fall das Zwei-Schienen-Modell. Hierbei fährt jeweils ein “halber Zug” über die zwei generierten Fahrbahnen. Die Fahrbahnen nehmen dabei die genaue Lage der Schienen auf den Schwellen ein. Zu bemerken ist, dass beim Zwei-Schienen-Modell die beiden Züge mit halber Masse entkoppelt sind und somit auch hier nicht ganz die Wirklichkeit getroffen wird.

Dipl.- Ing. C. de Renet hat in seiner Diplomarbeit Überfahrtsimulationen an einer Verbundbrücke mit Ein- und Zwei-Schienen-Modellen durchgeführt und den Einfluss der Entkopplung als sehr gering eingeschätzt.[9]

4.3. Fahrzeugdiskretisierung

Die Züge werden als strukturdiskrete Mehrkörpersysteme abgebildet. Ein Wagen oder eine Lok setzt sich aus dem Wagenkasten, Drehgestell und Achsen zusammen, die als Massen abgebildet werden. Aufgrund der Symmetrie um die Fahrzeuglängsachse und der Annahme, dass Unebenheiten der linken und rechten Schiene gleich sind, sind die Zugmodelle auf ebene Systeme reduziert.

Der Wagenkasten und die Drehgestelle werden als starre Körper mit Massenträgheiten bezogen auf die Schwerpunkte aufgefasst. Die Achsen werden als Punktmassen abgebildet.

Zwischen den Achsen und den Drehgestellen befinden sich primäre Feder-Dämpfer-Systeme. Die Drehgestelle sind durch sekundäre Feder-Dämpfer-Systeme mit dem Wagenkasten verbunden. Eine Kopplung in horizontaler Richtung zwischen den Drehgestellen und dem Wagenkasten (Zugkraftanlenkung) kann ebenfalls durch ein Feder-Dämpfer-System abgebildet werden.

Die Zugmodelle lassen sich in Modelle mit und ohne Zugkraftanlenkung, sowie nach der Anzahl der Achsen pro Drehgestell unterteilen.

Die Diesellok BR232 hat drei Achsen pro Drehgestell und keine Zugkraftanlenkung. Sie besitzt somit sechs Freiheitsgrade. Der Wagenkasten und beide Drehgestelle haben jeweils zwei Freiheitsgrade. Die Translation in z-Richtung und Rotation um die y-Achse. In der Fahrzeugdynamik spricht man von Tauch- und Nickschwingung. Mögliche Translationen in x-Richtung werden nicht berücksichtigt, da sie für das vertikale Schwingungsverhalten unbedeutend sind.

Die beiden Loks werden in der Überfahrtsimulation als ungekoppelt betrachtet. Züge sind ungekoppelt, wenn die einzelnen Wagen des Zuges als voneinander unabhängige Systeme betrachtet werden können, die sich in ihrem Schwingungsverhalten gegenseitig nicht beeinflussen.

Im folgenden Bild 4.3 ist das Zugmodell der BR 232 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 4.3: Fahrzeugdiskretisierung der BR 232 (ohne Zugkraftanlenkung)

Problematisch war es die Kennwerte für die Feder-Dämpfer-Systeme herauszubekommen. Die Deutsche Bahn AG konnte für diese Baureihe nur die statischen Werte wie Massen und Abmessungen zur Verfügung stellen. Da die BR232 in der ehemaligen Sowjetunion entwickelt und gebaut wurde, standen auch seitens des Herstellers keine Daten zur Verfügung. Hier wurden die Werte der BR103 mit 116 t Dienstgewicht, ähnlich dem Dienstgewicht der BR232 mit 120 t, unter der Annahme, dass sich die Feder-Dämpfer-Systeme einzelner Loks nicht wesentlich unterscheiden, herangezogen.

4.4. Eigenfrequenzen und Eigenformen

4.4.1. Eigenfrequenzen des mit DYNACS generierten Systems

Einen ersten Anhaltspunkt für eine gute Generierung geben die mit dem Programm DYNACS ermittelten Eigenfrequenzen und Eigenformen. Die Ermittlung der modalen Eigenformen erfolgte in einer separaten Berechnung. Die berechneten Schwingungsformen wurden mit dem Programm W-STAB graphisch dargestellt.

Im Bild 4.4 ist die erste vertikale Eigenform mit ihrer zugehörigen Eigenfrequenz von 3,52 Hz dargestellt.

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Bild 4.4: Erste vertikale Eigenform mit 3,52 Hz

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Das folgende Bild 4.5 zeigt die zweite horizontale Eigenform des Brückenbauwerks mit einer Eigenfrequenz von 3,33 Hz.

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Bild 4.5: Zweite horizontale Eigenform mit 3,33 Hz

4.4.2. Eigenfrequenzen von Eisenbahnbrücken nach Frýba

Ladislav Frýba beschreibt die erste Eigenfrequenz von 113 europäischen Eisenbahnbrücken als Funktion der Spannweite l.[10] Mittels einer Regressionsanalyse hat er folgende empirische Formel (4.1) für Eisenbahnbrücken aller Art aufgestellt,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei f 1 in Hertz und die Spannweite l in Meter gemessen ist und s die multiplikative oder dividierende Regressionskonstante mit 95 % Zuverlässigkeit bedeutet.

Das Bild 4.6 zeigt diese Regressionsgerade mit dem Zuverlässigkeitsbereich für die Gesamtheit der stählernen Eisenbahnbrücken.

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Bild 4.6: Erste Eigenfrequenz f1 als Funktion der Spannweite l; durchgezogene Linie - Mittelwert, gestrichelte Linie - Band mit 95 % Zuverlässigkeit

Quelle: Frýba (1998)

Ähnliche Formeln gelten für spezielle stählerne Eisenbahnbrücken:

Fachwerkbrücken:

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4.4.3. Vergleich der DYNACS -Berechnungen mit den Anhaltswerten von Frýba und den Originalmessungen

In den nachfolgenden Tabellen werden die mit dem Programm DYNACS ermittelten ersten beiden Eigenfrequenzen für die vertikale Richtung (Tabelle 4.1) und für die horizontale Richtung bzw. Querbewegung (Tabelle 4.2) mit den Anhaltswerten von Frýba und den Originalmessungen verglichen.

[...]


[1] Vgl. De Renet, Diplomarbeit (2000)

[2] Vgl. DIAdem Anwenderhandbuch

[3] Vgl. Petersen (1996)

[4] Vgl. Petersen (1996)

[5] Vgl. DIAdem Anwenderhandbuch

[6] Vgl. Timm, Diplomarbeit (1995)

[7] Vgl. VDI Richtlinie 2057 (1987)

[8] Vgl. Petersen (1996)

[9] Vgl. De Renet, Diplomarbeit (2000)

[10] Vgl. Frýba (1998)

Ende der Leseprobe aus 159 Seiten

Details

Titel
Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen auf Eisenbahnbrücken aus Stahl
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Lehrstuhl für Stahlbau)
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
159
Katalognummer
V61303
ISBN (eBook)
9783638547901
ISBN (Buch)
9783638709729
Dateigröße
27721 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beurteilung, Schwingungen, Eisenbahnbrücken, Stahl
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Marc Weiner (Autor:in), 2001, Beurteilung von verkehrsinduzierten Schwingungen auf Eisenbahnbrücken aus Stahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61303

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