Soziales Handeln nun ist ein auf das Verhalten anderer bezogenes und sinnhaft an diesem Verhalten anderer orientiertes eigenes Verhalten. Das Verhalten der jeweils anderen ist dabei auch jeweils ein sinnhaftes Verhalten. Für die webersche Definition ist es allerdings gleichgültig, ob sich der Akteur am Handeln eines anwenden oder abwesenden, eines bekannten oder unbekannten, eines vergangen, gegenwärtig oder zukünftig handelnden Anderen orientiert. Nicht unter den Begriff des sozialen Handelns fällt zum Beispiel ein zufälliger Zusammenstoß zweier Radfahrer, das anschließende Wiederaufhelfen etc. jedoch schon. "Soziales Handeln" ist eine formale Kategorie, bei der die Art des Handelns keine Rolle spielt: ausschlaggebend ist lediglich die sinnhafte Beziehung des Handelns auf ein Handeln anderer im Bewusstsein des Akteurs.
Entsprechend Max Webers Definition der Soziologie hat also der Soziologe das Zustandekommen von Handlungen aus dem von den Akteuren damit verknüpften jeweils subjektiven Sinn ursächlich zu erklären. Die Bestimmung des Handlungsbegriffs ist also genau auf die Zielsetzung der Soziologie zugeschnitten, in der Sinnverstehen und kausale Erklärung aneinander gekoppelt sind. Hierbei ist zunächst einmal anzuerkennen, dass Handlungen sich nicht in der gleichen Weise wie Verhalten beobachten lassen, da für Handlungen der jeweils damit verbundene subjektive Sinn konstitutiv ist, der von einer unmittelbaren Beobachtung ausgeschlossen ist. Der mit einer Handlung verbundene subjektive Sinn kann zum Beispiel weit über das hinausreichen, was als Verhalten registriert werden kann. Max Weber betont nun folgerichtig die Rationalität im subjektiven Sinnverstehen: je vernunftgemäßer (also nach den Rationalitätskriterien des wissenschaftlichen Beobachters richtig erscheinend) eine Handlung erscheint, desto vollständiger ist sie zu verstehen. Rationalität bedeutet für Weber zunächst Zweckrationalität; ein zweckrationales Handeln, bei dem für das Erreichen eines Zweckes die objektiv richtigen Mittel gewählt wurden, kann aus der Beobachterperspektive am besten verstanden werden. Nun ist allerdings für Weber nicht die rationale Deutung das Ziel der soziologischen Forschung.
Inhaltsverzeichnis
- Darstellung Max Webers Handlungstheorie
- Handeln und soziales Handeln
- Idealtypus und die vier Bestimmungsgründe des Handelns
- Soziale Beziehung: Kampf, Vergemeinschaftung, Vergesellschaftung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieses Textes ist ein systematischer Vergleich der soziologischen Theoriekonzepte von Max Weber und George Herbert Mead. Dabei werden zunächst Webers Handlungstheorie und Meads Interaktionismus dargestellt. Anschließend wird ein Vergleich beider Konzepte angestrebt.
- Webers Handlungstheorie und ihre zentralen Begriffe: soziales Handeln, soziale Beziehung
- Meads Interaktionismus und seine Sicht der Struktur des Selbstbewusstseins
- Vergleich der beiden Theoriekonzepte im Hinblick auf ihre jeweiligen Schwerpunkte und Unterschiede
- Der Bezug auf die Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln
- Die Bedeutung von Rationalität und Sinnverstehen für das Verständnis menschlichen Handelns
Zusammenfassung der Kapitel
Darstellung Max Webers Handlungstheorie
Dieser Abschnitt erläutert Webers Definition der Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln und führt den Begriff des "sozialen Handelns" ein. Dabei werden die beiden Komponenten des Handelns - Verhalten und subjektiver Sinn - analysiert. Die verschiedenen Handlungstypen - zweckrational, wertrational, affektuell und traditional - werden vorgestellt und im Hinblick auf Rationalität und Sinnverstehen betrachtet. Der Idealtypus als Werkzeug zur Analyse irrationaler Sinnkomponenten im Handeln wird ebenfalls erläutert.
Soziale Beziehung: Kampf, Vergemeinschaftung, Vergesellschaftung
In diesem Abschnitt wird der Begriff der "sozialen Beziehung" eingeführt und anhand der drei Beziehungsformen - Kampf, Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung - beleuchtet. Die Charakteristika und Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen der sozialen Beziehung werden im Hinblick auf Sinn, Erwartbarkeit und das Verhalten der Akteure aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Soziologie, soziales Handeln, Handlungstheorie, Max Weber, George Herbert Mead, Interaktionismus, Selbstbewusstsein, Sinn, Rationalität, Idealtypus, Zweckrationalität, Wertrationalität, Affektualität, Tradition, soziale Beziehung, Kampf, Vergemeinschaftung, Vergesellschaftung.
- Arbeit zitieren
- Felix Denschlag (Autor:in), 2006, Vergleich der soziologischen Theoriekonzepte Max Webers und George Herbert Meads, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61523