Obwohl sich keine eigene Moralsoziologie herausbilden konnte, sondern vielmehr die deskriptive Ethik die Rolle einer solchen übernimmt, ist Moral ein Thema, das seit jeher in der Gesellschaftstheorie von großem Interesse ist und als zentral für die Frage nach der Koordination menschlichen Verhaltens und der sozialen Ordnung angesehen wird. Doch welche Rolle spielt die Moral heute noch für die Gesellschaft? In der funktional differenzierten Gesellschaft wird das Recht als eines der bedeutendsten Funktionssysteme verstanden und die Moral verliert demgegenüber an Bedeutung, da sie nicht mehr einheitlich bestimmt werden kann - auch wenn das Rechtssystem immer wieder auf moralische Kommunikation zurückgreift, zum Beispiel bei der Festlegung universeller Menschenrechte. In dieser Arbeit werde ich Niklas Luhmanns systemtheoretische Sicht auf die Moral, also seine Sichtweise der gesellschaftlichen Funktion der Moral erläutern, die Luhmann in seinem grundlegenden Aufsatz „Soziologie der Moral“ von 1978 erstmals formuliert und ihn dann in weiteren Arbeiten, bis zu seinem Hauptwerk „Die Gesellschaft der Gesellschaft“, immer wieder aufgenommen und präzisiert hat. Dabei werde ich den Begriff der Moral bei Luhmann klären, einen Überblick über die historische Entwicklung der Moral liefern sowie insbesondere ihre Funktion und Position in der funktional differenzierten Gesellschaft beschreiben. Dabei wird sich herausstellen, dass Luhmanns Moralsoziologie eine ziemlich antimoralische ist.
Eine grundsätzliche Einführung in Luhmanns Theorie sozialer Systeme würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und deshalb setze ich hier die entsprechenden allgemeinen Begrifflichkeiten und Zusammenhänge voraus und erläutere lediglich einige Knackpunkte Luhmanns Theorie in Bezug auf die Moral.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Luhmanns Begriff von Moral und seine Abgrenzung gegen die Ethik
- Die historische Entwicklung der Moral
- Die Moral in der segmentären und der stratifikatorischen Gesellschaft
- Die Moral in der funktional differenzierten Gesellschaft
- Schluss: Zusammenfassung und Kritik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieses Textes ist die Darstellung der systemtheoretischen Sichtweise Niklas Luhmanns auf die Moral und ihre Funktion in der Gesellschaft. Die Arbeit beleuchtet Luhmanns Ansatz, der die Moral als Produkt sozialer Systeme betrachtet und nicht als Eigenschaft des Menschen oder ein System von Normen.
- Luhmanns Definition von Moral und seine Abgrenzung zur Ethik
- Die historische Entwicklung der Moral in unterschiedlichen Gesellschaftstypen
- Die Funktion und Position der Moral in der funktional differenzierten Gesellschaft
- Die Rolle von Achtung und Missachtung in der Moral
- Die antimoralische Tendenz von Luhmanns Moralsoziologie
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Der Text befasst sich mit der Rolle der Moral in der Gesellschaftstheorie, wobei der Fokus auf Niklas Luhmanns systemtheoretische Sichtweise gelegt wird. Die Einleitung stellt die Problematik der Moral in der funktional differenzierten Gesellschaft dar und erklärt, wie Luhmann die Moral als gesellschaftliche Funktion versteht.
Luhmanns Begriff von Moral und seine Abgrenzung gegen die Ethik
In diesem Kapitel wird Luhmanns Definition von Moral erläutert, die sich von traditionellen moralphilosophischen Ansätzen unterscheidet. Luhmann betrachtet die Moral als kommunikatives Phänomen, das durch Achtung und Missachtung geprägt ist und nicht als ein System von Normen oder Werten.
Die historische Entwicklung der Moral
Der Abschnitt beschreibt die Entwicklung der Moral in verschiedenen Gesellschaftstypen. Es wird die Moral in der segmentären und stratifikatorischen Gesellschaft dargestellt und die Unterschiede zur Moral in der funktional differenzierten Gesellschaft hervorgehoben.
- Arbeit zitieren
- Felix Denschlag (Autor:in), 2005, Die Moral in Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61525