Weltschöpfung und Menschenschöpfung in der Religionsgeschichte und in der Genesis


Hausarbeit, 2004

18 Seiten


Leseprobe


Inhalt

A. Einleitung

B. Typen des Redens von Schöpfer und Schöpfung
I. Schöpfung des Ganzen und Schöpfung eines Einzelnen
II. Schöpfung und Entstehung
III. Die Arten des Schaffens
1) Schöpfung durch Geburt bzw. Geburtenfolge
2) Schöpfung auf Grund eines Kampfes oder Sieges
3) Schöpfung durch ein Handeln oder Wirken
4) Schöpfung durch das Wort
5) Das Ruhen des Schöpfers

C. Abschließendes

D. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Das erste Buch der Bibel heißt im Hebräischen bere´sit nach dem ersten Wort des Buches, „am Anfang“. Das Buch handelt also vom Anfang, jedoch nicht vom Anfang von irgendetwas Speziellem, sondern vom Anfang schlechthin. Alles hat mit Gott angefangen. Der Name Genesis entstammt der griechischen Bibelübersetzung, der LXX.

Die Genesis ist in drei Teile gegliedert: die Urgeschichte, die in den Kapiteln 1-11 von den Anfängen von Welt und Menschheit erzählt; die Erzelternsagen, die in den Kapiteln 12-36 und 38 von den Anfängen der menschlichen Gemeinschaft erzählt; und die Josephsgeschichte, Kapitel 37, 39-48, 50.

Die Geschichten sind in einem langen Wachstumsprozess in zwei Stadien, einem mündlichen und einem schriftlichen, entstanden. Dabei sind in beiden Stadien viele Stimmen zusammen gekommen. Für die schriftliche Phase ist im Allgemeinen anerkannt, dass die Urgeschichte Genesis 1-11 die Zusammenarbeit zweier schriftlicher Werke, des älteren „Jahwisten“ (J, 10.-9. Jahrhundert) und der jüngeren „Priesterschrift“ (P, 6.-5. Jahrhundert) ist. Doch die Geschichten haben als Erzählungen schon Jahrzehnte und Jahrhunderte gelebt, bevor sie aufgeschrieben wurden. Sie waren Bestandteil des Lebens, des Denkens, der Kultur und des Gottesglaubens des Volkes Israel und seiner Vorfahren.

Entgegen der Vorstellung eines geschichtlichen Charakters der biblischen Erzählungen besteht die Urgeschichte zu einem großen Teil aus Mythen und die Forschung hat eine große Menge an religionsgeschichtlichen Parallelen, besonders mit den Religionen des Nahen Orient, festgestellt. Diese Mythen beschäftigen sich mit demselben Gegenstand, mit dem Ursprung des Weltalls und der Menschheit. Dabei geht es nicht so sehr darum, auf intellektuelle Weise zu erklären, warum gewisse Dinge in bestimmter Art und Weise entstanden und geschehen sind, sondern die Texte kümmern sich in erster Linie um die Sicherung und den Erhalt des Bestehenden. Die Frage nach der Existenz ist der nach der Herkunft vorgeordnet, was sich auch in der häufigen Verbindung von Mythos und ritueller Handlung, bzw. rituellen Vorschriften zeigt. Diese ursprüngliche Funktion der Schöpfungs- und Entstehungsmythen macht die weltweite Verbreitung verständlich und man muss auch von daher verstehen, dass eine ganze Reihe von Motiven, so z.B. das Bilden des ersten Menschen aus Lehm, sehr weit verbreitet sind. Es ist nicht möglich, in der Geschichte der Schöpfungserzählungen eine scharfe Trennungslinie zwischen den Stammeskulturen und den Hochkulturen zu ziehen. Mit der biblischen Urgeschichte ist etwas die Bibel mit den Religionen der Menschheit Verbindendes gegeben, die Hauptmotive in Genesis 1-11 begegnen in der Frühzeit der Völker über die ganze Erde hin und bringen so etwas der Menschheitsgeschichte Gemeinsames zum Ausdruck.

Doch auch wenn die biblischen Erzählungen der Urgeschichte Bestandteil der Gedankenwelt und der Literatur im Nahen Osten waren, mit den biblischen Autoren beginnt auch der Prozess der Entmythisierung – so geht es immer wieder um nur die eine Gottheit, die für die Schöpfung verantwortlich ist. So werden beispielsweise Krisensituationen niemals auf metaphysische Konflikte innerhalb eines Panheons zurückgeführt. Freilich muss festgestellt werden, dass Israel nicht immer monotheistisch gewesen ist, sondern dass es dies erst nach jahrhundertelangem Ringen in nachexilischer Zeit geworden ist. Israel hat im nachhinein einige schon existierende, viel ältere Texte seinem neuen Glauben angepasst, und diese Eingriffe sind zum Teil noch gut sichtbar.

In dieser Hausarbeit will ich, im Wesentlichen angelehnt an Claus Westermann, versuchen, einen ungefähren Überblick darüber zu bieten, dass und wie das Reden von der Erschaffung der Welt und des Menschen sich über die ganze Erde und alle Zeiten der Menschheitsgeschichte erstreckt und dass es von den älteren Stammeskulturen bis in die Hochkulturen und darüber hinaus reicht. Ich sehe diese Feststellung nicht verbunden mit einer Bewertung in Richtung einer Gefahr für den Offenbarungscharakter der biblischen Schöpfungsgeschichte.

B. Typen des Redens von Schöpfer und Schöpfung

Claus Westermann bietet einige Unterscheidungen an, um eine Übersicht über die Typen des Redens von Schöpfer und Schöpfung zu ermöglichen. Dabei steht die Frage nach dem Was, dem Gegenstand der Schöpfung noch vor der des Wie der Schöpfung oder Entstehung von Welt und Menschen.

I: Schöpfung des Ganzen und Schöpfung eines Einzelnen

Bei der Frage nach dem Gegenstand der Schöpfung bietet sich eine Unterscheidung zwischen zwei Grundtypen an: es wird die Schöpfung oder Entstehung eines Ganzen erzählt oder es wird die Schöpfung oder Entstehung eines Einzelnen erzählt. Dabei stellt im Allgemeinen die Schöpfung des Ganzen, also der Welt und des Menschen, die spätere Form dar. Die Schöpfung eines Einzelnen hat in frühen Schöpfungserzählungen häufig eine erklärende Funktion für die jeweilige Gegenwart und diese Form der Einzelschöpfung überwiegt in ihrer Fülle deutlich die der Gesamtschöpfung.

Die Forschung hat gezeigt, dass auch die großen babylonischen Schöpfungsmythen – die im Blick auf die biblischen Schöpfungserzählungen eine nicht unerhebliche Rolle spielen – eine Vorgeschichte bestehend aus Einzelerzählungen, also selbständigen Bestandteilen, haben. So liegen dem Gilgamesch-Epos wie auch Enuma elisch Einzelmythen aus der sumerischen Mythologie zu Grunde. Schöpfung von Welt und Schöpfung des Menschen sind dabei in den sumerischen Mythen größtenteils voneinander getrennt, sie werden je für sich in besonderen Erzählungen dargestellt. Darüber hinaus überwiegen Erzählungen von Einzelschöpfungen, so beispielsweise die des Zuchtviehs und des Getreides oder die der Spitzhacke, die jeweils von der Erschaffung des Menschen eingeleitet werden.

Dass die Vorstellung von der Erschaffung des Menschen älter ist als die von der Erschaffung der Welt, das Motiv von der Erschaffung des Einzelnen älter als das von der Erschaffung des Ganzen, wird noch eindeutiger, wenn man noch einen Schritt hinter die sumerischen Mythen zurückgeht. So beschäftigen sich frühe afrikanische Schöpfungsideen in erster Linie mit Mensch und Tier, kaum mit der Erde.

Doch der Typ der Schöpfung des Ganzen hat den der Schöpfung eines Einzelnen nicht völlig überschattet. Besondere Erzählungen zur Erschaffung des Menschen und von Besonderem gibt es auch noch in Babylon. Die Menschenschöpfung ist insofern besonders gegenüber der Weltschöpfung, dass zum Beispiel der Schöpfergott ein anderer ist oder die Motivierung eine andere. Der babylonische Schöpfungsepos Enuma Elisch gehört einer späteren Traditionsstufe an und so sind hier die Weltschöpfung und die Menschenschöpfung zusammengefügt, Marduk wird zugleich als Weltschöpfer und Schöpfer des Menschen dargestellt. Die früheren, ursprünglich selbständigen Traditionsstränge sind jedoch noch zu erkennen: Marduk fasst zwar den Plan, Menschen zu schaffen, aber der ältere Gott Ea wirkt entweder bei der Menschenschöpfung entscheidend mit oder ist der eigentliche Menschenschöpfer.

Auch in den ägyptischen Kosmogonien zeigt sich die ursprüngliche Unabhängigkeit der Weltschöpfung von der Erschaffung des Menschen. Hier überwiegen die Darstellungen einer Weltschöpfung und das Reden von der Menschenschöpfung ist sehr selten.

Die beiden Schöpfungsberichte in der Bibel repräsentieren die beiden Typen. Genesis 1, der priesterschriftliche Schöpfungsbericht, stellt die Erschaffung des Ganzen dar, der jahwistische Schöpfungsbericht in Genesis 2 und 3 die Erschaffung eines Einzelnen, nämlich die des Menschen. Die Vorstellung von der Erschaffung des Menschen war die ältere, die auf eine Zeit zurückgeht, in der der Mensch seine Welt noch ganz von sich selbst her verstand. Eine lange Entwicklung erst ermöglichte es dem Menschen, die Welt als eine eigene, selbständige, ihm gegenüberstehende gegliederte Ganzheit zu erfassen. Selbst im jüngeren Schöpfungsbericht P, der in Genesis 1 schon eine lange Traditionsgeschichte der Verbindung von Welt- und Menschenschöpfung voraussetzt, ist in den Versen 26-30 noch eine vom Vorangehenden abweichende Darstellung der Menschenschöpfung zu erkennen. Sie ist länger als die Darstellung der übrigen Werke und zeichnet sich durch eine feierliche Einführung aus:

Genesis 1,26: Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land.

Das Besondere an diesem Werk liegt in der besonderen Gottesbeziehung des Menschen und in seiner besonderen Aufgabe. Der Schöpfer will ein Wesen „uns gleich“ schaffen, also eines, das ihm entspricht, zu dem er reden kann, das ihn hört, das zu ihm reden kann. Die besondere Aufgabe des Menschen ist die Verantwortung, die er für die übrigen Kreaturen in Form einer Herrschaftsstellung über sie erhält.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Weltschöpfung und Menschenschöpfung in der Religionsgeschichte und in der Genesis
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Urgeschehen und Abrahamgeschichten
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V61527
ISBN (eBook)
9783638549639
ISBN (Buch)
9783656801719
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Hausarbeit versuche ich, einen Überblick darüber zu bieten, dass und wie das Reden von der Erschaffung der Welt und des Menschen sich über die ganze Erde und alle Zeiten der Menschheitsgeschichte erstreckt und dass es von den älteren Stammeskulturen bis in die Hochkulturen und darüber hinaus reicht.
Schlagworte
Weltschöpfung, Menschenschöpfung, Religionsgeschichte, Genesis, Urgeschehen, Abrahamgeschichten
Arbeit zitieren
Felix Denschlag (Autor:in), 2004, Weltschöpfung und Menschenschöpfung in der Religionsgeschichte und in der Genesis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61527

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