Das Thema „Kind und Tod“ beschäftigt mich seit meiner Tätigkeit als Kinderkrankenschwester. Vor allem während meiner Arbeit auf einer Pädiatrischen Intensivstation bin ich mit Kindern in Kontakt gekommen, die nicht geheilt werden konnten und während ihres Krankenhausaufenthaltes starben. Aber auch bei einigen, die wieder entlassen wurden, fiel mir auf, dass sie sich während ihres Aufenthaltes mit Tod und Sterben auseinandersetzten. Doch nicht nur bei meiner Arbeit, sondern auch in meiner Kindheit und als Jugendliche bin ich bereits mit Todesereignissen konfrontiert worden. Zwei davon, die mir eher negativ in Erinnerung geblieben sind, möchte ich kurz erläutern:
Als Kind besaß ich mit meiner Schwester einen Wellensittich, an dem ich sehr hing. Er starb, als ich circa 13 Jahre alt war. Dieses Ereignis zu verkraften, fiel mir aufgrund der damit verbundenen Umstände schwer: Ich wollte mich auf den Weg zur Musikschule machen, als mir der Vogel immer wieder in den Flur hinterher geflogen kam. Meine Mutter sagte mir, dass ich die Tür schnell hinter mir schließen soll, damit der Vogel mir nicht mehr nachfliegt. Als ich das tat und die Tür hinter mir zuzog, befand sich der Vogel bereits im Türspalt und starb dadurch. Ich machte mir selbst große Vorwürfe, weil ich dachte, am Tod des Vogels Schuld zu sein. Als meine Mutter mich fragte, ob ich ihn mit beerdigen will, lehnte ich diesen Vorschlag ab.
Die zweite Konfrontation mit einem Todesereignis, welche mir negativ in Erinnerung blieb, war der Tod meiner Tante. Ich war 17 Jahre alt. Für mich vollkommen unvorhergesehen beging sie Suizid. Damals war es mir nicht möglich, mit meinen Eltern über dieses Geschehen zu reden. Ich merkte, wie stark betroffen meine Mutter vom Tod ihrer Schwester war und wollte sie nicht zusätzlich belasten. So blieben in dieser Zeit viele meiner Fragen offen, die mich zum Teil bis heute beschäftigen. Viel schwerer noch traf der Tod meiner Tante ihren Enkelsohn. Für ihn war sie die wichtigste Bezugsperson. Als damals Fünfjähriger zog er sich nach ihrem Tod komplett zurück. Er betrat ihre Wohnung nicht mehr und verließ den Raum, sobald Gespräche über sie aufkamen. Heute frage ich mich, was zu diesem Zeitpunkt für ihn wichtig gewesen wäre, um ihn in seiner Trauer zu unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erfahrungen von Kindern mit fremdem Tod und mögliche Folgen im Verhalten des Kindes
- Indirekte Todeskonfrontation
- Tod in den Medien
- Tod als Inhalt von Gesprächen
- Direkte Todeskonfrontation
- Tod eines Haustieres
- Tod eines Elternteils
- Tod eines Geschwisterkindes
- Indirekte Todeskonfrontation
- Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses
- Entwicklung der emotionalen Reaktion
- Der Aspekt der Angst als Teil der Entwicklung der emotionalen Reaktion in Bezug auf fremden Tod
- Kognitive Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses
- Entwicklungstheorie Piagets in Verbindung mit der kognitiven Entwicklung eines Todesverständnisses beim Kind
- Kritikpunkte an Piagets Entwicklungstheorie
- Death Education als Bindeglied zwischen emotionaler und kognitiver Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses
- Entwicklung der emotionalen Reaktion
- Auswirkungen der Erfahrungen von Kindern mit fremdem Tod auf die Entwicklung hin zu einem realistischen Todesverständnis
- Schlussfolgerungen zu den Auswirkungen der Erfahrungen auf die Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses
- Leitlinien für die religionspädagogische Arbeit
- Beim Thematisieren von fremdem Tod mit Kindern muss der individuelle Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt werden
- Beim Thematisieren von fremdem Tod mit Kindern ist es von Bedeutung, dass Kinder ihre eigenen Erfahrungen mit fremdem Tod einbringen können
- Beim Thematisieren von fremdem Tod mit Kindern ist zu beachten, dass sich die Kinder durch die vom Pädagogen gewählten Methoden ein realistisches Bild vom Tod erarbeiten können
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Auseinandersetzung von Kindern mit fremdem Tod zu beleuchten und drei Leitlinien für die religionspädagogische Arbeit zu entwickeln. Sie untersucht, wie Kinder mit verschiedenen Formen von Todeserfahrungen umgehen und wie sich diese Erfahrungen auf ihre Entwicklung hin zu einem realistischen Todesverständnis auswirken.
- Erfahrungen von Kindern mit fremdem Tod, sowohl indirekt durch Medien und Gespräche, als auch direkt im Umfeld des Kindes
- Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses, sowohl emotional als auch kognitiv
- Die Bedeutung von Death Education für die Entwicklung eines realistischen Todesverständnisses
- Der Einfluss von kindlichen Todeserfahrungen auf die Entwicklung des Todesverständnisses
- Leitlinien für die religionspädagogische Arbeit mit Kindern im Umgang mit fremdem Tod
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die persönliche Motivation der Autorin für das Thema „Kind und Tod“ erläutert und die zentrale These aufstellt, dass Erfahrungen mit fremdem Tod die Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses beeinflussen.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Erfahrungen von Kindern mit fremdem Tod, wobei zwischen indirekter und direkter Konfrontation unterschieden wird. Es werden exemplarisch verschiedene Medienformen und das Thema Tod in Gesprächen beleuchtet, sowie die Auswirkungen von Todesereignissen im unmittelbaren Umfeld des Kindes, wie z.B. dem Tod eines Haustieres, eines Elternteils oder eines Geschwisterkindes.
Im zweiten Kapitel wird die Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses näher beleuchtet. Die Arbeit untersucht die Entwicklung der emotionalen Reaktion auf den Tod, insbesondere den Aspekt der Angst, sowie die kognitive Entwicklung des Todesverständnisses. Dabei wird die Entwicklungstheorie von Piaget in Bezug auf die kognitive Entwicklung eines Todesverständnisses beim Kind dargestellt und kritisch betrachtet. Der dritte Abschnitt des Kapitels beleuchtet die Bedeutung von Death Education als Bindeglied zwischen emotionaler und kognitiver Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses.
Das dritte Kapitel widmet sich den Auswirkungen von Todeserfahrungen auf die Entwicklung eines realistischen Todesverständnisses bei Kindern. Es werden Schlussfolgerungen gezogen, inwieweit diese Erfahrungen die Entwicklung des kindlichen Todesverständnisses beeinflussen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen kindliches Todesverständnis, Todeserfahrung, Entwicklungspsychologie, Death Education, Religionspädagogik und Leitlinien für pädagogische Arbeit. Sie untersucht die Auswirkungen von Todeserfahrungen auf die Entwicklung des Kindes, insbesondere die Bedeutung von Death Education als Bindeglied zwischen emotionaler und kognitiver Entwicklung.
- Quote paper
- Anna Badstübner (Author), 2006, Mit Kindern fremden Tod thematisieren: Erarbeitung von drei Leitlinien für die religionspädagogische Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61577