Das Assessment Center als Instrument der Personalauswahl

Eine kritische Betrachtung


Diplomarbeit, 2006

100 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

II. Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung / Vorgehensweise

2. Überblick über das Assessment Center
2.1. Definition – Ziele und Absichten eines Assessment Centers
2.2. Herkunft / Historischer Ursprung
2.3. Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten eines Assessment Center
2.4. Gütekriterien
2.4.1. Objektivität
2.4.2. Reliabilität
2.4.3. Validität
2.5. Qualitätsstandards der Assessment Center - Technik

3. Beteiligte Personengruppen eines Assessment Center
3.1. Bewerber
3.2. Moderator
3.3. Beobachter

4. Ablauf und Bausteine eines Assessment Center
4.1. Ablauf
4.2. Bausteine
4.2.1. Die Postkorbübung
4.2.2. Die Gruppendiskussion
4.2.3. Das Rollenspiel
4.2.4. Die Fallstudie / Das Planspiel

5. SWOT Analyse des Assessment Centers
5.1. SWOT Analyse
5.1.1. Stärken
5.1.2. Schwächen
5.1.3. Chancen
5.1.4. Risiken

6. Empirische Untersuchung
6.1. Grund und Ziel der Untersuchung
6.2. Befragte Personengruppen
6.3. Ergebnis der Untersuchung (in Bezug zur SWOT Analyse)

7. Zusammenfassung und Ausblick

III. Literaturverzeichnis

IV. Anhang

I. Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Abbildung 1 zur Fragebogenauswertung –

Teilnahmeauswertung

Abb.2: Abbildung 2 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Anforderungsprofil

Abb.3: Abbildung 3 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Übungskonstruktion und -auswahl

Abb.4: Abbildung 4 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Beobachterumfeld

Abb.5: Abbildung 5 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Feedbackverhalten

Abb.6: Abbildung 6 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Bekanntheitsgrad von Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler

Abb.7: Abbildung 7 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Beobachtertrainings

Abb.8: Abbildung 8 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Selbstkritik

Abb.9: Abbildung 9 zur Fragebogenauswertung –

Thema: Fremdkritik

II. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Koeffizienten der prognostischen Validität von Auswahlverfahren

In Anlehnung an: Schuler, 1996

Tabelle 2: Standards der Assessment Center Technik

Seite 22f.

Entnommen aus: Arbeitskreis Assessment-Center e.V., 1995

VORWORT

„Eine Anmerkung noch zur Formulierung des folgenden Textes: Die deutsche Sprache vernachlässigt in der allgemeinen Form die weibliche Ausdrucksform. Will man diesen Mangel im Sinne der Gleichbehandlung ausgleichen, so finden sich Formulierungen wie: „Wenn ein/e Beobachter/in nach seinem/ihrem Assessment Center-Einsatz an seinem/ ihrem Arbeitsplatz zurückkehrt, berichtet er/sie, dass er/sie seine/ihre Mitarbeiter/innen häufig mit ganz anderen Augen beobachten.“

An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Lesbarkeit des Textes ungleich schwieriger und der Sachverhalt durch den Satzbau verkompliziert wird. Dem galt es entgegen zu wirken, daher wird auf die jeweilige weibliche Formulierung zugunsten der inhaltlichen Verständlichkeit verzichtet. An dieser Stelle sei daher noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wann immer von Mitarbeitern, Teilnehmern, Beobachtern, Moderatoren, etc. die Rede ist, selbstverständlich und insbesondere auch alle Mitarbeiterinnen, Teilnehmerinnen, Beobachterinnen und Moderatorinnen, etc. gemeint sind.“[1]

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

Mobbing, Sabotage, unbegründete Fehlzeiten, Betriebsspionage oder Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz: Die Ausprägungen devianten Verhaltens sind vielseitig und die Schäden, die dabei entstehen, immens.[2] Eine Firma muss darauf bedacht sein, ihre Stellen mit den richtigen Mitarbeitern zu besetzen. Und das ist angesichts der heutigen Bewerberflut keine leichte Aufgabe. Assessment Center (AC) müssen deshalb eigentlich stark an Bedeutung gewinnen.[3] „Absolute Sicherheit lässt sich auch durch Auswahlprozesse nicht erreichen, aber durch die Kombination geeigneter Instrumente kann das Risiko einer Fehlentscheidung wesentlich minimiert werden.“[4] Nach dem kurzeitigen Boom des Assessment Centers ist trotz hoher Arbeitslosenzahlen die Anwendungshäufigkeit des Assessment Centers rückläufig.[5] Forschungsergebnisse der jüngsten Zeit sprechen von beachtlich hohen prognostischen Validitäten bei testmäßig erfassten psychologischen Konstrukten wie Integrität, Leistungsmotivation, Intelligenz und anderen Persönlichkeitsmerkmalen.[6]

Laut einem Artikel der „Zeit“ investieren heute gut aufgestellte Unternehmen Energie und Finanzmittel in die systematische Rekrutierung und Selektion von Mitarbeitern und Führungskräften. Es geht hierbei nicht immer um das Aufspüren der besten Mitarbeiter (so genannte „High Potentials“). Vielmehr ist es wichtig, mit aussagekräftigen Auswahlmethoden, gut durchdachten Recruiting-Prozessen und einer systematischen Herangehensweise, intern und extern die richten Mitarbeiter (so genannte „Right Potentials“) zu identifizieren, zu fördern und zu binden.[7] Gemeint ist damit, dass nicht ausschließlich nach dem Bewerber mit den besten fachlichen Vorrausetzungen gesucht wird, sondern nach dem, der neben den fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auch die richtige Persönlichkeit besitzt um in dem Unternehmen erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund geht ein Assessment Center weit über die allgemein üblichen Tests, wie das Vorstellungsgespräch zur Bewerberanalyse hinaus.[8]

Zahlreiche Umfragen unter deutschen Personalverantwortlichen ergaben, dass so genannte weiche Faktoren, „Soft Skills[9] “ (siehe Anhang 1) mit zu den wichtigsten Kriterien bei der Einstellung von Personal zählen.[10] Als Methodik wird hierbei auf die Vorhersage späteren Berufserfolges auf der Basis von eignungsdiagnostischen Verfahren („Prädiktoren“) gesetzt.[11]

1.2. Zielsetzung / Vorgehensweise

Ziel der Arbeit ist es, Möglichkeiten darzustellen, um die Fehlerquote bei der Personalauswahl durch das Assessment Center dezimieren zu können. Dies ist, wie unter 1.1 ausgeführt, eine der wichtigen Grundlagen, um den beständigen Unternehmenserfolg zu sichern und auch in Zeiten der Globalisierung, des Wandels und des daraus resultierenden Wettbewerbsdruck zu bestehen. Die in dieser Arbeit vorgestellte Assessment Center Methode bezieht sich auf Verfahren die ausschließlich der Personalauswahl dienen und grenzt somit das Einsatzgebiet des Assessment Centers für diese Arbeit ein. Es lassen sich aber auch einzelne Teile auf andere Einsatzgebiete (siehe 2.3 Einsatzmöglichkeiten) des Assessment Centers übertragen. Das Ziel der Arbeit ist somit das Verfahren Assessment Center verständlicher zu machen und die Stärken und Schwächen sowie die Chancen und Risiken darzustellen. Der Schwerpunkt liegt bei der Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile mit dem Schwerpunkt der Untersuchung von Bewertungs- und Beobachtungsfehlern. Daraus ergibt sich für die vorliegende Arbeit eine Einteilung in drei theoretische Grundlagenteile, die dann in der SWOT Analyse zusammenfließen.

Im folgenden, zweiten Kapitel werden zuerst die theoretischen Grundlagen des Assessment Centers dargestellt. Hier wird eine Definition geben und die Geschichte des Assessment Center abgebildet. Anschließend erfolgt eine Betrachtung der Einsatzmöglichkeiten und der Gütekriterien eines Assessment Centers.

Das dritte Kapitel zeigt die beteiligten Personengruppen eines Assessment Centers. Bewerber, Moderator und Beobachter werden umschrieben und voneinander abgegrenzt. Die Aufgaben und die Ziele der einzelnen Personengruppen werden ebenfalls dargestellt. Im vierten Kapitel wird der Ablauf von einem Assessment Center mit exemplarisch ausgewählten Übungen / Bausteinen erläutert.

Im fünften Kapitel folgt das Kernstück der Arbeit. Hier werden die Darstellungen der drei theoretischen Grundlagenteile und deren Folgen in einer SWOT Analyse zusammengefügt und kritisch betrachtet. Einleitend wird die SWOT Analyse prägnant dargestellt. Nach Auseinandersetzung mit den Stärken/Schwächen und Chancen/Risiken wird jeweils abschließend pro Kapitel das Ergebnis zusammengefasst. Um den Praxisbezug zu erweitern und die Stimmung in der Wirtschaft aufzufangen, wurde ein standardisierter Fragebogen (Anhang 4 und 5) an 45 Unternehmen versendet. Im sechsten Kapitel wird die Befragung samt Ergebnis geschildert und in Beziehung zu der Arbeit, speziell in Bezug zu dem Ergebnis der SWOT Analyse gesetzt. Das letzte Kapitel beinhalten ein Fazit sowie ein Ausblick.

2. Überblick über das Assessment Center

2.1. Definition – Ziele und Absichten eines Assessment Centers

Das Assessment Center gilt als ein sehr umfassendes Personalauswahlverfahren. Es wird seit den 70er Jahren auch in Deutschland durchgeführt, früher meistens nur zur Personalauswahl auf der Führungsebene eines Unternehmens, heute oft auch bei der Besetzung von Ausbildungsstellen.[12] Assessment Center werden intern oder extern abgehalten. Das heißt, entweder ist die nach Nachwuchs suchende Firma selbst der Veranstalter, oder die Firma wendet sich an ein Unternehmen, das die Organisation eines Assessment Center als Dienstleistung anbietet.[13]

„Zielsetzung von Assessment Center ist es in erster Linie, die Eignung einer Person für eine bestimmte Tätigkeit und / oder ihr Entwicklungspotenzial möglichst zutreffend einzuschätzen.“[14] Im Bereich der Personalauswahl besteht die Zielsetzung darin, bei zukünftigen Führungskräften und Mitarbeitern die Fehlerquote von Einstellungen zu reduzieren.[15] Das Hauptziel des Unternehmens ist es herauszufinden, wie gut der Bewerber zu seiner künftigen Aufgabe und in die Unternehmenskultur passt. Aus diesem Grund werden in einem Assessment Center unternehmenstypische Aufgaben- und Belastungssituationen simuliert. Beurteilt werden insbesondere die als Schlüsselqualifikationen bezeichneten überfachlichen Kompetenzen der Bewerber.[16]

Assessment Center (englisch: „to assess“ = bewerten) ist laut Definition des Personalpsychologen Heinz Schuler „der Name einer multiplen Verfahrenstechnik, zu der mehrere eignungsdiagnostische oder leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden“.[17] Allgemein gesagt ist ein Assessment Center ein Auswahlverfahren, bei dem mehrere Kandidaten gemeinsam über einen längeren Zeitraum von einer Gruppe Beobachter in verschiedenartigen Situationen beurteilt werden.[18] „Das Hauptkennzeichen der simulationsorientierten Verfahren ist der diagnostische Einsatz realitätsnaher Simulationen, die den beruflichen Aufgaben entsprechen.“[19] Die Ergebnisse der durchgeführten praxisorientierten Gruppenübungen, Gesprächen und anderen Aufgaben ermöglichen vor allem Aussagen zur der Sozial- und Führungskompetenz. Im Falle einer Potenzialbeurteilung werden Möglichkeiten und Grenzen der Kandidaten definiert.[20]

Kern des Prüfungsverfahrens im Assessment Center sind die so genannten Simulationen: gesucht wird nicht so sehr nach Eigenschaften, sondern nach einer Stichprobe des Verhaltens, die, wie es heißt, „als repräsentativ für das Verhalten in einer bestimmten Situationsklasse (z.B. Kundenberatung) angesehen werden kann.“.[21]

Um die Sichtweise der Forschung über die Definition eines Assessment Centers zu erläutern, werden im Folgenden weitere Definitionen kommentarlos dargestellt, da sie in Ihrer Gesamtaussage äquivalent sind. Kitzmanns umfangreiche Definition lautet: “Ein Assessment Center ist ein systematisches Verfahren zur Personalbeurteilung, Personalauswahl und Personalförderung. Dabei werden vorher definierte Verhaltensbereiche beobachtet, erfasst und beurteilt. Dies geschieht gleichzeitig durch mehrere Beobachter, die parallel mehrere Teilnehmer beurteilen. Beim Assessment Center kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, um möglichst realitätsbezogene Situationen zu schaffen. Das Assessment Center verläuft nach einem vorher festgelegten Ablaufplan und sollte bis hin zu den Schlussfolgerungen für alle Beteiligten transparent sein.”[22] Die prägnante Definition nach Neubauer, umschreibt das Assessment Center anhand folgender vier Kennzeichen: „Verhaltensorientierung; Methodenvielfalt; Mehrfachbeurteilung und Anforderungsbezogenheit.“[23] Jeserich definiert das Assessment Center Verfahren als „ein systematisches Verfahren zur qualifizierten Feststellung von Verhaltensleistungen bzw. Verhaltensdefiziten, das von mehreren Beobachtern gleichzeitig für mehrere Teilnehmer in Bezug auf vorher definierte Anforderungen angewandt wird.“[24] Systematik bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es festgelegte Regeln für Beobachter und Bewertung gibt, dass die Beobachtung von der Bewertung getrennt wird und dass die Beobachter vor dem Assessment Center entsprechend geschult werden. Die “qualifizierte Feststellung” soll hier auf wesentliche Merkmale der Methode hinweisen, so zum Beispiel der Einsatz verschiedener eignungsdiagnostischer Verfahren oder eine realitätsnahe Ausrichtung der Instrumente.[25] In dieser Definition werden die Grundprinzipien des Verfahrens deutlich: Ein Teilnehmer wird von mehreren Beobachtern in mehreren Situationen hinsichtlich mehrerer Merkmale beobachtet und beurteilt.[26] Nach Sarges werden Assessment Center in Wissenschaft und Praxis als aussagekräftigstes Verfahren zur Einschätzung und Prognose von Management- und Berufspotentialen angesehen. Mehrere Kandidaten werden von mehreren geschulten Beobachtern in einer Vielzahl von Beurteilungssituationen über einen längeren Zeitraum im Hinblick auf wichtige Erfolgskriterien für den Beruf nach festgelegten Regeln beurteilt.[27]

Kritisch Betrachtet sind Assessment Center Härtetests, bei denen nicht nur die Reaktion auf verschärfte Entscheidungszwänge oder extreme Zeitrestriktionen getestet wird, sondern auch die Belastbarkeit der Bewerber selbst.[28] Neben Merkmalen wie Leistungsorientierung, Führungswille, Belastbarkeit, Teamfähigkeit und Intelligenz sollen weiterhin vielmehr herausgefunden werden, ob jemand in die Unternehmenskultur hineinpasst.[29]

2.2. Herkunft / Historischer Ursprung

Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg sind die Zeit einer wahren Euphorie der Eignungsprüfung. Zu Beginn der zwanziger Jahre werden darum von Psychologen wie Otto Lipmann, Fritz Giese oder Walter Moede nicht nur staatliche und firmeneigene Prüfungslabors eingerichtet, sondern auch eine Fülle von Testverfahren für die unterschiedlichsten Eigenschaften und Berufsbilder entwickelt. Die zugrundeliegende Idee dabei ist die einer doppelten Systematisierung, wie Otto Lipmann schreibt: „aus dem psychographischen Schema“, d.h. einer möglichst minutiösen Beschreibung eines Berufsbilds, „ist ein psychologisches System der Berufe zu entwickeln, und diesem System ist eine psychologische Typik der Individuen zuzuordnen.“[30] Betrachtet man die umfangreichen Kompendien des Eignungswesens, wie Fritz Gieses Handbuch psychotechnischer Eignungsprüfungen von 1925, so staunt man nicht nur über die geradezu infinitesimale Differenzierung menschlicher Eigenschaften und Aspekte, von „Geruchswahrnehmung“ und „Humor“ bis hin zur „Schweißhand“, sondern auch über die Vielfalt der behandelten Tests: von reinen Kognitionstests reicht sie über tiefenpsychologische Exploration bis hin zur metaphysischen Spekulationsprobe über die Existenz Gottes.[31]

Die Geschichte des Assessment Centers ist keine Ansammlung objektiv abrufbarer Fakten, sondern ein Prozess der Mythenbildung, eine permanente Reinterpretation der Vergangenheit, um Identität und Kontinuität einer Person oder einer sozialen Einheit zu bewahren. So ist das Assessment Center kein rationaler Entwurf, sonder durch eine Reihe geschichtlicher Zufälligkeiten geprägt worden.[32] Gleichwohl wird der Ursprung des Assessment Centers gern Prof. J.B. Rieffert und seinem Nachfolger M. Simonett zugeschrieben. Der Heerespsychologe Rieffert entwarf ab dem Jahre 1926 ein Verfahren zur systematischen Offiziersauswahl für die Reichswehr der Weimarer Republik.[33] Das Auswahlverfahren für Offiziere der Deutschen Wehrmacht nach dem 1. Weltkrieg war das erste “Assessment Center”. An der Universität Berlin wurde ein psychologisches Forschungszentrum zur Verbesserung der Auswahlmethoden für Offiziersanwärter gegründet. Die Ausbreitung des Assessment Centers erfolgt zunächst im militärischen Bereich vom Mutterland, dem Deutschen Reich.[34] Die Hauptaufgabe war die Entwicklung und Verbesserung der Auswahlmethoden für Offiziersanwärter. Der Ansatz setzt sehr stark auf die Beobachtung und die geteilte Wahrnehmung.[35] Insbesondere die Befehlsreihe und das Schlusskolloquium finden sich heute in fast allen Assessment Centern wieder - unter der Bezeichnung Postkorb und führerlose Gruppendiskussion.[36] Ab 1927 war das Auswahlverfahren verpflichtend bei den deutschen Streitkräften, wollte ein Bewerber eine Offizierslaufbahn einschlagen.[37]

Das Verfahren wurde 1942 in Heer und Luftwaffe eingestellt und nur noch bei der Marine fortgeführt. Die in Berlin residierenden Militärattachés, insbesondere der britische, waren von dem Verfahren so beeindruckt, dass sie den Anstoß gaben, diese Auswahlmethode in ihren eigenen Ländern einzuführen.[38] Die Briten übernahmen das Verfahren und entwickelten es weiter. Positive Ergebnisse bei der Pilotenauswahl führten zur Etablierung des Verfahrens in der gesamten Armee. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Verfahren zur Auswahl von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst eingesetzt.[39] In den USA wurde 1942 das Office of Strategic Services (OSS)[40] bzw. „Office of the Coordinator of Information“[41], die Vorläuferorganisation der Central Intelligence Agency (CIA) gegründet. Das OSS übernahm das von den Briten weiterentwickelte Verfahren für die Auswahl geeigneter Saboteure, Geheimdienstagenten und Propagandisten.[42] 1943 stieß der Psychologe Murray zum OSS. Er prägte den Begriff Assessment Center.[43] Neben Murray arbeiteten auch andere namhafte Psychologen am Auswahlverfahren des OSS mit.[44] Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges führte dann das OSS (Office of Strategic Services) solch ein Verfahren ein. Die von Rieffert entwickelte Methode wurde nach 1942 nur noch in der deutschen Marine eingesetzt.[45] Nach Ende des 2. Weltkrieges wechselten einige Mitglieder des OSS an Universitäten, andere in die Wirtschaft. Dort trieben sie die Entwicklung des Verfahrens voran.[46]

Das Assessment Center als ein wirtschaftliches Instrument der Personalauswahl nimmt seinen Anfang in den späten 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den USA und kam über England und Deutschland nach Europa.[47] „Erst 1957 entschied die Bundeswehr, wieder eine systematische Offiziersauswahl nach neueren Erkenntnissen einzuführen.“[48]

Für die weitere Verbreitung des Assessment Center war die 1958 Anwendung und erfolgreiche Validierung bei der American Telephon and Telegraph Company (AT&T) entscheidend.[49] 1969 reimportierte IBM das Assessment Center nach Deutschland zur Führungskräfteauswahl. Die wirtschaftlichen Erfolge IBMs wurden vor allem der Personalauswahl zugeschrieben, womit das Assessment Center in Deutschland gewinnträchtig vermarktet werden konnte.[50] Neben IBM verwendet diese Verfahren auch BAT seit 1970 in der BRD.[51] Der systematische Einsatz von Potenzialanalyseverfahren in der Privatwirtschaft findet in Deutschland seit Anfang der 70er Jahre und im öffentlichen Bereich seit Anfang der 80er Jahre statt.[52]

Den Durchbruch der Verbreitung erlebte das Assessment Center in Deutschland mit Beginn der 80er Jahre[53], unterstützend den 1977 in Deutschland gegründeten „Arbeitskreis Assessment Center“[54], dem sowohl Vertreter der Wirtschaft als auch der Wissenschaft angehören. Ziele des „Arbeitskreis Assessment Center“ sind bis heute Erfahrungen austauschen, Qualitätsuntersuchungen durchführen und die Weiterentwicklung dieser Methode vorantreiben.[55]

Die Einrichtung von Assessment Centern ist symptomatisch für eine tief greifende Veränderung gesellschaftlicher Machtmechanismen. Anders als Prüfverfahren, die auf starren Hierarchien aufbauen und von der Vision eines kontinuierlichen individuellen oder kollektiven Fortschritts zehren, leben Tests von flexiblen Positionswechseln innerhalb eines offenen sozialen Raums.[56]

2.3. Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten eines Assessment Center

Potenzialanalyseverfahren, wie das Assessment Center, sind Verfahren, die eingesetzt werden, um die Leistungsfähigkeit vorhandener oder zukünftiger Führungskräfte und Mitarbeiter festzustellen. Dabei wird von einem jetzigen Ist-Stand der Leistung und Befähigung auf die zukünftige Ausprägung der Leistung von Führungskräften und Mitarbeitern geschlossen. Assessment Center Verfahren werden eingesetzt zur Identifikation gegenwärtiger Handlungskompetenzen und/oder zukunftsbezogener Potenziale für Handlungskompetenzen.[57] Dies erfolgt in Organisationen niemals zum Selbstzweck, sondern mit dem Ziel der Personalauswahl und/oder der Personalentwicklung. Steht die Personalauswahl im Vordergrund, so spricht man auch von Auswahl-Assessment Center, geht es primär um die Entwicklung und Förderung von Handlungskompetenzen und -potenzialen, so bezeichnet man dies als Entwicklungs-Assessment Center oder Förder-Assessment Center.[58]

Wenn man nun unabhängig von der Namensgebung danach fragt, welchen manifesten Zweck die Veranstaltung Assessment Center erfüllen soll, steht man anfänglich vor einer verwirrenden Vielfalt[59]:

Auswahl externer Bewerber, Interne Personalauswahl, Laufbahnplanung, Ausbildungs- und Berufsberatung, Forschung und einige mehr.[60] Weitere weit verbreitete Namen für Assessment Center sind auch: Auswahlseminar; Kontaktseminar; Mitarbeiterpotentialanalyse; Qualifikationsseminar; Gruppenauswahlverfahren; Auswahltage; Traineetag oder Mitarbeiterentwicklungsprogramm.[61] Einige Unternehmen verwenden für ihre Assessment Center auch eigene Begriffe wie z.B. Management- bzw. Personalentwicklungsseminar / Führungskräfte-Potenzial-Test / Auswahl-, Förderungs-, Beurteilungs-, Qualifikations-Seminar / Recruiting- oder Carrier-Day.[62]

Unter Eingeweihten und Assessment Center Geschädigten wird eine bestimmte Begriffsdeutung durchaus anerkannt, wenn sie in satirischer Verdrehung statt Assessment Center von Assassination (englisch: „Assassination“ = Attentat; Meuchelmord) Center reden.[63]

Nach Krause sind die Zielsetzungen Personalauswahl (78% Anteil externe Bewerber), Potenzialanalyse (9% Anteil externe Bewerber) und Trainingsbedarfanalyse (8% Anteil externe Bewerber).[64] Häufig werden die verschiedenen Namensgebungen mit dem Argument gerechtfertigt, dass der englische Ausdruck schlecht übersetzbar sei, obwohl es nicht schwierig wäre, deutsche Begriffe, z.B. „Einschätzungszentrum“, für das Assessment Center zu finden.[65] Bei Personalentwicklungsmaßnahmen dienen die Standardbestimmungen durch die Potenzialanalyseverfahren dazu, Fördermaßnahmen für die Führungskräfte und die Mitarbeiter systematisch abzuleiten.[66] Assessment Center gewinnt insbesondere für die Besetzung von Führungsfunktionen in der öffentlichen Verwaltung immer größere Bedeutung. Einzelne Bausteine des Assessment Centers werden aber auch für die Besetzung von Sachbearbeitungs- und Assistenzfunktionen eingesetzt.[67] Da Assessment Center künftige Arbeitssituationen simulieren, lässt sich nicht nur der aktuelle, sondern auch der künftige Bildungsbedarf abschätzen.[68]

In Bezug auf den militärischen Hintergrund des Assessment Center, zeigt das aktuelle Auswahlverfahren der Bundeswehr eine Einsatzmöglichkeit des Assessment Centers:

„Stressbelastbarkeit (Stressresistenz) stellt ein Anforderungs- bzw. Auswahlkriterium im Rahmen des Eignungsfeststellungsverfahrens für Soldaten der Kommandos Spezialkräfte dar. Der Bewerber soll beweisen, dass er auch unter enormer körperlicher Belastung handlungsfähig bleibt und dass er Denken, Fühlen und Handeln auch in Ausnahmesituationen koordinieren kann. Tests, Fragebogen, Interviews und videogestützte Rollenspiele („Verhaltenstests“) sind die Informationsquellen im Rahmen der Psychodiagnostik. Leitlinie der Personalauslese ist ein ressourcenorientierter Ansatz und die Betonung des Auswahlverfahrens als „dynamischer Prozess“, d.h. als Erkenntnis- und Bewertungsdialog, bei dem der Bewerber über sein Leistungsbild informiert wird und seine Stärken und Schwächen durchgesprochen sowie Entwicklungsperspektiven und Trainingsmöglichkeiten gemeinsam mit ihm diskutiert werden.“[69]

2.4. Gütekriterien

Um Aussagen über die Prognosegüte eines eignungsdiagnostischen Verfahrens machen zu können, müssen notwendigerweise die eingetretenen Erfolge mit den vorhergesagten Zielen verglichen werden. Die Prognosen basieren auf Messung von Indikatoren, d.h. Prädiktoren für die berufliche Leistung. Die tatsächliche berufliche Leistung gilt als Kriterium, welches erst zu einem späteren Zeitpunkt gemessen wird.[70] Als Koryphäe der Eignungsforschung gilt der Stuttgarter Hochschullehrer Heinz Schuler. Aus seiner Auflistung der Verfahren mit hoher und niedriger Leistungsprognose ist zu entnehmen, dass er Bewerbungsunterlagen, Arbeitszeugnissen, Schulnoten, Personalfragebögen, üblichen Vorstellungsgesprächen, graphologischen Gutachten und traditionellen Persönlichkeitstests eine geringe Prognosekraft unterstellt. Hingegen stuft er Arbeitsproben, biographische Fragebögen, strukturierte Einstellungsgespräche, Intelligenztests und Assessment Center sehr hoch ein.[71] Sprechen Psychologen über Verfahren der Personalauswahl, so geht es zumeist um die klassischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität. Es geht darum, wie auf der Basis von Interviews, Tests oder kombinierten Verfahren wie Assessment Centers die Eignung eines Bewerbers bestmöglich vorhergesagt werden kann, damit in einem Unternehmen eine freie Stelle optimal besetzt wird.[72] Assessment Center schneiden, verglichen mit anderen eignungsdiagnostischen Verfahren (Interviews, psychologische Tests usw.), sowohl in der prognostischen als auch in der sozialen Validität gut ab.[73] Es lässt Rückschlüsse zu auf Eigenschaften der betreffenden Person (Konstruktvalidität) und auf ihr Verhalten in anderen Situationen (prognostische Validität).[74]

Nach einer Studie von 2001 des Arbeitskreises Assessment Center erschien die Güte der Leistungsvorhersage eines Assessment Centers bei allen Befragten mindestens „mittel“. "sehr schlecht" und "schlecht" kommen als Einschätzung überhaupt nicht vor. 81,3% der Befragten schätzen die Güte der Leistungsvorhersage „gut“ oder „sehr gut“ ein.[75] Tests sollen wissenschaftlich begründet sein, also wissenschaftliche Gütekriterien erfüllen. Die Hauptgütekriterien, die einen guten Test ausmachen, sind Objektivität, Reliabilität und Validität.[76]

2.4.1. Objektivität

Unter Objektivität versteht man, dass die Ergebnisse des Tests unabhängig vom Untersucher die gleichen sein sollen. Sie dürfen also nicht von der Person (und ihrer subjektiven Sichtweise) abhängen. Es muss sichergestellten werden, dass verschiedene Untersucher am selben Probanden zu gleichen Ergebnissen gelangen. Man unterscheidet zwischen der Durchführungsobjektivität, der Auswertungsobjektivität und der Interpretationsobjektivität. Die Durchführungsobjektivität versichert, dass trotz zufälliger oder aber systematischer Verhaltensänderungen des Untersuchers während der Testdurchführung das Ergebnis des Probanden dennoch das gleiche bleibt. Die Durchführungsobjektivität erreicht man durch Standardisierung der Untersuchungssituation (Probanden werden in dem selben Untersuchungsraum zur gleichen Uhrzeit von der selben Person mit der selben Instruktion getestet).[77] Die Durchführungsobjektivität ist nur annäherungsweise erfüllbar und betrifft, Raum, Zeit und Verfassung der Testperson.[78] Die Auswertungsobjektivität bezieht sich auf die Auswertung des beobachteten und registrierten Testverhaltens nach bestimmten Regeln. Die Auswertungsobjektivität ist vor allem bei Auswertung von offenen Fragen und bei projektiven Tests gefährdet. Gewährleisten kann man sie zum Beispiel dadurch, dass man bei Beobachtungen der Ergebnisse bei projektiven Verfahren mehrere Untersucher bei der selben Auswertung einsetzt. So kann man beim Vergleich ihrer Ergebnisse meist die „richtige Beobachtung“ bekommen.[79] Wenn verschiedene Anwender numerische Werte gleich interpretieren spricht man von Interpretationsobjektivität.[80] Die Interpretationsobjektivität meint die Unabhängigkeit der Interpretation der Ergebnisse von der untersuchenden Person. Dieses ist dadurch zu erreichen, dass man den Einfluss des Untersuchers durch so genaue Instruktionen des Probanden wie möglich eingrenzt, die Tests und die Vergleichsmöglichkeit der Testdaten so weit wie möglich normiert.[81] Nach einer Umfrage (99 Befragte im Gremium) des Arbeitskreises Assessment Center wird die Objektivität mit 62% als zufrieden stellend eingeschätzt.[82]

2.4.2. Reliabilität

Die Reliabilität, also Zuverlässigkeit eines Tests ist dann gegeben, wenn der Test überhaupt ein bestimmtes Persönlichkeits- oder Verhaltensmerkmal misst. Gleichzeitig ist ein Test dann reliabel, wenn er so wie beim ersten Mal jederzeit reproduzierbar ist. Ein Test muss also Konsistenz aufweisen: Unabhängig davon, wie oft ich den Test anwende, muss ich immer zum gleichen Ergebnis gelangen. Der Grad der Reliabilität, den ein Test besitzt, wird durch einen Reliabilitätskoeffizienten angegeben.[83]

Bei der Reliabilität wird in folgende Arten unterschieden:

- Wiederholungsreliabilität (Retestreliabilität):
– Ein und derselbe Test wird der selben Stichprobe wiederholt dargeboten
- Paralleltestreliabilität:
– Vorgabe paralleler Testversionen an eine Gruppe von Personen
- Testhalbierungsreliabilität:
– Tests in zwei äquivalente Hälften teilen[84]

Die Reliabilität schätzen nach eine Umfrage (96 Befragte im Gremium) des Arbeitskreises Assessment Center mit 46% als zufrieden stellend ein.[85]

2.4.3. Validität

Validität ist bei einem Test gegeben, wenn er diejenigen Persönlichkeitsmerkmale oder Verhaltensweisen, die er zu messen oder vorherzusagen vorgibt, auch tatsächlich misst oder vorhersagt. Es wird zwischen der inhaltlichen Validität, der Konstruktvalidität und der kriterienbezogenen Validität unterschieden. Die inhaltliche Validität soll versichern, dass ein Test die Elemente und Merkmale testet, die auch tatsächlich etwas über das zu Testende aussagen und dieses bestmöglich repräsentieren. Die Konstruktvalidität ist dann vorhanden, wenn gesichert ist, dass die durch den Test erfassten Merkmale in genügend großer Übereinstimmung mit dem theoretischen Konstrukt stehen, auf das man schließen will. Die kriterienbezogene Validität kann dadurch erhoben werden, dass man die Testergebnisse der Probanden mit einem Außenkriterium korreliert, das unabhängig vom Test erhoben wird. Die kriteriumsbezogene Validität hängt also ab von

- dem Gemeinsamkeitsgrad des Tests und des Außenkriteriums
- der Reliabilität des Tests und
- der Reliabilität des Außenkriteriums.

Je höher diese drei Faktoren sind, desto größer die kriteriumsbezogene Validität.[86]

Als weiters wichtigstes Merkmal zur Validierung eines Auswahlverfahrens wird die prognostische Validität angesehen. Diese gibt an, inwieweit sich eine Prognose durch eine erneute Messung zu einem späteren Zeitpunkt bestätigt. Die Güte der Prognose wird abgeleitet aus dem Zusammenhang zwischen Prädiktor und Kriterium, der mit dem Korrelationskoeffizienten r erfasst wird.[87]

Tabelle 1: Koeffizienten der prognostischen Validität von Auswahlverfahren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an: Schuler (1996)

Um die Akzeptanz des Verfahrens bei den Kandidaten zu erhöhen, sollte man bei einem Assessment Center auf seine "sozialer Validität" achten. Dieses Gütekriterium gibt an, wie teilnehmerfreundlich ein Beurteilungsinstrument in Aufbau und Durchführung ist. Fühlt sich der Teilnehmer von einem Assessment Center zu stark unter Druck gesetzt oder steht dem Verfahren ablehnend gegenüber, kann keine realistische Einschätzung seines Verhaltens gelingen.[88]

Die soziale Validität von Assessment Center beeinflusst die Akzeptanz eines eignungsdiagnostischen Verfahrens. Teilnehmer beurteilen ein eignungsdiagnostisches Verfahren dann positiv, wenn die vier zentralen Aspekte der sozialen Validität erfüllt sind.[89] Die vier Komponenten nach Schuler und Stehle, die „die eignungsdiagnostische Situation zu einer akzeptablen sozialen Situation macht“ sind Information, Partizipation, Transparenz und Urteilskommunikation.[90]

Die Partizipation / Kontrolle stellt ein Verfahren dar, dass dem Teilnehmer die Möglichkeit bieten, durch eigenes Handeln sein Leistungspotenzial unter Beweis stellen zu können. Im Assessment Center ist dieser Aspekt durch die interaktiven Verfahren in hohem Maße gegeben. An zweiter Stelle steht der Aspekt der Transparenz, damit wird erfasst, ob die angewendeten Einzelverfahren des Assessment Center in einer für den Teilnehmer in nachvollziehbarer Weise etwas mit der durch das Einzelverfahren getroffenen Aussage zu tun haben. Andere Aspekte der Transparenz betreffen die Nachvollziehbarkeit des Entscheidungsprozesses für die Teilnehmenden und die Möglichkeit, aufgrund der Assessment Center - Teilnahme selbst beurteilen zu können, ob man für die entsprechende Position geeignet ist bzw. das entsprechende Potenzial bietet. Unter dem Aspekt Information wird das Interesse des Teilnehmers gefasst, durch das Assessment Center möglichst viel über das Unternehmen, die Unternehmenskultur und die in Frage stehende Position zu erfahren. Je mehr und je realistischer die Tätigkeitsinformation, desto eher wird das Verfahren akzeptiert. Der Aspekt der Urteilskommunikation betrifft Qualität und Umfang des Feedbacks, das der Teilnehmende über seine Leistung erhält. Je nachvollziehbarer, wahrhaftiger und formal akzeptabler das Feedback gestaltet ist, desto eher kann der Kandidat es annehmen.

Kritisch betrachtet darf nicht vergessen werden, dass Soziale Validität nicht mit der prognostischen Validität von Assessment Center zu tun hat und dass die Berücksichtigung dieses Aspekts teilweise sogar mit der angestrebten Qualität der prognostischen Aussage in Widerspruch stehen kann. So ist aufgrund der hohen prognostischen Aussagefähigkeit die Anwendung von Intelligenztests zu empfehlen, sozial valide sind diese Verfahren aber zunächst einmal nicht. Hier gilt es, beide Aspekte in angemessenem Maß zu berücksichtigen.[91]

2.5. Qualitätsstandards der Assessment Center - Technik

Damit Assessment Center die persönlichen Eigenschaften und Kompetenzen eines Kandidaten treffend abbilden, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.[92] Zu den Zielen des bereits 1977 gegründeten "Arbeitskreises Assessment Center" gehört neben dem Erfahrungsaustausch, auch die Erarbeitung und Verbesserung von Methoden qualitativer Personalarbeit, insbesondere der Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern. Neben einigen Kongressen und Publikationen sind dort Standards der Assessment Center Technik und solche der Personalentwicklung als Empfehlungen erarbeitet worden.[93]

Die Qualitätsstandards der Assessment Center Technik wurden 1992 entwickelt. Seit 2002 wurden sie von einer Arbeitsgruppe überarbeitet und aktualisiert mit dem Ziel,

„- eine zeitgemäße Grundlage für die sachgemäße Assessment Center - Praxis zu schaffen
- die Güte von Angeboten für die betriebliche Praxis prüfen und damit
unqualifizierte Angebote erkennen zu können
- Transparenz und Klarheit für die Entscheider und Anwender/Praktiker zu
Ermöglichen und
- die Akzeptanz der Assessment Center Methode weiter zu steigern.“[94]

In der folgenden Tabelle werden die Qualitätsstandards der Assessment Center Technik kurz erläutert. Eine ausführliche Darstellung befindet sich im Anhang (Anhang 2).

Tabelle 2: Standards der Assessment Center Technik

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Arbeitskreis Assessment-Center e.V., 1995

3. Beteiligte Personengruppen eines Assessment Center

Die Träger offizieller Rollen in einem Assessment Center können in drei Gruppen eingeteilt werden. Die Teilnehmer, die Beobachter, der Moderator.[95] Die Teilnehmer, im weiteren Verlauf auch als Bewerber beschrieben, sind jene Personen, die ausgewählt werden sollen. Die Beobachter übernehmen die Aufgabe, die Bewerber auf ihre Auswahl- oder Förderungswürdigkeit hin zu beurteilen. Der Moderator hat in dem Assessment Center Verfahren eine Sonderstellung inne. Er dient den anderen Personengruppen als Supervisor und leitet das Assessment Center.[96]

3.1. Bewerber

Der Bewerber ist in dem Verfahren der “Getestete”. “Die Situation der Bewerber ist im Assessment Center durch das Kuriosum geprägt, dass sie über einen oft mehrtägigen Zeitraum in der Gruppe miteinander kooperieren müssen, dabei aber in einem offenen Konkurrenzverhältnis zueinander stehen.”[97] Der Bewerber muss oft, basierend auf das eigene „Bauchgefühl“, interpretieren und entscheiden, ob es sich um eine Situation handelt, die einstellungskonsistentes oder einstellungsinkonsistentes Verhalten von ihnen verlangt.[98] Es gibt zwar einige Verhaltensgrundsätze, aber keinen immer gültigen Regelkatalog, welches Verhalten für eine positive Einschätzung durch die Beobachter ideal ist, denn verschiedenartige Positionen erfordern verschiedenartige Wunschkandidaten. Es bringt also beispielsweise nicht viel, als zurückhaltender Mensch den Draufgänger zu mimen, wenn vielleicht ein ruhig besonnener Analytiker gesucht wird.[99] Der teilnehmende Assessment Center-Proband muss die Gewissheit haben können, dass die Aufgaben fachmännisch ausgewählt, geleitet und ausgewertet werden. Zudem muss gewährleistet sein, dass die erhobenen Informationen vertraulich behandelt werden, also der Schweigepflicht unterliegen.[100]

Zusätzlich hat der Bewerber das Anrecht auf ein ausführliches Feedback-Gespräch. Dies ermöglicht das Klären von offenen Fragen und Meinungsverschiedenheiten und erlaubt es, erste Lernschritte einzuleiten. Der Bewerber soll verstehen, wie die im Schlussbericht festgehaltenen Aussagen zustande gekommen sind, auch wenn er damit nicht einverstanden ist.[101] Bewerber bei einem Assessment Center sind Stellenbewerber, die bei einer Vorauswahl aufgrund ihrer Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräche als "die Besten" beurteilt worden sind. Der Nutzen des Teilnehmers hat Vorteile, die sich für den Stellenbewerber durch seine Teilnahme ergeben:

Er kann seine Fähigkeiten mit anderen Teilnehmern vergleichen.

Er kann prüfen, ob die ausgeschriebene Position und das Unternehmen seinen Erwartungen entspricht.

Er wird über seine Stärken und Schwächen informiert (bessere Selbsteinschätzung).[102]

[...]


[1] Braun-Wimmelmeier (1999), S.8f

[2] Vgl. Mussel, „Personalauswahl: Wie man integere Mitarbeiter findet“, S.1ff.

[3] Vgl. Manke (2005)

[4] https://www.unilog-integrata.de/training/peconsulting/pictures/pe_consulting.pdf; Stand: 06.06.2006

[5] Vgl. Manke (2005)

[6] Vgl. Sint, Tengg, und Thaller (2006), S.26

[7] Vgl. http://www.psychonomics.de/article/articleview/1114/1/8/; Stand: 06.06.2006

[8] Vgl. http://www.zeit.de/archiv/2001/16/jl01.xml?page=all; Stand: 06.06.2006

[9] „Soft Skills“ beziehen sich vor allen Dingen auf Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bereich der Kommunikation, Ausstrahlung und Arbeitstechniken. Kompetenzfelder sind u. a. soziale Kompetenz, kommunikative Kompetenz und methodische Kompetenz, interkulturelle Kompetenz, emotionale Kompetenz oder personale Kompetenz

[10] Vgl. http://openpr.de/news/86863.html; Stand: 15.05.06

[11] Vgl. Manzey, „ Assessment-Center“ Einführung, S.2

[12] Vgl. Frau & Beruf in der Wirtschaftsregion Dortmund/Kreis Unna/Hamm (2005), S.17

[13] Vgl. http://www.stepstone.de, Stand: 06.06.2006

[14] Kelbetz (2001), S.1-5

[15] Vgl. Bundesverwaltungsamt INFO 1583 (2000)

[16] Vgl. Hell (2006), S.2

[17] Schuler (1987), S. 2

[18] Vgl. Hell (2006), S.1

[19] Schuler (2001)

[20] Vgl. Hennig & Lüdemann (2005), S.24

[21] Schuler, http://www.aodgps.de/alt/berufseignungsdiagnostik.html; Stand: 06.06.2006

[22] Kitzmann (1981), S.35

[23] Neubauer (1980), S. 122 - 158

[24] Jeserich (1981), S.33

[25] Vgl. Uibel „Das Assessment - Center als andragogisches Arbeitsfeld“, S.4

[26] Vgl. Steyer, Partchev, Menz & Seiß (2001), S.3

[27] Vgl. Sarges (1996)

[28] Vgl. http://www.thomaslemkeweb.de/publikationen/Test.pdf; Stand: 190306

[29] http://www.manager-magazin.de/koepfe/karriere/0,2828,338238,00.html; Stand: 06.06.2006

Schauspieler scheitern schnell

[30] Lipmann (1922), S.25

[31] Vgl. Ash, G. et al.(2001), S.28

[32] Vgl. Kompa (2004), S.26ff.

[33] Vgl. Ullrich (2003); DenkHalle Consulting – Düsseldorf, S.5

[34] Vgl. Kompa (2004); S. 26ff.

[35] Vgl. http://www.c-s-m.ch/assessment.htm; Stand: 06.06.2006

[36] Domsch & Jochum (1989), S.1-18

[37] Vgl. Uibel „Das Assessment - Center als andragogisches Arbeitsfeld“, S.9

[38] Vgl. Jeserich (1990), S. 580 - 587

[39] Vgl. Domsch & Jochum (1989) , S.1-18

[40] Vgl. Litzcke S. M. (2003), S.71

[41] Vgl. Hennig & Lüdemann (2005), S.4

[42] Vgl. Ullrich (2003); DenkHalle Consulting – Düsseldorf, S.5

[43] Stehle (1982), S.19-47

[44] Schuler & Moser (1990), S.18-28

[45] Vgl. Ullrich (2003); DenkHalle Consulting – Düsseldorf, S.5

[46] Vgl. Litzcke S. M. (2003), S.72

[47] Vgl. Sarges (2001)

[48] Ullrich (2003); DenkHalle Consulting – Düsseldorf, S.5

[49] Bray & Grant (1966), S.1-27

[50] Vgl. Ullrich (2003); DenkHalle Consulting – Düsseldorf, S.5

[51] Vgl. Jeserich (1981), S.101

[52] Vgl. Bundesverwaltungsamt INFO 1583 (2000)

[53] Vgl. Ullrich, DenkHalle Consulting – Düsseldorf, 2003, S.5

[54] vgl. Fisseni /Fennekels (1995), S.259; Jeserich (1981), S.101

[55] Vgl. Uibel „Das Assessment - Center als andragogisches Arbeitsfeld“, S.10

[56] Vgl. www.thomaslemkeweb.de/publikationen/Test.pdf; Stand: 19.03.06

[57] Vgl. Sarges (2001), S.VII

[58] Vgl. Stumpf et al. (2003), S.5

[59] Vgl. Schuler (1987)

[60] Vgl. Schuler (1996), S.120

[61] Vgl. Vossen „Psychologische Diagnostik - Vom Bravo Psychotest zum Einstellungsgespräch“, S.28

[62] Vgl. Hennig & Lüdemann (2005), S.6

[63] Vgl. Kompa (2004), S.32

[64] Krause et al. (2001)

[65] Vgl. Kompa (2004), S.32

[66] Vgl. Bundesverwaltungsamt INFO 1583 (2000)

[67] Vgl. Die Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion (2001), S.20

[68] Vgl. Opgenoorth (1982), S.67-81

[69] Psychosomatische Fachklinik Bad Pyrmont „Prävention und Behandlung posttraumatischer Störungsbilder im Rahmen militärischer und polizeilicher Aufgabenerfüllung“ (2002), S.25

[70] Vgl. http://www.uni-oldenburg.de/fs-psychologie/scripte/ABO/PrognostischeValiditaetAC.doc; Stand: 06.06.2006

[71] Vgl. http://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/fips/skripten/neu/haupt/abo/ReaderAC_sh_wise1999.doc; S. 142; Stand: 06.06.2006

[72] Vgl. www.psychologie.uni-mannheim.de/psycho1/Publikationen/MA%20Beitraege/98-02/98_2_05.pdf; S.1; Stand: 01.05.2006

[73] Vgl. Litzcke S. M. (2003), S.72

[74] Vgl. http://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/fips/skripten/neu/haupt/abo/ReaderAC_sh_wise1999.doc; S.15; Stand: 06.06.2006

[75] Vgl. http://www.arbeitskreis-ac.de/projekte/ac-studie/thema_8.htm#f083; Stand: 06.06.2006

[76] Vgl. Kopp „Tests zur Personalauswahl- Leistungstests, Berufseignungstests, Persönlichkeitstests“, S.5

[77] Vgl. ders.

[78] Vgl. Vossen „Psychologische Diagnostik - Vom Bravo Psychotest zum Einstellungsgespräch“, S.5

[79] Vgl. Kopp „Tests zur Personalauswahl- Leistungstests, Berufseignungstests, Persönlichkeitstests“, S.5

[80] Vgl. Vossen „Psychologische Diagnostik - Vom Bravo Psychotest zum Einstellungsgespräch“, S.5

[81] Vgl. Kopp „Tests zur Personalauswahl- Leistungstests, Berufseignungstests, Persönlichkeitstests“, S.6

[82] http://www.arbeitskreis-ac.de/projekte/ac-studie/thema_8.htm#f083; Stand: 06.06.2006

[83] Vgl. Kopp „Tests zur Personalauswahl- Leistungstests, Berufseignungstests, Persönlichkeitstests“, S.6

[84] Vgl. Vossen „Psychologische Diagnostik - Vom Bravo Psychotest zum Einstellungsgespräch“, S.5

[85] Vgl. http://www.arbeitskreis-ac.de/projekte/ac-studie/thema_8.htm#f083; Stand: 06.06.2006

[86] Vgl. Kopp „Tests zur Personalauswahl- Leistungstests, Berufseignungstests, Persönlichkeitstests“, S.7

[87] Vgl. http://www.uni-oldenburg.de/fs-psychologie/scripte/ABO/PrognostischeValiditaetAC.doc; Stand: 06.06.2006

[88] Vgl. http://www.4manager.de/01-Themen/01-03.asp; Stand: 06.06.2006

[89] Vgl. www.psychologie.uni-mannheim.de/psycho1/Publikationen/MA%20Beitraege/98-02/98_2_05.pdf; S.2ff.; Stand: 01.05.2006

[90] Schuler und Stehle (1983), S.35

[91] Vgl. Kelbetz (2001); S.1-5

[92] Vgl. Computerwoche vom 30.07.2004

[93] Vgl. http://www.zeit.de/archiv/2001/16/jl01.xml?page=all; Stand: 06.06.2006

[94] Standards der Assessment Center Technik; Arbeitskreis Assessment Center e.V. (2004)

[95] Vgl. Fisseni/Fennekels (1995), S.23

[96] Uibel „Das Assessment - Center als andragogisches Arbeitsfeld“, S.14

[97] Sichler (1989), S.125

[98] Vgl. Emrich (2004), S.58

[99] Vgl. Hell (2006), S.3

[100] Vgl. http://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/fips/skripten/neu/haupt/abo/ReaderAC_sh_wise1999.doc; S.52; Stand: 06.06.2006

[101] Vgl. Hennig & Lüdemann (2005), S.25

[102] Vgl. http://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/fips/skripten/neu/haupt/abo/ReaderAC_sh_wise1999.doc; S.34; Stand: 06.06.2006

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Das Assessment Center als Instrument der Personalauswahl
Untertitel
Eine kritische Betrachtung
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Note
2,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
100
Katalognummer
V61694
ISBN (eBook)
9783638551007
ISBN (Buch)
9783638906456
Dateigröße
959 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Assessment, Center, Instrument, Personalauswahl, Auswahlverfahren, Stefan Wiegand, FOM, Beobachtungsfehler, Beobachter, Beobachterfehler, Test, Testverfahren, Assessor, Postkorbübung, Rollenspiel, Gruppendiskussion, Prädiktoren, AC, Potentialanalyse, Bewertungsfehler
Arbeit zitieren
Diplom Kaufmann (FH) Stefan Wiegand (Autor:in), 2006, Das Assessment Center als Instrument der Personalauswahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61694

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