Strategische Beschaffungsplanung - Sourcing-Konzepte und E-Procurement als Enabler zur Strategieumsetzung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

43 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sourcing als Aufgabe des strategischen Beschaffungsmanagements
2.1 Aufgaben und Ziele des Beschaffungsmanagements
2.2 Sourcing als Enabler der Beschaffungslogistik

3. Entwicklung von Beschaffungsstrategien
3.1 Aufbau des Einkaufs-Portfolios
3.2 Festlegung der Normstrategien und Beschaffungskonzepte
3.2.1 Strategische Kaufteile
3.2.2 Kern-Kaufteile
3.2.3 Engpass-Kaufteile
3.2.4 Standard-Kaufteile
3.3 E-Procurement als Enabler zur Strategieumsetzung
3.3.1 Entwicklung, Auswirkungen und Ziele des E-Procurements
3.3.2 Anwendungsbereiche des E-Procurements
3.3.2.1 E-Beschaffung / Elektronische Produktkataloge
3.3.2.2 Elektronische / Virtuelle Marktplätze
3.3.2.2.1 Grundlagen elektronischer Marktplätze
3.3.2.2.2 Buy-Side-Marktplätze
3.3.2.2.3 Sell-Side-Marktplätze
3.3.2.2.4 Neutrale Marktplätze / Broker-Plattform
3.3.2.2.5 Transaktionsmechanismen von el. Märkten
3.3.2.3 Auslagerung an Procurement-Service-Provider (PSP)
3.3.2.4 Weitere Anwendungsbereiche des E-Procurements
3.3.3 DPS als Enabler zur effizienten operativen Umsetzung des el. Beschaffungsprozesses

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: In Anlehnung an:

Heiserich, Otto-Ernst: Logistik, Wiesbaden, 2002, S. 36;

Wildemann, Horst: Logistik Prozessmanagement, Organisation und Methoden, München, 2001; S. 84, S. 86;

Arnold, Ulli: Beschaffungsmanagement, Stuttgart, 1997, S. 90

Abb. 2: ecin (Hrsg.), E-Business – Ende des Höhenflugs, Dormnund, 2001, http://www.ecin.de/marktbarometer/b2b-b2c/], Download vom 22.11.05

Abb.3: Kleineicken, Andreas: eProcurement, in: E-Supply-Chain-Management, hrsg. von Helmut Wannenwetsch, Sascha Nicolai, Wiesbaden, 2004, S. 90-113, S. 117

1. Einleitung

Die Beschaffung ist, neben Produktion und Vertrieb, eine der betrieblichen Grundaufgaben und hat somit maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Das Beschaffungsmanagement beschäftigt sich neben der Sicherstellung der Versorgung und der Kostenminimierung zunehmend auch mit der aktiven Ausschöpfung von Lieferanten- (Lief.), Kosten- und Innovationspotenzialen. So gestaltet es alle Strukturen und Abläufe im Zusammenhang mit der Planung, Steuerung, Umsetzung und Kontrolle der Beschaffung, wobei sich die strategische (strat.) Beschaffung schwerpunktmäßig mit der Gestaltung der Abnehmer-Lief.-Beziehung befasst und somit die Rahmenbedingungen für die Ausführung der operativen (op.) Beschaffung und der Beschaffungslogistik setzt.

Eine Schwierigkeit der Beschaffungsplanung liegt in der großen Anzahl unterschiedlicher, zu beschaffender Materialien. Da es unmöglich ist, für jedes Beschaffungsobjekt individuelle Beschaffungsstrategien zu entwickeln, ist es unabdingbar, die zu beschaffenden Güter zu standardisieren und zu Materialgruppen zusammenzufassen. Hierfür eignet sich das Einkaufsportfolio von Kraljic. Anschließend können für diese Materialkategorien individuelle Normstrategien und Beschaffungskonzepte gebildet werden. Je nach festgelegter Beschaffungsstrategie ermöglicht z.B. E-Procurement, mit seinen umfangreichen Anwendungsbereichen, eine wirksame Strategieumsetzung. Für eine effiziente op. Umsetzung des Beschaffungsprozesses eignen sich u.a. Desktop-Purchasing-Systeme (DPS).

Dieses sind nur einige Anhaltspunkte, die der Beschaffungsprozess in Unternehmen mit sich bringt. Die Hausarbeit erläutert diese und verschafft dem Leser einen Überblick über den Beschaffungsablauf von der Klassifizierung der Materialien bis zu der möglichen op. Umsetzung mittels DPS.

Zuerst wird Sourcing als Aufgabe des strat. Beschaffungsmanagements dargestellt, wobei vor allem auf die Aufgaben und Ziele des Beschaffungsmanagements und Sourcing als Enabler der Beschaffungslogistik eingegangen wird. Im Anschluss wir die Entwicklung von Beschaffungsstrategien erläutert sowie der Aufbau des Einkaufs-Portfolios und die Festlegung der Normstrategien und Beschaffungskonzepte für Strat., Kern-, Engpass- und Standard-Kaufteile. Hierauf aufbauend wird E-Procurement als Enabler zur Strategieumsetzung beschrieben. Nach Entwicklung, Auswirkungen und Zielen des E-Procurements werden die Anwendungsbereiche des E-Procurements dargestellt. Hierzu gehören E-Beschaffung / Elektronische (el.) Produktkataloge, El. / Virtuelle Marktplätze, mit Grundlagen el. Marktplätzen, Buy-Side-Marktplätzen, Sell-Side-Marktplätzen, Neutralen Marktplätzen / Broker-Plattformen und Transaktionsmechanismen von el. Märkten, sowie Auslagerung an Procurement-Service-Provider (PSP) und weitere Anwendungsbereiche des E-Procurements. Abschließend werden DPS als Enabler zur effizienten op. Umsetzung des el. Beschaffungsprozesses erläutert.

2. Sourcing als Aufgabe des strat. Beschaffungsmanagements

2.1 Aufgaben und Ziele des Beschaffungsmanagements

Die Beschaffung ist, neben Produktion und Vertrieb, eine der betrieblichen Grundaufgaben und hat somit maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg.[1] Sie bildet die Schnittstelle des Unternehmens mit der Umwelt,[2] so dass neben internen auch externe Rahmenbedingungen zu beachten sind.[3] Aufgrund des Wandels der Beschaffung, von einer abwicklungsorientierten Versorgungsfunktion zu einer Funktion, die den Unternehmenserfolg wesentlich mitbestimmt, beschäftigt sich das Beschaffungsmanagement neben der Sicherstellung der Versorgung und der Kostenminimierung zunehmend auch mit der aktiven Ausschöpfung von Lief.-, Kosten- und Innovationspotenzialen.[4]

Das Beschaffungsmanagement gestaltet also Strukturen und Abläufe in Bezug auf Planung, Steuerung, Umsetzung und Kontrolle der Beschaffung.[5] Es gliedert sich in strat. und op. Beschaffung. Hauptziel der strat. Beschaffung ist die Sicherung der Erfolgspotenziale des Unternehmens, das der op. die kostenwirtschaftliche Bereitstellung.[6]

Somit ergeben sich folgende strat. Aufgaben:

1. Exploration, z.B. Festlegung von Sourcing- / Beschaffungsstrategien, Personalpolitik, IT-Strategie, Knowledge-Management, Mitarbeit bei der Produktentwicklung, Make-or-buy-Entscheidungen, Lief.management oder Beschaffungscontrolling.
2. Spezifikation, z.B. Beschaffungsmarktforschung oder Bedarfsplanung.
3. Auswahl / Selektion, z.B. Ausschreibungen oder Auswahl der Lief..
4. Vertragsabwicklung, z.B. Verhandlungen, Abschluss von Rahmenverträgen oder Koordination und Pooling der Nachfrage.[7]

Strat. Beschaffungsentscheidungen umfassen somit unterschiedliche Gestaltungsfelder der Abnehmer-Lief.-Beziehung und legen die Art der Zusammenarbeit für unterschiedliche Leistungsspektren auf längere Sicht fest.[8]

Die op. Aufgaben beinhalten:

1. Bestellung, z.B. Abwicklung von Bestallanforderung (BANF) oder Abruf / Übermittlung der Bestellung.
2. Kontrolle, z.B. Prüfen des Bestellstatus, Wareneingang oder Rechnungsprüfung.
3. After-Sales Servicing, z.B. Beschwerdemanagement oder Vorbereitung von Vertragsänderungen.[9]

Strat. Aufgaben werden häufig durch ständig anfallende Kleinarbeiten gestört, so dass oft eine Ungleichverteilung zwischen strat. und op. Aufgaben entsteht (oft 30:70), obwohl gerade den strat. Aufgaben mehr Beachtung des Einkaufs zukommen sollte.[10]

2.2. Sourcing als Enabler der Beschaffungslogistik

Wie in Abschnitt 2.1 dargestellt, gehört die Festlegung der Sourcing-Strategien zu den strat. Beschaffungsaufgaben. Diese Strategien entscheiden u.a. über grundlegende Bezugskonzepte eines Unternehmens für die am Markt zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen.[11] Folglich definieren sie die Entwicklungsziele des Einkaufs und beschreiben die Mittel und Wege zur Erreichung dieser Ziele.[12] Sie entscheiden sowohl über formelle Gestaltungsparameter, wie Art und Intensität der Kooperation mit Lief., als auch über die Auswahl von Beschaffungsinstrumenten und –methoden.[13]

Wie in 2.1 zu erkennen ist, schaffen strat. Entscheidungen die Voraussetzung für die Erfüllung der op. Aufgaben.[14] Die Beschaffungslogistik beschäftigt sich mit allen planenden, steuernden und durchführenden Tätigkeiten zur Umsetzung dieser Aufgaben und verantwortet somit die bedarfgemäße Bereitstellung der Materialien, die für betriebliche Produktions- und Absatzaufgaben erforderlich sind.[15]

Sole oder Single Sourcing[16] ermöglichen z.B. enge material-, waren- und informationsflussbezogene Abstimmungen der Beschaffungslogistik. Bei Multiple Sourcing[17] liegt der Fokus auf Realisierung von Bündelungseffekten beim Transport von Sendungen mehrerer Lief. zu einem Abnehmer.[18]

Somit wird ersichtlich, dass die Beschaffungslogistik von der gewählten Sourcing-Strategie abhängig ist und Sourcing als Enabler der Beschaffungslogistik dient.

Zur Festlegung effizienter Beschaffungsstrategien ist die genaue Kenntnis der gegenwärtigen und zukünftigen Bedarfsstruktur des eigenen Unternehmens wichtig. Hierzu hat sich im Bereich der Beschaffung die Portfolio-Analyse als Strukturierungsmethodik durchgesetzt, die dem Einkäufer einen Überblick über Schwerpunkte und Kennzeichen von Kaufteilen und Lief. vermittelt.[19] Sie verschafft ihm die Grundlage zur Bildung von Materialgruppen und deren Standardisierung und somit zur Festlegung der passenden Strategie für diese Materialkategorie.[20]

3. Entwicklung von Beschaffungsstrategien

3.1 Aufbau des Einkaufs-Portfolios

Kraljic hat als einer der Ersten die Einsatzmöglichkeiten der Portfolio-Selektion in und für die Beschaffung aufgezeigt. So werden beim Einkaufsportfolio üblicherweise zwei strat. bedeutsame Dimensionen (Erfolgskriterien) definiert, um die strat. Beschaffungseinheiten (SBE) abzugrenzen und anschließend für deren Bearbeitung Normstrategien zu entwickeln.[21]

Der Aufbau des Einkaufs-Portfolios vollzieht sich in drei Schritten: Abgrenzung der Kaufteile (Erfolgsobjekte), Ermittlung der relevanten Klassifizierungskriterien (Erfolgskriterien) sowie Bewertung und Positionierung der Erfolgsobjekte im Einkaufs-Portfolio.[22]

Ziel der Abgrenzung der Kaufteile ist die Zusammenfassung verschiedener Materialien zu SBEs, die hinsichtlich Technologie und Funktionsorientierung homogen sind und die Durchführung von unabhängigen Strategien und Maßnahmen im Beschaffungsbereich erlauben, wie z.B. SBE Reifen in der Automobilindustrie.[23] Hierdurch wird der Beschaffungsaufwand erheblich reduziert, da die SBE betrachtet wird und somit nicht für jedes einzelne zu beschaffende Gut eine Strategie zu erarbeiten ist.[24]

Im Anschluss werden die relevanten Erfolgsfaktoren ermittelt, aus denen die Erfolgskriterien abgeleitet werden. Kennzeichnend für die Erfolgsfaktoren ist der große Einfluss auf das Chancen- und Risikopotenzial einer SBE. Üblicherweise werden die Beschaffungsmarktdimension „Versorgungsrisiko“ und die Unternehmensdimension „Ergebniseinfluss“ gewählt.[25]

Das „Versorgungsrisiko“ bewertet u.a. die Spezifität, Komplexität und Unsicherheit, wobei z.B. die Einflussgrößen Verfügbarkeit, Anzahl der Lief., Nachfragewettbewerb, Möglichkeiten der Eigenfertigung, Lagerrisiken und Substitutionsmöglichkeiten von Bedeutung sind.[26] So erleichtert ein geringes Versorgungsrisiko, mit einer niedrigen Spezifität und Komplexität, i.d.R. die Standardisierung aufgrund der Homogenität der Materialien.

Der „Ergebniseinfluss“ bewertet den Einfluss einer SBE auf den Unternehmenserfolg und somit deren Anteil am Gesamteinkaufsvolumen. Der „Ergebniseinfluss“ einer SBE wird meist mittels einer ABC-Analyse ermittelt, welche die SBEs nach ihrer Bedeutung in drei Klassen (A, B und C) gliedert.[27]

Als drittes erfolgt die Bewertung und Positionierung der Erfolgsobjekte im Einkaufs-Portfolio. Die Bewertung wird meist anhand von Checklisten strukturiert, welche den Anwender zwingen, seine Kenntnisse über Teile und Lief. zu explizieren, so dass die Nachvollziehbarkeit der strat. Beschaffungsentscheidungen verbessert wird. Die Bewertung erfolgt subjektiv, mittels qualitativer Ausprägungen wie z.B. „gering“, „mittel“ oder „hoch“, wobei zuletzt eine Summierung der Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung des Versorgungsrisikos und des Ergebniseinflusses vorzunehmen ist. Entsprechend dieser Gesamtbewertungen erfolgt die Positionierung der SBEs im Einkaufs-Portfolio. Um den Aufwand zur Ableitung von Normbeschaffungsstrategien einzuschränken und homogene Kaufteile-Cluster im Hinblick auf eine eindeutige Strategiezuweisung zu bilden, wird eine Aufteilung des Portfolios in 4 Quadranten vorgenommen. Es ergibt sich eine 4-Felder-Matrix mit Strat., Kern-/Hebel-, Engpass- und Standard-Kaufteilen (vgl. Abb. 1).[28]

Die 4 Kaufteile-Kategorien besitzen somit unterschiedliche Charakteristika, für die jeweils individuelle Normstrategien und daraus resultierende Beschaffungskonzepte zu entwickeln sind.

Abb. 1: Einkaufs-Portfolio mit Normstrategien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Festlegung der Normstrategien und Beschaffungskonzepte

3.2.1 Strategische Kaufteile

Strat. Kaufteile sind A-Artikel im Unternehmen, mit einem hohen Versorgungsrisiko und einem großen Ergebniseinfluss (vgl. Abb. 1).[29] In der Automobilindustrie können diese z.B. Getriebe oder komplette Module wie el. Bremssysteme sein.[30]

Aufgrund dieser Vorraussetzungen stehen die Sicherstellung der Versorgung und die Erarbeitung von wirtschaftlich effizienten Koordinationsstrukturen zwischen Abnehmer und Lief. im Vordergrund. Durch das hohe Versorgungsrisiko ist eine enge, auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete und vertraglich abgesicherte, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit wenigen, ausgewählten, Know-how-starken Lief. anzustreben. Die daraus folgende Normstrategie ist „vertikale Zusammenarbeit mit Lief.“ (vgl. Abb. 1). Diese Art der Zusammenarbeit ermöglicht die Ausnutzung synergetischer Vorteile, die beide Partner durch gemeinsames Handeln im Hinblick auf die verbesserte Koordination und Steuerung von Transaktionen in allen beschaffungsrelevanten Funktionsbereichen erreichen können.[31]

Resultierend aus dieser Normstrategie ergeben sich folgende Beschaffungskonzepte[32]:

Ausgangspunkt für eine generelle Übersicht über die existierenden Lieferquellen und deren Leistungsfähigkeit sowie über die optimale eigene Fertigungstiefe sind häufig intensive Beschaffungsmarktforschung sowie Make-or-Buy-Anlysen.[33]

Die Einbindung des selektierten Lief. in die eigenen Forschungs- und Entwicklungs- (F & E) prozesse und die notwendige Intensität der Koordination führen häufig zu einer Single-Sourcing-Politik.[34] Es wird demnach auf die kurzfristigen Preisvorteile, die der Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten bietet, verzichtet und versucht, diese durch die Potenziale partnerschaftlicher Zusammenarbeit zu übertreffen. Das Konzept der Ein-Quellen-Belieferung zielt auf eine Reduzierung der Komplexität in den Lief.beziehungen, eine Kostensenkung in der Beschaffungsabwicklung, eine Erhöhung der Transparenz in den Beschaffungsprozessen sowie eine Kostendegression aufgrund von Mengen-, Lern- und Synergieeffekten ab.[35] Oft wird eine gemeinsame Gesamtkostenoptimierung angestrebt, da der vereinbarte Preis für die Zulieferleistung meist nur einen Teil der Beschaffungskosten beträgt.[36] Vorraussetzung für die Erfolgswirksamkeit dieses Konzeptes ist allerdings eine enge datentechnische Kopplung mit dem Lief., welches i.d.R. zu spezifischen Investitionen und einer gegenseitigen Abhängigkeit führt, so dass vor allem Vertrauen und Offenheit zwischen den Partnern vorhanden sein müssen. Je nach Intensitätsgrad der Beziehung lassen sich unterschiedliche Ausprägungsformen des Single-Sourcing unterscheiden.[37]

Bei den Informations- und Kommunikationssystemen (IuK) wird daher eine Verbesserung des Informations- (Info.) austausches zwischen Abnehmer und Lief. angestrebt. Hierzu bietet sich eine DFÜ-Anbindung der Lief. sowie ein rollierendes Vorausschauen an.[38]

Im Vordergrund der F & E steht die Definition von Modulen und Systemen[39], die komplett und einbaufertig von leistungsstarken Lief. bezogen werden. Die unternehmensexterne Beschaffung dieser Module und Systeme heißt Modular- oder System-Sourcing[40]. Hierdurch können die eigene Fertigungstiefe verringert, die Lief.zahl reduziert und der Beschaffungsaufwand gesenkt werden, so dass die internen und externen Transaktionskosten minimiert werden können. In der Praxis finden häufig auch gemeinsame Wertanalysen, Produktentwicklungen und Produkt-Failure Mode and Effects Analysis (FMEA, dt. Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse) statt.[41]

In der Logistik stellen Just-In-Time (JIT) -Beschaffungskonzepte oder Direktbelieferung ausgewählter Kaufteile sinnvolle Zielsetzungen dar. Kann eine solch enge logistische Zusammenarbeit nicht durchgeführt werden, lässt sich eine Entkopplung zwischen Abnehmer und Lief. über die Einrichtung einer zusätzlichen Lagerstufe in Form von Vertrags-, Konsignations- oder Speditionslager erreichen.[42]

Bei der Qualitätssicherung ist eine Verlagerung der Qualitätssicherungsaktivitäten an den Herstellungsort beim Lief. anzustreben, so dass redundante Prüfvorgänge vermieden werden können und im Wareneingangsbereich des Abnehmers nur noch eine Identifikationskontrolle der Teile vorzunehmen ist. Voraussetzung hierzu ist die enge und frühzeitige Abstimmung der Prüfplanung und –mittel zwischen Abnehmer und Lief.. Zudem sollte sich der Abnehmer im Rahmen einer Qualitätssicherungs-Auditierung von der Zuverlässigkeit des Qualitätssicherungssystems des Lief. überzeugen. Für besonders kritische Teile kann die Durchführung einer gemeinsamen Prozess-FMEA als sinnvoll sein.[43]

Im Produktionsbereich eignen sich Lief.auditierungen, Insourcing oder Abnehmerbesuche der Lief..[44]

Generell besteht bei intensiver Form der Zusammenarbeit das Problem der Abhängigkeit und des Know-How-Abflusses vom Abnehmer an den Lief.. So eignet sich das Konzept vorrangig bei ausgereiften (Produktions-) Techniken. Darüber hinaus erfordert sie längerfristige vertragliche Regelungen mit Know-How-Schutzvereinbarungen oder Modell-Lebenszyklusverträgen. Außerdem ist das Qualitätsniveau der Anlieferungen durch spezielle Qualitätssicherungsvereinbarungen festzuschreiben.[45]

3.2.2 Kern-Kaufteile

Kern-Kaufteile sind A-Artikel im Unternehmen, die ein geringes Versorgungsrisiko und einen hohen Ergebniseinfluss aufweisen (vgl. Abb. 1).[46] In der Automobilindustrie können diese z.B. Batterien, Felgen oder Reifen sein.[47]

Aufgrund der niedrigen Spezifität und Komplexität der Teile, und der damit verbundenen Homogenität, sind kaum technische oder logistische Probleme bei der Beschaffung zu erwarten. So ist die Versorgung i.d.R. gesichert. Kern-Kaufteile sind also „leicht“ beschaffbar und es entstehen beim Beschaffer kaum Umstellungskosten bei Wechsel des Lief.. Die daraus folgende Normstrategie ist „Nutzung des Marktpotenzials“ (vgl. Abb. 1).[48]

Resultierend aus dieser Normstrategie ergeben sich folgende Beschaffungskonzepte:

Ausgangspunkt für eine generelle Übersicht über die existierenden Lieferquellen und deren Leistungsfähigkeit ist auch hier die Beschaffungsmarktforschung.[49]

Um das Marktpotenzial auszunutzen steht hier, aufgrund der Homogenität der Teile und somit nur geringen Umstellungskosten beim Lief.wechsel, die „Multiple-Sourcing“-Strategie im Vordergrund.[50] U.U. ist auch die „Global-Sourcing“-Strategie[51] vorteilhaft.[52]

Bei der Logistik steht meist die Reduzierung der Handling- und Kapitalbindungskosten, und somit die Flussoptimierung, im Vordergrund. So werden häufig JIT-Anlieferung und Direktanlieferung an den Produktionsort angestrebt, welches jedoch einen engen Info.austausch mit den Lief., z.B. durch rollierende Vorausschauen oder DFÜ-Anbindung, voraussetzt. Weiterhin bieten sich Konsignationslager an, welche bei Bedarf durch Speditionskonzepte realisiert werden können, wobei dem Spediteur auch die Bewirtschaftung der Lagerstufe übertragen werden kann.[53]

Aufgrund der Homogenität der Teile eignen sich zur Qualitätssicherung eine gemeinsame Prüfplanung und Auditierung des Qualitätssicherungssystems des Lief.. Hierdurch beschränken sich die Aufgaben des Abnehmers auf die Identifikationskontrolle.[54]

Im F & E-Bereich werden dem Lief. oft lockere Konstruktionsvorgaben gemacht, innerhalb derer dieser dann eigenständige Optimierungen vornehmen und Kosten reduzieren kann. Aufgrund des hohen Wertes von Kern-Kaufteilen, bieten sich bei der Zusammenarbeit auch gemeinsame Wertanalysen an.[55]

Unter Beachtung der Erfahrungskurventheorie sind oft längerfristige Rahmenverträge mit Rationalisierungsvereinbarungen vorteilhaft. Einkaufskooperationen mit anderen Unternehmen ermöglichen eine Kostenreduzierung aufgrund von Mengeneffekten durch die Bündelung der Bestellmengen. Weiterhin eigenen sich, aufgrund der Homogenität der Teile, auch Ausschreibungen[56] zur Kostensenkung. Beachtet man den hohen Ergebniseinfluss, können u.U. auch Überlegungen hinsichtlich alternativer Materialien / Substitute sinnvoll sein.[57]

[...]


[1] Vgl. Eckseler, Hugo, S. 151.

[2] Vgl. Corsten, Hans, S. 191.

[3] Vgl. Eyholzer, Kilian, S. 1. Die einzelnen Rahmenbedingungen sind der genannten Quelle zu entnehmen.

[4] Vgl. Boutellier, Roman, S. 409 f.

[5] Vgl. Palupski, Rainer, S. 186.

[6] Vgl. Arnold, Ulli, S. 56, S. 129.

[7] Vgl. Eyholzer, Kilian, S. 7.

[8] Vgl. Wildemann, Horst, S. 79.

[9] Vgl. Eyholzer, Kilian, S. 7.

[10] Vgl. Mattes, Frank, S. 64. So eignet sich gerade für op. Aufgaben Standardisierung, z.B. durch DPS, s. 3.3.3.

[11] Vgl. Bichler, Klaus, S. 167. Im Folgenden wird i.d.R. von Gütern, Waren oder Materialien gesprochen. Hierbei wird auch die Beschaffung von Dienstleistungen impliziert.

[12] Vgl. Berning, Ralf (a), S. 103.

[13] Vgl. Wildemann, Horst, S. 80. Für die Merkmale, Sourcing-Strategien zu differenzieren s. Arnold, Ulli, S. 93.

[14] Vgl. Eyholzer, Kilian, S. 7.

[15] Vgl. Palupski, Rainer, S. 187.

[16] Bei diesen Strategien wird das Objekt von nur einem Lief. bezogen. Beim Single-Sourcing geschieht dieses aufgrund freiwilliger Entscheidung, beim Sole-Sourcing ist nur ein Lief. möglich. Vgl. Arnold, Ulli, S. 97 f.

[17] Beim Multiple Sourcing wird das Beschaffungsobjekt von mehreren Lief. bezogen. Vgl. Arnold, Ulli, S. 95f.

[18] Vgl. Stölzle, Wolfgang, S. 405.

[19] Im Folgenden wird schwerpunktmäßig auf die Kategorisierung der Kaufteile eingegangen.

[20] Vgl. Wildemann, Horst, S. 80.

[21] Vgl. Arnold, Ulli, S. 85f.

[22] Vgl. Wildemann, Horst, S. 80.

[23] Vgl. Wildemann, Horst, S. 80f.

[24] Es ist allerdings darauf zu achten, dass die SBEs sinnvoll gewählt werden. So sollte z.B. vorwiegend MRO-Material betrachtet werden, damit Investitionsgüter, aufgrund ihres hohen Wertes, nicht grundsätzlich zu den A-Teilen zählen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die SBEs so gewählt werden, dass ihre Bedeutung dem Wert des einzelnen Materials entspricht. Bei ungünstiger Einteilung könnte z.B. ein C-Teil, wie z.B. eine Schraube in der Automobilindustrie, aufgrund der SBE-Zuordnung zu einem A-Teil werden.

[25] Vgl. Wildemann, Horst, S. 81.

[26] Vgl. Arnold, Ulli, S. 87.

[27] Vgl. Berning, Ralf (a), S. 105. Auf die detaillierte Durchführung der ABC-Analyse wird hier nicht näher eingegangen. S. hierzu z.B. Pfohl, Hans-Christian, S. 119ff.

[28] Vgl. Wildemann, Horst, S. 83f.

[29] Vgl. Heiserich, Otto-Ernst, S.35.

[30] Vgl. Wildemann, Horst, S. 86.

[31] Vgl. Wildemann, Horst, S. 86f.

[32] Hier werden die für dieses Kaufteile-Feld charakteristischen Konzepte hervorgehoben. Auf die Erläuterung aller möglichen Beschaffungskonzepte wird verzichtet, da dieses zu umfangreich ist.

[33] Vgl. Berning, Ralf (a), S. 109.

[34] Vgl. Arnold, Ulli, S. 92.

[35] Vgl. Wildemann, Horst, S. 86ff.

[36] Vgl. Berning, Ralf (a), S. 109. Weitere Kosten können z.B. für Lagerbestände, Wareneingangskontrollen, Verpackung oder die Bearbeitung von möglichen Qualitätsmängeln der Zulieferprodukte entstehen. Vgl. Berning, Ralf (a), S. 109.

[37] Vgl. Wildemann, Horst, S. 86ff. Beim „Teilartspezifischen Single-Sourcing“ werden für alle Baureihen, für alle Standorte, alle Teilarten von nur einem Lief. bezogen, beim „Baureihenspezifischen Single-Sourcing“ geschieht dieses für alle Baureihen. Beim „Werkspezifischen Single-Sourcing“ werden für alle Baureihen, für nur einen Standort, alle Teilarten oder Baureihen von nur einem Lief. bezogen. Beim „Parallel-Sourcing“ werden von mehreren Ein-Quellen-Lief. ähnliche, produktverwandte Komponenten bezogen. Hierdurch lassen sich Lief.wechselkosten verringern und ein ständiger Preis-Leistungsvergleich zwischen den Lief. herbeiführen. Vgl. Wildemann, Horst, S. 88f.

[38] Vgl. Wildemann, Horst, S. 89.

[39] Module und Systeme sind Funktionsgruppen komplexer Struktur. Vgl. Wildemann, Horst, S. 90.

[40] Diese Systeme sehen vor, montage- und somit lohnkostenintensive Bauteile, wie z.B. komplette Bremssysteme, vom Lief. selbst herstellen und montieren zu lassen. So braucht der Abnehmer weniger, aber dafür komplexere Teile zu montieren. Vgl. Eicke, Henning von, S. 28ff. Beim Modular-Sourcing werden einbaufertige Module bezogen, wogegen beim System-Sourcing komplette Systeme bezogen werden. Vgl. Eichler, Bernd, S. 66. Für eine ausführliche Differenzierung dieser beiden Konzepte siehe Eichler, Bernd, S. 66-72.

[41] Vgl. Wildemann, Horst, S. 90f.

[42] Vgl. Wildemann, Horst, S. 89.

[43] Vgl. Wildemann, Horst, S. 89f.

[44] Vgl. Wildemann, Horst, S. 87.

[45] Vgl. Wildemann, Horst, S. 92.

[46] Vgl. Heiserich, Otto-Ernst, S.35.

[47] Vgl. Wildemann, Horst, S. 92.

[48] Vgl. Arnold, Ulli, S. 91.

[49] Vgl. Wildemann, Horst, S. 93.

[50] Vgl. Arnold, Ulli, S. 92.

[51] Hier wird das Material vom weltweit „besten“ Lief. bezogen. Vgl. Jetter, Otto, S. 48.

[52] Vgl. Wildemann, Horst, S. 93.

[53] Vgl. Wildemann, Horst, S. 92f.

[54] Vgl. Wildemann, Horst, S. 93f.

[55] Vgl. Wildemann, Horst, S. 94.

[56] Siehe hierzu auch Punkt 3.3, insbesondere 3.3.2.2.5.

[57] Vgl. Wildemann, Horst, S. 93f.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Strategische Beschaffungsplanung - Sourcing-Konzepte und E-Procurement als Enabler zur Strategieumsetzung
Hochschule
Hochschule Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
43
Katalognummer
V61706
ISBN (eBook)
9783638551083
ISBN (Buch)
9783656783305
Dateigröße
716 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strategische, Beschaffungsplanung, Sourcing-Konzepte, E-Procurement, Enabler, Strategieumsetzung
Arbeit zitieren
Dorothee Schramm (Autor:in), 2005, Strategische Beschaffungsplanung - Sourcing-Konzepte und E-Procurement als Enabler zur Strategieumsetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61706

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