Vergleich und Weiterentwicklung ausgewählter Gemeinkostenmanagement-Ansätze


Diplomarbeit, 1999

83 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
1.3 Definition und Abgrenzung der Gemeinkosten

2 Gemeinkostenmanagement durch die Kostenrechnung
2.1 Strategische Ausrichtung als Basis des Gemeinkostenmanagements
2.2 Vollkostenrechnung als Informationsbasis
2.2.1 Traditionelle Vollkostenrechnung
2.2.2 Prozeßkostenrechnung
2.2.3 Zielkostenrechnung
2.3 Teilkostenrechnung als Informationsbasis
2.3.1 Grenzkosten- und Deckungsbeitragsrechnung
2.3.2 Relative Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung
2.4 Unterstützung strategischer Entscheidungen durch die dargestellten Verfahren

3 Gemeinkostenmanagement durch Gemeinkostenanalysen
3.1 Wertanalyse nach DIN 69910 (WA)
3.2 Gemeinkostenwertanalyse (GWA)
3.3 Zero-Base-Budgeting (ZBB)
3.4 Vergleichende Zusammenfassung

4 Vergleich und Weiterentwicklung der Prozeßkostenrechnung als strategisch orientierter Gemeinkostenmanagement-Ansatz
4.1 Prozeßkostenrechnung versus Gemeinkostenanalysen
4.2 Prozeßkostenrechnung versus traditionelle Vollkostenrechnung
4.2.1 Planung und Kontrolle im Gemeinkostenbereich
4.2.1.1 Statistische und analytische Gemeinkostenplanung
4.2.1.2 Bezugsgrößenproblematik
4.2.1.3 Traditionelle Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis
4.2.1.4 Planprozeßkostenrechnung
4.2.1.4.1 Ermittlung der Planprozeßkosten(-sätze)
4.2.1.4.2 Budgetierung der indirekten Leitungsbereiche
4.2.1.4.3 Prozeßorientierte Kontrolle und Steuerung
4.2.1.5 Kritische Beurteilung und Anwendungsprobleme
4.2.2 Kalkulation
4.2.2.1 Grundsätzliche Vorgehensweisen
4.2.2.2 Kalkulationseffekte der Prozeßkostenrechnung
4.2.2.2.1 Allokationseffekt
4.2.2.2.2 Komplexitätseffekt
4.2.2.2.3 Degressionseffekt
4.2.2.3 Kritische Beurteilung und Anwendungsprobleme
4.3 Weiterentwicklung der Prozeßkostenrechnung
4.3.1 Modifizierung durch Horváth/Mayer
4.3.2 Ansätze zur Weiterentwicklung nach Horváth/Mayer
4.3.3 Auswirkungen der Ergebnisse auf den Informationsgehalt für strategische Entscheidungen
4.3.4 Entwicklungstendenzen der Prozeßkostenrechnung

5 Zusammenfassung und Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie fixen und variablen Kosten

Abbildung 2: Schema zur Verrechnung der Kosten in der traditionellen Vollkostenrechnung

Abbildung 3: Kostenstellenbereiche und deren Hilfs-Bezugsgrößen

Abbildung 4: Hauptprozesse als abteilungsübergreifende Prozesse

Abbildung 5: Von der Tätigkeitsanalyse bis zur Prozeßverdichtung

Abbildung 6: Schema zur Verrechnung der Kosten in der Grenzkostenrechnung

Abbildung 7: Prinzip der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung

Abbildung 8: Arbeitsplan der Wertanalyse nach DIN 69910

Abbildung 9: Unterschiede zwischen WA, GWA und ZBB

Abbildung 10: Verschiedene Maßnahmen und ihre tendenzielle Wirkungen auf das Gemeinkostenniveau

Abbildung 11: Doppelfunktion der Bezugsgrößen

Abbildung 12: Prozeßkosten(stellen)rechnung am Beispiel der Kostenstellen: Fertigungsplanung und Qualitätssicherung

Abbildung 13: Aggregation der Teilprozesse zu Hauptprozessen

Abbildung 14: Hauptprozesse und ihre Kostensätze

Abbildung 15: Jährliche Budgetplanung mit der Prozeßkostenrechnung

Abbildung 16: Prozeßorientierte Nutz- und Leerkostenanalyse

Abbildung 17: Kostenzusammensetzung und Kalkulationsschwerpunkte

Abbildung 18: Zuschlagskalkulation und prozeßorientierte Kalkulation

Abbildung 19: Kostenverteilung in der prozeßorientierten Kalkulation

Abbildung 20: Allokationseffekt in der Gemeinkostenverrechnung

Abbildung 21: Komplexitätseffekt

Abbildung 22: Materialkosten pro Stück in Abhängigkeit vom Bestellvolumen

Abbildung 23: Materialkosten bei traditioneller Zuschlagskalkulation und Prozeßkostenrechnung

Abbildung 24: Regeln zur Verrechnung der Prozeßkosten auf Produkte in der Prozeßkostenrechnung nach Horváth und Mayer

Abbildung 25: Relevante Daten im Beispiel der Produktkalkulation

Abbildung 26: Beispiel zur Produktkalkulation

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Eine Veränderung der Kostenstruktur ist schon seit Jahrzehnten daran zu erkennen, daß der Anteil der Gemeinkosten immer mehr zu Lasten der direkt produktbezogenen Einzelkosten zunimmt. Bereits 1944 verwies Plaut auf die Tendenz steigender Gemeinkosten: „Tatsächlich ist auch in den meisten Betrieben in den letzten Jahren ein dauerndes Steigen der Gemeinkosten oft um 100% und mehr zu erkennen.“1 Die später folgenden Untersuchungen bestätigten diese Tendenz. So haben vor allem Miller und Vollmann mit der Veröffentlichung einer Untersuchung der amerikanischen Industrie im Jahre 1985 einen stetigen Anstieg der Gemeinkosten seit mehr als 100 Jahren konstatiert.2 Auch in Deutschland wurden in den letzten Jahren zu diesem Problem empirische Untersuchungen veröffentlicht, die diese Tendenz bestätigen.3

Als Gründe für diese Entwicklung lassen sich volks- und betriebswirtschaftliche Ursachen nennen. Zum einen ergibt sich eine Verschiebung vom sekundären (warenproduzierenden) Sektor hin zum tertiären (Dienstleistungs-)Sektor. Vor allem in den Dienstleistungsbranchen ist der Gemeinkostenanteil besonders hoch und beträgt nahezu 100%. Zum anderen lassen sich betriebliche Strukturveränderung erkennen, die sich in einer relativen als auch absoluten Gemeinkostenerhöhung widerspiegeln.

Eine relative Gemeinkostenerhöhung ist aufgrund der Kostenstrukturverschiebung zu erkennen, d.h. der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten nimmt zu. Die fortschreitende Automatisierung im Produktionsbereich hat eine Erhöhung des Maschineneinsatzes zu Lasten des Personals zur Folge. „Die Arbeitskräfte übernehmen überwiegend Vorbereitungs-, Überwachungs-, und Instandhaltungsfunktionen.... Gleichzeitig sinken in der Regel die eigentlichen Bearbeitungszeiten der Produkte; der Zeitbedarf für die Produktionsplanung und Arbeitsvorbereitung steigt dagegen an, insbesondere wenn umfassende DV-Betriebssysteme für automatisch verkettete Teilanlagen geschaffen werden müssen.“4

Aufgrund der zunehmenden Automatisierung sind zwei Tendenzen erkennbar. Erstens ergibt sich eine Verschiebung von den Fertigungslöhnen, die als Einzelkosten erfaßt werden, zu den Löhnen für indirekte Arbeitskräfte mit Überwachungsfunktion (Erfassung als Gemeinkosten).5 Zweitens läßt sich eine Verschiebung vom Fertigungslohn zu den Anlagekosten erkennen, die ebenfalls als Gemeinkosten erfaßt werden.6 Diese Veränderung resultiert aus einer immer anlageintensiveren Produktion, die z.B. durch Transferstraßen, Fertigungszellen, Bearbeitungszentren, CAM und CIM7 gekennzeichnet ist.

Ein Gemeinkostenanstieg ist nicht nur auf Kostenstrukturverschiebungen zurückzuführen, sondern auch auf die absolute Gemeinkostenerhöhung. Eine zunehmende Automatisierung hat aufgrund der aufwendigeren Wartung und Unterhaltung der automatisierten Produktionsanlagen einen Anstieg der Gemeinkosten zur Folge. So führen erhöhte Investitionen auch zu erhöhten Abschreibungen und somit zu erhöhten Gemeinkosten. Ein weiterer Grund der absoluten Zunahme der Gemeinkosten resultiert aus den veränderten Wettbewerbsbedingungen. Durch den erhöhten Wettbewerbsdruck sind Unternehmen gezwungen, die Variantenzahl ihrer Produkte zu erhöhen, die Produktqualität zu verbessern, die Lieferzeiten zu senken, die Produktlebenszyklen zu verkürzen sowie die gesamten Aktivitäten zu internationalisieren.8 Aus diesen Gründen nimmt die Bedeutung der indirekten Leistungsbereiche zu. Dazu gehören i.d.R. Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Instandhaltung, Qualitätssicherung, Fertigungsvorbereitung, Auftragsabwicklung, Beschaffung, Logistik und der Vertrieb.9

Ein weniger offensichtlicher Grund für die Gemeinkostenerhöhung besteht in der Leistungserstellung der indirekten Bereiche. Während in den Fertigungsbereichen Effizienzsteigerungen zu beobachten sind, führen die EDV-Kosten, die zur Rationalisierung der indirekten Bereiche gedacht waren, häufig nur zu qualitativen Verbesserungen.10 Abgesehen von diesen Rationalisierungsdefiziten tragen steigende Gehälter und Personalzuwachskosten sowie Unwirtschaftlichkeiten aufgrund unnötiger Leistungserstellung zum Gemeinkostenanstieg in den indirekten Unternehmensbereichen bei. „Interessant ist, daß das Parkinsonsche Gesetz auch im Zeitalter der Büroautomation und modernen Bürokommunikationstechnik Gültigkeit hat. Offensichtlich handelt es sich dabei um ein Naturgesetz. Parkinson sagte: „Arbeit läßt sich wie Gummi dehnen, um die Zeit auszunutzen, die zur Verfügung steht,“ oder „eine Arbeit gewinnt an Bedeutung und wird schwierig, je mehr Zeit man dafür hat.“ “11

Im Ergebnis bleibt festzustellen, daß Leistungen in den indirekten Bereichen der Industrieunternehmen heute mindestens den gleichen Stellenwert zur Erzielung eines Markterfolges wie eine kostengünstige Fertigung und Montage des Produktes haben.12 Traditionelle Kostenrechnungsverfahren wurden für die eigentliche Produktion entwickelt, in der für die Fertigungsprozesse ein Mengengerüst durch Stücklisten und Arbeitspläne vorgegeben ist. Daher stellt sich die Frage, ob die Verfahren der Kostenrechnung ein adäquates Gemeinkostenmanagement dauerhaft unterstützen können und inwieweit die Gemeinkostenanalysen dafür geeignet sind. Dabei gilt es, insbesondere Transparenz im Gemeinkostenbereich zu schaffen und die effiziente Planung, Steuerung und Kontrolle der Gemeinkosten dauerhaft sicherzustellen.

1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

Aufgrund der obigen Darstellung zur Problematik steigender Gemeinkosten werden im folgenden Kapitel zunächst die definitorischen Zusammenhänge der Gemeinkosten dargestellt.

Das zweite Kapitel umfaßt die kurze Darstellung der kostenrechnerischen Behandlung der Gemeinkosten in den verschiedenen Kostenrechnungssystemen. Am Ende des zweiten Kapitels wird darauf eingegangen, inwieweit deren Ergebnisse den Informationsbedürfnissen eines adäquaten Gemeinkostenmanagements entsprechen, und es erfolgt die Auswahl der geeigneten Kostenrechnungssysteme für die weitere Untersuchung.

Im dritten Kapitel werden die Verfahren der Gemeinkostenanalysen dargestellt. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen führen zu einer vergleichende Gegenüberstellung am Ende des Kapitels.

Die Ergebnisse aus den Kapiteln zwei und drei bilden die Grundlage des vierten Kapitels. Dies beinhaltet zunächst den Vergleich der Prozeßkostenrechnung mit den Gemeinkostenanalysen. Anschließend werden die Vorgehensweisen und die Probleme der traditionellen Vollkostenrechnung sowie der Prozeßkostenrechnung im Hinblick auf deren strategischen Ausrichtung detailliert beschrieben und einander gegenübergestellt. Dabei wird insbesondere auf die Planung und Kontrolle der indirekten Leistungsbereiche eingegangen sowie deren Eignung als strategisch orientierte Kalkulationsmethoden dargestellt. Die Anwendungsprobleme der Prozeßkostenrechnung im Rahmen der Kalkulation führen zu einer Darstellung weiterentwickelter Vorgehensweisen dieser Methode. Diese werden anhand ihrer Eignung für das strategische Gemeinkostenmanagement beurteilt. Abschließend werden die Entwicklungstendenzen der Prozeßkostenrechnung im Rahmen einer Verknüpfung mit neueren Verfahren des Managements kurz beschrieben.

1.3 Definition und Abgrenzung der Gemeinkosten

Die auf dem Verursachungsprinzip13 basierende Differenzierung der Zurechenbarkeit der Kosten auf die Verrechnungseinheiten14 hat eine Unterscheidung in Einzel- und Gemeinkosten zur Folge. Gemeinkosten stellen demnach den durch mehrere Verrechnungseinheiten verursachten Kostenblock dar, für den eine dem Verursachungsprinzip entsprechende Zurechnung auf die Bezugsobjekte nur schwer bzw. gar nicht möglich ist. Beispiele sind Vorstandsgehälter, Feuerversicherungsprämien für die Produktionsgebäude oder Treibstoffkosten des Fuhrparks. Das Pendant bilden die Einzelkosten, die dem Verursachungsprinzip genügen und somit direkt zurechenbar sind. Dazu gehört z.B. das Holz in der Möbelindustrie (Einzelmaterialkosten) oder der Akkordlohn (Lohneinzelkosten).15

Des weiteren ist eine Differenzierung der Gemeinkosten in echte und unechte Gemeinkosten vollziehbar. Unter unechten Gemeinkosten versteht man Kosten, die den Produkten, im Gegensatz zu den echten Gemeinkosten, zwar direkt zuordenbar sind, aber aus Wirtschaftlichkeits- und Vereinfachungsgründen nicht gesondert als Einzelkosten erfaßt und verrechnet werden. Sie werden als Bestandteil der Gemeinkosten behandelt (vor allem Hilfs- und Betriebsstoffe, wie z.B. Schmiermittel).16

Weiterhin soll der Zusammenhang der Einzel- und Gemeinkosten mit den fixen und variablen Kosten dargestellt werden:17 Da die Einzelkosten durch ein Stück verursacht werden, sind sie den variablen Kosten zuzuordnen. Gemeinkosten, als indirekt zuzurechnende Kosten, können hingegen sowohl fix (echte Gemeinkosten) als auch variabel sein (unechte Gemeinkosten). Folglich sind alle Fixkosten immer Gemeinkosten, denn sie resultieren nicht aus der einzelnen Leistung, sondern aus der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft. Jedoch sind Gemeinkosten nicht immer fixe Kosten (vgl. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie fixen und variablen Kosten 18

2 Gemeinkostenmanagement durch die Kostenrechnung

2.1 Strategische Ausrichtung als Basis des Gemeinkostenmanagements

Kosten können von zwei Seiten betrachtet werden. Einerseits stehen in der herkömmlichen Kostenrechnung die Ermittlung und Zurechnung der Kosten auf Bezugsobjekte im Vordergrund, andererseits sind Kosten Gegenstand von Gestaltungsmaßnahmen. Unter dem Begriff Kostenmanagement ist nicht nur ein System zu verstehen, das Kosten in erster Linie erfaßt bzw. verrechnet, denn Kosten stellen lediglich die Symptome des Ressourcenverbrauchs dar.19 Strategisches Gemeinkostenmanagement, welches durch variable Strukturen und Kapazitäten charakterisiert wird, soll kostengestaltend wirken und somit einen effizienten Ressourcenverbrauch vor allem im indirekten Leistungsbereich langfristig sicherstellen.

Zwischen der Kostenrechnung und dem Kostenmanagement bestehen Wechselwirkungen.20 Das Kostenmanagement setzt die rechnerische Erfassung und Abbildung der Kosten voraus21, denn die Maßnahmen der Kostenbeeinflussung basieren u.a. auf den Informationen der Kostenrechnung. Deshalb können in der Realität Kostenrechnung und Kostenmanagement nicht eindeutig voneinander getrennt werden. Zwar ist die Nutzung einer Kostenrechnung ohne Kostenmanagement denkbar; ein Kostenmanagement ohne die Unterstützung durch die entsprechende Kostenrechnung ist jedoch nicht möglich.22 Aus diesem Grund sollen unter dem Begriff Gemeinkostenmanagement im Rahmen dieser Arbeit nicht nur die Maßnahmen zur Gemeinkostenbeeinflussung verstanden werden, sondern insbesondere die Methoden, die diese Maßnahmen durch die Bereitstellung von Informationen unterstützen. Während die Methoden der Gemeinkostenanalysen später vorgestellt werden, erfolgt zunächst die Darstellung der wesentlichen Eigenschaften der Kostenrechnungssysteme als Methoden zur Unterstützung strategischer Entscheidungen. Dabei wird vor allem auf die Berücksichtigung der steigenden Gemeinkosten in dem jeweiligen Kostenrechnungssystem eingegangen. In einer anschließenden Zusammenfassung werden die Kostenrechnungssysteme daraufhin beurteilt, inwiefern sie einen Beitrag zur Fundierung strategischer Entscheidungen liefern können.

2.2 Vollkostenrechnung als Informationsbasis

2.2.1 Traditionelle Vollkostenrechnung

Charakterisierendes Merkmal aller Vollkostenrechnungen ist die Zuordnung der gesamten in einer Periode angefallenen oder geplanten Kosten auf die Kostenträger.23 In der Kostenartenrechnung erfolgt eine Aufteilung der Gesamtkosten in Einzel- und Gemeinkosten anhand der Zurechenbarkeit auf die Kostenträger. Die Einzelkosten werden den Kostenträgern direkt nach dem Verursachungsprinzip zugerechnet. Die primären Gemeinkosten werden den Kostenstellen zugeordnet, in denen sie angefallen sind, während die sekundären Gemeinkosten im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung auf die Hauptkostenstellen verteilt werden (vgl. Abb. 2).24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Schema zur Verrechnung der Kosten in der traditionellen Vollkostenrechnung 25

Über die Kostenstellenrechnung werden die Gemeinkosten auf die Kostenträger nach folgendem Schema zugeschlüsselt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei können die Bezugsgrößen Mengen-, Zeit-, Raum-, Gewichtsgrößen oder Wertgrößen (z.B. Umsatz oder Einzelkosten) sein26 (vgl. Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kostenstellenbereiche und deren Hilfs-Bezugsgr öß en

Ein solches Vorgehen wird auch als Proportionalitätsprinzip bezeichnet, wobei die Gemeinkosten proportional zu einer (Hilfs-)Bezugsgröße der jeweiligen Kostenstelle sind oder als proportional angenommen werden. Ist dieses Vorgehen nach dem Proportionalitätsprinzip aufgrund eines zu hohen technischen bzw. analytischen Aufwandes nicht möglich, kommt das Durchschnitts- oder Tragfähigkeitsprinzip zur Anwendung. Das Durchschnittsprinzip verteilt die Gemeinkosten gleichmäßig auf alle Kostenträger anhand des Durchschnitts. Die Gemeinkostenzuordnung anhand des Tragfähigkeitsprinzips orientiert sich an Maßen der Tragfähigkeit wie z.B. Stückerlös, -umsatz, -gewinn oder -deckungsbeitrag, so daß rentablere Kostenträger (Produkte) höhere Gemeinkostenanteile tragen.27

Aufgrund der fehlenden direkten Bezugsgrößen in den indirekten Unternehmensbereichen werden dort die Gemeinkosten im Rahmen der Planung und Kontrolle aus Vergangenheitswerten abgeleitet.28 Für die (monatliche) Kostenkontrolle können ohne die Kenntnis der Kostenbestimmungsfaktoren keine Sollkosten ermittelt werden, wobei die Sollkosten die auf die Istbeschäftigung umgerechneten Plankosten darstellen. Aus diesem Grund kann eine Kostenkontrolle nur dann vorgenommen werden, wenn die Ist- und Planbeschäftigung identisch ist oder nur geringfügig abweicht. Die Aussagefähigkeit hinsichtlich der Kostenkontrolle wird durch die fehlende Anpassung der Plan(gemein-)kosten an die Istbeschäftigung stark beeinträchtigt.

2.2.2 Prozeßkostenrechnung

Einige Unternehmen haben sich bereits relativ früh mit Grundformen der Prozeßkostenrechnung beschäftigt (z.B. Siemens seit den 70er Jahren oder Firma Schlafhorst seit den 80er Jahren). Die Prozeßkostenrechnung wurde 1989 von Horv á th und Mayer in Deutschland publiziert.29

Ihrer Struktur nach ist die Prozeßkostenrechnung eine Vollkostenrechnung, die sich nicht als völlig neues Kostenrechnungssystem darstellt, sondern sich der traditionellen Kostenarten und -stellenrechnung bedient. Sie stellt eine Methodik dar, die Kosten der indirekten Bereiche (Gemeinkostenbereiche) besser zu planen bzw. zu steuern und auf den Kostenträger zu verrechnen. Wie die Bezeichnung „Prozeßkostenrechnung“ vermuten läßt, stellen Prozesse die Basis dieser Methode dar. Als Prozeß wird eine Folge von Tätigkeiten der indirekten Leistungsbereiche verstanden. Folglich soll das betriebliche Geschehen als eine Verkettung einzelner Tätigkeiten (sog. Hauptprozesse) verstanden werden. Dadurch können die Haupteinflußfaktoren der Kostenentstehung in den Gemeinkostenbereichen ermittelt werden (sog. Kostentreiber oder Cost driver). Dazu gehören z.B. die Anzahl der Fertigungsaufträge oder Teilenummern (vgl. Abb. 4).

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Abbildung 4: Hauptprozesse als abteilungsübergreifende Prozesse 30

Sollen die Gemeinkosten über diese Kostentreiber geplant und gesteuert werden, ist die Kenntnis derer Kostenhöhe von Bedeutung (z.B. Kosten pro Abwicklung eines Fertigungsauftrags). Die Kostenhöhe eines solchen abteilungsübergreifenden Hauptprozesses wird durch eine Vielzahl von Tätigkeiten verschiedener Kostenstellen (sog. Teilprozesse) bestimmt, die zu einer Prozeßkette gehören. Die Teilprozesse werden durch Tätigkeitsanalysen in den Kostenstellen bestimmt und zu Hauptprozessen verdichtet (vgl. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Von der Tätigkeitsanalyse bis zur Prozeßverdichtung 31

Bei der Kalkulation mittels Prozeßkosten werden die Gemeinkosten nicht als prozentualer Einzelkostenzuschlag oder als Maschinenstundensatz auf die Kostenträger umgelegt, sondern differenziertere Verrechnungssätze gebildet. Während die Einzelkosten den Kostenträgern direkt zugeordnet werden, sind zur Verrechnung der Gemeinkosten so weit wie möglich Bezugsgrößen zu suchen, die - ähnlich wie im Fertigungsbereich - die Leistungen der Kostenstellen ausdrücken und gleichzeitig einer verursachungsgerechteren Kostenzuordnung auf Produkte dienen.32 So werden dem Kostenträger die Gemeinkosten in Abhängigkeit der von ihm verbrauchten Ressourcen indirekter Leistungen zugerechnet. Z.B. sind Produkten mit hoher Komplexität auch höhere Materialgemeinkosten zuzurechnen, da sie höhere Kosten durch die Art und Anzahl von Bestell-, Prüf-, Handling- und Lagervorgängen verursachen.

Im Ergebnis bleibt zunächst festzuhalten, daß die Prozeßkostenrechnung eine verursachungsgerechtere Kalkulation anstrebt, indem der Ressourcenverbrauch durch die Kostenträger genauer untersucht wird. Des weiteren wird Transparenz in den indirekten Unternehmensbereichen geschaffen, welche folglich planbar und kontrollierbar werden.

2.2.3 Zielkostenrechnung

Target Costing (Zielkostenrechnung) ist ein strategischer Kostenmanagement-Ansatz, der in japanischen Unternehmen in den 70er Jahren entwickelt wurde. Das Ziel des Target Costing besteht darin, Markt- bzw. Kundenorientierung in das Kostenmanagement zu implementieren, um die Kosten bereits in den frühen Phasen des Produktlebenszyklus (Entwicklungs- und Konstruktionsphase) zu beeinflussen.

Ausgangspunkt bildet der vom Markt determinierte Preis, der reduziert um die Gewinnmarge die zulässigen Kosten (sog. allowable costs) des Produktes definiert.33 Diese werden den aus der Kostenrechnung stammenden Standardkosten (sog. drifting costs) gegenübergestellt, die durch die aktuellen Potentiale und Prozesse des Unternehmens gekennzeichnet sind. Innerhalb dieses Rahmens werden unter Berücksichtigung der Wettbewerbsbedingungen und der Unternehmensstrategie die Zielkosten (sog. target costs) festgelegt. Diese liegen aus Motivations- und Akzeptanzgründen über den zulässigen Kosten, können aber bei intensivem Wettbewerb und dem Unternehmensziel der Kostenführerschaft durchaus mit den zulässigen Kosten übereinstimmen.34 Um die Zielkosten zu erreichen, sind mit Hilfe des strategischen Kostenmanagements, unter Berücksichtigung von Innovationen und besserer Prozesse, die Kosten systematisch zu senken.35

Charakteristisch am Target Costing ist die intensive Marktorientierung, die Einfluß auf das Kostenmanagement hat. Die strategische Planung erfolgt gesamtproduktbezogen, ergänzt um eine produktfunktionale Sichtweise, d.h. Marktanforderungen werden auf produktstrategischer Ebene berücksichtigt.36 Demzufolge ist der Zweck des Target Costing darauf ausgerichtet, die aus der Kostenrechnung stammenden Standardkosten an die zulässigen Kosten durch Modifikationen des Produktes in der Planungs- und Entwicklungsphase anzupassen. Als Beispiel für ein solches Vorgehen soll der in den dreißiger Jahren entwickelte Volkswagen angeführt werden.37 Die Entwicklung des Autos stand unter dem Vorsatz, ein Auto zu entwerfen, das den Preis von 990 Reichsmark nicht überschreiten sollte. So wurden alternative technische Möglichkeiten und deren Kosten gegeneinander abgewogen. Um z.B. eine Kosteneinsparung von 25 Reichsmark zu erzielen, wurden keine hydraulischen Bremsen, sondern Seilzugbremsen verwendet. Aus dem Beispiel wird ersichtlich, daß durch den vom Markt (Kunden) determinierten Preis auf die Zielkosten für einzelne Produktfunktionen und Produkt- komponenten geschlossen wird, die bis auf einzelne Teile heruntergebrochen werden.38

Beeinflußbar sind im System des Target Costing insbesondere die Einzelkosten. Die konstruktiven Anstrengungen sind vor allem auf sie zu richten, wobei in erster Linie der Materialeinsatz und die Fertigungslöhne in Frage kommen.39 Ebenso beeinflußbar sind die fertigungsnahen Gemeinkosten (z.B. im Material- und Logistikbereich), deren Höhe u.a. durch die Produktkomplexität festgelegt wird. Die auf der Vollkostenrechnung basierende Zielkostenrechnung muß die produktfernen Gemeinkosten anhand von Kostenanlastungsprinzipien auf die Kostenträger verteilen. Falls durch die konstruktiven Anstrengungen des Target Costing-Prozesses die Einzelkosten und die produktnahen Gemeinkosten sinken, so vermindert sich auch die Grundlage für den Zuschlag der produktfernen Gemeinkosten und damit der in der Kalkulation zu verrechnende Betrag.40

2.3 Teilkostenrechnung als Informationsbasis

Die Systeme der Teilkostenrechnung verrechnen - im Gegensatz zur Vollkostenrechnung - nur einen Teil der in einer Periode angefallenen oder geplanten Kosten auf den Kostenträger. Die restlichen Kosten werden aus der Kostenstellenrechnung nicht in die Kalkulation übernommen, sondern mehreren oder allen Kostenträgern gemeinsam zugeordnet.41 Zu unterscheiden sind Teilkostenrechnungen auf Basis variabler (proportionaler) Kosten und Teilkostenrechnungen auf Basis relativer Einzelkosten.

2.3.1 Grenzkosten- und Deckungsbeitragsrechnung

Der Aufbau der Grenzkostenrechnung42 ähnelt der Kostenrechnung auf Vollkostenbasis. „Der entscheidende Unterschied besteht darin, daß sowohl bei der Bildung von Verrechnungssätzen für innerbetriebliche Leistungen als auch bei der Ermittlung von Kalkulationssätzen nur die proportionalen Kosten berücksichtigt werden“.43 Die Unterscheidung der Kosten der abgelaufenen oder geplanten Periode in fixe (beschäftigungsunabhängige) und variable (beschäftigungsabhängige) Kostenbestandteile hat zur Folge, daß den Kostenträgern nur die Einzel- und variablen Gemeinkosten zugerechnet werden, womit dem Verursachungsprinzip weitgehend entsprochen wird. Denn nur diese variablen Bestandteile ändern sich mit einer Veränderung der Ausbringungsmenge und sind somit für kurzfristige Entscheidungen von Bedeutung. Fixkosten bzw. fixe Gemeinkosten sind im Rahmen der Grenzkostenrechnung demzufolge Periodenkosten für die Bereitstellung der Kapazitäten und die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft. Aus diesem Grund sind sie nicht entscheidungsrelevant, „wenn der Entscheidungshorizont nur die laufende Planungsperiode umfaßt und die bestehenden Kapazitäten als vorgegeben angesehen werden.“44

Die Grenzkostenrechnung verzichtet folglich auf die Proportionalisierung der Fixkosten, nicht aber auf die Schlüsselung der Gemeinkosten, soweit sie variabel sind45 (vgl. Abb. 6).

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Abbildung 6: Schema zur Verrechnung der Kosten in der Grenzkostenrechnung 46

Die fixen Kosten werden en bloc in die Ergebnisrechnung übernommen. Die Deckungsbeiträge der Erzeugnisse haben diesen Fixkostenblock mittel- bis langfristig abzudecken und darüber hinaus zum Gewinn beizusteuern. Unter dem Aspekt steigender Gemeinkosten stellt sich aber die Frage, wie der Fixkostenblock gesteuert werden kann.

Die Fixkosten werden in einer Sonderrechnung analysiert. Diesbezüglich wird das Verfahren der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung47 angewendet, deren Ziel es ist, Kosteninformationen über den Fixkostenblock für unternehmerische Entscheidungen zu liefern. Das Grundprinzip besteht darin, die undifferenziert erfaßten Fixkosten nach Maßgabe ihrer Zurechenbarkeit zu den betrieblichen Aktivitäten aufzuspalten und bestimmten Bezugsgrößen zuzuordnen. So lassen sich beispielsweise die Fixkosten für den Betriebsschutz hinsichtlich ihrer Produktnähe von den Fixkosten einer Anlage aus dem Fertigungsbereich unterscheiden.48 Folglich lassen sich Gemeinkosten als Einzelkosten berücksichtigen, wenn man eine Hierarchie von Bezugsgrößen aufbaut. Auf diese Weise sind z.B. bestimmte Werbekosten für das Erzeugnis als Gemeinkosten anzusehen, stellen aber Einzelkosten der Erzeugnisgruppe dar (vgl. Abb. 7).

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Abbildung 7: Prinzip der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung49

Durch die Betrachtung der auf die jeweiligen Bezugsgrößen zurechenbaren Fixkosten kann man erkennen, in welchen Unternehmensbereichen keine oder niedrige Deckungsbeiträge entstehen.50 So besteht das Ziel der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung u.a. darin, im Rahmen der Erfolgsanalyse zu erkennen, „bis zu welcher „Produktionstiefe“ die Deckungsbeiträge der betrieblichen Erzeugnisse zur Fixkostendeckung ausreichen“.51 Neben dieser sachlichen Relativität wird auch die zeitliche Relativität der Fixkosten betrachtet, indem diese nach ihrer Abbaufähigkeit strukturiert werden (z.B. einerseits die Stillegung einer Produktlinie oder andererseits die Stillegung eines Werkes).52 Durch diese zwei Arten der Relativierung des Fixkostencharakters soll ein zusätzlicher Einblick in den Fixkostenblock gewährleistet werden.

Letztendlich ist anzumerken, daß auch die Grenzkostenrechnung gegen das Verursachungsprinzip verstoßen kann, wenn variable Gemeinkosten den Kostenträgern zugeschlüsselt werden. Zwar sind variable Gemeinkosten beschäftigungsabhängig (z.B. Kraftstoff- und Energiekosten für Maschinen und Anlagen), trotzdem können diese Gemeinkosten nur schlüssig auf eine Gruppe von Kostenträgern zugerechnet werden. Dieser Gedanke wurde insbesondere von Riebel durch die „Relative Einzelkostenrechnung“ verfolgt.

2.3.2 Relative Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung

In der Relativen Einzelkostenrechnung werden nur die direkt und ohne Schlüsselung zurechenbaren Einzelkosten auf die Produkte verrechnet, und fixe sowie variable Gemeinkosten werden nicht auf die Leistungseinheiten verteilt.53

Das Verfahren basiert auf dem entscheidungsorientierten Kostenbegriff, den Riebel wie folgt formuliert: „Kosten sind die mit der Entscheidung über das betrachtete Objekt ausgelösten Ausgaben.“54 Demnach sind Kosten nicht auf Kostenträger, sondern auf Entscheidungen zu verrechnen, da diese die Kosten auslösen. Dieses Verrechnungsprinzip wird als Identitätsprinzip bezeichnet. Sind die Kosten nach dem Identitätsprinzip mit einem Bezugsobjekt (z.B. Produkt) verknüpft, so stellen diese (relative) Einzelkosten des Bezugsobjektes dar. Eine Relativierung des Einzelkostenbegriffs ergibt sich dadurch, daß Riebel verschiedene Hierarchien von Bezugsobjekten implementiert (Kostenträger-, Kostenstellen-, periodenbezogene Hierarchien). In dieser Hierarchie sind alle Kosten Einzelkosten für das Bezugsobjekt einer bestimmten hierarchischen Ebene und Gemeinkosten für das Bezugsobjekt der darunterliegenden Ebene.55

In einer sog. Grundrechnung, die eine kombinierte Kostenarten-, Kostenstellen und Kostenträgerrechnung darstellt56, werden die Kosten nach Leistungs- und Bereitschaftskosten aufgespalten. Während Leistungskosten vom tatsächlich realisierten Fertigungs- und Absatzprogramm abhängen, schaffen Bereitschaftskosten die institutionellen und technischen Voraussetzungen für die Realisierung des Leistungsprogramms. Weitere Grundrechnungen existieren für die Erlöse und die Potentiale, wobei letztere Grundrechnung die Kapazitätenbeanspruchung im Zeitablauf erfaßt.

Alle Grundrechnungen haben den Charakter eines Datenspeichers. Für die Lösung von Entscheidungsproblemen werden diese Grundrechnungen in Auswertungsrechnungen herangezogen. Um z.B. über die Annahme eines Zusatzauftrages zu entscheiden, werden die zusätzlichen Kosten, Erlöse und Kapazitätsbeanspruchungen aus den Grundrechnungen analysiert. Der Zusatzauftrag sollte angenommen werden, wenn er einen zusätzlichen Deckungsbeitrag erwirtschaftet.

Da im Rahmen der Relativen Einzelkostenrechnung nur die Einzelkosten auf die Produkte verrechnet werden, und demzufolge auf die Zuschlüsselung der variablen Gemeinkosten auf den Kostenträger verzichtet wird, kann die Preisermittlungsfunktion nicht erfüllt werden.57

2.4 Unterstützung strategischer Entscheidungen durch die dargestellten Verfahren

In den Fertigungsbereichen der Industrieunternehmen ist eine differenzierte und an den tatsächlichen Verhältnissen orientierte Kostenverrechnung durch die Grenz(plan-)kosten- und Deckungsbeitragsrechnung erreicht.58 Die Gefahr von Fehlentscheidungen besteht bei der Vollkostenrechnung bei allen Dispositionen, bei denen die Kapazitäten und Fixkosten nicht verändert werden, d.h. bei kurzfristigen Entscheidungen. Für diese Zwecke sind Teilkostenrechnungen heranzuziehen. Die auf Grenzkosten des Produktes basierenden Kosteninformationen ermöglichen bspw. die Ermittlung der kurzfristigen Preisuntergrenze, des Deckungsbeitrages für die kurzfristige Preisbestimmung und die kurzfristige Programmplanung.59 Folglich ist die Grenzkostenrechnung „ein Instrument zur Fundierung und Kontrolle unternehmerischer Entscheidungen innerhalb eines kurzfristigen Entscheidungshorizonts. Ihr wesentlicher Rechenzweck ist die Bereitstellung von Kosteninformationen für die kurzfristige Planung und Kontrolle.“60

Schließlich sind Teilkostenrechnungssysteme nicht auf langfristige Entscheidungsprobleme ausgelegt. Die Kosteneigenschaft „fix“ bezieht sich lediglich auf die Reagibilität zur Beschäftigung (innerhalb eines bestimmten Zeithorizonts). Da aber Gemeinkosten das Ergebnis von Managemententscheidungen sind, sind sie langfristig durchaus planbar und variabel.61 Demzufolge wird „bei zunehmend größer werdendem Anteil fixer Gemeinkosten an den Gesamtkosten die wesentliche Manövriermasse von Grenzkostenrechnungen immer geringer ..., während die das Betriebsergebnis immer mehr belastenden fixen Kosten aufgrund der Kurzfristigkeit der Betrachtungsweise nicht als beweglich und disponibel herausgestellt werden.“62 Die langfristigen Konsequenzen für das Unternehmen (in der Ausprägung der (fixen) Gemeinkosten) resultieren aus strategischen Produktentscheidungen.63 Deshalb sind für diese strategischen Entscheidungen die langfristig variablen Kosten der einzelnen Produkte, d.h. die Vollkosten, ausschlaggebend.

Ein strategisches Kostenmanagement soll unterstützend bei der Gestaltung neuer Entscheidungsfelder wirken.64 Horv á th weist ausdrücklich auf die Wichtigkeit der Öffnung der Kostenrechnung zu einem strategischen Kostenmanagement hin.65 Jedoch könnten Kostenrechnung und -management keine neuen Strategien generieren, wohl aber unterstützend bei der Strategienfindung bzw. bei der Umsetzung von Strategien in operative Planungen wirken.66 Daher ist der Kostenrechnung eine reine strategische Ausrichtung abzusprechen, da für langfristige bzw. strategische Planungsprobleme Investitions- und Finanzierungsrechnungen eingesetzt werden sollten.67 Sie dienen vielmehr der Lösung strategischer Entscheidungsprobleme aufgrund ihrer Signal- und Anregungsfunktion.

Fazit ist, daß die Struktur der Kostenrechnung erst dann als „gut oder schlecht“ bewertet werden kann, wenn vorab festgestellt wurde, welche Entscheidungsprobleme und welche Zielvorstellungen zur Disposition stehen. So stellt Schneider fest: „Der Rechnungszweck bestimmt den Rechnungsinhalt.“68 Unter dem Aspekt steigender Gemeinkosten soll folglich das Kostenrechnungssystem im Rahmen dieser Arbeit die Unterstützung der permanenten strategischen Planung, Kontrolle und Steuerung der Gemeinkosten zum Inhalt haben.

[...]


1 Plaut, H.G. (1944).

2 Vgl. Miller, J.G./ Vollmann, T.E. (1985).

3 Vgl. Backhaus, K./ Funke, S.(1996). Es sei darauf hingewiesen, daß auch Untersuchungen veröffentlicht wurden, die eine Gemeinkostensteigerung nicht unmittelbar erkennen lassen. Vgl. Troßmann, E./ Trost, S.(1996) und Schumann, M./ Beinhauer, M. (1994).

4 Laßmann, G. (1984), S.959.

5 Vgl. Jorasz, W./ Christmann, A. (1989), S.101.

6Vgl. Mirani, A. (1987), S.228.

7 Unter CAM (Computer Aided Manufacturing) ist eine rechnerunterstützte Fertigung, Montage und Qualitätskontrolle zu verstehen, während CIM (Computer Integrated Manufacturing) umfassender ist und zusätzlich die rechnerunterstützte Entwicklung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung beinhaltet.

8 Vgl. Jorasz, W./ Christmann, A. (1989), S.101.

9 Vgl. Schweitzer, M./ Küpper, H.-U. (1998), S.321.

10 Vgl. ebenda, S.321.

11 Vgl. Faulhaber, P./ Schulten, R. (1989), S.16.

12 Wäscher, D. (1989), S.42.

13 Vgl. Mayer, M./ Glaser, H. (1991), S.296.

14 Das Verursachungsprinzip besagt in der hier unterstellten engen Fassung, daß die Kosten nur denjenigen Objekten zugeordnet werden, die sie verursacht haben.

15 Die Verrechnungseinheit bildet dabei die Bezugsgröße, die i.d.R. die Produkteinheit darstellt.

16 Vgl. Haberstock, L. (1998), S.57.

17 Vgl. Haberstock, L. (1998), S.57f.

18 Vgl. ebenda, S.58f.

19 Quelle: In Anlehnung an Roolfs, G. (1996), S.33.

20 Vgl. Horváth, P. (1991), S.1.

21 Vgl. Burger, A. (1995), S.4.

22 Vgl. ebenda, S.4.

23 Vgl. Franz, K.-P. (1992), S.127.

24 Vorerst sollen nur die Grundprinzipien der Kostenverrechnung dargestellt werden. Je nach verrechneten Kosten ergibt sich eine Istkostenrechnung (Verrechnung der tatsächlich angefallenen Kosten), eine Normalkostenrechnung (Verrechnung der durchschnittlichen Istkosten der Vergangenheit) oder eine Plankostenrechnung (Verrechnung der geplante Kosten). Vgl. Haberstock, L. (1998), S.172ff.

25 Primäre Gemeinkosten stammen von externen Beschaffungsmärkten (z.B. Lohnkosten oder Kosten für Büromaterial). Sekundäre Gemeinkosten entstehen aufgrund der Inanspruchnahme innerbetrieblicher Leistungen (z.B. Kosten für Reparaturen durch eigene Werkstätten). Zu den Verfahren der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung vgl. Haberstock, L. (1998), S.59. Zur Unterscheidung in Haupt- und Hilfskostenstellen vgl. Haberstock, L. (1998), S.124ff.

26 Quelle: In Anlehnung an Coenenberg, A.G. (1999), S.116.

27 Vgl. Holzwarth, J. (1993), S.141.

28 Vgl. zu diesen und weiteren Prinzipien der Kostenverteilung Schweitzer, M./ Küpper, H.-U. (1998), S.87ff.

29 Zur Begründung siehe Kapitel 4.2.

30 Vgl. Horváth, P./ Mayer, R. (1989).

31 Quelle: Mayer, R. (1991), S.77.

32 Quelle: In Anlehnung an Horváth, P. (1998), S.535.

33 Vgl. Franz, K.-P. (1990), S.116.

34 Zu alternativen Verfahren der Zielkostenfindung vgl. z.B. Monden, Y. (1999), S.111ff; Seidenschwarz, W. (1991), S.199f.

35 Vgl. Seidenschwarz, W. (1991), S.200.

36 Vgl. Vollmuth, H.J. (1998), S.372; Zu der Vorgehensweise und den Instrumenten vgl. Monden, Y. (1999), S.305ff.

37 Vgl. Horváth, P. (1998), S.524.

38 Vgl. Franz, K.-P. (1993), S.124f. Als Grund für diese Begrenzung der Kosten wird die Knappheit an Devisen angeführt, die für ausländische Güter und Lizenzen benötigt wurden.

39 Vgl. Günther, T. (1997), S.106.

40 Vgl. Franz, K.-P. (1993), S.126.

41 Vgl. Franz, K.-P. (1993), S.126f. Dies sei nur rein rechnerisch der Fall, wenn der Prozentsatz des Zuschlags unverändert bleiben würde. Die Unterstellung einer Minderung der produktfernen Gemeinkosten bei Senkung der Zuschlagsgrundlage müßte Maßnahmen für eine Realisierung der kalkulatorisch verrechneten Gemeinkostensenkung zur Folge haben.

42 Vgl. Holzwarth, J. (1993), S.148.

43 Da die Kalkulation nur auf Basis der variablen Bestandteile vollzogen wird, müßte das Kostenrechnungssystem eigentlich „variable Kostenrechnung“ heißen. Unter der Annahme eines linearen Gesamtkostenverlauf stimmen variable Stückosten und Grenzkosten überein. Aus diesem Grund bezeichnet man dieses Kostenrechnungssystem auch als Grenz(plan-)kostenrechnung. Vgl. Haberstock, L. (1999), S.32.

44 Kilger, W. (1993), S.59.

45 Coenenberg, A.G.(1999), S.115.

46 Vgl. ebenda, S.114.

47 Quelle: In Anlehnung an Coenenberg, A.G. (1999), S.116.

48 Auch: stufenweise Fixkostendeckung oder Schichtkostenrechnung. Vgl. Agthe, K. (1959); Mellerowicz, K. (1974).

49 Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S.247.

50 In Anlehnung an Däumler, K.-D./ Grabe, J. (1991a), S.154. Die Anzahl der zu wählenden Schichten hängt von der Größe des Unternehmens und dem Umfang des Produktionsprogramms ab.

51 Vgl. Küpper, H.-U. (1994), S.43.

52 Kilger, W. (1993), S.88.

53 Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S.247.

54 Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S.234.

55 Riebel, P. (1994), S.81.

56 Vgl. Holzwarth, J. (1993), S.161.

57 Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S.262.

58 Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S.235.

59 Vgl. Pfohl, H.-C./ Stölzle, W. (1991), S.1294f.

60 Zur Begründung siehe Kilger, W. (1993), S.680.

61 Schneider, R. (1996), S.23.

62 Vgl. Picot, A./ Rischmüller, G. (1981), S.334; Johnson, T.H./ Kaplan, R.S. (1987), S.36.

63 Franz, K.-P. (1990), S.114.

64 Vgl. Reiß, H. (1989), S.347.

65 Vgl. Horváth, P. (1991), S.1.

66 Vgl. ebenda, S.2.

67 Vgl. ebenda, S.2.

68 Vgl. Freidank, C.-C. (1994), S.256.

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Vergleich und Weiterentwicklung ausgewählter Gemeinkostenmanagement-Ansätze
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Institut für betriebswirtschaftliche Produktions- und Investitionsforschung)
Veranstaltung
Unternehmensrechnung- und Unternehmensleitung
Note
2,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
83
Katalognummer
V6182
ISBN (eBook)
9783638138147
Dateigröße
884 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit gibt einen Einblick in Gemeinkostenmanagementinstrumente und bewertet diese, darauf aufbauend werden bestehende Ansätze weiterentwickelt, um ein effektives Gemeinskostenmanagement zu erreichen. 450 KB
Schlagworte
Gemeinskostenmanagement, Kostenrechnung, Komplexitätsmanagement, Prozesskostenrechnung, Kalkulation, Rechnungswesen
Arbeit zitieren
Michael Junge (Autor:in), 1999, Vergleich und Weiterentwicklung ausgewählter Gemeinkostenmanagement-Ansätze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6182

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