Mädchen- und Frauenbildung in der DDR


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. SED Frauenpolitik

3. Prinzip der Koedukation

4. Frauen im Bildungswesen der DDR
4.1 Polytechnische allgemeine Bildung
4.2 Lehrausbildung
4.3 Hochschulbildung
4.4 Berufliche Aus- und Weiterbildung

5. Blick in die Praxis

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dem Buch der Tagesschausprecherin Eva Hermann, „Das Eva-Prinzip. Für eine neue Weiblichkeit“ (Hermann 2006), fordert die Autoren die Frauen auf, sich wieder mehr auf ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter zu besinnen. Die Inhalte würden sich sicherlich nicht mit der Frauenpolitik der Staatspartei der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED)[1], vertragen. In ihrem politischen Programm versucht die SED die traditionellen Mädchen- und Weiblichkeitsbilder zu überwinden. Sie fordert auf Grund ihrer sozialistischen Ideologie eine gleichberechtigte Partizipation der Frauen am Arbeitsprozess, denn nur dadurch könnten sich die Frauen emanzipieren. Um dieses Ziel zu erreichen, erfordert es allerdings auch, die weibliche Bevölkerung gleichberechtigt an Bildung zu beteiligen. Ziel der SED ist folglich, den Mädchen und Frauen gleiche Bildungschancen wie den Jungen und Männern einzuräumen, nicht nur in der allgemeinen Grundbildung, sondern vor allem auch in weiterführenden schulischen sowie in der beruflichen Aus- und Weiterbildung.

Thema dieser Arbeit ist die Mädchen- und Frauenbildung in der DDR. Dabei soll vor allem im Fokus der Betrachtungen stehen, ob das von der SED postulierte Ziel, der gleichberechtigten Beteiligung der Frauen an der schulischen und beruflichen Bildung, erreicht wurde.

Begonnen wird mit einer Darstellung der Frauenpolitik der SED. Hier werden Hintergründe bezüglich der geforderten Gleichberechtigung der Frauen hinsichtlich ihrer Bildungschancen aufgezeigt.

Im Folgenden wird das postulierte Ziel der Koedukation[2] gesondert hervorgehoben. Es wird noch einmal besonders auf die Funktion, Bedeutung und Verwirklichung dieses Prinzips eingegangen.

Danach folgt ein konkreter Blick auf die Bildungschancen der Frauen in der DDR. Es werden hierbei die Bestandteile des ostdeutschen Bildungswesens, die polytechnische allgemeine Bildung, die Lehrausbildung, die Hochschule sowie die beruflichen Aus- und Weiterbildungen unter die Lupe genommen. Die Umsetzung des koedukativen Prinzips, die tatsächlichen Bildungschancen der und Fördermaßnahmen für die Frauen stehen dabei im Mittelpunkt.

Bevor ein Fazit zum Thema der angestrebten gleichberechtigten Mädchen- und Frauenbildung in der DDR gezogen wird, soll noch ein kurzer Blick in die Praxis gegeben werden.

2. SED-Frauenpolitik

De facto beginnt die Frauenpolitik der SED mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Unmittelbar nach Kriegsende stellen die Frauen auf Grund des hohen Männerverlustes während des Krieges eine unverzichtbare Arbeitskraft zum Wiederaufbau des Landes dar. Daher werden erste gesellschaftlich-praktische wie auch juristische Fördermaßnahmen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), der späteren DDR, unternommen, um die Gleichstellung der Frauen voranzutreiben (vgl. Keiser 1997: 39).

Des Weiteren begründen sich diese Maßnahmen auf der ideologischen Grundhaltung des Sozialismus, die aus den Traditionen der Arbeiterbewegung hervorgeht. In diesem Zusammenhang seien die Namen Friedrich Engels und August Bebel genannt. Sie vertreten die Meinung, dass die Frau eine rechtlose Stellung innehat und von ihrem Mann sowie der Gesellschaft unterdrückt werde. Schuld an dieser Entrechtung und Diskriminierung sei das Privateigentum an Produktionsmittel sowie der ausschließlichen Bindung der Frau an häusliche Aufgaben und somit der Ausschluss dieser vom gesellschaftlichen Produktionsprozess (vgl. Bühler 1997: 9f). Somit muss das Privateigentum beseitigt werden, damit diese sozialen Geschlechtsunterschiede, die als „kapitalistisches Erbe“ (Keiser 1997: 41) gelten, überwunden werden können. Friedrich Engels merkt an,

[…] daß die Befreiung der Frau, ihre Gleichstellung mit dem Manne eine Unmöglichkeit ist und bleibt, solange die Frau von der gesellschaftlichen produktiven Arbeit ausgeschlossen […] bleibt. Die Befreiung der Frau wird erst möglich, sobald diese auf großem gesellschaftlichen Maßstab an der Produktion sich beteiligen kann […] (Engels 1958: 289).

Die Erwerbstätigkeit der Frau ist jedoch nur möglich, wenn ihr die gleichen Bildungschancen offen stehen.

Die Förderung der Berufstätigkeit und die damit einhergehende Bildung der Frau sind neben den Forderungen zur Gleichstellung von Mann und Frau sowie nach besonderem Schutz von Mutter und Kind die inhaltlichen Schwerpunkte der SED-Frauenpolitik. Diese lässt sich wiederum in vier Etappen einteilen (Keiser 1997: 41f).

Die erste Phase der Frauenpolitik beginnt unmittelbar mit dem Kriegsende 1945 und bestimmt die ersten Nachkriegsjahre (bis 1949). Auf Grund des bereits erwähnten Frauenüberschusses zu dieser Zeit lag es vor allem an jenen, die Trümmer zu beseitigen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Daher werden 1945 in der SBZ so genannte Antifaschistische Frauenausschüsse gebildet. Diese sollen unter der Berücksichtigung der sozialistischen Ideologie politisch-erzieherische und kulturelle Aufklärungsarbeit sowie praktische Lebenshilfe leisten.

Weiterhin werden erste Ansätze einer Frauenarbeitspolitik entwickelt und umgesetzt. So legt beispielsweise der Befehl Nr. 253 der SMAD[3] (1946) fest, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten. Mit besonderen Arbeitsschutzmaßnahmen, wie dem Verbot, dass Frauen schwere und gesundheitliche Arbeit verrichten, und der Schaffung von Kindergrippen bzw. –gärten wird die Berufstätigkeit der Frau ebenfalls gefördert (vgl. Keiser 1997: 42f).

Ein großer Schritt zur Gleichberechtigung der Frauen in allen Bereichen ist die von der SED 1947 verabschiedete Resolution der Frauenfrage. In ihr wird die rechtliche, wirtschaftliche und politische Gleichstellung der Frau als oberstes politisches Ziel postuliert (vgl. Scholze 1987: 33).

Die zweite Etappe beginnt mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und der Verabschiedung ihrer Verfassung (1949). In ihr ist die Gleichberechtigung der Geschlechter als ein wichtiger Grundsatz verankert. Damit einher geht nicht nur unabhängig vom Geschlecht das gleiche Recht auf Arbeit (bei gleichem Lohn für die gleiche Arbeit), sondern auch das gleiche Recht auf Bildung.

Im Vordergrund der Frauenpolitik dieser Phase, die sich bis 1961 erstreckt, steht die Integration der Frauen in den gesellschaftlichen Produktionsprozess. Wie angesprochen, wird dieses Ziel akribisch verfolgt, da dies laut SED und ihrer Ideologie der alleinige Weg der Frau zur ökonomischen Unabhängigkeit vom Mann und somit ihrer Gleichberechtigung sei. Darüber hinaus fehlt es infolge der starken West-Abwanderung an Facharbeitern. Die Frauen sollen diesen Arbeitskräftemangel ausgleichen. Allerdings stellt sich dabei die mangelnde berufliche Qualifikation der Frauen als problematisch heraus. Daher wird begonnen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für (berufstätige) Frauen anzubieten (vgl. Keiser 1997: 44ff). Auf eine genauere Beschreibung der Weiterbildungen wird an dieser Stelle verzichtet, da dies im fortlaufenden Text noch ausgeführt wird.

Die dritte Etappe der SED-Frauenpolitik (1962-1970) fokussiert vor allem die Qualifizierung der weiblichen Arbeitskräfte für die wirtschaftliche Entwicklung des Staates. Ziel ist es mit Hilfe einer hohen Arbeitsproduktivität die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber den kapitalistischen Staaten aufzuzeigen.

Zwei 1965 von der Volkskammer verabschiedete Gesetze prägen weiterhin diese Phase und haben eine besondere Bedeutung für die Gleichstellung von Mann und Frau. Das erste Gesetz ist das Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (vgl. Keiser 1997: 48f). Dort heißt es: „Der sozialistische Staat sichert mit dem einheitlichen sozialistischen Bildungssystem allen Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik das gleiche Recht auf Bildung“ (§ 2, Abs. 1 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem).

Das zweite prägende Gesetz ist das Familiengesetzbuch (FGB). Hier wird die Gleichheit der Geschlechter auch im privaten Bereich festgeschrieben. Damit wird das sozialistische Frauenbild der berufstätigen Frau um eine zweite Hauptaufgabe, der Mutterrolle, erweitert (vgl. Keiser 1997: 49f).

Die vierte Etappe (1971-1989) leitet das Ende der DDR-Frauenpolitik ein. Das parteipolitische Ziel der Gleichberechtigung von Mann und Frau gilt nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität als erreicht.

Einen der letzten großen Schritte der Frauenpolitik ist das 1972 verabschiedete Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft. Das Recht der Frau selbst und frei über den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft zu entscheiden, bildet das i-Tüpfelchen in der Gleichberechtigungsfrage.

In dem Zeitraum dieser letzten Phase zeichnet sich weiterhin eine sehr ungünstige Bevölkerungsstrukturentwicklung ab: die Geburtenrate sowie die Zahl der Personen im erwerbstätigen Alter sinkt bei gleichzeitigem Anstieg des Arbeitskräftebedarfs. Diese Entwicklung verstärkt das Anliegen der SED-Frauenpolitik, die Familiengründung bei zugleicher Vollerwerbstätigkeit der Frau zu fördern. Ziel der Frauenpolitik ist nun, bestmögliche Bedingungen zu schaffen, damit die Frau Familie und Beruf nicht mehr als gegenseitig ausschließende Alternativen sieht. Solche Rahmenbedingungen, die zu einer besseren Vereinbarung von Familie und Beruf seitens der Frau führen sollen, beinhalten unter anderem ein steigendes Kinderbetreuungsangebot, finanzielle Unterstützung allein Erziehender oder sich in einer Ausbildung/einem Studium befindenden Mütter sowie zinslose Kredite für junge Ehepaare (vgl. Keiser 1997: 50ff).

[...]


[1] Die vormals eigenständigen Parteien KPD und SPD vereinigen sich am 21./22.04.1946 zur SED (vgl. Scholze 1987: 23).

[2] Koedukation bedeutet die „gemeinsame und gleiche Bildung von Mädchen und Jungen“ (Kühn 1996: 434).

[3] SMAD ist die Abkürzung für die Sowjetische Militäradministration in Deutschland.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Mädchen- und Frauenbildung in der DDR
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Bildungspolitik Deutschlands von 1871 bis heute
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V61986
ISBN (eBook)
9783638553186
ISBN (Buch)
9783638766890
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mädchen-, Frauenbildung, Bildungspolitik, Deutschlands
Arbeit zitieren
Tina Kerz (Autor:in), 2006, Mädchen- und Frauenbildung in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61986

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