Der Begriff der „Globalisierung“ ist spätestens seit Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ein weit verbreitetes Schlagwort, welches für unterschiedlichste Phänomene der zunehmenden politischen, kulturellen und vor allem ökonomischen Verflechtung der Welt verwendet wird. Die öffentliche Debatte darüber ist in Deutschland häufig mit negativen Assoziationen, wie der Angst vor Arbeitsplatzverlagerungen in so genannte Billiglohnländer, verbunden. Dabei fokussieren sich diese Ängste zumeist auf zwei Wachstumsregionen dieser Welt, Südostasien mit China und Indien auf der einen Seite sowie die Staaten Mittel- und Osteuropas auf der anderen Seite. Globalisierungskritiker befürchten vor allem, dass die fortschreitende ökonomische Verflechtung zu einer Zunahme der weltweiten sozialen Diskrepanzen führt. Befürworter der Globalisierung wenden hiergegen ein, dass transnationaler Handel durch Spezialisierung, Arbeitsteilung und Freihandel im Rahmen internationaler Wertschöpfungsketten zu Wohlstandsgewinnen führt. Den theoretischen Grundstein für diese Argumentation legte schon lange vor der Globalisierungsdebatte der britische Ökonom David Ricardo (1772-1823) in seinem Werk „On the Principles of Political Economy and Taxation“ (1817) mit dessen Theorie der „komparativen Kostenvorteile“ die „Geburtsstunde der modernen Au-ßenhandelstheorie“ schlug. Ziel dieser Arbeit ist es zu prüfen, welche wirtschaftspolitischen Implikationen die Theorie Ricardos für einen Teilaspekt der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung der Welt liefert: Die ökonomischen Beziehungen zwischen Deutschland und den Staaten Mittel- und Osteuropas (im Folgenden auch MOEL) seit der Transformation der ehemals sozialistischen Planwirtschaften zu Marktwirtschaften westlichen Vorbilds. Zu diesem Zweck wird sowohl das originäre einfache Zwei-Länder-Zwei-Güter-Modell Ricardos als auch ein in der Tradition Ricardos stehendes, verallgemeinertes Modell mit einem Kontinuum von Gütern der Ökonomen Dornbusch, Fischer und Samuelson6(im Folgenden DFS-Modell) vorgestellt und anschließend in einem zweiten Schritt auf ihre wirtschaftspolitischen Implikationen hinsichtlich der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den MOEL seit Beginn der (wirtschaftlichen) Transformation in Mittel- und Osteuropa untersucht.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Die Ricardo-Theorie
- Annahmen und Aussagen der Ricardo-Theorie
- Illustration der Ricardo-Theorie anhand eines Zahlenbeispiels
- Komparativer Kostenvorteil bei einem Kontinuum von Gütern
- Angebotsseite des DFS-Modells
- Nachfrageseite und Gleichgewicht im DFS-Modell
- Die Rolle nicht-handelbarer Güter für die Handelsstruktur
- Empirische Evidenz der ricardianischen Theorie
- Wirtschaftspolitische Implikationen der ricardianischen Theorie für die
Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den MOEL
- Allgemeine wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen
- Effekte der Integration der MOEL in den (globalen) Güteraustausch
- Technischer Fortschritt in den MOEL
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die wirtschaftspolitischen Implikationen der Ricardo-Theorie und ihrer Verallgemeinerung durch das DFS-Modell im Kontext der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den Staaten Mittel- und Osteuropas (MOEL) seit Beginn der Transformation. Die Analyse untersucht, wie die ricardianische Theorie die ökonomischen Beziehungen zwischen diesen Ländern erklärt und welche Auswirkungen der zunehmende internationale Handel auf die Wirtschaftsentwicklung hat.
- Die Ricardo-Theorie und ihre Annahmen
- Das DFS-Modell als Verallgemeinerung der Ricardo-Theorie
- Die Rolle des komparativen Kostenvorteils im internationalen Handel
- Die Auswirkungen der Integration der MOEL in den globalen Güteraustausch
- Wirtschaftspolitische Implikationen für Deutschland und die MOEL
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema Globalisierung und den Einfluss der Ricardo-Theorie auf die ökonomische Debatte. Im zweiten Kapitel werden die Annahmen und Aussagen der Ricardo-Theorie erläutert und anhand eines Zahlenbeispiels illustriert. Kapitel 3 erweitert die Analyse auf ein Kontinuum von Gütern und stellt das DFS-Modell vor, das die ricardianische Theorie verallgemeinert. Anschließend werden empirische Evidenz für die ricardianische Theorie sowie die wirtschaftspolitischen Implikationen der Theorie für die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den MOEL beleuchtet. Das fünfte Kapitel untersucht die Auswirkungen der Integration der MOEL in den globalen Güteraustausch und den Einfluss des technischen Fortschritts in den MOEL auf die Handelsbeziehungen. Schließlich werden die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit im Fazit zusammengefasst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der Außenhandelstheorie, insbesondere der Ricardo-Theorie und ihrer Verallgemeinerung durch das DFS-Modell. Im Fokus stehen die wirtschaftspolitischen Implikationen dieser Theorien für die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den MOEL, insbesondere die Auswirkungen von Spezialisierung, Arbeitsteilung und technischem Fortschritt auf die Wirtschaftsentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Urban Kaiser (Autor:in), 2006, Wirtschaftspolitische Implikationen der Ricardo-Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62055