Die Erzählung der wundersamen Geschichte Peter Schlemihls von Adalbert von Chamisso erscheint dem Leser zunächst so lehrreich wie unergründlich. Die Suche nach der eigenen Identität und dem Platz in der Gesellschaft stellt den Helden dieser Geschichte vor elementare Grundfragen. Immer wieder sind enge Zusammenhänge von Ökonomie und Identität bedeutsam für den Verlauf der Geschichte. So verkauft Peter mit seinem Schatten einen Teil seiner Existenz an den Teufel. Erst später wird ihm bewusst, welches Schicksal er damit besiegelt hat. Im Gegenzug erhält er das Glücksäckel, das ihm unendlichen Reichtum beschert. So macht sich Schlemihl auf eine fortwährende Reise, um mit Hilfe des Goldes ein neuer Mensch zu werden. Doch kann die Ökonomie wirklicher Identitätsstifter für Peter Schlemihl sein?
Chamissos Werk zeichnet sich durch eine kapitalistische Dynamik und finanzielle Kreislaufbewegung aus, in der Schlemihl sich auf der Suche nach dem menschlichen Glück immer wieder dem Fremden begeben muss. Gerade sein Doppelgängerleben entfremdet ihn zusehends. Emigration, Isolation und gesellschaftlicher bzw. bürgerlicher Identitätsverlust sind die Folgen. Moral und Handel(n) werden damit zentrale Motiv für Schlemihl. Schon für Aristoteles war die Basis des Handelns (Handel=Bewegung=Zeit) die Ethik (Wert), auf der er seine Politik aufbaute. Für ihn war der Wille der motivierende Faktor für Handlung: „Denn das rechte Verhalten ist ein Ziel, und das Streben geht darauf.“ Doch eben gegen dieses „rechte Verhalten“ verstößt Schlemihl. Und so wird der Held der Geschichte gezwungen, seinen Mangel an Schatten mit Hilfe des Goldes zu verbergen. Um den Verkauf des Schattens rückgängig zu machen, müsste er dem Teufel seine Seele überlassen. Religion und Ökonomie, beides identitätsstiftende Medien, begeben sich in einen Austausch um Glück, Heimat und Seelenfrieden. Die starke Symbolik von Licht und Dunkel, Vernunft und Glaube, Schatten und Schattenlosigkeit erhellt die persönliche Einstellung Schlemihls in Bezug auf seine Person und deren Wirkung in der Öffentlichkeit. Sein und Schein bzw. Haben vs. Nicht-Haben werden zu wichtigen Maßstäben, denen besonderer Augenmerk in dieser Untersuchung gelten wird. So soll textnah herausgefunden werden, welches Verhältnis von Identität und Ökonomie für Peter Schlemihl herrscht und ob Schlemihls Gold die schattenlose Sinnkrise bewältigen kann.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- PETER SCHLEMIHL UND DIE ÖKONOMIE
- DIE SCHATTENSEITE DER ÖKONOMISCHEN FREIHEIT
- ES IST KEIN GLÜCK WAS IM GOLDE GLÄNZT
- FREMDES EIGENTUM UND EIGENES GLÜCK
- ÖKONOMISCHER IDENTITÄTSERSATZ FÜR GESELLSCHAFTLICHES HANDELN
- EXKURS: FORTUNATI-GLÜCKSÄCKEL
- ÖKONOMISCHES PRINZIP DER IDENTITÄT (EN) SCHLEMIHLS
- FAZIT: WER DEN SCHATTEN NICHT EHRT, IST DES GLÜCKES NICHT WERT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Bedeutung der Ökonomie als Identitätsstifter in Adalbert von Chamissos „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“. Sie untersucht, wie Schlemihls Verlust des Schattens ihn in eine existenzielle Krise stürzt und wie er versucht, diese Krise durch den Besitz von Geld zu überwinden.
- Die Ambivalenz von ökonomischer Freiheit und individueller Entfremdung
- Das Verhältnis von Geld und Glück in Schlemihls Lebensgeschichte
- Die Rolle von Moral und Handel(n) in der Suche nach Identität
- Der Einfluss von Religion und Ökonomie auf Schlemihls Streben nach Heimat und Seelenfrieden
- Die Symbolik von Licht und Dunkel, Vernunft und Glaube, Schatten und Schattenlosigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Suche nach der eigenen Identität und dem Platz in der Gesellschaft, die Peter Schlemihl in Chamissos Geschichte durchmacht. Dabei wird deutlich, dass die Ökonomie eine zentrale Rolle im Verlauf der Geschichte spielt, da Schlemihl durch den Verkauf seines Schattens einen Teil seiner Existenz an den Teufel verliert.
Das zweite Kapitel analysiert den Handel mit dem Schatten und die Folgen für Schlemihl. Die Ökonomie entpuppt sich als ambivalent: Sie verspricht Freiheit und Wohlstand, doch Schlemihl wird durch seine Abhängigkeit vom Geld zunehmend entfremdet.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Exkurs über das „Fortunati Glückssäckel“, das Schlemihl nach dem Verkauf seines Schattens erhält. Der plötzliche Reichtum führt zunächst zu einem Gefühl des Glückes, doch der Text zeigt, dass Geld allein keinen Sinn stiftet.
Das vierte Kapitel erörtert, wie das ökonomische Prinzip der Identität Schlemihls Leben beeinflusst. Schlemihl sucht nach einem neuen Platz in der Gesellschaft, versucht sein Glück durch den Reichtum, findet aber keine wirkliche Zufriedenheit.
Schlüsselwörter
Identität, Ökonomie, Schatten, Geld, Glück, Entfremdung, Moral, Handel, Religion, Heimat, Seelenfrieden, Licht, Dunkel, Vernunft, Glaube, Haben, Nicht-Haben, Peter Schlemihl, Adalbert von Chamisso
- Quote paper
- Master of Arts Alexander Monagas (Author), 2006, Ökonomie als Identitätsstifter in Adalbert von Chamissos "Peter Schlemihls wundersame Geschichte", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62299