Das Helfer-Syndrom - Konsquenz für die Gesprächsführung


Referat (Ausarbeitung), 2004

30 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Helfer-Syndrom: Was ist das?
1.1 Definition
1.2 Grundproblematik im Rahmen des Helfer-Syndroms
1.3 Narzisstische Kränkung und Bedürftigkeit/Unersättlichkeit

2. Ursachen (Erlöser-Falle)
2.1 Was ist die Erlöser-Falle?
2.2 Die Kindheit als Erlöser

3. Die wichtigsten Konfliktbereiche
3.1 Das abgelehnte Kind
3.2 Die Identifizierung mit dem Über-Ich
3.3 Die verborgene narzisstische Bedürftigkeit
3.4 Die Vermeidung von Gegenseitigkeit in Beziehungen
3.5 Die indirekte Aggression

4. Auswirkungen der Konfliktbereiche auf die praktische Tätigkeit
4.1 Akuter Zusammenbruch des Helfer-Syndroms
4.2 Verletzung der Mitmenschen

5. Die Helfer-Schützling-Kollusion

6. Vorbeugung und Behandlung / Entkommen der Erlöser-Falle
6.1 Einzelberatung und Gruppe
6.2 Aufgaben zur Heilung

7. Konsequenzen für die Gesprächsführung

8. Fazit

9. Quellen

1. Helfer-Syndrom: Was ist das?

1.1 Definition

- ... bei Angehörigen sozialer Berufe häufig vermutetes unbewusstes Motiv, anderen zu helfen, um damit eigene Ängste vor Abhängigkeit abzuwehren und eigene Hilfsbedürfnisse zu kompensieren. Konsequenzen dieser Haltung können Depressionen und Erschöpfungszustände sein (Lexikon 1995: 171).

1.2 Grundproblematik im Rahmen des Helfer-Syndroms

- Wolfgang Schmidbauer beginnt sein Buch „Hilflose Helfer“, in dem er sagt, dass die verbreiteten Idealvorstellungen von der Persönlichkeit des Helfers einer kritischen Betrachtung unterzogen werden sollten. Es geht gerade nicht darum, durch den Hinweis auf die vielfältigen Schwierigkeiten und Konflikte Angehöriger „helfender Berufe“ (Erzieher, Ärzte, Psychotherapeuten, Geist-liche, Lehrer) das Idealbild des perfekten Helfers zu entwickeln.

- Einfühlsames Verständnis für Schwächen und Mängel – eigene und fremde – ist gerade die Voraussetzung wirksamer Hilfe (Schmidbauer 1977: 10).
- Gerade die Unvollkommenheit des Helfers ist produktiv. Es ist sinnvoller, an ihnen und mit ihnen einen Entwicklungsprozess einzuleiten, als ihre Abspaltung zu erzwingen.
- Perfektions -Ideale lassen sich stets nur durch Verleugnung der Wirklichkeit aufrechterhalten.
- Dadurch verliert die Tätigkeit des Helfers leicht ihre Orientierung.
- Enttäuschungen, wie sie nicht ausbleiben, können nicht mehr verarbeitet, Fehler nicht mehr korrigiert werden (Schmidbauer 1997: 10).
- Das HS, die zur Persönlichkeitsstruktur gewordene Unfähigkeit, eigene Gefühle u. Bedürfnisse zu äußern, verbunden mit einer scheinbar omni-potenten unangreifbaren Fassade, ist sehr weit verbreitet (Schmidbauer 1997: 12).
- Betroffene Personen vernachlässigen sich selbst, weil sie das Gefühl haben, dass sie ihr eigenes Wohlergehen für andere opfern müssten. So def. sie Liebe.
- Sie sehen das Leben als eine Reihe von Wahlmöglichkeiten zwischen ihren eigenen Bedürfnissen u. denen der anderen.
- Sie scheinen zu glauben, es gäbe nur eine begrenzte Menge Fürsorge, Pflege und Liebe – nur so viel, dass es gerade für die anderen reicht und für sie selbst nichts übrigbleibt (Berry 1990: 18).
- Dass es um die Gesundheit bei den Angehörigen der helfenden Berufe nicht sonderlich gut bestellt ist, erweisen einige statistische Studien.
- Dabei ist zu berücksichtigen, dass in keiner Berufsgruppe (psychische) Störungen so sehr vertuscht u. bagatellisiert werden wie in der die unmittel-bar mit der Behandlung dieser Störungen befasst ist.
- Gerade darin drückt sich das HS besonders deutlich aus, dass Schwäche und Hilflosigkeit, offenes Eingestehen emotionaler Probleme nur bei anderen begrüßt u. unterstützt wird,
- während dem gegenüber das eigene Selbstbild von solchen „ Flecken “ um jeden Preis freigehalten werden muss (Schmidbauer 1990: 13f.).
- Die innere Situation des Menschen mit dem HS lässt sich in einem Bild beschreiben:
- Ein verwahrlostes, hungriges Baby hinter einer prächtigen, starken Fassade (Schmidbauer 1990: 15).
- Wenn sie sich überlastet fühlen u. es ihnen an Anerkennung mangelt, reagieren die meisten so, dass sie noch mehr helfen.
- Sie sind in dem Glauben gefangen, es sei „ egoistisch “, sich um seinen eigenen Schmerz zu kümmern.
- Und sie werden dann auch noch ermutigt, anderen zu helfen und nicht sich selbst.
- Unsere Kirchen, Familien u. d. Gesellschaft insgesamt lehren die Menschen mit HS, ihre inneren Gefühle, nicht genug Zuwendung zu erhalten, in den Griff zu bekommen, indem sie zu einem „ stets freundlichem Schenker “ werden
- Und ihre eigenen Depressionen zu bekämpfen, in dem sie denen helfen, die schlechter dran sind als sie selbst.
- Nur sehr wenige halten inne u. stellen ihre Sichtweise von der Welt u. sich selbst in ihr in Frage (Berry 1990: 18).
- Während die Angehörigen der helfenden Berufe danach trachten, ihren Klienten glaubhaft zu machen, dass die Annahme von Hilfe keine Schande ist,
- fällt es vielen von ihnen sehr schwer, selbst an diese Maxime zu glauben.
- Das HS ist eine Verbindung charakteristischer Persönlichkeitsmerkmale, durch die soziale Hilfe auf Kosten der eigenen Entwicklung zu einer starren Lebensform gemacht wird (Schmidbauer 1997: 21f.).
Häufigste seelische Störungen:
- Die häufigste seelische Störung beim HS ist die Depression.
- Die Selbstmordhäufigkeit in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe ist ein relativ brauchbarer Gradmesser des Auftretens von Depressionen;
- sie ist bei Ärzten in der Altersgruppe zwischen 25 u. 39 Jahren mit 26% aller Todesfälle fast 3x so hoch wie in der statistisch vergleichbaren Durch - schnittsbevölkerung (9%) (Schmidbauer 1997: 18).
- Die Depression signalisiert dann die Hilflosigkeit u. Ohnmacht, den Anfor-derungen des eigenen Ich-Ideals zu genügen.
- Ein 36jähriger Arzt drückt es im Buch von Hr. Schmidbauer so aus:
„Wenn es mir zuviel wird u. ich diese Leer spüre, und denke: du bringst es doch nicht, dann ist es mir immer ein großer Trost, wenn ich mir vorstelle: du kannst dich ja jederzeit umbringen, und dann hast du Ruhe.“ (Schmidbauer 1997: 20).
- Die depressive u. suizidale Problematik im Rahmen des HS wird dadurch noch verschärft, dass es dem Helfer extrem schwer fällt, seinerseits Hilfe zu akzeptieren.
- Da es zu seiner Abwehrstruktur gehört, anderen auf Kosten der eigenen Bedürfnisse zu helfen, lehnt er die eigene Hilfsbedürftigkeit ab u. akzeptiert Hilfe allenfalls in der Form einer „Fortbildung“, um seine Fähigkeit zur Hilfeleistung noch weiter auszubilden (Schmidbauer 1977: 21)

Grundproblematik:

- Die Grundproblematik des Menschen mit dem Helfer-Syndrom ist die an einem hohen, starren Ich-Ideal orientierte soziale Fassade, deren funktionieren von einem kritischen, bösartigen Über-Ich überwacht wird.
- Eigene Schwächen u. Hilfsbedürftigkeit werden verleugnet;
- Gegenseitigkeit u. Intimität in Beziehungen vermieden (Schmidbauer 1997: 23).

1.3 Narzisstische Kränkung und Bedürftigkeit/Unersättlichkeit

- Die orale u. narzisstische Bedürftigkeit des Helfers ist groß, doch ganz oder teilweise unbewusst.
- Da ihre Äußerungsformen nicht entwickelt u. differenziert werden konnten, funktioniert sie auf einem urtümlichen Niveau.
- Das äußert sich etwa in einer wenig ausgebildeten Fähigkeit, erfüllbare Wünsche zu äußern.
- Wünsche werden eher angesammelt u. dann als Vorwürfe gegen die Umwelt („Was habe ich nicht alles für euch getan – u. so wird es mir gelohnt“) ausgesprochen,
- wenn nicht noch indirektere Wunschäußerungen überwiegen (z. B. Sucht, Suizid o. psychosomat. Krankheiten als selbstzerstörerischer Apell an andere, um deren Zuwendung u. Hilfe zu erlangen) (Schmidbauer 1977: 23).
- Was sich der narzisstisch ausbalanciert lebende Mensch durch die Ver-innerlichung eines positiven Ich-Ideals selbst geben kann,
- muss der narzisstisch Gestörte versuchen, außen zu finden
- Hr. Schmidbauer ist der Meinung dass das HS ein Weg ist, eine solche frühe narzisstische Schädigung zu bewältigen
- Beispiel (Georg) : „Damals sollte ich mich in den Ferien auf eine Prüfung vorbereiten. Aber ein Erzieher machte Urlaub, und so habe ich seine Gruppe übernommen u. den Religionsunterricht. Als dann noch eine Frau in der Küche krank wurde, habe ich es übernommen, die großen Töpfe zu spülen. So kam ich immer erst spät abends zu meiner eigentlichen Arbeit, der Vorbereitung auf die Prüfung. Als dann mein Vorgesetzter mich einmal wegen einer Kleinigkeit mahnte, bin ich zusammengebrochen. Ich habe geschrien und die Türe zugeschlagen und dann einen ganzen Tag lang geweint...Später über-nahm ich dann 24 Stunden Unterricht, leitete eine Jugendgruppe, u. weil es so viele Möglichkeiten bietet, übernahm ich auch noch die Jugendbibliothek mit 6000 Büchern u. bis zu 120 Ausleihe am Tag. Ich hörte erst auf, als ich dicht an einem Herzinfarkt war.“ (Schmidbauer 1977:56).
- Dieses Beispiel verdeutlicht: FOLIE I (siehe Anhang)
- Der Betroffene des HS glaubt, nur für das, was er macht, geliebt zu werden, nicht für das, was er ist.
- Im Hintergrund dieser Haltung steht eine tiefe narzisstische Kränkung, die ein großes, wegen seiner Verdrängung unersättlich wirkendes narzisstisches Bedürfnis entstehen lässt.
- Die Kränkung erfolgte aus einer Situation der Abhängigkeit und Nähe heraus, mit denen das Kind ursprünglich seinen Bezugspersonen begegnete (Schmidbauer 1977: 57).
- Beim HS ist der Betroffene nur selten in der Lage, nach Abschluss einer Helfer - Interaktion sich selbst zu sagen: „ Das habe ich gut gemacht.“
- Er fragt sich: „ Was war zuwenig, was habe ich übersehen, was habe ich falsch gemacht.“
- Er ist, ohne es zuzugeben, hungrig nach den dankbaren Blicken, den anerkennenden Worten seiner Klienten.
- Aber sie machen ihn nicht wirklich satt, obwohl sie die einzige narzisstische Nahrung sind, die er aufnehmen kann (Schmidbauer 1977: 58).
- Da die ursprüngliche Kränkung in einer Situation der Abhängigkeit u. Nähe erfolgte, wie sie für die primäre Liebe (bzw. für den narzisstischen Primärzustand) charakteristisch sind, werden beide Gefühle – Abhängigkeit u. Nähe – mit schwerem, unerträglichem seelischen Schmerz verknüpft u. ganz oder teilweise vermieden.
- Ein soziologischer Beleg dafür ist die geschichtliche Verbindung von Helfer-Diensten u. klösterlichen Gelübden:
- Die Verpflichtung zu Keuschheit u. Gehorsam ist ein recht sicheres Mittel, echter mitmenschlicher Nähe auszuweichen.
- Gefühle persönlicher Abhängigkeit können sich in einem Orden schwer einstellen, da ja der ganze Orden für jedes seiner Mitglieder voll verantwort-lich ist,
- die gefürchtete Abhängigkeit also einer anonymen, aber ungeheuer zuver-lässigen „Mutter“ bzw. Ersatz-Familie anvertraut werden kann.
- Die Verpflichtung der Priester mancher Glaubensgemeinschaften zum Zölibat erfüllt einen ähnlichen Dienst (Schmidbauer 1977: 58).
- Auf gegenseitiger Spontaneität und Intimität beruhende Gefühlsbe-ziehungen sind die sicherste, wahrscheinlich die einzig wirklich sättigende Quelle narzisstischer Bestätigung
- Weil hier die Wenn-Dann-Situation weitgehend aufgehoben ist, die den Wert der narzisstischen Bestätigung durch Leistung (in einem Beruf, in der Hilfe für andere) für den Betroffenen immer wieder un-sicher macht, ihn weitertreibt (Schmidbauer 1977: 83).

2. Ursachen (Erlöser-Falle)

2.1 Was ist die Erlöser-Falle?

- Die EF ist eine tödliche und betrügerische Lüge. Sie ist eine Lüge mit 2 Seiten.
- Auf der Oberfläche sieht sie edel, göttlich und barmherzig aus. Schließlich steht ein fürsorglicher u. hilfreicher Mensch in hohem Ansehen.

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Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Das Helfer-Syndrom - Konsquenz für die Gesprächsführung
Hochschule
Fachhochschule Mannheim, Hochschule für Sozialwesen
Veranstaltung
Gesprächsführung
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
30
Katalognummer
V62315
ISBN (eBook)
9783638555791
ISBN (Buch)
9783656794585
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Helfer-Syndrom, Konsquenz, Gesprächsführung
Arbeit zitieren
Silke Stabenow (Autor:in), 2004, Das Helfer-Syndrom - Konsquenz für die Gesprächsführung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62315

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