Aufbauprinzipien und Funktionen von Initiatorenbündeln, Makrostrukturen und syntaktischen Merkmalen in Gedichten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

35 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Generelle und spezifische Initiatorenbündel
2.1 Generelle Initiatoren
2.2 Spezifische Initiatoren
2.2.1 Autorennennung
2.2.2 Überschriften
2.2.3 Überschrift und lyrischer Text

3. Makrostruktur und syntaktische Strukturen
3.1 Annahme oder Ablehnung des Formprinzips der Reimstruktur.
3.2 Groß- und Kleinschreibung.
3.3 Parallelität..
3.4 Der Aufbau der Zweigliedrigkeit in Bezug auf makrostrukturelle Aspekte und syntaktische Strukturen.
3.4.1 Der Zusammenhang von Mikro- und Makrostrukturen..
3.4.2 Teilsatzstruktur und Teilsatzhierarchie in Gedichten..
3.4.3 Zäsur oder Diärese
3.4.4 Elliptizität
3.5 Das Prinzip von conditio vs. consequentia
3.6 Ungewöhnliche Satzgliedstellungen

4. Fazit

Anhang 1: Die Gedichte
Anhang 2: Tabellen.

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die hier vorliegende Arbeit analysiert, nach dem Modell von Franz Simmler[1], Gedichte in Bezug auf ihre Aufbauprinzipen und Textfunktionen, ausgehend von generellen Initiatoren der vier für diese Analyse ausgewählten Anthologien, über die spezifischen Initiatoren der einzelnen Gedichte, bis hin zu ihren besonderen makro- und mikrostrukturellen sowie syntaktischen Merkmalen.

Betrachtet werden somit zunächst generelle Initiatoren der vier Anthologien wie Titelblatt, Auswahlzeitraum der Gedichte, Hinweise auf den Herausgeber, Ort, Zeit, Erscheinungsjahr, ggf. auch das Inhaltsverzeichnis, ein Vorwort sowie Kommentare oder Anmerkungen zu den Gedichten mit Interpretationshinweisen. Daran schließt sich eine Analyse spezifischer Initiatoren von vierzehn, diesen vier Anthologien entnommenen Gedichten (vgl. Anhang 1), von Autoren verschiedener Epochen, an. Dabei wird auch die Nennung von Autorennamen untersucht. Anschließend erfolgt eine Analyse von Gedichtüberschriften, wobei betrachtet werden soll, um was für Satztypen es sich bei diesen handelt und in welchem Verhältnis die Gedicht-Titel inhaltlich-funktional zu ihren jeweiligen lyrischen Texten stehen.

Des Weiteren werden dann die besonderen mikro- und makrostrukturelle Merkmale der Gedichte und ihre jeweiligen Funktionen dargestellt. In diesem Zusammenhang werden zunächst makrostrukturellen Eigenschaften, wie die Verwendung oder Ablehnung von Reimstrukturen, Groß- oder Kleinschreibung innerhalb der Gedichte sowie das Prinzip der Parallelität betrachtet und erläutert, welche Funktionen bzw. Auswirkungen diese Faktoren in Bezug auf die Ebene des übergeordneten Textinhaltes haben.

Anschließend soll der Zusammenhang zwischen den kleineren syntaktischen Einheiten, d.h. zwischen spezielleren Strukturen auf niedrigerer Ebene, wie einzelnen Wörtern, Teilsätzen und Sätzen mit übergeordneten semantischen Texteinheiten, dem globalen Textthema, d.h. dem inhaltlichen Kern der Texte oder Textabschnitte, aufgezeigt und in ihrer Kombination bzw. Wechselwirkung beschrieben werden.[2] In diesem Kontext erfolgt eine Analyse der syntaktischen Konstruktion von Zweigliedrigkeit. Es werden dabei zunächst mikrostrukturelle Merkmale – Wörter sowie Satzglieder – der jeweiligen, hier zu analysierenden Texte betrachtet, durch welche, im Zusammenhang mit der Makrostruktur des entsprechenden Gedichts, Zweigliedrigkeit konstituiert wird. Anschließend wird aufgezeigt, wie die Konstruktion parataktischer bzw. hypotaktischer Teilsätze sowie Zäsuren bzw. Diäresen und Elliptizität genutzt werden, um Zweigliedrigkeit auf formaler Ebene zu gestalten. Zudem wird das Prinzip der conditio vs. consequentia anhand einiger Beispiele aufgezeigt und abschließend ungewöhnliche Satzgliedstellungen in Bezug auf ihre Funktion bzw. Intention betrachtet (die Tabellen stellen zudem noch weitere Aspekte zu der behandelten Thematik dar, welche allerdings innerhalb dieser Analyse keine Erwähnung finden, da dies der angestrebte Umfang dieser Arbeit nicht zulässt. Sie bieten aber die Möglichkeit, einen noch differenzierteren Einblick in das hier behandelte Thema zu erlangen).

Die Ergebnisse der Analyse werden zusammenfassend in den Tabellen 1-3 (siehe Anhang) erfasst. Sie dienen der Übersichtlichkeit sowie statistischer Überlegungen in Bezug auf die hier aufgestellten Thesen zu den allgemeinen Eigenschaften von Anthologien und ihren Gedichten sowie den speziellen Strukturmerkmalen der lyrischen Texte.

2. Generelle und spezifische Initiatorenbündel

2.1 Generelle Initiatoren

Gedichte sind zunächst einmal grundsätzlich in allgemeine Initiatoren einbezogen. Dies zeigt eine erste Analyse der vier verschiedenen von mir ausgewählten Anthologien, aus welchen die hier zu analysierenden vierzehn Gedichte stammen: Das Titelblatt der ersten Publikation gibt – „unter kommunikativem Aspekt“[3] – den Hinweis darauf, dass es sich bei dieser Anthologie um ein „große[s] deutsche[s] Gedichtbuch“ handelt.[4] Auch wird ein Zeitraum genannt („von 1500 bis zur Gegenwart“), aus welchem die hier ausgewählten lyrischen Texte stammen. Als Herausgeber nennt sich Karl Otto Conrady. Im Zusammenhang mit dem Ort (München) wird hier auch das Erscheinungsjahr – 1991 – genannt. Dieses Bündel genereller Initiatoren wird zudem erweitert durch ein Vorwort des Herausgebers, sowie ein Inhaltsverzeichnis. Hinweise auf Interpretationen zu den lyrischen Texten – als Möglichkeit einer Erweiterung des Bündels allgemeiner Initiatoren[5] – entfallen hingegen.

Bei den weiteren drei Anthologien handelt es sich um gesammelte Gedichte jeweils eines einzelnen Autors. So finden sich bei der zweiten Anthologie der Name des Dichters – Erich Fried –, sowie ein Titel, „Zur Zeit und zur Unzeit“[6], verbunden mit dem Hinweis, dass es sich um Gedichte handle, auf dem Titelblatt. Zudem sind Ort (Berlin) und Datum (2001) gegeben. Auch ein Inhaltsverzeichnis ist vorhanden.

Bei Jandl[7] sind, abgesehen von dem Titel der Anthologie (Gesammelte Werke) und Ort (Darmstadt und Neuwied), dem Erscheinungsjahr (1985) sowie dem Inhaltsverzeichnis, zudem Kommentare zu den Gedichten gegeben.

Bei der Goethe-Anthologie[8] steht der Dichter ebenfalls auf dem Titelblatt. Der Buchtitel – Gedichte – ist allgemein gehalten. Die weiteren generellen Initiatoren wie Ort (München) und Erscheinungsjahr (1999) werden hierbei durch ein Nachwort, einen Kommentar sowie Anmerkungen zu den Gedichten mit Interpretationshinweisen und ein Inhaltsverzeichnis erweitert.

Somit zeigt sich, dass einige der allgemeinen Initiatoren – zumindest bei den hier betrachteten Anthologien – generell vorhanden sind, so z.B. das Titelblatt, die Nennung eines Herausgebers, des Erscheinungsortes und -jahres sowie ein Inhaltsverzeichnis. Der Grund für ihr Vorhandensein ist einleuchtend: Ohne diese Initiatoren wäre „eine Publikation eines einzelnen Gedichtes nicht möglich“[9]. Hingegen fehlen in manchen Anthologien generelle Initiatoren wie Kommentare oder Interpretationshinweise zu den Gedichten, was sich wohl in erster Linie darauf zurückführen lässt, dass eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit bestimmten lyrischen Texten noch nicht erfolgt ist. Auch ist nicht jeder Anthologie ein Hinweis auf den Auswahlzeitraum, aus denen die jeweiligen lyrischen Texte stammen, immanent. Das ist auch nicht immer zwingend notwendig, da solche Angaben im Zusammenhang mit einzelnen Gedichten erfolgen können. Bei Anthologien einzelner Autoren lässt sich hingegen, sollten zeitliche Angaben fehlen, ein ungefährer Zeitraum dichterischer Schaffensperiode annehmen, da der Schriftsteller nur in der Zeit geschrieben haben kann, in der er gelebt hat.

Nachdem nun das Vorhandensein oder nicht Vorhandensein bestimmter genereller Initiatoren betrachtet wurde, soll nun eine Analyse spezifischer Initiatoren und ihrer Funktionen erfolgen.

2.2 Spezifische Initiatoren

2.2.1 Autorennennung

Der generelle Initiator ist mit einem spezifischen Initiator verbunden, der die Autorennennung sowie die Gedichtüberschrift umfasst. Die aus dem Conrady stammenden Texte (Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14) weisen eine Autorennennung stets zu Beginn einer Reihe aufgenommener Gedichte auf – die Autorennamen werden dann kontinuierlich im Kolumnentitel wiederholt.

Eine solche Form ergibt sich bei den anderen von mir ausgewählten Anthologien nicht, weil es sich hierbei um gesammelte Gedichte der jeweiligen Autoren – Goethe (Nr. 1), Fried (Nr. 10) und Jandl (Nr. 4) – handelt. Somit entfällt bei diesen Publikationen der erste spezifische Initiator, da die Autorennennung bereits auf dem Titelblatt enthalten ist.

Ein weiterer spezifischer Initiator ist die Überschrift des Gedichts. Anhand einer Reihe von Beispielen soll nun, im folgenden Kapitel, aufgezeigt werden, um welche Satztypen es sich bei Gedichtüberschriften – zumindest bei den hier ausgewählten Gedichten – überwiegend handelt.

2.2.2 Gedichtüberschriften

Bei dem Titel des Eichendorff-Gedichts, Mondnacht (Nr. 2), handelt es sich um einen eingliedrigen Nominalsatz. Der Titel des Grass-Gedichts (Nr. 13) weist noch eine Erweiterung des nominalen Nukleus (Seeschlacht) durch einen Artikel (Die) auf. Bei Hesse (Nr. 9) ist die Überschrift zusätzlich noch durch ein Adjektiv ausgebaut worden und dabei ebenfalls als Nominalsatz ausgestaltet: Der alte Mann. Auch bei dem Titel des Goll-Gedichts (Nr. 7), welchem neben dem Nukleus (Seen) noch eine Präposition (In) und ein Adjektiv (uralten) immanent sind, handelt es sich um einen Nominalsatz, ebenso bei Schacht (Nr. 6), bei dem der nominale Nukleus durch Präpositional-Attribute ergänzt wird (Die Bibliothek von Sarajevo). Gemein ist diesen Überschriften also, dass sie alle als Nominalsätze konstruiert wurden: Sie besitzen alle einen nominalen Nukleus.[10]

Freilich sind nicht alle Gedichtüberschriften als Nominalsätze konstruiert. Eine Ausnahme bildet beispielsweise der Titel des Chamisso-Gedichts (Nr. 3): Bei Geh du nur hin handelt es sich um einen Verbalsatz. Aber tendenziell (vgl. auch die Tabelle) überwiegt hier, in Bezug auf die Überschrift, der Nominalsatz: Elf von vierzehn Gedichten, also knapp 79%, weisen diesen auf. Dies kommt zustande, weil ja der Gegenstand des Gedichts im Gedichttitel wiedergegeben wird, der den Leser auf den folgenden lyrischen Text einstimmen soll. In der Regel handelt es sich dabei um einen Sachverhalt oder einen Vorgang, der sich in Form eines Substantivs ausdrücken lässt. Dieses Substantiv bildet dann auch den Kern des Titels und damit auch in der Regel den Nukleus des Satzes.

Im Weiteren soll gezeigt werden, in welchem Zusammenhang diese Überschriften zu den ihnen folgenden lyrischen Texten stehen.

2.2.3 Die Überschrift in Verbindung mit den lyrischen Texten

Der Gedicht-Titel ist mitunter mit der sich an sie anschließenden ersten Verszeile verbunden, da sie oftmals mit dem Kontext des nachfolgenden Textes in Verbindung steht. Dies kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. So besteht beispielsweise bei Golls Gedicht In uralten Seen (Nr. 7) eine Identität zwischen Überschrift und erster Textzeile. Der Titel übernimmt hier auch eine Satzgliedfunktion: Durch die wortgenaue Wiederholung dieser adverbialen Präpositionalgruppe innerhalb der ersten Textzeile wird ein isoliert gebrauchter einfacher Satz aufgebaut und damit eine Handlung über jene traurigen Fische mit ihren Augen aus Furcht ausgebreitet. Somit kann, im Hinblick auf die Identität zwischen Überschrift und Textteil, zum einen eine Verknüpfung zwischen Überschrift und Textkorpus erreicht und zum anderen der thematische Kern des lyrischen Textes dem inhaltlichen Gesamtzusammenhang hinzugeführt werden. Doch nur selten ist in Bezug auf die hier behandelten Gedichte das hier aufgezeigte Prinzip syntaktisch und lexikalisch miteinander verschränkter Überschriften und Verszeilen gegeben. Insgesamt tritt diese nur bei drei von vierzehn Gedichten auf.

Bei Brecht wird die Überschrift in lexikalisch variierter Form wieder aufgegriffen. So wird das im Titel vorgegebene Kompositum Der Radwechsel (Nr. 14) innerhalb der zweiten Verszeile mit wechselt das Rad lexikalisch abgewandelt und in einer syntaktischen Fügung aufgelöst. Eine solche paraphrasierende Wiederaufnahme der Überschrift ist überwiegend der Fall: Bei elf von vierzehn Gedichten kommt sie vor.

Einige Gedichte weisen auch Titel auf, in denen lediglich Hinweise auf die folgende Präsentationsform gegeben sind, ein Beispiel dafür ist Jandls sommerlied (Nr. 4). Bei Schacht (Nr. 6) wiederum sind thematische Andeutungen vorhanden: Die Bibliothek von Sarajevo.

Zuweilen fällt der spezifische Initiator der Überschrift auch weg, so fehlt er bei beispielsweise bei Goethe (Nr. 1), was darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei diesem Text zwar um eine selbstständige Einheit handelt, diese aber im Zusammenhang mit einer größeren Einheit steht, und zwar in einem aus vierzehn (mit römischen Ziffern nummerierten) Gedichten bestehenden Eingangszyklus mit dem Titel „Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten“. Somit erfüllt sie eine Teilfunktion. Daher ist hierbei auch eine spezifische Überschrift nicht notwendig.[11]

Im Weiteren soll nun die Makrostruktur der Gedichte näher betrachtet werden. Dabei wird zunächst der Reim als Formprinzip analysiert, aber auch die Motivation, diesen auszusparen.

3 Makrostruktur

3.1 Annahme oder Ablehnung des Formprinzips der Reimstruktur

Eine kontinuierliche Reimstruktur findet sich bei Gryphius und Logau, zudem bei Goethe und Chamisso. Sie kann hier als zeitgemäß angesehen werden, da der Endreim seit seiner höchsten Vollendung in der mittelhochdeutschen Klassik bis ins 18. Jahrhundert „unbeschränkt in der deutschen Dichtung herrscht“[12]. In den Gedichten der Romantik und der Klassik ist er ebenfalls „immer vorhanden“[13].

Etwas anders sieht es bei den Dichtern der späteren Zeit aus, mit Ausnahme von Hesse, der sich als Neoromantiker dem kontinuierlichen Reim als Formprinzip verschreibt. Der Reim wird nicht mehr kontinuierlich durchgeführt. Zum Teil taucht er zwar auf, wird aber auch unterbrochen. So enden bei Jandl die ersten beiden Strophen auf das gleiche Substantiv: wiesen, die anderen beiden Strophen sind hingegen gereimt: wald/landaufenthalt. Der Parallelismus menschen auf den wiesenmenschen unter den wiesen bringt einen Vorgang zum Ausdruck, der durch das doppelte Auftreten des Substantivs wiesen am Zeilenende hervorgehoben wird. Bei Rilke ist der Reim auch nicht kontinuierlich vorhanden, so fehlt zu dem Adjektiv groß ein entsprechendes Reimwort, die anderen Verszeilen weisen hingegen Reime auf: Seinen/weinen/meinen sowie Munds/uns. Die Größe des Todes findet nicht ihresgleichen, daher fehlt der Reim auf groß. Kästner reimt nur die entscheidenden Wörter aufeinander: Alexanders/anders, um dieses Gegensatzpaar (vgl. dazu Kapitel 3.4) hervorzuheben. Schacht (Nr. 6) verzichtet auf den Reim – die Ordnung der Welt ist mit dem Krieg in Sarajevo aus den Fugen geraten und somit ist der Reim als Ordnungsprinzip nicht mehr angebracht. Ähnlich verhält es sich bei Grass (Nr. 13) der, in seiner Anspielung auf den zweiten Weltkrieg, durch die Reimlosigkeit das Fehlen von Harmonie zum Ausdruck bringt. Ebenfalls keine Reime finden sich bei den modernen Lyrikern Fried (Nr. 7), Goll (Nr. 10) und Brecht (Nr. 14).

3.2 Groß- und Kleinschreibung

Auch ist eben diesen Dichtern (mit Ausnahme von Goll) gemeinsam, dass sie das Prinzip der Großschreibung am Zeilenbeginn durchbrechen. Während Gryphius (Nr. 12), Logau (Nr. 11), Goethe (Nr. 1), Chamisso (Nr. 3) und Hesse (Nr. 9) (welche auch den kontinuierlichen Reim als Formprinzip verwenden) am Beginn einer jeden Verszeile mit der Großschreibung einsetzen, verzichten Jandl (Nr. 4), Rilke (Nr. 5), Fried (Nr. 7), Grass (Nr. 13) und Schacht (Nr. 6) auf dergleichen, was auch mit der Motivation, der alten Form entgegenzuwirken, in einem Zusammenhang stehen kann. Goll (Nr. 10) hingegen folgt noch dem traditionellen Formprinzip, was womöglich auch mit einigen inhaltlichen Elementen innerhalb seines Gedichts korrespondieren soll (vgl. dazu das Kapitel 5 unter dem Aspekt Sprache mit altertümlichem Charakter).

Insbesondere bei Goll ist auch die äußere Form des Gedichts deutlich mit inhaltlichen Aspekten verknüpft. Diese sollen im folgenden Kapitel aufgezeigt und analysiert werden.

3.3 Parallelität

Golls Gedicht besteht aus einem einzigen Gesamtsatz, der sich aus sechs Teilsätzen zusammensetzt und der eine deutliche Parallelität in der Versanordnung aufweist.[14] Die Parallelität der Verse besteht in ihrer spiegelverkehrten Vers-Anordnung, die Verszeilen weisen die folgende Zeilenzahl auf: 3 – 2 – 2 – 3. Optisch fallen zudem noch die Verslängen ins Auge: Die Zweizeiler weisen längere Verszeilen auf als die Dreizeiler. Somit ergibt sich folgendes Schema:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Vgl. Simmler, Franz: Zum Verhältnis von Satz und Text in lyrischen Gedichten. In: Der Buchstabe tödt – der Geist macht lebendig. Festschrift zum 60. Geburtstag von Hans-Gert Roloff von Freunden, Schülern und Kollegen. Hrsg. v. James Hardin. Bd. 1, S. 55-105.

[2] Vgl. „Makrostruktur“, in: Bußmann, Hadumod [Hrsg.]: Lexikon der Sprachwissenschaften. Dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart 2002, S. 417-418 und Simmler, Franz (wie Anm. 1), S. 71ff.

[3] Simmler, Franz (wie Anm. 1), 66-67.

[4] Das große deutsche Gedichtbuch von 1500 bis zur Gegenwart. Neu herausgegeben und aktualisiert von Karl Otto Conrady. München 1991.

[5] Simmler, Franz (wie Anm. 1), S. 66-67.

[6] Fried, Erich: Zur Zeit und zur Unzeit. Gedichte. Berlin 2001.

[7] Jandl, Ernst: Gesammelte Werke. Bd. 1, Darmstadt und Neuwied 1985.

[8] Goethe, Johann Wolfgang: Gedichte. Einmalige Jubiläumsausgabe zum 250. Geburtstag Goethes am 28.8.1999. Hrsg. und kommentiert von Erich Trunz. München 1999.

[9] Simmler, Franz (wie Anm. 1), S. 66.

[10] „Nominalsätze sind Satztypen, die aus einem oder mehreren nominalen Satzgliedern bestehen und einen nominalen, d.h. nichverbalen, Nukleus besitzen. Dieser Nukleus kann von einem Substantiv, einem Pronomen, aber auch einem Adverb oder Adjektiv, gebildet werden.“ In: Simmler, Franz: Nominalsätze im AHD, in: Althochdeutsch. Syntax und Semantik. Akten des Lyoner Kolloquiums zur Syntax und Semantik des Althochdeutschen (1-3 März 1990) herausgegeben von Yvon Desportes, Centre d’études Linguistique Jacques Coudet. Série germanique ancien 1, Lyon 1992, S. 153-197.

[11] Vgl. Simmler, Franz (wie Anm. 1), S. 67.

[12] „Reim“, in: Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. 6., verbesserte und erweiterte Auflage. Stuttgart 1979, S. 664-666, hier: S. 665.

[13] Simmler, Franz (wie Anm. 1), S. 73.

[14] Goll verzichtet hier – abgesehen von dem Gedankenstrich am Ende des dritten Verses – auf Satzzeichen und generell auf Interpunktion und überlässt dem Leser damit die Entscheidung, dieses Gedicht als Gesamtsatz zu lesen oder nicht.

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Aufbauprinzipien und Funktionen von Initiatorenbündeln, Makrostrukturen und syntaktischen Merkmalen in Gedichten
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Philosophie und Geisteswissenschaften Institut für Deutsche Philologie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
35
Katalognummer
V62466
ISBN (eBook)
9783638557016
ISBN (Buch)
9783638668705
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufbauprinzipien, Funktionen, Initiatorenbündeln, Makrostrukturen, Merkmalen, Gedichten
Arbeit zitieren
Shuang Liu (Autor:in), 2006, Aufbauprinzipien und Funktionen von Initiatorenbündeln, Makrostrukturen und syntaktischen Merkmalen in Gedichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62466

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