Die Brisanz und Bedeutung des Themas Ursachen von Bildungs(miss)erfolg von Migrantenkindern liegt auf der Hand.
Die Anzahl ausländischer Schüler ist kontinuierlich gestiegen, außer in den Stagnationsphasen 1982-85 und 1997-99 und lag im Schuljahr 2000/2001 im Westen bei einem Anteil von 11,25 % (Diefenbach (2004: 227)). Auch zukünftig wird die Bundesrepublik auf gezielte Zuwanderung angewiesen sein, aufgrund der demographischen Altersentwicklung und dem Bedarf an Hochqualifizierten. Zudem steht der Zusammenhang von Bildung und zukünftigen Lebenschancen, (Re-)Produktion sozialer Ungleichheit und Lebenssituation fest. Wichtig ist daher für alle in der Bundesrepublik lebenden Menschen, dass sie auf das weitere Leben und den immer anspruchsvoller werdenden Arbeitsmarkt vorbereitet sind. Im Zuge der Bildungsexpansion gab es zwar einen Zuwachs an Bildungschancen in allen Sozialschichten, jedoch ist dadurch kein Abbau von sozialer Ungleichheit eingetreten. Neben Kindern aus den sozialen Unterschichten sind besonders Migranten von der Ungleichheit betroffen. In einem ersten Schritt werden daher zunächst deskriptive Befunde des SOEP die Bildungssituation der Migrantenkinder veranschaulichen. Dabei sollen speziell die Unterschiede innerhalb der verschiedenen Migrantengruppen deutlich werden. Diese Analyse wird eindeutig ausfallen, im Gegensatz zur Klärung der ursächlichen Faktoren, die in der Forschung diskutiert werden. Das liegt daran, dass die empirische Erforschung der Determinanten noch in ihren Anfängen steckt und erste Arbeiten erst ab den Achtziger und Neunziger Jahren statt gefunden haben. Diefenbach (2004: 225) führt das nicht unbegründet auf die Zuwanderungspolitik der Bundesrepublik zurück. In den Sechziger Jahren war die Beschulung von ausländischen Kindern ein randständiges Thema, eine allgemeine Schulpflicht gab es nicht. Bildungsbeteiligung von Migrantenkindern wurde erstmals in den Siebziger Jahren im Rahmen einer Integrationspolitik diskutiert. Dabei ging es um den Versuch einer bildungspolitischen Integration bei gleichzeitigem Beibehalt der kulturellen Identität der Migranten. Schulversagen wurde in der Diskussion der Siebziger und Achtziger Jahre als Ergebnis eines Akkulturationsprozesses interpretiert. Ausländerpädagogische Maßnahmen der Achtziger und Neunziger Jahre zielten daher auf die Beseitigung der kulturell bedingten Defizite.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP)
- Vorgehensweise, Datenbasis und Grenzen
- Befunde zur Bildungspartizipation
- Vorschulische Partizipation
- Der Übergang in die Sekundarstufe
- Universitäts- und Fachhochschulbesuch
- Berufliche Bildung, Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit
- Der Übergang in die Sekundarstufe (1985- 1995)
- Nationalitätenunterschiede beim Übergang von der Grundschule zur Sekundarstufe
- Ursachenanalyse
- Makroebene: Ausländer- und Zuwanderungspolitik
- Mesoebene: Institution Schule
- Selektierendes Schulsystem und Bildungspolitik
- Institutionalisierte Diskriminierung
- Übertrittsempfehlung in die Sekundarstufe: Ursache von Schulnoten und ethnischer Konzentration in der Schule
- Mikroebene: Familie
- Rückkehrabsichten
- Sozioökonomische Faktoren und soziale Schichtung
- Kulturelle Faktoren
- Platzierungsverhalten und Sphärendiskrepanz
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bildungssituation türkischer Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die Analyse zielt darauf ab, die Ursachen für Bildungs(miss)erfolg dieser Gruppe aufzudecken und verschiedene Ebenen des Bildungsprozesses zu betrachten, angefangen von der Makroebene der Zuwanderungspolitik bis hin zur Mikroebene der familiären Faktoren.
- Bildungspartizipation türkischer Migrantenkinder im Vergleich zu deutschen Kindern
- Einfluss der Zuwanderungspolitik auf die Bildungssituation von Migrantenkindern
- Rollen des Schulsystems und der institutionellen Rahmenbedingungen bei der Entstehung von Bildungsungleichheiten
- Sozioökonomische und kulturelle Faktoren im familiären Umfeld, die die Bildungserfolge von Migrantenkindern beeinflussen
- Analyse der "Multikausalität" von Bildungsungleichheiten
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Bildungs(miss)erfolge von Migrantenkindern in Deutschland ein. Sie beleuchtet die Bedeutung des Themas im Kontext der demografischen Entwicklung und der Bedeutung von Bildung für die Lebenschancen. Des Weiteren wird der Forschungsstand zur Bildungssituation von Migrantenkindern kurz zusammengefasst und die Forschungsmethodik der Arbeit beschrieben.
- Das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP): Dieses Kapitel stellt das SOEP (Sozio-Ökonomisches Panel) vor, eine Längsschnittstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die als Datenquelle für die Analyse der Bildungssituation von Migrantenkindern genutzt wird. Das Kapitel erläutert die Vorgehensweise bei der Datenerhebung, die Datenbasis und die Grenzen des SOEP.
- Ursachenanalyse: Dieses Kapitel untersucht die Ursachen für Bildungs(miss)erfolge von türkischen Migrantenkindern aus verschiedenen Perspektiven. Es betrachtet die Makroebene (Zuwanderungspolitik), die Mesoebene (Institution Schule) und die Mikroebene (Familie).
- Makroebene: Dieses Unterkapitel beleuchtet die Rolle der deutschen Zuwanderungspolitik und ihren Einfluss auf die Bildungsbeteiligung von Migrantenkindern.
- Mesoebene: Dieses Unterkapitel analysiert die Institution Schule als einen Einflussfaktor auf die Bildungssituation von Migrantenkindern. Es untersucht die Selektivität des Bildungssystems, mögliche Formen der Diskriminierung und die Bedeutung der Klassenzusammensetzung sowie der Übertrittsempfehlungen in die Sekundarstufe.
- Mikroebene: Dieses Unterkapitel analysiert die Rolle der Familie als Einflussfaktor auf die Bildungserfolge von Migrantenkindern. Es untersucht sozioökonomische Faktoren, kulturelle Einflüsse und sozialisationsspezifische Ursachen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Bildungssituation, Migrantenkinder, türkische Kinder, Bildungs(miss)erfolg, Bildungsungleichheit, Zuwanderungspolitik, Schulsystem, Diskriminierung, Familie, Sozioökonomische Faktoren, Kulturelle Faktoren, Multikausalität.
- Arbeit zitieren
- Kim Wiesel (Autor:in), 2005, Befunde und Ursachen zur Bildungssituation türkischer Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62621