Niemand kann jede Neuerscheinung auf dem Buchmarkt lesen. Die Programmvielfalt im Fernsehen ist schier erdrückend und jede Woche kommen ein Dutzend neue Filme ins Kino. In diesem Wirrwarr bietet es einen ungemeinen Vorteil, schnell erkennen zu können, was wichtig ist und was unwichtig, was interessant ist und was langweilig. Deshalb sind wir darauf angewiesen, in Büchern eine kurze Inhaltsangabe zu finden, mithilfe von Videotext oder Fernsehzeitschrift über die Handlung von Spielfilmen informiert zu werden oder durch Überschriften und Dachzeilen die uns interessierenden Zeitungsartikel herausfiltern zu können. Bevor wir eine Wahl treffen, wollen wir wissen, was uns erwartet und das Angebot mit seinen Alternativen vergleichen.
Auch wenn die Masse der Informationen, die auf die Menschen im 18. Jahrhundert einstürzte, geringer war als die, mit der Menschen aus dem 21. Jahrhundert zu kämpfen haben, erkannte der englische Schriftsteller Henry Fielding bereits damals, dass seine potenziellen Leser wissen wollen, worum es in seinen Romanen geht, bevor sie mit der Lektüre beginnen. Auch die Leser des 18. Jahrhunderts konnten schon zwischen einer Vielzahl an literarischen Texten wählen. Unter anderem deshalb hat Fielding all seine Romane in Bücher und Kapitel gegliedert und diesen Einheiten Überschriften vorangestellt. In Tom Jones (1749) wird die Funktion dieser Überschriften erläutert: Sie sollen dem Leser mitteilen, was ihn im folgenden Text erwartet und es ihm so erleichtern, zu entscheiden, ob er den Text lesen will. Mit dieser sehr wichtigen Funktion sind die Aufgaben der Kapitelüberschrift jedoch noch lange nicht erschöpft. Die dieser Arbeit zugrundeliegende Frage lautet deshalb: Welche Funktionen erfüllt die Kapitelüberschrift in Henry Fieldings Roman Tom Jones?
Um dies zu klären, sollen zuerst die Überlegungen dargelegt werden, die in Tom Jones und Joseph Andrews (1742), ebenfalls von Henry Fielding verfasst, zu diesem Thema angestellt werden. Dann werden die Kapitelüberschriften in Tom Jones analysiert, daraus Rückschlüsse auf ihre Funktionen gezogen und die Ergebnisse mit den Postulaten in den Romanen verglichen. Ich hoffe, auf diese Weise Zusammenhänge zu erkennen, die für die Interpretation des gesamten Romans bedeutend sind.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Explizite Hinweise auf die Funktion von Kapitelüberschriften in Fieldings Romanen Tom Jones und Joseph Andrews
- 3. Analyse der Kapitelüberschriften in Tom Jones
- 3.1 Handlungsbezogene Überschriften
- 3.2 Rezeptionsbezogene Überschriften
- 3.3 Überschriften, die auf die Fiktionalität des Romans verweisen
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Funktion von Kapitelüberschriften in Henry Fieldings Roman "Tom Jones". Die Zielsetzung besteht darin, die verschiedenen Funktionen dieser Überschriften zu analysieren und ihre Bedeutung für die Interpretation des Romans aufzuzeigen. Die Forschung auf diesem Gebiet ist bisher lückenhaft.
- Analyse der expliziten Hinweise Fieldings auf die Funktion der Kapitelüberschriften in "Tom Jones" und "Joseph Andrews".
- Kategorisierung der Kapitelüberschriften in "Tom Jones" nach verschiedenen Funktionen (handlungsbezogen, rezeptionsbezogen, fiktionalitätsbezogen).
- Vergleich der Ergebnisse mit den expliziten Aussagen Fieldings.
- Aufzeigen der Bedeutung der Kapitelüberschriften für das Verständnis des Romans.
- Beitrag zur Schließung der Forschungslücke bezüglich der Funktion von Kapitelüberschriften in Fieldings Werk.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Forschungsfrage nach den Funktionen der Kapitelüberschriften in Henry Fieldings "Tom Jones". Sie vergleicht die Informationsflut des 18. Jahrhunderts mit der heutigen Informationsgesellschaft und betont die Notwendigkeit, schnell wichtige von unwichtigen Informationen unterscheiden zu können. Fieldings Entscheidung, seine Romane mit Kapitelüberschriften zu versehen, wird im Kontext dieser Überlegungen präsentiert, wobei der Fokus auf dem Wunsch liegt, dem Leser einen Überblick und die Möglichkeit der Auswahl zu bieten. Die Einleitung skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit, der sowohl explizite Hinweise Fieldings als auch eine Analyse der Kapitelüberschriften selbst umfasst. Die Bedeutung der Kapitelüberschrift als Forschungsgegenstand wird hervorgehoben, da bisherige Forschung zu diesem Aspekt von Fieldings Werk fehlt.
2. Explizite Hinweise auf die Funktion von Kapitelüberschriften in Fieldings Romanen Tom Jones und Joseph Andrews: Dieses Kapitel analysiert die Stellen in "Tom Jones" und "Joseph Andrews", in denen Fielding selbst die Funktion der Kapitelüberschriften kommentiert. Es wird der Vergleich mit einer Speisekarte herausgestellt, der die Funktion der Überschriften als Orientierungshilfe und Entscheidungsgrundlage für den Leser veranschaulicht. Das Kapitel verdeutlicht, dass Fielding die Kapitelüberschriften als ein wichtiges Werkzeug zur Steuerung der Leserwartung und zur Vermeidung von Enttäuschungen betrachtet. Die Analyse dieses Kapitels legt den Grundstein für die darauf folgende detailliertere Untersuchung der Kapitelüberschriften in "Tom Jones".
3. Analyse der Kapitelüberschriften in Tom Jones: Dieses Kapitel stellt die Kernanalyse dar. Es untersucht die Kapitelüberschriften von "Tom Jones", indem es sie in verschiedene Kategorien unterteilt, wie beispielsweise handlungsbezogene, rezeptionsbezogene und Überschriften, die auf die Fiktionalität des Romans verweisen. Jede Kategorie wird mit konkreten Beispielen aus dem Roman belegt und deren jeweilige Funktion erläutert. Die Analyse zeigt, wie Fielding durch die Wahl und Gestaltung der Überschriften die Handlung vorwegnimmt, den Leser in die Erzählung einbindet oder die künstliche Natur des Romans betont. Die verschiedenen Funktionen der Überschriften werden im Detail diskutiert und ihre Interdependenzen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Henry Fielding, Tom Jones, Kapitelüberschriften, Romananalyse, Rezeption, Fiktionalität, Informationsgesellschaft, Leserlenkung, Erzähltechnik, 18. Jahrhundert, Joseph Andrews.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Kapitelüberschriften in Henry Fieldings "Tom Jones"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Funktion von Kapitelüberschriften in Henry Fieldings Roman "Tom Jones". Sie untersucht, wie Fielding diese Überschriften einsetzt, um den Leser zu lenken, die Handlung vorwegzunehmen und die Fiktionalität des Romans zu betonen. Ein besonderer Fokus liegt auf der bisher lückenhaften Forschung zu diesem Aspekt von Fieldings Werk.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die verschiedenen Funktionen der Kapitelüberschriften in "Tom Jones" zu identifizieren und zu kategorisieren. Sie untersucht explizite Hinweise Fieldings auf die Funktion dieser Überschriften in "Tom Jones" und "Joseph Andrews". Die Ergebnisse werden verglichen und ihre Bedeutung für das Verständnis des Romans "Tom Jones" aufgezeigt. Letztlich trägt die Arbeit dazu bei, die Forschungslücke zu diesem Thema zu schließen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Die expliziten Äußerungen Fieldings zur Funktion der Kapitelüberschriften; die Kategorisierung der Überschriften in "Tom Jones" nach handlungsbezogenen, rezeptionsbezogenen und fiktionalitätsbezogenen Funktionen; der Vergleich der Analyseergebnisse mit Fieldings eigenen Aussagen; die Bedeutung der Kapitelüberschriften für das Verständnis des Romans; und der Beitrag zur Schließung der Forschungslücke.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Analyse der expliziten Hinweise Fieldings auf die Funktion der Kapitelüberschriften, ein Kapitel zur detaillierten Analyse der Kapitelüberschriften in "Tom Jones" (unterteilt in Unterkapitel zu verschiedenen Funktionen der Überschriften), und ein Fazit. Die Einleitung stellt den Kontext und die Forschungsfrage dar, während das Fazit die Ergebnisse zusammenfasst.
Welche Arten von Kapitelüberschriften werden in "Tom Jones" unterschieden?
Die Arbeit unterscheidet zwischen handlungsbezogenen Überschriften, die die Handlung vorwegnehmen oder zusammenfassen; rezeptionsbezogenen Überschriften, die den Leser ansprechen oder seine Erwartungen steuern; und Überschriften, die auf die Fiktionalität des Romans verweisen und den künstlichen Charakter der Erzählung betonen.
Wie vergleicht die Arbeit die Kapitelüberschriften mit Fieldings eigenen Aussagen?
Die Arbeit analysiert Stellen in "Tom Jones" und "Joseph Andrews", in denen Fielding selbst die Funktion der Kapitelüberschriften kommentiert. Diese expliziten Hinweise werden mit den Ergebnissen der Analyse der Kapitelüberschriften verglichen, um die Übereinstimmung und die Bedeutung der Überschriften für Fieldings Erzählstrategie zu belegen.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
(Der genaue Inhalt des Fazits ist in der Zusammenfassung nicht explizit aufgeführt, aber es wird erwartet, dass es die Ergebnisse der Analyse zusammenfasst und die Bedeutung der Kapitelüberschriften für das Verständnis von "Tom Jones" herausstellt.)
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Die relevanten Schlüsselwörter sind: Henry Fielding, Tom Jones, Kapitelüberschriften, Romananalyse, Rezeption, Fiktionalität, Informationsgesellschaft, Leserlenkung, Erzähltechnik, 18. Jahrhundert, Joseph Andrews.
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- Ulrike Wronski (Autor:in), 2006, Die Funktionen der Kapitelüberschrift in Henry Fieldings Roman "Tom Jones", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62863