„Die internationalen Geld- und Kapitalmärkte stellen den Marktteilnehmern heute eine breite Palette von Finanzinstrumenten zur Verfügung, durch die Vermögensansprüche, Zahlungsströme und Risiken handelbar gemacht werden. Besonders stark gewachsen ist in den letzten Jahren der börsliche und außerbörsliche Handel mit Finanzinstrumenten.“ Dadurch „ist der aktuelle Rechnungslegungsrahmen verstärkt unter Druck geraten, weil er die ökonomische Realität nicht angemessen widerspiegelt. Die immer nachdrücklichere Forderung der Investoren nach Transparenz und Steigerung des Unternehmenswertes nach dem Shareholder-Value-Prinzip zwingt die Unternehmen dazu, Informationen zu veröffentlichen, die dem Einfluss der vorherrschenden Konjunkturlage auf ihre Finanzausstattung besser Rechnung tragen.“
Gerade im Bereich der Finanzinstrumente und Derivate sind die Unterschiede bei Ansatz und Bewertung zwischen nationalen und internationalen Rechnungslegungswerken interessant, denn im deutschen Handelsbilanzrecht werden Derivate oftmals als schwebende Geschäfte angesehen und dadurch grundsätzlich nicht bilanziert. International kann es jedoch zum Ansatz dieser Geschäfte in der Bilanz kommen.
Die Europäische Union versucht eine Anpassung ihrer Richtlinien an die IAS/IFRS. Dabei gilt der Fair Value als das „Markenzeichen der IAS/IFRS-Rechnungslegung“. Das damit verbundene Prinzip der Bewertung zu Zeitwerten steht jedoch im Widerspruch zum Anschaffungskostenprinzip des deutschen Handelsbilanzrechts.
In diesem Zusammenhang wurde 2001 die EU-Fair-Value-Richtlinie veröffentlicht. Sie regelt den Ansatz von Finanzinstrumenten und Derivaten und schreibt eine Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert vor.
Die vorliegende Arbeit stellt diese Richtlinie dar und ordnet sie in die Harmonisierungsstrategie der EU ein. Weiter wird die bereits erfolgte Umsetzung der Richtlinie in Deutschland gezeigt. Um jedoch die möglichen Änderungen, die sich durch die weitere Umsetzung der Fair-Value-Richtlinie in deutsches Recht ergeben können, richtig einordnen und ihre Auswirkungen besser darstellen zu können, werden zuerst in einem Grundlagenteil die wichtigsten Grundzüge des deutschen Handelsbilanzrechts und seine Historie vorgestellt. Im letzten Teil der Arbeit werden mögliche Szenarien der weiteren Umsetzung der EU-Richtlinie dargestellt und kritisch analysiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Vorbemerkungen und Aufbau der Arbeit
- 2. Grundlagen
- 2.1. Zweck und Aufgaben von Buchführung und Bilanz
- 2.1.1. Vorbemerkungen
- 2.1.2. Ermittlung des vergleichbaren Periodenerfolgs
- 2.1.3. Gewinnermittlung als Problem der Vermögensermittlung
- 2.1.4. Gütermäßige Erfolgsermittlung
- 2.1.5. Schlussbemerkungen
- 2.2. Aufgaben des Jahresabschlusses
- 2.2.1. Vorbemerkungen
- 2.2.2. Dokumentationsfunktion
- 2.2.3. Zahlungsbemessungsfunktion
- 2.2.3.1. Überblick
- 2.2.3.2. Ausschüttungsbemessungsfunktion
- 2.2.3.3. Steuerbemessungsfunktion
- 2.2.4. Informationsfunktion
- 2.3. Informationsbedürfnisse der Jahresabschlussadressaten
- 2.3.1. Überblick
- 2.3.2. Gläubiger
- 2.3.3. Anteilseigner
- 2.3.4. Finanzbehörden
- 2.3.5. Sonstige Adressaten des Jahresabschlusses
- 2.3.6. Schlussbemerkungen
- 2.4. Bilanzierungsgrundsätze
- 2.4.1. Vorbemerkungen
- 2.4.2. Grundsatz der Vorsicht
- 2.4.2.1. Überblick
- 2.4.2.2. Realisationsprinzip und Imparitätsprinzip
- 2.4.2.2.1. Überblick
- 2.4.2.2.2. Niederstwert-/Höchstwertprinzip
- 2.4.3. Grundsatz der Periodenabgrenzung
- 2.4.4. Grundsatz der Stichtagsbezogenheit
- 2.4.5. Grundsatz der Bilanzkontinuität
- 2.4.6. Grundsatz der Unternehmensfortführung
- 2.4.7. Grundsatz der Einzelbewertung
- 2.5. Schlussbemerkungen
- 3. Begriffsabgrenzungen
- 3.1. Einführung
- 3.2. Fair Value / Beizulegender Zeitwert
- 3.3. Finanzinstrumente
- 3.4. Derivative Finanzinstrumente
- 4. Entwicklung des Handelsbilanzrechts
- 4.1. Nationale Entwicklung
- 4.2. Internationale Entwicklung
- 4.3. Fazit
- 5. EU-Fair-Value-Richtlinie
- 5.1. Einführung
- 5.2. Geltungsbereich
- 5.3. Inhalt der EU-Fair-Value-Richtlinie
- 5.3.1. Wertansätze von Finanzinstrumenten
- 5.3.2. Anhangangaben
- 5.3.3. Lageberichtsangaben
- 5.3.4. Überprüfung
- 5.3.5. Konzern- und Bankbilanzrichtlinie
- 5.3.6. Versicherungsbilanzrichtlinie
- 5.4. Ermittlung des Fair Value
- 5.4.1. Vorbemerkungen
- 5.4.2. Verlässlicher Marktpreis
- 5.4.3. Bestandteile des Instruments/vergleichbare Finanzinstrumente
- 5.4.4. Bewertungsmodelle und -methoden
- 5.4.5. Anschaffungs- und Herstellungskosten
- 5.5. Erfassung von Wertänderungen
- 5.5.1. Vorbemerkungen
- 5.5.2. Erfassung in der GuV
- 5.5.3. Erfassung in der Zeitwertrücklage
- 5.6. Hedge Accounting
- 5.7. Schlussbemerkungen
- 6. Umsetzung der EU-Fair-Value-Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland
- 6.1. Bilanzrechtsreformgesetz
- 6.1.1. Überblick
- 6.1.2. Änderungen durch die EU-Fair-Value-Richtlinie
- 6.1.2.1. Anhang
- 6.1.2.2. Lagebericht
- 6.1.3. Fazit
- 6.2. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
- 6.2.1. Einleitung / Anwendungsbereich
- 6.2.2. Mögliche Anwendungen der Fair-Value-Bewertung im deutschen Handelsbilanzrecht
- 6.2.3. Auswirkungen der möglichen Bewertung zum Fair Value im deutschen Handelsbilanzrecht
- 6.2.3.1. Vorbemerkungen
- 6.2.3.2. Dokumentationsfunktion
- 6.2.3.3. Ausschüttungsbemessungsfunktion
- 6.2.3.4. Steuerbemessungsfunktion
- 6.2.3.5. Informationsfunktion
- 6.2.3.6. Mögliche Auswirkungen auf die Informationsbedürfnisse der Jahresabschlussadressaten
- 6.2.3.6.1. Gläubiger
- 6.2.3.6.2. Anteilseigner
- 6.2.3.6.3. Finanzbehörden
- 6.2.3.6.4. Sonstige Adressaten des Jahresabschlusses
- 6.2.3.7. Mögliche Auswirkungen auf die Bilanzierungsgrundsätze
- 6.2.3.7.1. Grundsatz der Vorsicht
- 6.2.3.7.1.1. Vorbemerkungen
- 6.2.3.7.1.2. Realisationsprinzip und Imparitätsprinzip
- 6.2.3.7.1.3. Niederstwert-/Höchstwertprinzip
- 6.2.3.7.2. Grundsatz der Periodenabgrenzung
- 6.2.3.7.3. Grundsatz der Stichtagsbezogenheit
- 6.2.3.7.4. Grundsatz der Bilanzkontinuität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Änderung des Handelsbilanzrechts durch die EU-Fair-Value-Richtlinie. Ziel ist es, die Auswirkungen dieser Richtlinie auf die deutsche Bilanzierungspraxis zu analysieren und kritisch zu bewerten.
- Entwicklung des Handelsbilanzrechts auf nationaler und internationaler Ebene
- Inhalt und Geltungsbereich der EU-Fair-Value-Richtlinie
- Ermittlung und Erfassung des Fair Value
- Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht
- Auswirkungen auf die Bilanzierungsgrundsätze und die Informationsbedürfnisse der Jahresabschlussadressaten
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 widmet sich den Vorbemerkungen und dem Aufbau der Arbeit.
Kapitel 2 behandelt die Grundlagen von Buchführung und Bilanz, einschließlich der Aufgaben des Jahresabschlusses und der Bilanzierungsgrundsätze.
Kapitel 3 befasst sich mit Begriffsabgrenzungen, insbesondere der Definition von Fair Value, Finanzinstrumenten und derivativen Finanzinstrumenten.
Kapitel 4 analysiert die Entwicklung des Handelsbilanzrechts auf nationaler und internationaler Ebene.
Kapitel 5 erläutert die EU-Fair-Value-Richtlinie, einschließlich ihres Geltungsbereichs, Inhalts und der Ermittlung des Fair Value.
Kapitel 6 beschäftigt sich mit der Umsetzung der EU-Fair-Value-Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere mit den Änderungen durch das Bilanzrechtsreformgesetz und das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Schlüsselthemen Fair Value, Handelsbilanzrecht, EU-Fair-Value-Richtlinie, Bilanzierungsgrundsätze, Jahresabschluss, Informationsbedürfnisse der Jahresabschlussadressaten, Bilanzrechtsreformgesetz und Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Kaufmann Thomas Welter (Autor:in), 2006, Die Änderung des Handelsbilanzrechts durch die EU-Fair-Value-Richtlinie - eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62920