In seinem Buch „Der Schleier der Erinnerung- Grundzüge einer historischen Memorik“ kritisiert Johannes Fried die traditionelle Quellenkritik, die sich kaum mit der Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses befasst, obwohl die meisten ihrer Quellen auf Gedächtnisleistungen beruhen. Fried erläutert mit Hilfe der Ergebnisse der Kognitionswissenschaften die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses und zeigt dessen Unzuverlässigkeit und die wirksamen Verformungskräfte auf. Diese wirken sich seiner Meinung nach auch auf jede historische Überlieferung aus. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Erinnerung immer in der Gegenwart stattfindet, und daher auch von dieser geprägt wird, so dass sich das Erinnerte an die Anforderungen der aktuellen Situation anpasst. Von den Historikern fordert er, dass sie bei Quellen mehr auf die Umstände ihrer Entstehung achten sollten, statt ihrer Darstellung der Vergangenheit zu vertrauen. In seiner Argumentation stützt Fried sich besonders auf Beispiele aus der mündlichen Kultur des Mittelalters. In meiner Hausarbeit mit dem Titel „Die Quellen zur Königserhebung von Heinrich I. bei Johannes Fried“ beschäftige ich mich mit Johannes Frieds Interpretation der Quellenlage zur Königserhebung Heinrichs I.. Dabei beziehe ich mich sowohl auf seinen Aufsatz mit dem Titel „Die Königserhebung Heinrichs I.“ als auch auf das Kapitel in seinem Buch, in dem er sich mit der Darstellung der Nicht- Salbung Heinrichs I. in der ottonischen Überlieferung befasst. Dabei werde ich so vorgehen, dass ich zunächst im zweiten Kapitel Frieds These zusammenfasse und dann dem Leser einen Überblick über den historischen Kontext der Königserhebung gebe. Im vierten Kapitel gehe ich auf die Quellenlage zu den Ereignissen der Jahre 919/920 ein, um dann im fünften Kapitel Frieds Interpretation der Quellenlage und seine Kritik an der Deutung anderer Historiker wiederzugeben. Im sechsten Kapitel erläutere ich anhand des Beispiels verschiedener moderner Historiker deren Vorgehensweise und deren Umgang mit den Quellen der Ottonenzeit. Da die Erhebung Heinrichs I., des ersten Sachsen auf dem Thron des ostfränkischen Reiches, als wichtiger Schritt bei der Entstehung eines eigenständigen deutschen Reiches gilt, war sie immer ein wichtiges Thema für die deutsche Mittelalterforschung. Auch seine Nicht- Salbung ist immer wieder neu interpretiert worden. Die Literatur zu diesem Thema ist folglich sehr umfangreich.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Johannes Frieds Grundzüge einer historischen Memorik
- Die Verformungsfaktoren des Gedächtnisses
- Die Formen des Gedächtnisses
- Die Königserhebung von Heinrich I.
- Die Quellen zur Königserhebung von Heinrich I.
- Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvey
- Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos
- Liudprands von Cremona Werke
- Die Quedlinburger Annalen
- Gerhards Vita des heiligen Ulrich von Augsburg
- Johannes Frieds Deutung der Überlieferung zur Erhebung Heinrichs I.
- Die Deutung der Quellen zur Erhebung Heinrichs I. durch andere Historiker
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit Johannes Frieds Interpretation der Quellenlage zur Königserhebung Heinrichs I. unter besonderer Berücksichtigung seiner Kritik an der traditionellen Quellenkritik. Ziel ist es, die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses und deren Auswirkungen auf die historische Überlieferung nach Frieds Theorie zu analysieren.
- Kritik an der traditionellen Quellenkritik
- Die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses
- Verformungskräfte des Gedächtnisses und deren Auswirkungen auf die historische Überlieferung
- Die Königserhebung Heinrichs I. im Kontext der ottonischen Geschichte
- Deutung der Quellen zur Königserhebung durch verschiedene Historiker
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Motivation für die Arbeit und stellt den Fokus auf Johannes Frieds Ansatz zur Quellenkritik dar. Das zweite Kapitel fasst Frieds Grundzüge einer historischen Memorik zusammen, indem es seine Kritik an der traditionellen Quellenkritik und die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses beleuchtet. Es werden dabei die Verformungskräfte des Gedächtnisses und deren Auswirkungen auf die historische Überlieferung aufgezeigt.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Quellenlage zur Königserhebung von Heinrich I., wobei verschiedene Quellen, wie zum Beispiel die Sachsengeschichte des Widukind von Corvey und die Quedlinburger Annalen, vorgestellt und analysiert werden. Im fünften Kapitel wird Frieds Interpretation der Quellenlage zur Erhebung Heinrichs I. und seine Kritik an der Deutung anderer Historiker dargelegt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Historische Memorik, Quellenkritik, Gedächtnis, Verformung, Königserhebung, Heinrich I., ottonische Geschichte, mittelalterliche Historiographie. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse von historischen Quellen und den Herausforderungen, die die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses für die Interpretation von Quellen darstellt.
- Arbeit zitieren
- Denise Engel (Autor:in), 2006, Die Quellen zur Königserhebung von Heinrich I. bei Johannes Fried, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62925