Gottfried Arnold greift bei seiner Vorrede zur Unparteyischen Kirchen- und Ketzerhistorie die Kirchengeschichte als Ansatz auf, um Forderungen an die Historiographie zu stellen. Seinen Fokus richtet er dabei auf den Faktor der Unparteilichkeit, also der Neutralität, welchem sich die Geschichtsschreibung primär unterordnen müsse. Deutlich erkennbar ist dieser Schwerpunkt Arnolds bereits im Titel des Werkes durch die Verwendung des Wortes unparteyisch, vor allem aber bei seinen Ausführungen kommt Arnold immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Eigenschaft zurück und kritisiert gleichzeitig viele Historiker: Es geht ihm „allein und einig um die blosse lautere wahrheit“ und er bemängelt folglich, dass „bey denen ... Scribenten und Kirchengeschichten so gar wenig der alten unschuld und wahrheit zu finden wäre“. Denn die Fixierung auf den eigenen Standpunkt steht Arnold zu Folge einer unvoreingenommenen Betrachtung der (Christentums-) Geschichte im Weg. Seine Schlussfolgerung, zumindest für den Erhalt der reinen Wahrheit auf kirchenhistorischer Ebene, ist deshalb, bei der Geschichtsschreibung von der ersten Kirche bzw. den ersten Christen auszugehen. Dabei erkennt Arnold aber auch selbst das Dilemma der von ihm proklamierten Art Geschichte zu schreiben, denn wer unparteiisch bleiben will darf keiner einzelnen Quelle allein folgen, die Überlieferungen mehrerer Autoren zu verknüpfen wird jedoch oft nahezu unmöglich sein.
Inhaltsverzeichnis
- Gottfried Arnold: Die Forderungen an die Historiographie
- Unparteilichkeit als zentrales Kriterium
- Kritik an voreingenommenen Historikern
- Der Wert der Überlieferungen der ersten Christen
- Johann Jakob Bodmer: Die verschiedenen Typen von Historikern
- Copisten: bloße Abschreiber und Vervielfältiger
- Critici: Auswertung und Bewertung des Materials
- Originale: Zeitzeugen und Kenner des Metiers
- Die Bedeutung der Charakterkenntnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text untersucht die unterschiedlichen Forderungen an die Historiographie, die von Gottfried Arnold und Johann Jakob Bodmer aufgestellt werden. Der Text analysiert die jeweiligen Perspektiven und Kernargumente der beiden Autoren und beleuchtet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Ansätze.
- Die Rolle der Unparteilichkeit in der Geschichtsschreibung
- Die Bedeutung von Originalquellen und deren kritische Bewertung
- Die Analyse der unterschiedlichen Typen von Historikern
- Die Notwendigkeit der Kenntnis von Charakteren und deren Einfluss auf historische Ereignisse
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten der Historiographie im Kontext der Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Gottfried Arnold: Die Forderungen an die Historiographie
Arnold kritisiert in seiner Vorrede zur "Unpartheyischen Kirchen- und Ketzerhistorie" die Tendenz zur Parteilichkeit in der Kirchengeschichte. Seiner Ansicht nach sollte die Historiographie primär der Wahrheit verpflichtet sein und eine neutrale Perspektive einnehmen. Er argumentiert, dass die Fixierung auf den eigenen Standpunkt einer unvoreingenommenen Betrachtung der Geschichte im Weg steht. Deshalb plädiert er dafür, bei der Geschichtsschreibung von den Überlieferungen der ersten Christen auszugehen, um so eine möglichst reine und unverfälschte Darstellung zu gewährleisten. Dennoch räumt er gleichzeitig die Schwierigkeit ein, strikt unparteiisch zu bleiben, da die Verknüpfung verschiedener Quellen oft problematisch ist.
Johann Jakob Bodmer: Die verschiedenen Typen von Historikern
Bodmer unterscheidet in seinen "Discourse der Mahlern" drei Typen von Historikern: Copisten, Critici und Originale. Die Copisten zeichnen sich durch das bloße Abschreiben und Vervielfältigen von Material aus, ohne dieses zu untersuchen oder zu hinterfragen. Die Critici hingegen bewerten und analysieren das Material und entscheiden, was wahr ist und weitergegeben werden soll. Originale hingegen sind Zeitzeugen oder Kenner des historischen Geschehens und können somit wertvolle Erkenntnisse liefern. Bodmer betont die Bedeutung der Charakterkenntnis für das Verständnis historischer Ereignisse und zeigt anhand des Beispiels von Catilina, wie wichtig es ist, die Motive und Persönlichkeiten der Akteure zu verstehen.
Schlüsselwörter
Historiographie, Unparteilichkeit, Originalquellen, Critici, Copisten, Charakterkenntnis, Kirchengeschichte, Zeitzeugen, Manipulation, Wahrheit, Überlieferungen, Neutralität, Geschichte, Perspektive, Kritik.
- Quote paper
- Martin Walter (Author), 2005, Unterscheiden sich die Forderungen an die Historiographie bei Gottfried Arnold und Johann Jakob Bodmer?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62963