Ein Sprechakt ist eine sprachliche Handlung, bestehend aus Lokution, Illokution und Perlokution. Die Bedeutung sprachlicher Zeichen basiert auf physisch, kulturell, psychisch und weltanschaulich bedingter Erfahrung. Trotzdem wurde in Vergangenheit und Gegenwart kulturell bedingtes Alltagswissen von Immigranten ignoriert und ein fiktives Ideal-Alltagswissen auch für diese als gültig angenommen. Zu wünschen wäre, dass die verschiedenen Alltagswissen einander durchdringen und gegenseitig bereichern, anstatt durch eine einseitige Verschiebung teils ausgelöscht zu werden. Meine Kritik an der Sprechakttheorie richtet sich gegen die von Austin aufgestellten Gelingensbedingungen. Wird etwa die Durchführbarkeit einer an sich gelungenen Lokution, zu der es eine gelungene Perlokution gibt, aufgrund verschiedener außersprachlicher Umstände unmöglich, kann man doch nicht behaupten, der Sprechakt sei nicht gelungen. Man würde nämlich materielle Bewertungskriterien für die Beurteilung immaterieller Phänomene, wie es sprachliche Äußerungen sind, heranziehen, was eine logische Inkonsequenz wäre, insofern als die Sprechakttheorie eine sprecherbezogene und sprachbezogene Betrachtungsweise darstellt. Somit kann auch der perlokutionäre Effekt nur insofern bewertet werden, als dieser Effekt durch die Sprecherintention und die sprachliche Äußerung selbst bewirkt wird. Auf gewisse außersprachliche Umstände, die womöglich zeitverschoben eintreten, hat der Sprechakt selbst jedoch keinen Einfluss, daher kann ihm auch nicht das Gelungensein abgesprochen werden. In der Realität stehen einander immer wieder mindestens zwei Sprechakte gegenüber. Doch jeder Sprechakt muss für sich alleine beurteilt werden. Man kann das Gelingen des einen nicht als Misslingen des anderen interpretieren, da man hiemit eine qualitative Bewertung durchführen würde, wohingegen eine rein quantitative Bewertung zulässig wäre. Als Beispiel habe ich eine unblutige Operation durch einen Hexer herangezogen. Die Lokution und Illokution des Hexers führt zur Perlokution, die Operation wird aufgrund eines Sprechaktes durchgeführt. Nehmen wir an, der gewünschte Erfolg bleibt aus, der Kranke verstirbt. Die logische Erklärung ist: Ein anderer Hexer, der in diesem Fall stärker war, hat den Tod des Kranken gewünscht. Zwei Kräfte haben einander entgegen gewirkt. Der perlokutionäre Effekt muss also als Resultat der Überlagerung mehrerer Sprechakte gesehen werden, die sich gegenseitig verstärken oder aber aufheben können.
1. Einleitung
1.1. Weltwissen
Ein Sprechakt ist eine Handlung, die nur mittels einer sprachlichen Äußerung vollzogen wird. Die Sprechakttheorie "gab den Anstoß, dass in der Linguistik nun ein Paradigmenwechsel zu Gunsten der Pragmatik erfolgte."[1] "Die Pragmatik (Sprachpragmatik, Pragmalinguistik) untersucht, welchen Gebrauch die Sprachteilnehmer von den sprachlichen Zeichen machen."[2] Saussure verbindet das sprachliche Zeichen mit der Vorstellung, den Inhalt (signifiant) mit dem Ausdruck (signifié). Doch die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens ist nicht in diesem selbst begründet, sondern basiert auf unserer Erfahrung. Unser Gehirn ist quasi in diesem Sinne eine "tabula rasa", als es sich nur etwas vorstellen kann, wovon es aufgrund unserer individuellen Erfahrung bereits ein Abbild in unserem Gehirn gibt. Dieses "Erfahren der realen Welt" kann man auch "Weltwissen" oder "Gebrauchskontext" nennen (vgl.: P. Ernst: "German. Sprachwiss.", 2004, S. 231 - 232).
Natürlich erfährt jedes Individuum die Welt anders. Dafür gibt es physische, kulturelle, psychische und weltanschauliche Gründe. Für die physischen Unterschiede möchte ich nur auf Blinde und Taube verweisen. Von Geburt auf Vollblinde können sich zum Beispiel nicht vorstellen, was eine Farbe ist, selbst das Nicht-Sehen-Können empfinden sie nicht als Schwärze, sondern einfach als Nichts. Ebenso wissen Taube nicht, was mit dem Begriff Laut gemeint ist, weil sie es nie erfahren haben. Hingegen kann die Existenz von Göttern und Geistern der Realität zugerechnet werden für diejenigen, die sie als existent erfahren haben und somit ihre Bedeutung kennen (vgl.: P. Ernst: "German. Sprachwiss.", 2004, S. 232).
Man unterscheidet ferner zwischen Alltagswissen und individuellem Erfahrungswissen, wobei das Alltagswissen allen Angehörigen einer Gemeinschaft zur Verfügung steht. Es wird davon ausgegangen, dass alle Elemente einer Gemeinschaft, z. B. eines Staates, über dieses Alltagswissen verfügen (vgl.: P. Ernst: "German. Sprachwiss.", 2004, S. 232). Da dieses Alltagswissen jedoch sozial und kulturell determiniert ist, kann man sich vorstellen, dass es in der Praxis zu erheblichen Problemen kommen kann. Es ist paradox, wenn man bedenkt, dass - betrachtet man die Geschichte und die Gegenwart - oft dieses Alltagswissen von kleinen elitären Gruppen der breiten Masse oktroyiert worden ist, und noch immer wird. Ein Beispiel dafür wären etwa die christliche Missionierung, die südafrikanische Gesellschaft während der Zeit der Apartheid, aber auch unsere so genannten demokratischen, multikulturellen Gesellschaften des 20. und 21. Jahrhunderts, in welchen der kulturelle Background und somit das Alltagswissen einer großen zugewanderten Bevölkerungsschicht einfach ignoriert werden, bzw. das der autochthonen Bevölkerung eigene Alltagswissen automatisch auch für die Zugewanderten als gültig angenommen wird. Das Erfahrungswissen hingegen ist individuell, und die Grenzen zwischen diesem und dem Alltagswissen sind fließend (vgl.: P. Ernst: "German. Sprachwiss.", 2004, S. 232), wodurch vielleicht die Hoffnung berechtigt ist, dass die verschiedenen kulturell bedingten Alltagswissen einander durchdringen und sich gegenseitig bereichern, anstatt durch eine einseitige Verschiebung teilweise ausgelöscht zu werden.
1.2. Sprachwissen
Um von anderen verstanden zu werden, müssen wir uns grammatikalisch richtiger Formulierungen bedienen., und somit muss jeder sprachlichen Äußerung ein grammatisches Wissen zugrunde liegen. Unser Wissen darum wollen wir Sprachwissen nennen. Unsere sprachliche Kompetenz baut aber wiederum auf unserem Weltwissen auf. Unser Weltwissen sagt uns, welche Äußerungen in welchem Kontext stehen, ohne dass expressis verbis auf diesen Kontext verwiesen werden müsse, d. h. "wir legen durch unser Weltwissen etwas in die Äußerung hinein, wir inferieren oder ergänzen die Äußerung. Was wir inferieren, hängt natürlich von unserem Weltwissen ab, das seinerseits die Grundlage der Präsupposition bildet."[3] Die Präsupposition ist demnach die Sinnvoraussetzung, die für das Verständnis relevant ist, aber in der Äußerung selbst nicht angesprochen wird. Sprachwissen ist Kompetenz, es ist das, "was ein Mensch" - unabhängig von eventuellen Störfaktoren - "prinzipiell kann, worüber er prinzipiell verfügt"[4] Dieses im Kopf eines Menschen abstrakt repräsentierte Wissen, ist allerdings kein bewusstes Wissen, sondern ein unbewusstes, intuitives Wissen, ein funktionierendes Können (vgl.:Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R.: "Studienb. Ling.", 2004, S. 104). Diese Tatsache wirft einmal mehr die Frage nach der Spracherwerbstheorie auf. Gegen eine konventionelle Spracherwerbstheorie, nach welcher ein Kind durch Imitation Sprache erlernt, würde zum Beispiel sprechen, dass ein Kind in bestimmten Spracherwerbsphasen eine systematisch falsche Sprache verwendet, wie zum Beispiel "morphologische Übergeneralisierungen", d. h. Anwendung von an sich richtigen Regeln auf Bereiche, auf die man sie nicht anwenden darf"[5], wie etwa: sehte statt sah, oder nein sitzen statt nicht sitzen. Während die Behavioristen und die Generativen Grammatiker darüber polemisieren, was zuerst war - die Henne oder das Ei -, könnte ich mir vorstellen, dass es nicht uninteressant wäre, über diese Frage gezielte, sehr ausgeklügelte Untersuchungen mit Taubstummen anzustellen, die noch nie vorher eine Sprache erlernt haben. Nur bei solchermaßen "Unbeleckten" wäre es möglich festzustellen, ob es nun in unseren Gehirnen eine angeborene, mit dem genetischen Erbmaterial mitgegebene Universalgrammatik gibt, also abstrakte, für alle Sprachen gleichermaßen geltende Prinzipien, und Parameter, die beschränkte Paletten an Wahlmöglichkeiten innerhalb eines Prinzips sind, oder ob der Spracherwerb auf Imitation, also auf Nachahmung beruht (vgl.: Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R.: "Studienb. Ling.", 2004, S. 107).
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[1] Bartsch, Elmar/Marquart, Tobias: "Grundwissen Kommunikation", Ernst Klett Verlag GmbH Stuttgart, 1. Aufl., 2005, Seite 24.
[2] Ernst, Peter: "Germanistische Sprachwissenschaft", Facultas Verlags-AG, Wien, 2004, Seite 231.
[3] Ernst, Peter: "Germanistische Sprachwissenschaft", Facultas Verlags-AG, Wien, 2004, Seite 234.
[4] Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R.: "Studienbuch Linguistik", Max Niemeyer Verlag Tübingen, 5. erw. Aufl., 2004, Seite 104.
[5] Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R.: "Studienbuch Linguistik", Max Niemeyer Verlag Tübingen, 5. erw. Aufl., 2004, Seite 105.
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