Am Beginn des 21. Jahrhunderts scheint es leicht, für Mitteleuropa eine Krise der katholischen Kirche zu prognostizieren. Die Zahl der Kirchenaustritte befindet sich auf hohem Niveau und auch diejenigen Bürger, welche sich offiziell zum katholischen Glauben bekennen, kommen im Mittel immer weniger den Forderungen des Glaubens nach.
Doch scheinen im Vergleich zu den Ereignissen um das Jahr 1803, welche hier Thema sein sollen, diese Schwierigkeiten recht gering. Man stelle sich die Reaktion der Öffentlichkeit vor, wenn heutzutage nicht nur augenscheinlich von heute auf morgen jahrhundertealte Bildungseinrichtungen geschlossen würden, sondern darüber hinaus die Bundesrepublik Deutschland ihrer Souveränität als unabhängigem europäischen Staat aufgrund fremder Anordnung beraubt und einem Nachbarstaat- zum Beispiel Polen- angegliedert würde. So ungefähr stellte sich das Szenario in der Folge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 in die heutige Zeit übertragen dar. Natürlich sind die Ausgangslagen nicht wirklich vergleichbar, aber aus der Sicht des heutigen Völkerrechts wurden souveräne Staaten aufgelöst und annektiert.
Wie es zu diesem Ereignis kam, ob es, nun über 200 Jahre zurückliegend, tatsächlich einen signifikanten Wandel einleitete und inwiefern es sich auf die gesellschaftliche Position des „Objektes“ der damaligen Geschehnisse auswirkte, soll Betrachtungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sein.
Es wird im Folgenden zunächst einmal die Ausgangslage der Kirche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (HRRDN) vor 1803 skizziert und anschließend die geistigen und gesellschaftlichen Entwicklungen aufgezeigt werden, die zu den Ereignissen um das Jahr 1803 führten. Letzterem vorweg soll eine Festlegung entscheidender Begriffe gehen, um dann zu beleuchten, welche Konsequenzen die auf den ersten Blick recht tief greifenden Umwälzungen jener Geschehnisse auf die Stellung der Geistlichkeit als eine der althergebrachten „Eliten“ (falls sie als eine solche bewertet werden kann) hatte.
Wichtig hierbei ist anzumerken, dass sich geschilderte Entwicklungen und Begebenheiten kaum in Gänze auf das gesamte Reich übertragen lassen, was allein schon dessen Zusammensetzung aus einer großen Zahl kleiner und Kleinst- Staaten geschuldet ist. Vielmehr soll versucht werden, breitere Strömungen aufzuzeigen, ohne dass der Anspruch erhoben wird, dass die dargestellten Abläufe in dieser Form in allen Teilen des Reiches stattfanden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Kirche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
- Die Reichskirche
- Die Einzelstaaten
- Der Klerus
- Die Situation in geistlichen Herrschaftsgebieten
- Darlegung des Elitenbegriffs; Verortung des reichskirchlichen Klerus
- Der Begriff „Elite“ und seine Unterformen
- Funktionselite
- Wertelite
- Machtelite
- Der Elitenstatus des Klerus
- Die politischen Auswirkungen
- Die Gesellschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
- Die Auswirkungen der Aufklärung auf die Position der Kirche
- Der Begriff der Aufklärung
- Die Veränderung der Religiosität durch die Aufklärung
- Die Auswirkungen auf den Elitenstatus der Kirche
- Funktionselite
- Machtelite
- Wertelite
- Aufgeklärte Kirche
- Reichsdeputationshauptschluss und Säkularisation 1803
- Geschichtlicher Abriss zum Reichsdeputationshauptschluss
- Der Begriff der Säkularisation und seine Unterformen
- Allgemeine Definition
- Herrschafts- und Vermögenssäkularisation
- Motivation des Staates; Durchführung der Maßnahmen
- Die Reaktion der Bevölkerung
- Die gesellschaftlichen Folgen der Säkularisation
- Wirtschaftliche Auswirkungen auf die Bevölkerung
- Die seelsorgerische Versorgung
- Trennung zwischen Eliten- und Volksfrömmigkeit
- Das Bildungswesen
- Machtelite?
- Läuterung des Kirchenpersonals
- Verhältnis Kirche- Staat
- Die niederrangige Geistlichkeit
- Der Elitenstatus der Kirche nach 1803
- Machtelite? II
- Funktionselite?
- Wertelite?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Auswirkungen der Säkularisation von 1803 auf die Stellung der katholischen Kirche und den Klerus im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Sie analysiert die Veränderungen des Elitenstatus der Kirche vor und nach der Säkularisation und betrachtet die Folgen für die Gesellschaft, die Wirtschaft und das Bildungswesen.
- Die Rolle der Kirche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vor 1803
- Die Säkularisation als Folge der Aufklärung
- Die Auswirkungen der Säkularisation auf den Elitenstatus der Kirche
- Die gesellschaftlichen Folgen der Säkularisation
- Der Elitenstatus der Kirche nach 1803
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext der Säkularisation von 1803 beleuchtet und die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit erläutert. Kapitel II skizziert die Ausgangslage der Kirche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vor 1803, indem es die „Reichskirche“, die Einzelstaaten, den Klerus und die Situation in geistlichen Herrschaftsgebieten beschreibt.
Kapitel III definiert den Begriff „Elite“ und analysiert den Elitenstatus des Klerus im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Kapitel IV betrachtet die Auswirkungen der Aufklärung auf die Position der Kirche, die Veränderungen der Religiosität und die Folgen für den Elitenstatus der Kirche.
Kapitel V behandelt den Reichsdeputationshauptschluss und die Säkularisation von 1803, indem es den historischen Kontext, den Begriff der Säkularisation, die Motivation des Staates, die Reaktion der Bevölkerung und die gesellschaftlichen Folgen der Säkularisation beleuchtet.
Kapitel VI analysiert die gesellschaftlichen Folgen der Säkularisation im Detail, einschließlich der wirtschaftlichen Auswirkungen, der seelsorgerischen Versorgung, der Trennung zwischen Eliten- und Volksfrömmigkeit, des Bildungswesens und des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat.
Kapitel VII untersucht den Elitenstatus der Kirche nach 1803, indem es die Veränderungen in den Bereichen Machtelite, Funktionselite und Wertelite analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie die Säkularisation, die Aufklärung, die Kirche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, den Elitenstatus des Klerus, die gesellschaftlichen Folgen der Säkularisation und die Veränderung der Religiosität im 19. Jahrhundert.
- Arbeit zitieren
- Thomas Eissing (Autor:in), 2004, Die Säkularisation 1803 als Folge der Aufklärung - Auswirkungen auf Gesellschaft und katholischen Klerus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63060