Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich daher mit der Hausgemeinschaft als Personenverband und soll zum einen die Grundstrukturen einer mittelalterlichen Hausgemeinschaft darlegen und zum anderen diejenigen Bereiche näher beleuchten, die von ihrer Struktur her der Hausgemeinschaft ähnlich sind (z.B. Grundherrschaften). Weiterhin ist es hier unbedingt notwendig, die Kleinfamilie im modernen Sinne als Keimzelle jeder Hausgemeinschaft näher zu betrachten sowie die unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffes „familia“ zu entschlüsseln, der mit dem modernen Begriff Familie nur wenig zu tun hat. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Haus und Hof als Keimzellen der mittelalterlichen Gesellschaft den Menschen zumindest ein Mindestmaß an Sicherheit und Frieden in einer bedrohlichen Umwelt garantieren konnten. Es soll vor allem die Frage geklärt werden, wie traditionelle Mechanismen des Selbstschutzes (eigenverantwortliche Verteidigung der Hausgemeinschaft durch den bewaffneten Hausherrn; Aufrechterhaltung der inneren Ordnung) und äußere Ordnungsprinzipien in Form von gewohnheitsrechtlichen und allgemeingültigen Regeln und tatsächlichen Strafandrohungen zusammenwirkten, um den Friedensbereich Haus und Hof aufrechterhalten zu können. Außerdem soll auf die sakrale Erhöhung des Hauses durch teils archaische Riten (z.B. Bauopfer) und eher christlich geprägte Mythologiesierungen (z.B. ehestiftende Aspekte der Herdfeuerentzündung) hingewiesen werden, die die wichtige Rolle von Haus und Hof im mittelalterlichen Leben sehr deutlich werden lassen.
Im dritten Teil schließlich soll das Verhältnis zwischen Haus und Herrschaft, das in der Mediävistik eine bedeutende Rolle spielt, dargestellt werden. Besonders die Auseinandersetzung um die Rolle der Hausherrschaft bei der Herausbildung anderer mittelalterlichen Herrschaftsformen, die zwischen Historikern wie Brunner, Bosl und Schlesinger auf der einen Seite und deren Kritiker Karl Kroeschell auf der andren Seite geführt wurde (und die nach Meinung des Autors dieser Arbeit keineswegs in befriedigender Weise zu Ende geführt wurde), soll dabei erarbeitet werden. Dabei muß darauf hingewiesen werden, daß die größtenteils auf der wortgeschichtlichen Ebene geführte Diskussion hier unerwähnt bleibt, weil der Autor sich nicht in der Lage fühlt, der philologischen Argumentationslinie folgen zu können, vielmehr sollen die Ergebnisse in den Vordergrund gestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen
- 1 Die Hausgemeinschaft als Personenverband
- 1.1.1 Die „,,familia\" im antiken römischen Recht.
- 1.2 HAUSGEMEINSCHAFT UND „FAMILIA“ IM FRÜHEN MITTELALTER.
- 1.2.1 Die Bedeutung der Begriffe,,Haus“ und „familia“ im frühen Mittelalter.
- 1.2.2 Die Grundstrukturen einer frühmittelalterlichen Hausgemeinschaft..
- 1.2.3 Frauen und Söhne- Funktionen und Strukturen der Kernfamilie..
- 1.2.4 Die Grundherrschaft als „familia“.
- 1.2.5 Die bäuerliche Hausgemeinschaft..
- 1.3 DIE SOZIALEN FUNKTIONEN DER HAUSGEMEINSCHAFT.
- 2 HAUS UND HOF ALS RECHTS- UND FRIEDENSBEREICH
- 2.1 DER INNERE FRIEDENSBEREICH DES HAUSES
- 2.2 DER ÄUBERE FRIEDENSBEREICH DES HAUSES
- 2.3 DIE BEDEUTUNG VON HAUS UND HOF IM SAKRALEN BEREICH.
- 3 HAUS UND HERRSCHAFT
- 3.1 DIE STRUKTUREN DER HAUSHERRSCHAFT
- 3.2 DIE GRUNDLAGEN FRÜHMITTELALTERLICHER HERRSCHAFTSFORMEN
- 3.2.1 Die Hausherrschaft als Kern anderer Herrschaftsformen.
- 3.2.2 Die Hausherrschaft als eigenständiges Element im frühen Mittelalter..
- ZUSAMMENFASSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung von Haus und Hof im frühen Mittelalter und untersucht, wie diese Strukturen die soziale Struktur der Gesamtgesellschaft beeinflussten. Sie beleuchtet insbesondere die Rolle von Haus und Hof als Personenverband, Friedensbereich und Element der Herrschaft.
- Die Hausgemeinschaft als Personenverband und ihre Bedeutung im frühen Mittelalter
- Die Rolle von Haus und Hof als Rechts- und Friedensbereich
- Das Verhältnis zwischen Haus und Herrschaft im frühen Mittelalter
- Die Herausbildung mittelalterlicher Herrschaftsformen und die Rolle der Hausherrschaft
- Die Bedeutung von Haus und Hof im sakralen Bereich
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit analysiert die Hausgemeinschaft als Personenverband und beleuchtet die Grundstrukturen einer mittelalterlichen Hausgemeinschaft. Er befasst sich mit der Bedeutung des Begriffs „familia“ und setzt die Kleinfamilie im modernen Sinne in Beziehung zur mittelalterlichen Hausgemeinschaft. Außerdem werden verschiedene Formen der Hausgemeinschaft, wie z.B. die Grundherrschaft, untersucht.
Der zweite Teil der Arbeit analysiert die Bedeutung von Haus und Hof als Rechts- und Friedensbereich. Hier werden die Mechanismen des Selbstschutzes und die Rolle von Recht und Sitte bei der Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Ordnung untersucht. Außerdem wird auf die sakrale Bedeutung von Haus und Hof eingegangen.
Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit dem Verhältnis zwischen Haus und Herrschaft. Hier wird insbesondere die Rolle der Hausherrschaft bei der Herausbildung anderer mittelalterlicher Herrschaftsformen untersucht. Dabei wird die Debatte zwischen Historikern wie Brunner, Bosl und Schlesinger auf der einen Seite und deren Kritiker Karl Kroeschell auf der anderen Seite aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Hausgemeinschaft, Familie, „familia“, Rechts- und Friedensbereich, Herrschaft, Hausherrschaft, frühes Mittelalter, Sozialstruktur, Verfassungsgeschichte, Wirtschaftsgeschichte.
- Quote paper
- Ingo Deffner (Author), 1999, Haus und Hof im frühen Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63119