Die Leningrader Samizdatzeitschrift Casy - Initiativen der 70er und 80er Jahre zur Schaffung einer unabhängigen Kultur


Magisterarbeit, 2005

76 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Quellen
2.1 Materialien der Konferenzen
2.2 Interviews

3. „Časy“ als Forum der kulturellen Bewegung
3.1 Idee und Konzeption von „Časy“
3.2 „Časy“ und die kulturelle Bewegung

4. Initiativen zur Schaffung einer unabhängigen Kultur
4.1 Die Konferenzen 1979 und das Symposium von
4.2 Andrej-Belyj-Literaturprämie
4.2.1 Idee
4.2.2 Gestaltung der Prämie
4.2.3 Warum Andrej Belyj ?
4.2.4 Ausblick
4.3 Klub
4.3.1 Idee und Gründung des Klubs
4.3.2 Die Umsetzung
4.3.3 Die Publikation „Krug“
4.3.4 Problematik des Klubs
4.3.5 Schlussbetrachtung zum Klub

5. Diskurse der kulturellen Bewegung in Leningrad
5.1 Das Selbstverständnis der kulturellen Bewegung
5.1.1 Selbstbenennung
5.1.2 Parallelkultur
5.1.3 Teil einer gesamtrussischen Kultur
5.1.4 Teil der Weltkultur
5.2 Entwicklungsstufen der unabhängigen kulturellen Bewegung
5.2.1 Zwischen Ost und West
5.2.2 Laute und leise Gedichte
5.2.3 Konfrontation und Ausgleich
5.2.4 Zusammenfassung

6. Die kulturelle Bewegung im Schoß der russischen Kultur
6.1 „Begegnung“ als Vermittlerin von Kultur
6.2 Fremdverstehen des Samizdats
6.3 Die kulturelle Bewegung als Erscheinung der „Doppelten Existenz“ der russischen Kultur

7. Ausblick

8. Literatur
8.1 Monographien und Aufsätze
8.2 Nachschlagewerke/Enzyklopädien/Anthologien
8.3 Rezensionen

9. Quellen
9.1 Dokumente
9.2 Interviews/Gespräche

1. Einleitung

In den letzten Jahren meines Studiums habe ich mich intensiv mit dem Phänomen Samizdat[1] in Osteuropa, insbesondere der Sowjetunion, beschäftigt. Unter dem Begriff Samizdat wird im Grunde genommen alles zusammen-gefasst, was als „inoffizielle“ kulturelle und politische Erscheinung in den ehemals sozialistischen Ländern Osteuropas seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts gelten kann. Hinter diesem weit ausgelegten Terminus verbergen sich allerdings sehr unterschiedliche Erscheinungen, die sowohl länder-spezifische als auch innerkulturelle Eigenarten aufweisen.

Die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen zeigte in ihrer Ausstellung im Jahre 2000 in der Berliner Akademie der Künste und in den Folgejahren in Prag, Brüssel und Budapest[2] Exponate, die diese Vielfalt unterstreichen: Neben besonderen Erscheinungen wie der Gewerkschafts-bewegung Solidarnošč in Polen, der Charta 77 in der Tschechoslovakei, der Bürgerrechtsbewegung unter kirchlicher Obhut in der DDR oder der Lager-literatur in der Sowjetunion wurden hier aber auch Gemeinsamkeiten und Parallelen gesucht. Letztere fanden ihren Ausdruck beispielsweise auf der politischen Ebene in der Verteidigung von Menschenrechten, in Diskursen, die sich gegen die Lügenhaftigkeit der Regierungen wendeten, sowie auch in der Entstehung inoffizieller Künstlerszenen und Kulturzeitschriften.[3] Galt die Beschäftigung mit dem Samizdat bisher vor allem der Auseinandersetzung mit den repressiven Strukturen und Menschenrechtsverletzungen der sozia-listischen Systeme[4], so scheint nun die Zeit gekommen, in der einzelne Erscheinungen des Archipel Samizdat[5] noch einmal genauer unter die Lupe genommen werden können.[6]

In diesen Kontext möchte ich auch meine Arbeit stellen, die sich mit der kulturellen Bewegung[7] in Leningrad in den 70er/80er Jahren des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt. Dabei sollen zunächst Aktivitäten betrachtet werden, die den Weg zu einer unabhängigen Kultursphäre ebneten. Ausgangspunkt konkreter Initiativen in diese Richtung ist die Leningrader Samizdatzeitschrift „Časy“ (Die Uhr), die ich in Kapitel 3 dieser Arbeit kurz porträtieren werde.[8] „Časy“, die von 1976 bis 1990 herausgegeben wurde, vereinte in sich verschiedene Bereiche der kulturellen Bewegung und wurde darüber hinaus zum Initiator einiger m.E. bedeutender Momente in der Geschichte der Nonkonformisten in Leningrad. Untersuchungsgegenstände meiner Arbeit sind deshalb Initiativen, die aus dem Redaktionskollegium von „Časy“ hervorgingen.

Mit den „Initiativen zur Schaffung einer unabhängigen Öffentlichkeit“ beschäftige ich mich in Kapitel 4 dieser Arbeit. Dies sind zunächst einmal drei Konferenzen, die in den Jahren 1979 bis 1985 (Kapitel 4.1) stattfanden. Hier wurde einerseits über die Aufgabe von Kultur und ihre Entwicklung allgemein diskutiert, andererseits fand der Versuch einer Verortung der entstehenden kulturellen Bewegung statt. Weiter ist dies die Schaffung einer eigenen Literaturprämie (Andrej Belyi-Prämie, Kapitel 4.2) für die im Samizdat erschienenen Werke im Bereich Prosa, Literatur/Kulturkritik und Lyrik. Außerdem soll die Geschichte des „Klub 81“ als Initiative zur Schaffung einer erweiterten Öffentlichkeit betrachtet werden (Kapitel 4.3). Nach seinem Gründungsjahr 1981 benannt, bestand er bis 1988.

In einem zweiten Schritt setze ich mich mit einigen Diskursen der kulturellen Bewegung auseinander (Kapitel 5). Dabei geht es zum einen um das Selbstverständnis der Bewegung, welches zunächst mit der Frage nach einer Selbstbenennung verknüpft ist. Weitere diesbezügliche Fragen betreffen eine Verortung der kulturellen Bewegung: existierte sie parallel zur sowjetischen/russischen Kultur, innerhalb derselben oder verstand sie sich als Teil der Weltkultur? (5.1) Zum anderen soll hier die Frage nach einer Periodisierung der Bewegung gestellt werden. (Kapitel 5.2) Wo begann die Bewegung, welche Phasen lassen sich bestimmen und welche Merkmale weisen diese auf. Gründlich befasse ich mich hier mit den Veränderungen zwischen den 60er und 80er Jahren. Grundlage dieses Teils werden Referate und Diskussionen der genannten Konferenzen sein, die in „Časy“ veröffentlicht wurden.[9]

Der dritte und letzte Teil meiner Arbeit (Kapitel 6) ist erstens eine Zusammenfassung meines Erkenntnisprozesses über die kulturelle Bewegung in Leningrad. Wesentliches Moment ist darin eine Wahrnehmungsverschiebung, die sich, kurz gesagt, vom Primat des Politischen zum kulturellen Blick auf die Leningrader kulturelle Bewegung vollzog. Zweitens werde ich eine Einordnung einiger Phänomene der Bewegung in die russische Kulturgeschichte vornehmen, da mir die Kontextualisierung als wesentlich für das Verständnis der Bewegung insgesamt erscheint. Neben den Konferenztexten fließen als Quellen Interviews und Gespräche mit den Akteuren der kulturellen Bewegung der 70er/80er Jahre ein, die ich im Frühjahr dieses Jahres in St. Petersburg geführt habe. Sie dienen hier als ergänzendes Material (Kapitel 2).

Wenn man die Forschungsliteratur über den Leningrader Samizdat betrachtet, lässt sich zunächst eines feststellen: Der überwiegende Anteil an historischer Aufarbeitung wird immer noch von den Akteuren selbst geleistet. Dies hat zur Folge, dass die jeweils Beteiligten zumeist über Aktivitäten schreiben, an denen sie selbst beteiligt waren, sie reflektieren und im Verlaufe der Jahre feste Positionen darin vertreten. Darin vermischen sich verschiedene Ebenen, die manchmal schwer auseinanderzuhalten sind, da die Autoren als Zeitzeugen, Akteure und Historiker gleichzeitig auftreten. Einige der Akteure haben sich bewusst gegen die historische Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte entschieden, wie beispielsweise mein Interviewpartner Boris Ostanin. Seinen Entschluss, sich nicht auf wissenschaftlicher Ebene mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, fasste er folgendermaßen zusammen:

«Я бы обозначил свое нежелание вспоминать о прошлых делах «комплексом жены Лота», той самой жены, которой нельзя было оборачиваться назад. Кажется, обернёшься – и остолбенеешь, утратишь способность двигаться дальше ... В нормальном обществе одни совершают поступки, другие описывают, третьи оценивают. Заниматься собственной историей представляется мне делом неправомерным, а то и вредным.»[10]

Die Aufsatzsammlungen, Enzyklopädien und Erinnerungen, die in den letzten Jahren von den Akteuren publiziert wurden, sind für die Beschäftigung mit dem Leningrader Samizdat dennoch von allergrößter Wichtigkeit und bilden das Fundament meiner Arbeit.[11] Sie geben ein Bild über die Entwicklungen einzelner Kreise und Gruppen, stellen dar, auf wen sich welche Kreise bezogen und was Veränderungen in der Haltung zum Staat bewirkte.

Als besonders anregend habe ich eine Arbeit von Michail Berg[12] über die zentrale Rolle der Literatur (literaturacentrizm) in Russland empfunden. Berg untersucht hier die sich wandelnde Bedeutung der Literatur in verschiedenen europäischen und der russischen Kultur. Dabei thematisiert er für die von mir hier bearbeitete Zeit den Verlust des „symbolischen Kapitals“[13] der „inoffiziellen“ Dichter Leningrads, durch die wachsende Zusammenarbeit mit staatlichen Strukturen Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre. Durch sie sei die Autonomie der „Träger des freien Wortes“ gegenüber dem Staat beschädigt worden. Insgesamt beleuchtet die Arbeit von Berg verschiedene Wirkungsmechanismen, die für die Entwicklung und Position der Literatur innerhalb einer Gesellschaft/Kultur von Bedeutung sind, wie soziale, ökonomische, kulturelle und eben symbolische.

Stanislav Savickij, dessen Buch „Andegraund“[14] vor drei Jahren erschien, versucht die Geschichte der „inoffiziellen“ Leningrader Literatur zu schreiben und gleichzeitig deren Mythen aufzudecken. Für meine Arbeit konnte ich diesen Ansatz kaum fruchtbar machen. Meiner Meinung nach hätte er besser daran getan, sich auf einen der beiden Komplexe zu konzentrieren. So ist an vielen Stellen nicht deutlich, auf welcher Ebene er sich gerade befindet. Auch sind seine Bemühungen, die Leningrader Szene in westliche Modelle von Subkultur und Underground einzubinden, m.E. für die Erscheinungen des Samizdat nicht ergiebig, was Savickij selber im Grunde auch zugibt. In Abgrenzung hierzu lege ich in meiner Arbeit, wie bereits oben gesagt, die Priorität auf die Betrachtung der kulturellen Bewegung im Kontext der russischen Kulturgeschichte.

2. Quellen

Alle von mir verwendeten Quellen sind Dokumente der kulturellen Bewegung in Leningrad. Einerseits handelt es sich um Materialien zu Konferenzen, die 1979 und 1985 von Teilen der Bewegung in Leningrad durchgeführt und in der Samizdat-Zeitschrift „Časy“ veröffentlicht wurden. Andererseits verwende ich Interviews, die ich im Frühjahr dieses Jahres mit Akteuren der Bewegung geführt habe. Unberücksichtigt bleiben in dieser Arbeit Quellen, die sich mit der Reaktion des sowjetischen Staates auf die Bewegung beschäftigen, da sich diese Arbeit in erster Linie mit dem Selbstverständnis der Bewegung auseinandersetzt. Die Polarität zwischen dem kontrollierenden Staat und der Unabhängigkeit der kulturellen Bewegung wird dabei nur wo dies notwendig erscheint thematisiert. Dies ist beispielsweise in Bezug auf die Gründung des „Klub 81“ der Fall, da er als Kooperationsprojekt gelten muss.[15]

2. 1 Materialien der Konferenzen

Die Materialien der Konferenzen der kulturellen Bewegung dienten mir als Grundlage für Kapitel 5 (Diskurse der kulturellen Bewegung in Leningrad), in dem ich einigen Fragen nachgehe, mit denen sich die Akteure augenfällig beschäftigten. Mit Ausnahme des Textes „Molnija i Raduga“, der die Diskussionsgrundlage für das Symposium „Wege der Kultur in den 60er und 70er Jahren“ im Dezember 1985 bildete und der 2003 veröffentlicht wurde,[16] sind die Texte ausschließlich im Samizdat erschienen, v.a. in „Časy“. Einen Überblick über das Journal gebe ich im folgenden Kapitel.

Da „Časy“ nur in kleiner Auflage erschien, ist es heute schwierig, diese wenigen Ausgaben ausfindig zu machen. Selbst in St. Petersburg, wo das Journal herausgegeben wurde, sind nicht alle Nummern zu finden. Fast vollständige Sammlungen der „Časy“ befinden sich bei NIC Memorial in St. Petersburg und bei Boris Ivanov, dem Hauptredakteur von „Časy“.

Die Auswahl der Dokumente ist folgendermaßen eingegrenzt:

- Drei Texte der ersten Konferenz der kulturellen Bewegung vom September 1979, die in „Časy“ 21 (1979) erschienen.[17]
- Die Diskussionsgrundlage des Symposiums „Puty Kul’tury 60-e – 80-e gody“ mit dem Titel „Molnija i raduga“ erschienen in „Časy“ 61 (1986).[18]
- Teile der Diskussion des Symposiums über den Text „Molnija i raduga“ erschienen in „Časy“ 62 (1986).[19]

Weitere Texte sind in den Nummern 22, 23 und 24 der „Časy“ aus den Jahren 1979/80, sowie in der Nummer 61 aus dem Jahre 1986 erschienen. Aus oben erwähnten Gründen konnte ich diese Nummern nicht ausfindig machen. Weiterhin bleibt zu erwähnen, dass nicht alle Diskussionen dokumentiert sind und so kann die Analyse nur auf diesen beispielhaften Materialien erfolgen. Alle erwähnten Texte liegen in digitaler Form vor.

2.2 Interviews

Die von mir geführten sechs Interviews mit Akteuren der kulturellen Bewegung der 70er/80er Jahre dienten als ergänzendes Material zu Kapitel 4 (Initiativen zur Schaffung einer unabhängigen Kultur) und Kapitel 6 (Die kulturelle Bewegung im Schoße der russischen Kultur). Sie sind qualitativer Art. Die Befragten waren entweder als Redakteure bei „Časy“ tätig oder beteiligten sich an anderen Initiativen, wie beispielsweise dem Klub 81. Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte gezielt. Mit Hilfe von Vjačeslav Dolinin, mit dem ich bereits vor einigen Jahren im Zusammenhang mit der kulturellen Bewegung in Kontakt kam, ergaben sich weitere Treffen, die letztlich ein vielfältiges Bild der Bewegung ergeben. Mit V. Dolinin und Boris Ivanov habe ich je ein Vorgespräch geführt. Diese dienten mir zur Orientierung im Material und zur Vorbereitung der Folgetreffen, sie sind nicht aufgezeichnet worden.

Zwei weitere Besuche bei Akteuren konnte ich leider nicht aufzeichnen: Boris Ostanin lehnte dies mit dem Argument ab, dass er kein guter Partner für Interviews über die kulturelle Bewegung sei, da er sich schon lange nicht mehr damit befasst habe und deshalb keine klaren Informationen geben könne. Ich habe mir über dieses Gespräch Notizen gemacht und bedaure sehr, dass ich es nicht aufzeichnen konnte, da ich im Gespräch entgegen der Aussage von Ostanin viele interessante Informationen erhalten habe.

Meinen Besuch bei Boris Tajgin habe ich ebenfalls nicht aufgezeichnet, da er nicht unmittelbar mit der Thematik meiner Arbeit in Verbindung stand. Darüber hinaus handelte es sich hier um ein visuelles Ereignis, das eine entsprechende Aufzeichnung erfordert hätte. Boris Tajgin zeigte mir die von ihm in großer Sorgfalt und mit künstlerischem Geschick hergestellten Gedichtbände von Gleb Gorbovskij[20], die er in seinem inoffiziellen Verlag „Be-ta“ herausgab. Darüber hinaus verfügt Tajgin über eine umfangreiche Sammlung von Tonbandaufnahmen der Dichterlesungen der 60er Jahre und selbst hergestellten Schallplatten „na rebrach“ (auf Rippen), d.h. auf Röntgenbildern. Alleine hierüber ließe sich eine eigenständige Arbeit schreiben.[21]

Als ich im Frühjahr dieses Jahres meine Interviews durchführte, orientierten sich meine Fragen an den Initiativen der kulturellen Bewegung in Leningrad. Ich wollte herausfinden, wie und ob sich die Einzelnen an die Konferenzen von 1979 und 1985 sowie an die Andrej Belyj-Prämie und den Klub 81 erinnerten. Außerdem, wie sie diese heute bewerteten und welche Bedeutung sie ihnen für die Struktur der kulturellen Bewegung zumaßen. Mein Hauptaugenmerk galt der Frage, welche Bedeutung die Initiativen für die Schaffung einer unabhängigen Öffentlichkeit hatten und wie es gelang, diese gegenüber dem Staat zu behaupten.

Im Verlaufe der Interviews tauchten aber auch andere Themen auf, die weniger statisch meine Fragen beantworteten und mich vielmehr auf einige wesentliche Punkte hinwiesen, die ich bisher vernachlässigt hatte. Mein Verständnis von der Erscheinung der kulturellen Bewegung hat sich durch die Gespräche mit den Akteuren wesentlich verändert. Das Interview-Material ist deshalb von unterschiedlicher Bedeutung für diese Arbeit: es reicht von faktischen Angaben bis hin zur Vermittlung bestimmter kultureller Vorstellungen. Letztere unterstützen die These von der „Begegnung“ als Kulturvermittlerin, die mich bestärkte und motivierte, dieses Thema weiter zu verfolgen und die in meinem Fazit in Kapitel 6 dieser Arbeit ausführlich behandelt wird.

In den Interviews wird deutlich, dass die Initiativen unterschiedlich erinnert und bewertet werden. Dies hängt zum einen damit zusammen, wie stark die Einzelnen an ihnen beteiligt waren, ob sie Initiatoren waren oder Teilnehmer. Besonders im Hinblick auf den Klub 81 gehen die Meinungen weit auseinander. Während zwei der Hauptinitiatoren Boris Ivanov und Igor’ Adamackij den Klub überwiegend positiv als Struktur der kulturellen Bewegung bewerteten, kritisierte Tamara Bukovskaja den Klub als von staatlicher Seite organisierte und kontrollierte Struktur. Eduard Šnejderman erinnerte sich besonders an die Aktivitäten des Klubs 81, die er mitgestaltete und an denen er regen Anteil genommen hatte. Die Konferenzen von 1979 und das Symposium von 1985 wurden besonders von den Akteuren erinnert, die sich bis heute mit der historischen Aufarbeitung dieser Zeit beschäftigen: V. Dolinin und B. Ivanov.

Tat’jana Goričeva musste aufgrund ihrer Aktivitäten in der unabhängigen Frauenbewegung bereits 1980 die Sowjetunion verlassen. Von ihr bekam ich deshalb v.a. Informationen über die Durchführung von Wohnungsseminaren und die gemeinsame Herausgabe der Zeitschrift „37“[22] mit Viktor Krivulin.

Natürlich lassen sich in allen Interviews unterschiedliche Erzählebenen erkennen. Die Art und Weise des Erzählens gibt auch Auskunft darüber, wie Ereignisse erlebt wurden, welche Ereignisse biographisch besonders bedeutend waren, welche Bedeutung sie für die heutige Existenz der ehemaligen Akteure haben etc. Gabriele Rosenthal fasst diese Verkreuzung unterschiedlicher Aspekte folgendermaßen zusammen:

„Wenn Menschen ihre biographischen Erlebnisse erzählen, verweisen diese in die historisch-soziale Wirklichkeit eingebundenen Erlebnisse auf die über die persönliche Geschichte des Biographen hinausgehende kollektive Geschichte. Das Leben von Menschen spielt sich in einer historisch-sozialen Wirklichkeit ab, es ist einerseits in geschichtliche Strukturen und Prozesse eingebunden, und andererseits konstituiert das Leben von Menschen die soziale Wirklichkeit.“[23]

Hinzu kommt bei meinen Interviewpartnern die eingangs thematisierte Situation, dass die Akteure gleichzeitig Historiker ihrer eigenen Geschichte sind, was logischerweise den Blick auf die Ereignisse aus der Distanz manchmal erschwert.

3. „Časy“ als Forum der kulturellen Bewegung

Das folgende Kapitel über die Leningrader Samizdatzeitschrift „Časy“ soll einen Überblick über Konzept, Gestaltung und Funktion des Journals geben.[24] Die erste Nummer von „Časy“ wurde 1976, beinahe zeitgleich mit der Zeitschrift „37“, von Boris Ivanov herausgegeben. Vorausgegangen waren Gespräche zwischen Ivanov und den Herausgebern von „37“, Tat’jana Goričeva und Viktor Krivulin, die sich jedoch nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen konnten.[25] Die Zeitschrift „Časy“ war von Anfang an als Medium konzipiert, dass die breite der kulturellen Bewegung in Leningrad widerspiegeln sollte. Sie wollte sich ausdrücklich nicht nur auf eine begrenzte Gruppe von Leuten beziehen. Aus dem Kreise von „Časy“ gingen einerseits die Initiativen hervor, die ich im nächsten Kapitel beschreibe. Andererseits war sie auch Forum für diese Initiativen und gab ihnen damit einen gemeinsamen Rahmen. Nach der Verabschiedung des Pressegesetzes im Dezember 1989 stellte „Časy“ ihr Erscheinen mit Nr. 80 (1990) ein.

3.1 Idee und Konzeption von „Časy“

Als Gründer und zunächst Hauptredakteur des Journals gilt Boris Ivanov. Gemeinsam mit anderen Akteuren der kulturellen Bewegung hatte er im Verlaufe von fünf Jahren verschiedene Versuche unternommen, Schriften unabhängiger Leningrader Autoren zu verbreiten.[26] Dieses arbeitsintensive Engagement hatte wenig Früchte getragen, und mündete erst mit der Gründung von „Časy“ in ein ertragreiches und langlebiges Werk.

In den 14 Jahren ihres Erscheinens wurden in 80 Ausgaben Texte von über 600 Autorinnen und Autoren veröffentlicht; sie alle hier zu nennen ist unmöglich. Unter ihnen waren solche aus verschiedenen Städten der UdSSR, aus Saratov, Kiev, Kišinev, Odessa, L’vov, Ekaterinburg, Samara, Syktyvkar, Riga, Pskov, Rostov und Moskau. Übersetzungen aus dem Englischen, Deutschen, Französischen, Polnischen und Tschechischen umfassten beispielsweise Werke von Roland Barth, Samuel Beckett, Jorge Luis Borges, Martin Buber, Albert Camus, Erich Fromm, Stanislaw Grof, Martin Heidegger, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Konrad Lorenz, Jean Maritain, Jean-Paul Sartre u.v.a.m.

Mit diesen Beiträgen versuchte „Časy“ die im Westen aktuellen Diskussionen in Bereichen wie Kunst, Philosophie, Literatur, Politik etc. zumindest Teilen der sowjetischen Gesellschaft grundsätzlich zugänglich zu machen. Die meisten dieser Texte hätten die sowjetische Zensur nicht passieren können bzw. wurden einfach nicht übersetzt. Texte, die aus Platzmangel nicht in den laufenden Ausgaben veröffentlicht werden konnten, erschienen als Anlage in 22 Sonderbänden.

„Časy“ wurde mit den Jahren zu einem stabilen Faktor der inoffiziellen Kulturszene Leningrads. Dies empfanden auch junge Literaten und Kunstschaffende so, die erst in den 80er Jahren in die Redaktion kamen. Schwerwiegende Streitigkeiten gab es äußerst selten. Zumindest führten sie nicht dazu, dass MitarbeiterInnen die Redaktion verließen.[27] Im Vergleich zu anderen Zeitschriften des Samizdat war man bei „Časy“ darauf bedacht, bestimmte Prinzipien einzuhalten. Laut Ivanov existierte ein Konzept teilweise bereits vor dem Erscheinen der ersten Ausgabe.[28]

Die Prinzipien, auf denen das Konzept basierte, lassen sich wie folgt beschreiben: Erstens sollte aus bereits vorhandenem Material ausgewählt werden. Darin finde sich auch, so Ivanov, die Kernidee des Samizdat wieder, wo zwischen Autor und Leser kein Vermittler steht, der eine Zensur vornimmt. Kriterien waren lediglich Nonkonformismus und Professionalität, nicht aber eine bestimmte literarische oder politische Richtung.[29] „Časy“ sollte den „natürlichen“ literarischen Prozess der kulturellen Bewegung widerspiegeln, ihn präsentieren.

Zweitens konzentrierte sich „Časy“ auf die russische LeserInnenschaft in Hinsicht auf die Auswahl und Gestaltung der Zeitschrift.[30] Man verzichtete bewusst darauf, Unterstützung aus dem Westen zu bekommen, die dem Schutz vor Verfolgung innerhalb des Landes hätte dienen können und auch darauf, die Zeitschrift in den Tamizdat[31] zu bringen. Boris Ivanov und Boris Ostanin[32] erklärten in einem Interview aus dem Jahre 1991, dass es auch darum ging zu schützen, was man besaß, und seine verantwortliche Aufgabe als Redakteur wahrzunehmen. Die Bedeutung des Journals war mehr als nur die Herausgabe irgendwelcher Texte, sie war ihr alltägliches Werk, Ausdruck ihres Bewusstseins.

[...]


[1] Der Begriff Samizdat entstand in den 40er Jahren. Der Poet Nikolaj Glazkov verwendete ihn als Copyright-Vermerk für ein von ihm selbst herausgegebenes Gedichtbändchen. Samizdat ist eine Zusammenfassung der Worte sam sebja izdat’ = sich selbst herausgeben. Zunächst fand der Begriff nur für Publikationen Verwendung, die nicht in offiziellen Verlagen erscheinen konnten, später wurde er in erweitertem Sinne auch auf Kunst und Musik bezogen, die nicht im offiziellen Rahmen gezeigt und gehört werden durfte.

[2] Zum Presse-Echo auf die Ausstellung siehe: Hamersky, Heidrun/Schlott, Wolfgang: Buchstabenerotik auf einem Archipel des kreativen Widerstands, Arbeitspapiere und Materialien der Forschungsstelle Osteuropa Nr. 39 (2002).

[3] Zum Konzept der Ausstellung siehe: Eichwede, Wolfgang (Hrsg.): Samizdat. Alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa: Die 60er bis 80er Jahre, Katalog zur Ausstellung, Bremen: Temmen, 2000.

[4] Gerstenmaier, Cornelia I.: Die Stimme der Stummen. Die demokratische Bewegung in der Sowjetunion, Stuttgart: Sewald, 1971; Alexeeva, Ludmila: Istorija inakomyslija (auch: History of Dissent in the USSR), Khronika Press (USA), 1984.

[5] Dieser Begriff entspringt dem Ausstellungdesign. Die Vitrinen, in denen die Exponate gezeigt wurden, hatten eine organische Form. Im Ausstellungsraum waren sie wie kleine Inseln angeordnet. Mehrfach wurde in der Presse auf diese Besonderheit angespielt, aus der angelehnt an A. Solženicyns „Archipel GULag“ die Wortschöpfung „Archipel Samizdat“ entstand. Siehe Presseecho zur Ausstellung.

[6] Für die Moskauer Konzeptualisten ist dies im Übrigen schon vor Jahren geschehen. Vgl. Sabine Hänsgen und Georg Witte in: Ebert, Christa (Hrsg.): Kulturauffassungen in der literarischen Welt Rußlands, Kontinuitäten und Wandlungen im 20. Jahrhundert, Berlin 1995.

[7] Es existiert eine Vielfalt von Begriffen für die als inoffiziell bezeichnete kulturelle Szene. Ich verwende hier den Begriff kulturelle Bewegung, da er sich als Überbegriff für verschiedene Strömungen anbietet und heute von den Akteuren selbst am häufigsten verwendet wird. Eine genauere Beschreibung der Auseinandersetzung über die Selbstbenennung der Szene findet im Kapitel „Diskurse der kulturellen Bewegung“ in dieser Arbeit statt. Früher habe ich den Begriff „Zweite Kultur“ vorgezogen, der mir die Erscheinung am ehesten zu beschreiben schien, vgl. Claus, Katja: Die Entstehung der „Zweiten Kultur“ in Leningrad am Beispiel der Zeitschrift „Časy“ (1976-1990), Arbeitspapiere und Materialien der Forschungsstelle Osteuropa Nr. 58 (2004). Nach der Auseinandersetzung mit den Texten der Konferenzen ist dies nicht mehr ohne Zweifel möglich. Zu einer zeitlichen und begrifflichen Verortung siehe auch Savickij, Stanislav: Andegraund. Istorija i mify leningradskoj neoficial’noj literatury, Moskau 2002.

[8] Näheres über „Časy“ in meinem Arbeitspapier der Forschungsstelle Osteuropa: Die Entstehung der „Zweiten Kultur“ in Leningrad.

[9] Časy Nr. 21 (1979): Ivanov, Boris: Kul’turnoe dviženie kak celostnoe javlenie, S. 209-221; Krivulin: Pjat’ let kul’turnogo dviženija, S. 222-229; Novikov, Jurj: Kritika i sovremennoe nekonformistskoe iskusstvo, S. 230-238. Časy Nr. 61 (1986): Diskussionsgrundlage des Symposiums „Puti kul’tury 60-80-ch godov“: Ostanin, B./Kobak, I.: „Molnija i raduga“, auch erschienen in: Molnija i Raduga. Literaturno-kritičeskie stat’i 1980-ch godov, St. Petersburg 2003. Časy Nr. 62 (1986): Diskussion auf dem Symposium „Puti kul’tury 60-80-ch godov“ über den Text „Molnija i raduga“, S. 197-233.

[10] Boris Ostanin in: Vremja i Časy. Beseda A. Sokolova s redaktorami B. Ivanovym i B. Ostaninym, Labyrint/Eksentr Nr. 3 (1991), S. 141-152, hier S. 141.

[11] Um ein paar der wichtigsten Arbeiten zu nennen: Dolinin, V.E./Ivanov, B.I./Ostanin, B.V./Severjuchin, D.Ja. (Hrsg.): Samizdat Leningrada, 1950-e-1980-e, Literaturnaja enciklopedija, Moskau 2003; Dolinin, Vjačeslav/Severjuchin, Dmitrij: Preodolenie nemoty: leningradskij Samizdat v kontekste nezavisimogo kul’turnogo dviženija 1953-1991, St. Petersburg 2003; Dolinin, V./Ivanov B. (Hrsg.): Samizdat. Materialien der Konferenz „30 Jahre unabhängige Presse. 1950-80er Jahre“, St. Petersburg, 25.-27. April 1992, NIC Memorial, St. Petersburg 1993, dt: St. Petersburg/Berlin 2001 (im Folgenden zit. als Dolinin/Ivanov: Samizdat), S. 8-32; Ivanov, Boris/Roginskij, Boris (Hrsg.): Istorija leningradskoj nepodcenzurnoj literatury: 1950-1980-e gody, St. Petersburg 2000.

[12] Michail Berg war auch Akteur der inoffiziellen Szene, seine Arbeit ist insofern interdisziplinär angelegt, als dass er verschiedene, sich gegenseitig beeinflussende Faktoren (soziale, ökonomische, kulturelle) in der Entwicklung von Literatur und dem Status der Autoren analysiert. Die Erscheinungen des Samizdat stehen hier im Kontext sowohl einer russischen als auch einer europäischen Literatur- und Kulturgeschichte. Berg, Michail: Literaturokratija, problema prisvoenija i pereraspredelenija vlasti v literature, Moskau 2000.

[13] Berg arbeitet hier mit dem von Pierre Bourdieu erweiterten Kapitalbegriff, der folgende Kapitalformen konstatiert: ökonomisches, soziales, und kulturelles Kapital, aus dem sich das „symbolische Kapital“ ergibt, vgl. Bourdieu, Pierre: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: Reinhard Kreckel (Hrsg.): Soziale Ungleichheit, Soziale Welt Sonderband 2, Göttingen 1983, S. 183-198.

[14] Savickij, Stanislav: Andegraund. Istorija i mify leningradskoj neoficial’noj literatury, Moskau 2002.

[15] Zum Klub 81, siehe Kapitel 4.3.

[16] Ostanin/Kobak: Molnija i Raduga.

[17] 1. Ivanov: Kul’turnoe dviženie; 2. Krivulin: Pjat’ let kul’turnogo dviženija; 3. Novikov: Kritika i sovremennoe nekonformistskoe iskusstvo, a.a.O.

[18] Diskussionsgrundlage des Symposiums „Puti kul’tury 60-80-ch godov“, a.a.O.; Ostanin/Kobak: „Molnija i raduga“, a.a.O.

[19] Diskussion auf dem Symposium über den Text „Molnija i raduga“, a.a.O.

[20] Gleb Gorbovskij wurde in den 60er Jahren offiziell anerkannter Dichter Leningrads. Dennoch veröffentlichte er bestimmte Gedichte nur im Samizdat. Seit Ende der 80er Jahre werden viele dieser Gedichte auch offiziell publiziert. Siehe: Samizdat Leningrada, S. 16.

[21] Siehe hierzu: Dolinin/Severjuchin: Preodolenie nemoty, S. 36 - 38.

[22] Die Zeitschrift „37“ erschien erstmals 1976, im selben Jahr wie „Časy“, sie existierte bis 1981. Näheres dazu in Krivulin, Viktor: „37“, „Severnaja počta“ (Nordpost), in: Dolinin/Ivanov: Samizdat, S. 85 -92.

[23] Rosenthal, Gabriele: Die erzählte Lebensgeschichte als historisch-soziale Realität. Methodologische Implikationen für die Analyse biographischer Texte, in: Berliner Geschichtswerkstatt (Hrsg.): Alltagskultur, Subjektivität und Geschichte. Zur Theorie und Praxis von Alltagsgeschichte, Münster: Westfälisches Dampfboot, 1994, S. 125-138, hier S. 128.

[24] Ausführlicher zu „Časy“ vgl. Claus: Entstehung der „Zweiten Kultur“ in Leningrad, a.a.O.

[25] Näheres über den Konflikt bei Krivulin: „37“, „Severnaja počta“.

[26] Ivanov brachte einen ersten Vorschlag zu einem als Almanach konzipierten Sammelband, in dem unliebsame AutorInnen veröffentlicht werden sollten, in die Literaturvereinigung (LITO) ein, wo er zunächst durchaus auf Interesse stieß. Eine konkrete Auswahl von möglichen Texten fur den Sammelband, der unter dem Namen „Archiv“ erscheinen sollte, ließ jedoch Zweifel bei den Autoren der LITO aufkommen. Sie schätzten das Vorhaben als zu gefährlich ein und fürchteten möglicherweise darauf folgende Repressionen. LITO waren halboffizielle Organisationen von Laienschriftstellern. Sie entstanden in Industriebetrieben, Bildungseinrichtungen usw. und wurden meistens von Autoren des Schriftstellerverbandes geleitet. Ein weiterer Versuch fand im Zusammenhang mit der Ausstellung nonkonformistischer Künstler im Haus der Kultur “Gaza“ statt. Die zuständigen Kulturbehörden lehnten den fertigen Sammelband „Lepta“ (Beitrag) ab und so wurde er im Samizdat verbreitet. Neben Ivanov nahmen hieran Julia Voznesenskaja, Viktor Krivulin, Evgenij Pazuchin und Konstantin Kuzminskij teil.

[27] Gespräch der Autorin mit V. Dolinin am 09.08.2001 in St. Petersburg.

[28] Ivanov: Jenseits des Offiziellen, in: Dolinin/Ivanov: Samizdat, S. 95.

[29] Die Vorstellung, dass zwischen Autor und Leser kein Vermittler stehe und die Definitionen von Nonkonformismus und Professionalität sind in meinem Material nicht näher erläutert. Dolinin erklärte mir in unserem Gespräch 2001 dazu, dass jeder ein Recht hatte wenigstens einmal etwas in „Časy“ zu veröffentlichen und es danach eine Entscheidung des Redaktions-Kollegiums gab, ob weitere Veröffentlichungen möglich wären. Diese Entscheidung fand auf professionellem Hintergrund statt, nicht auf politischem. Aber auch damit bleibt die Definition m.E. uneindeutig.

[30] Diese Tatsache bezeichnete Krivulin in seinem oben genannten Beitrag über die Zeitschrift „37“ als einen der Hauptgegensätze. Die „37“ versuchte nach Krivulin den Kontakt zum Westen herzustellen, gerade um die russische Kultur an der Weltkultur teilhaben zu lassen. Als dritte Aufgabe der Zeitschrift formulierte er „die Integration der russischen Kultur in die Weltkultur der Zeit“. (Krivulin: „37“, S. 87.)

[31] ‘Tamizdat’ ist eine Abwandlung von ‘Samizdat’ und bedeutet ‘dort-verlegt’ (russ.: tam=dort), das Wort bezeichnet alle Veröffentlichungen, von Werken, die im Westen publiziert wurden, weil sie in der UdSSR entweder der Zensur schon zum Opfer gefallen waren und aber gefallen wären, wenn man versucht hätte sie öffentlich zu machen.

[32] Boris Ostanin trat nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe der Redaktion der „Časy“ bei. Seine Aufgabe sah er v.a. in der Gestaltung der Übersetzungsrubrik.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Die Leningrader Samizdatzeitschrift Casy - Initiativen der 70er und 80er Jahre zur Schaffung einer unabhängigen Kultur
Hochschule
Universität Bremen  (Forschungsstelle Osteuropa)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
76
Katalognummer
V63184
ISBN (eBook)
9783638562928
ISBN (Buch)
9783656813422
Dateigröße
796 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leningrader, Samizdatzeitschrift, Casy, Initiativen, Jahre, Schaffung, Kultur
Arbeit zitieren
Magistra Artium Katja Claus Andreasjan (Autor:in), 2005, Die Leningrader Samizdatzeitschrift Casy - Initiativen der 70er und 80er Jahre zur Schaffung einer unabhängigen Kultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63184

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Leningrader Samizdatzeitschrift Casy - Initiativen der 70er und 80er Jahre zur Schaffung einer unabhängigen Kultur



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden