Das Verhältnis zwischen Körper und Geist gehört zu den klassischen Themen der Philosophie und ist in den letzten Jahren vor allem durch die Entwicklungen in den Naturwissenschaften und in der Informatik in den Mittelpunkt der philosophischen Diskussion gerückt. Die Forschungsergebnisse der Neurobiologie legten dabei oft eine reduktionistische Sichtweise nahe, in der Denkprozesse als unmittelbare Ergebnisse biologischer Vorgänge erschienen. Die rasante Entwicklung der Rechenkapazität von Computern hat in der KI-Forschung zu der Frage geführt, bis zu welchem Grad kognitive Leistungen des Menschen von Computern nachgeahmt werden können.
Die philosophische Position, die mit dem noch sehr vagen Oberbegriff "embodied cognition" beschrieben wird, greift diese Tendenzen teilweise auf, setzt sich aber gleichzeitig deutlich von ihnen ab: So gehen die Vertreter der "embodied cognition" von einer Einbettung des Denkens in körperliche Vorgänge aus, aber sie wollen das Denken nicht reduktionistisch auf Naturvorgänge zurückführen. Vielmehr soll gerade in der Verbindung von Geist und Körper der zentrale Unterschied zwischen menschlichem Denken und dem Rechnen von Computern bestehen. Der Körper ist dabei nicht mehr das zu überwindende Erkenntnishindernis, sondern er macht Arten von Erfahrung möglich, die Computern und anderen körperlosen Wesen unzugänglich sind. "Embodied cognition" wendet sich auch gegen die in der Kognitionswissenschaft bis in die 80er Jahre verbreitete, dann aber immer heftiger kritisierte Auffassung, Denken sei eine Art von Informationsverarbeitung, die in Analogie zur Manipulation von abstrakten Symbolen verstanden werden könne.
George Lakoff hat seit den 80er Jahren immer wieder die Bedeutung des Körpers für das Denken hervorgehoben. In seinem wohl bekanntesten Buch "Women, Fire and Dangerous Things" argumentiert er vor allem aus linguistischer Perspektive für eine Bedeutungstheorie, die den Körper berücksichtigt. Lakoff will letztlich zeigen, dass die Strukturen, die der Sprache Bedeutung verleihen, nicht von unserer körperlichen Verfasstheit zu trennen sind.
Lakoffs Thesen und die von verschiedenen Seiten vorgebrachte Kritik sollen in dieser Hausarbeit erörtert werden. Dabei soll besonders deutlich werden, wie sich in der Auseinandersetzung zwischen Lakoff und seinen Kritikern Grundpositionen der Bedeutungstheorie widerspiegeln.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Lakoffs Thesen
- A. Kategorien und Prototypen
- B. Idealized Cognitive Models (ICMs)
- C. Verkörperung
- III. Kritikpunkte
- A. Prototypen-Effekte und "Idealized Cognitive Models"
- B. Verwechslung von "Concepts" und "Conceptualization"
- C. "Motivation" und "Compositionality"
- IV. Wertung
- V. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit einer kritischen Analyse von George Lakoffs Buch "Women, Fire and Dangerous Things", welches die Bedeutung des Körpers für das menschliche Denken und die Bildung von Kategorien untersucht. Die Arbeit beleuchtet die von Lakoff vorgeschlagene Bedeutungstheorie, die sich von der "klassischen" Theorie der Kategorisierung abhebt. Die Arbeit analysiert Lakoffs Kritik an der traditionellen Bedeutungstheorie und seine Behauptung, dass Kategorien nicht durch gemeinsame Eigenschaften definiert werden, sondern durch Prototypen.
- Kritik an der "klassischen" Theorie der Kategorisierung und die Einführung von Prototypen
- Die Rolle von "Idealized Cognitive Models" (ICMs) in der Bedeutungserzeugung
- Die Verbindung von Körperlichkeit und Denken und die Bedeutung der Verkörperung
- Lakoffs Bedeutungstheorie im Kontext der Kognitionswissenschaft und Linguistik
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit führt in die Thematik der "embodied cognition" ein und erläutert die Motivation für Lakoffs Analyse. Es werden die zentralen Punkte von Lakoffs Bedeutungstheorie vorgestellt, die sich von einer reduktionistischen Sichtweise auf kognitive Prozesse abhebt. Das zweite Kapitel beleuchtet Lakoffs Thesen zur Kategorisierung und Prototypen. Es wird erläutert, wie Lakoff die "klassische" Theorie der Kategorisierung kritisiert und die Prototypentheorie als alternatives Modell präsentiert. Im dritten Kapitel werden einige Kritikpunkte an Lakoffs Thesen diskutiert, die von Vervaeke und Green vorgebracht werden. Diese Kritikpunkte umfassen Fragen zur Definition von Prototypen und dem Verhältnis von "Concepts" und "Conceptualization".
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie "embodied cognition", "Kategorisierung", "Prototypen", "Idealized Cognitive Models" (ICMs), "Verkörperung", "Bedeutungstheorie", "Kognitionswissenschaft", "Linguistik" und "Philosophie der Sprache".
- Quote paper
- Moritz Deutschmann (Author), 2006, Eine kritische Auseinandersetzung mit George Lakoffs "Women, Fire and Dangerous Things", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63549