Aus dem Tagebuch Theodor Fontanes geht hervor, dass der Roman „Irrungen, Wirrungen“ eigentlich unter der gattungsspezifischen Bezeichnung „Novelle“ hätte erscheinen sollen. Das Werk wurde trotzdem 1898 als Roman veröffentlicht. Die Frage, warum diese Änderung vorgenommen wurde, drängt sich auf. Sei die Umbenennung von Fontane durchgeführt worden oder von einem Außenstehenden, ist außer Acht zu lassen.
Relevanter ist die Frage, warum Fontane ursprünglich seinen Text als Novelle bezeichnet hat. „Eine Novelle […] kennzeichnet „das Kleinere“ (gegenüber der Tragödie) […]“ , so charakterisiert Fontane die Gattung. Die Gegenüberstellung von Novelle mit Tragödie suggeriert eindeutig eine negative Charakterisierung, indem der Schriftsteller mit dem Komparativ „Kleinere“ die Novelle unter die Tragödie einordnet. Die Aussage bleibt aber ohne literarische Grundlage wage, insofern der Sinn des Vergleichs noch undeutlich bleibt. Meinte Fontane mit dem Kleineren die Länge einer Novelle? Dies lässt sich schwer nachvollziehen. Vergleicht Fontane den Inhalt einer Novelle mit dem einer Tragödie, wo Novelle als Kurzfassung einer Tragödie zu verstehen ist? Oder bewertet Fontane die Novelle als eine niedrigere Gattung als die Tragödie, welche ja von den Literaten über Jahrhunderte als das literarische Vorbild gefeiert wurde? In Fontanes Erzählungen spielt das erste Kapitel immer eine bedeutende Rolle, indem es durch eine komplexe Symbolstruktur einen Spiegel für die Bedeutung der jeweiligen Werke darstellt. Diese Struktur ist auch im ersten Kapitel von „Irrungen, Wirrungen“ zu erkennen. Die Analyse dieses Kapitels hebt eindeutige Bausteine einer Tragödie hervor und lässt sich deshalb wie eine Exposition bearbeiten. Die Metapher der Tragödie ist zwar im ersten Kapitel stark vertreten, aber rechtfertigt trotzdem nicht die Bezeichnung Novelle für „Irrungen, Wirrungen“. Von der Gesamtstruktur her gesehen, unterscheidet sich dieses Werk nicht von den Romanen, die Fontane geschrieben hat. Es ist daher schwer „Irrungen, Wirrungen“ weder als Novelle, noch als Roman einzuordnen. Relevant dagegen bleibt, wie in jedem Roman Fontanes, die Bearbeitung der Struktur des Textanfangs, weil diese Vorrausdeutungen, Vorwegnahmen, Schlüssel, für die Lektüre enthält.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fontanes Roman im Vergleich zum Drama
- Die Exposition: Narrative Einordnung
- Der Prolog
- Die Einleitung der handlungsinternen Exposition
- Der Expositionsdialog
- Die Bedeutung der Exposition
- Der Raum/ der Ort
- Die Zeit
- Die Handlung
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Analyse des ersten Kapitels von Theodor Fontanes Roman „Irrungen, Wirrungen“. Der Fokus liegt darauf, die Bedeutung der Exposition im Roman aufzuzeigen und zu untersuchen, inwiefern sich das erste Kapitel durch seine Struktur und Symbole als eine Art Spiegelbild des gesamten Werkes erweist.
- Die gattungsspezifische Einordnung von „Irrungen, Wirrungen“
- Die Bedeutung der Exposition für den Roman
- Die Analyse der Metaphern und Symbole im ersten Kapitel
- Die Beziehung zwischen dem ersten Kapitel und dem Gesamtwerk
- Die Rolle der Tragödie als Metapher in „Irrungen, Wirrungen“
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung befasst sich mit der Frage, warum Fontane seinen Roman ursprünglich als Novelle bezeichnen wollte, obwohl er letztendlich als Roman veröffentlicht wurde. Es wird auf die Bedeutung des ersten Kapitels in Fontanes Werken hingewiesen und die These aufgestellt, dass das erste Kapitel von „Irrungen, Wirrungen“ als Exposition einer Tragödie interpretiert werden kann.
Fontanes Roman im Vergleich zum Drama
Dieser Abschnitt untersucht die Gemeinsamkeiten von „Irrungen, Wirrungen“ mit dem Drama, insbesondere im Hinblick auf die drei Einheiten von Raum, Zeit und Handlung. Die Exposition in „Irrungen, Wirrungen“ wird als ein wesentliches Element des dramatischen Aufbaus des Romans dargestellt.
Die Exposition: Narrative Einordnung
Dieser Abschnitt analysiert die narrative Einordnung des ersten Kapitels, insbesondere die Zeitgestaltung und die Erzählperspektive. Es wird auf den auktorialen Erzähler hingewiesen und die Abweichung von der objektiven Erzählweise nach Spielhagen erläutert.
Die Bedeutung der Exposition
Dieser Abschnitt setzt sich mit der Bedeutung des Raums, der Zeit und der Handlung in der Exposition auseinander. Es wird argumentiert, dass die Exposition in „Irrungen, Wirrungen“ die zentralen Konflikte und Themen des Romans bereits im Keim trägt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Hausarbeit umfassen: Theodor Fontane, „Irrungen, Wirrungen“, Exposition, Tragödie, Novelle, Roman, Drama, Raum, Zeit, Handlung, Metapher, Symbol, auktorialer Erzähler, Dramentheorie, objektive Erzählweise.
- Arbeit zitieren
- Karolin Mennenga (Autor:in), 2005, Irrungen, Wirrungen: Zur Metapher des ersten Kapitels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63571