Das Verhältnis von Parzival zur Artusgesellschaft


Seminararbeit, 2005

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Parzivals Aufnahme in die Artusgesellschaft
2. Der Charakter der Artusgesellschaft im 6. Buch
3. Die Tafelrunde
4. Cundrys Fluch und die Konsequenzen daraus für die Artusgesellschaft
5. Parzivals Abschied von der Tafelrunde

III. Fazit

IV. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

„Der Artushof erscheint jetzt in einem anderen Licht als im 3. Buch“[1]

Joachim Bumkes Aussage bezieht sich auf die veränderte Präsentation des Artus­hofes im sechsten Buch von Wolframs Parzival. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung des Artushofes im sechsten Buch und geht der Frage nach, inwiefern sich das Verhältnis zwischen Parzival und der Artusgesellschaft im Verlaufe des sechsten Buches verändert. Dabei soll untersucht werden, ob man die These, dass die Verfluchung Cundrys den zentralen Wendepunkt darstellt, vertretbar ist. Es soll folgendermaßen vorgegangen werden:

Zunächst wird deshalb die Aufnahme Parzivals in die Artusgesellschaft dargestellt. Darauf erscheint es sinnvoll, auf die Zusammensetzung des Artushofes einzugehen sowie auf die Rolle von König Artus. Dann wird die Funktion der Tafelrunde erläutert. Anschließend wird auf die Verfluchung Parzivals eingegangen und auf die Person Cundrys. Zum Schluss wird untersucht, welche Konsequenzen aus der Verfluchung erfolgen.

II. Hauptteil

1. Parzivals Aufnahme am Artushof

Bevor Parzival am Artushof empfangen wurde, musste Gawan ihn aus seinem Min­nebann befreien. Gawan erreichte es, indem er seinen Mantel über die Blutstopfen im Schnee legte.

er marcte des Wâleises sehen,

war stüenden im diu ougen sîn.

ein failen touches von Sûrîn,

gefurriert mit gelwem zindâl,

die swang er über diu bluotes mâl. (301,26 – 30)

Gawan und Parzival werden am Hof feierlich von vielen Menschen empfangen. Par­zivals Schönheit findet bei den Umstehenden viel Anerkennung und Bewunderung.

gecleidet wart der degen snel:

dô was er fier unde clâr.

swer in sach, der jach vür wâr,

er waere gebluomt vür alle man.

diz lop sîn varwe muose hân. (306, 24 – 28)

Parzival wird als Engel auf Erden beschrieben und ihm somit etwas Göttliches nach­gesagt.

dô truoc der junge Parzivâl

âne vlügel engels mâl

sus geblüet ûf der erden. (308, 1 – 3)

Parzival wird nach der Bitte der Ritter der Tafelrunde in ihre Gemeinschaft aufge­nommen. Die Aufnahme in die Tafelrunde ist der Höhepunkt seiner Ritterlaufbahn.[2]

2. Der Charakter der Artusgesellschaft im 6. Buch

An der Spitze der Artusgesellschaft steht der König. Man darf König Artus aber nicht als uneingeschränkten Führer der Artusgesellschaft verstehen, denn er folgt stets den Anweisungen seines Rates (messenîe). Zum Beispiel bevor er sein Land verlas­sen will:

welt ir nu hoeren wie Artûs

von Karidoel ûz sîme hûs

und ouch von sîme lande schiet,

als im diu messenîe riet? ( 280,1-4)

Artus Entscheidungen sind also Ergebnis vorheriger Beratungen der gesamten Ar­tusgesellschaft.[3] Manfred Brauneck sieht Artus nicht als wirklichen Herrscher, „son­dern als Symbol der vollkommenen Ordnung der höfischen Lebensform.“[4] Artus’ Herr­schaftsgebiet erstreckt sich auch auf fremde Länder. Dort hat er ebenfalls Lager­stätten. So zum Beispiel die am Fluss Plimizoel (311, 5). König Artus verhält sich in fremden Ländern vorsichtiger, deshalb gibt er seinen Rittern die Anweisung, nicht ohne seine Zustimmung einen Zweikampf zu führen:

alsô bescheidenliche:

beide arme und rîche,

die schildes ambet ane want,

lobten Artûses hant,

swâ si saehen ritterschaft,

daz si durch ir gelübde craft

deheine tjost entaeten,

ez enwaere ob si in baeten

daz er si lieze strîten (280, 19- 27).

König Artus weiß, dass er in fremden Ländern nicht dieselbe Macht besitzt wie in seinem Hoheitsgebiet und deshalb leicht in Schwierigkeiten geraten kann[5] :

wir nâhten Anfortases her,

daz von Munsalvaeche vert

unt daz fôrest mit strîte wert:

sît wir niht wizzen wâ diu stêt,

ze arbeit ez uns lîhte ergêt. (286, 10-14).

Die Artusritter müssen demnach generell den Anweisungen des Königs folgen, aller­dings ist für sie das Streben nach Âventiure stärker als der königliche Befehl.[6] Dies zeigt sich deutlich als Keye sogar den Dienst für Artus aufkündigen würde, wenn er nicht gegen Parzival kämpfen dürfte:

immer ich belîbe

in iuwerem dienste mêre:

tavelrunde hât unêre,

ob manz im niht bezîte wert (290, 14 – 17).

Pratelidis ist der Meinung, dass die Zustimmung Artus nicht aus mangelnder Macht­kompetenz erfolgt, sondern aus persönlicher Durchsetzungsschwäche.[7]

Die arturische Hofgesellschaft setzt sich aus einem Personenverband zusammen, der durch das jeweilige Zusammentreten von König Artus, seiner Gefolgschaft und den am Hof weilenden Gästen entsteht.[8] König Artus übte – wie im Mittelalter üblich - eine Reiseherrschaft aus, denn König Artus besaß mehrere Residenzen. Der Artus­hof kann nicht als eine Institution mit fester Örtlichkeit verstanden werden. Die Artus­gesellschaft befand sich somit nicht permanent an demselben Ort. Die Menschen wurden vom Glanz, der von dem Hof ausging, angezogen. Zudem verhielt sich der Artushof Menschen aus fremden Ländern gegenüber offen; so befand sich zum Bei­spiel der Ritter Klias aus Griechenland (dô sprach der Krieche Clîas, 334, 11) am Artushof. Die Offenheit der Artusgesellschaft zeichnete sich aber nicht nur durch die Aufnahme Fremder aus, sondern auch in der Aufnahme von Heiden wie die Königin von Janfuse. Man kann durch die Heidin erschließen, dass es dunkle Hautfarben am Artushof gab. Dies war für den Hof irrelevant und es bestanden keine Vorurteile. Die Offenheit des Hofes macht aber vor niedrigen Schichten halt. Die Artusgesellschaft besteht im Kern aus adligen Rittern und Damen.[9] Die Mitglieder der Hofgesellschaft zeichnen sich durch Schönheit aus und besonders Parzivals Schönheit findet Be­achtung; sie wird als ein „Zeichen göttlicher Erwähltheit betrachtet“[10]. Insgesamt be­trachtet setzt sich die Artusgesellschaft aus Menschen unterschiedlicher ritterlicher Vergangenheit und moralischer Qualitäten zusammen, wie Wolfram explizit ausführt:

Artûses hof was ein zil,

dar kom vremder liute vil,

die werden unt die smaehen,

mit siten die waehen (296, 25 – 28).

Welche Rolle spielen die Frauen am Hof? Die Frauen prägen das Bild des Hofes und der Hof schmückt sich mit ihnen. Die Frauen finden aber zur Festgemeinschaft der Tafelrunde nur über die Beziehung zu einem Mann:

ouch was der rinc genomen sô wît

daz âne gedrenge und âne strît

manc vrouwe bî ir âmîs saz (310, 5 – 7)

[...]


[1] Joachim Bumke 1997: Wolfram von Eschenbach. Stuttgart, Weimar: Metzler. (Sammlung Metzler; Bd. 36), S. 58

[2] vgl. ebd., S. 59

[3] vgl. Konstantin Pratelidis 1994: Tafelrunde und Gral. Die Artuswelt und ihr Verhältnis zur Gralswelt im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach. Würzburg: Könighausen und Neumann. (Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie; Bd. 12), S. 65

[4] vgl Manfred. Brauneck 1967: Wolfram von Eschenbach Parzival. Einführung in die Problematik. Bamberg: C.C. Buchners Verlag, S. 35

[5] vgl. Karin R. Gürttler 1976: „Künec Artus der guote“. Das Artusbild der höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts. Bonn: Bouvier Verlag (Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparaistik; Bd; 52), S. 150

[6] vgl. Pratelidis 1994: Sl. 67

[7] vgl. ebd., S. 66

[8] vgl. ebd., S. 78

[9] vgl. ebd., S. 85

[10] vgl. Bumke 1997: S. 60

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnis von Parzival zur Artusgesellschaft
Hochschule
Universität Mannheim  (Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik)
Veranstaltung
Proseminar: Wolfram von Eschenbach
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V63637
ISBN (eBook)
9783638566414
ISBN (Buch)
9783638767316
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhältnis, Parzival, Artusgesellschaft, Proseminar, Wolfram, Eschenbach
Arbeit zitieren
Alice B (Autor:in), 2005, Das Verhältnis von Parzival zur Artusgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63637

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