Haben Hausaufgaben einen leistungssteigernden Wert?


Hausarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zur Geschichte der Hausaufgaben

3. Die Pro- und Contra- Diskussion um Hausaufgaben
3.1 Argumente gegen Hausaufgaben
3.2 Argumente für Hausaufgaben

4. Formen und didaktische Funktion von Hausaufgaben

5. Leitlinien für eine sinnvolle Hausaufgabenpraxis

6. Das Stellen von Hausaufgaben

7. Rechtliche Vorgaben

8. Fazit

Literatur

1. Einleitung

Hausaufgaben bilden einen ständigen Konfliktherd- sowohl im Elternhaus als auch in der Schule. Das geteilte Lernen- vormittags Schule, nachmittags Hausaufgaben oder Nachhilfeunterricht überfordert vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien und Kinder ausländischer Mitbürger. Das Schulsystem bietet in dieser Hinsicht keine Chancengleichheit.

Schüler kommen müde und abgekämpft aus der Schule nach Hause und müssen ihre Hausaufgaben erledigen. „Ein ganzes Heer von Betreuerinnen und Hilfslehrerinnen, Eltern und Großeltern, Freunden und Bekannten, Studierenden und Lehrerinnen wird jetzt aktiv. Fast immer sind Schüler extrinsisch motiviert, das heißt sie müssen Hausaufgaben machen, weil das Schulsystem und die Lehrerinnen diese einfordern. Den Notendruck im Nacken werden die Hausaufgaben für viele zu einer täglichen Qual, für die Eltern zur Last und für geringer Verdienende auch zu einer finanziellen Belastung.“[1]

Obwohl in der Regel sowohl Eltern als auch Lehrer Hausaufgaben für unumgänglich betrachten, belegt die empirische Forschung, dass es keine eindeutigen Anhaltspunkte für einen leistungssteigernden Wert von Hausaufgaben gibt.[2]

Das in Deutschland bestehende dreigliedrige Schulsystem, das halbtags geführt wird, wird auf nicht absehbare Zeit erhalten bleiben. Aus diesem Grund müssen wir uns weiterhin mit Belastungen, Schwierigkeiten aber auch positiven Aspekten auseinandersetzen, die die Hausaufgaben immer wieder mit sich bringen.

Im Folgenden werde ich zunächst kurz auf die Geschichte der Hausaufgabe eingehen. Nach der Erörterung der Pro und Contra Diskussion um Hausaufgaben werde ich ihre Formen und didaktische Funktionen erläutern um dann Leitlinien für sinnvolle Hausaufgabenpraxis vorzustellen. In Kapitel sechs wird es darum gehen, welche motivationalen Aspekte und Leitfragen beim Stellen von Hausaufgaben zu beachten sind. Vor dem abschließenden Fazit wird der Erlass „Hausaufgaben an allgemein bildenden Schulen“ eingefügt.

2. Zur Geschichte der Hausaufgaben

Hausaufgaben haben eine lange geschichtliche Tradition. Sie werden bereits in verschiedenen Schulordnungen des 15.Jh. erwähnt. Da es damals keine Jahrgangsklassen gab, dienten Hausaufgaben der Differenzierung und Förderung einzelner Schüler. Mit Einführung der Schulpflicht Anfang des 18.Jh. erhielten Hausaufgaben eine politische Funktion: Man wollte den aufkommenden liberalen und sozialistischen Ideen gezielt entgegenwirken, indem man z.B. das Lesen von Bibelkapiteln aufgab. Im 19.Jh. setzte sich besonders in höheren Schichten die Auffassung durch, dass nicht mehr die Herkunft, sondern der erreichte Bildungsabschluss über die zukünftige gesellschaftliche Position entscheiden soll. Bedingt durch die mit der industriellen Entwicklung verbundene Ausweitung der Unterrichtsstoffe und der Reduzierung des Unterrichts am Nachmittag sah sich die Schule verpflichtet, einen Teil der schulischen Arbeit auf die schulfreie Zeit zu verlegen. Dies geschah ohne didaktisch-methodische Reflexionen. Erst um 1850 gewannen diese an Bedeutung: HA bekamen vor allem unterrichtsvorbereitende Funktion, wurden aber auch zur Festigung und Ergänzung des Unterrichts genutzt. Betont wurde in dieser, dass Hausaufgaben ein unersetzliches Erziehungsmittel zur Persönlichkeitsbildung seien. Ende des 19. Jh. nahmen die Kultusministerien das Thema Hausaufgaben in die Schulgesetze auf. Diese Regelungen machten hinsichtlich der Art der Hausaufgaben, der Belastung der Schüler und der Kontrolle der Belastungen durchaus moderne Aussagen, die mit Auffassungen der 70er Jahre vergleichbar sind (z.B. waren rein mechanische Schreibarbeiten und zu zeitaufwendige HA verboten).[3]

3. Die Pro- und Contra- Diskussion um Hausaufgaben

Schon nach dem kurzen historischen Exkurs wird deutlich, dass Hausaufgaben bereits seit mehreren Jahrhunderten aus verschiedenen Motiven heraus den schulischen Unterricht begleiten und das ihre Notwendigkeit wahrscheinlich genau so lange diskutiert wird. Wenn über Hausaufgaben nachgedacht oder diskutiert wird, fallen sofort zahlreiche Argumente für und wider Hausaufgaben ein. Für beide Standpunkte lassen sich gewichtige Argumente in der didaktischen Literatur finden. Dabei kommt es häufig vor, dass gleiche Sachverhalte unterschiedlich ausgelegt sowohl für als auch gegen Hausaufgaben angeführt werden.

3.1 Argumente gegen Hausaufgaben

- Die Effektivität von Hausaufgaben konnte bisher nicht empirisch nachgewiesen werden. Warum Hausaufgaben erteilen, wenn nach wie vor der empirische Nachweis für eine leistungssteigernde Wirkung von Hausaufgaben fehlt?
- Oft führen Hausaufgaben zu einer hohen zeitlichen Belastung der Schüler.
- Ärzte und Schulpsychologen weisen immer wieder darauf hin, dass vor allem für jüngere Schüler ein halber Tag schulischen Lernens ausreicht. Durch Hausaufgaben, die am Nachmittag erledigt werden, fehlt die Zeit für freies Spielen, die für eine gesunde Entwicklung unerlässlich ist.
- Die Tatsache, dass Hausaufgaben in der Regel in Einzelarbeit angefertigt werden, führt zur sozialen Isolierung und das spätere Vergleichen in der Schule fördert ein Konkurrenzdenken, das den Zielen des sozialen Lernens entgegen steht.
- Hausaufgaben setzen ( vor allem leistungsschwache) Kinder unter psychischen Druck. Durch eine negative Hausaufgabenpraxis werden Leistungsängste, Versagensängste und eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls hervorgerufen.
- Für intelligente und kreative Schüler stellen Hausaufgaben eine Gefahr dar, wenn sie sich auf Üben und Nachvollziehen beschränken, da sie dann keine Herausforderung, sondern nur eine lästige Pflichtübung darstellen.
- Hausaufgaben belasten Sozialbeziehungen
- zwischen Lehrern und Schülern, wenn Schüler lügen müssen um nicht gemachte Hausaufgaben zu rechtfertigen.
- In der Klassengruppe besteht die Gefahr der Etikettierung, wenn ein Schüler als einziger immer oder nie die Hausaufgaben vorzeigen kann.
- In der Familie werden die Sozialbeziehungen belastet, wenn Kinder lügen, indem sie behaupten sie hätten keine Hausaufgaben oder Eltern sich mit der Rolle des Hilfslehrers überfordert fühlen.
- Vor allem Schüler aus einem sozial schwachen Milieu werden durch die vorherrschende Hausaufgabenpraxis benachteiligt, da sie häufig auf kleinere Geschwister aufpassen oder im Haushalt oder im Betrieb der Eltern mitarbeiten müssen, wodurch ihnen die Zeit zur Erledigung fehlt. Zusätzlich benachteiligt werden Schüler dann, wenn ihre Eltern einen niedrigen Bildungsgrad aufweisen und somit gar nicht helfend und unterstützend eingreifen können.
- Durch die vorherrschende Hausaufgabenpraxis wird viel Lernzeit in der Schule vergeudet (Stellen und Kontrollieren der Hausaufgaben, Bewältigung damit verbundener Konflikte).[4]
- Hausaufgaben wirken auf Schüler oft als Disziplinierungsmittel, weil sie im Zusammenhang mit Unaufmerksamkeiten, Arbeitsrückständen und Störungen des Unterrichts gestellt werden.
- Hausaufgaben werden für alle Schüler in gleichem Maße gestellt und lassen so individuelle Leistungsunterschiede unberücksichtigt.
- Hausaufgaben leiden teilweise unter einem sinnlosen Übungsschematismus.[5]

3.2 Argumente für Hausaufgaben

- Hausaufgaben erfüllen eine erzieherische Funktion. Sie gewöhnen Schüler daran ihnen übertragene Aufgaben und Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und regelmäßig zu arbeiten. „Wer sich als Schüler jahrelang mit den Hausaufgaben abgemüht hat, der wird vermutlich den Anforderungen der Ausbildung, des Studiums und des Berufs gewachsen sein.“[6] Außerdem lernen Kinder zu verzichten, denn das Anfertigen von Hausaufgaben konkurriert fast immer mit lustvollerem Aktivitäten wie z.B. Freunde besuchen.
- Wenn ein Schüler die Hausaufgaben nicht versteht, lernt er die zur menschlichen Existenz gehörende Situation des Scheiterns. Dies bietet die Möglichkeit, sich selbst besser einzuschätzen. Das Vergleichen der Hausaufgaben in der Schule führt längerfristig dazu, dass Schüler ihren Platz in der Lerngruppe finden und zu einer realistischen Selbsteinschätzung gelangen.
- Das erfolgreiche Erledigen von Hausaufgaben bringt gleich mehrere Erfolgserlebnisse mit sich: das Lob der Lehrerin und die folgende Bewunderung der Mitschüler sowie die Anerkennung der Eltern. Außerdem erhöhen erfolgreich erledigte Hausaufgaben das Selbstwertgefühl und stärken das Selbstbewusstsein. All diese Faktoren können die Lernfreude und eine anhaltende Leistungsbereitschaft der Schüler erhöhen.
- Wichtige Tugenden für alle Bereiche des Lebens wie Pflichtbewusstsein, Ordnung, Gründlichkeit und Selbstdisziplin werden erworben.
- Hausaufgaben sind gut geeignet um eigenständige Lernerfahrungen zu sammeln. Wenn ein Schüler am Nachmittag Lösungswege für die Aufgabe sucht, lernt er das Lernen.

„Gleiches gilt für den Erwerb von Lerntechniken. Die Technik des Auswendiglernens, des Nachschlagens, des Konstruierens, des Umgangs mit Geodreieck (...) und Computer sind in einer modernen Gesellschaft so früh wie möglich zu erwerben, um sie jederzeit abrufbar für anspruchsvollere Tätigkeiten zur Verfügung zu haben.“[7] Für den Erwerb dieser Techniken brauchen Schüler recht lange, wodurch ein Üben am Nachmittag sinnvoll erscheint. Gleiches gilt für Lerntechniken wie Auswendiglernen, Elaborieren oder Zusammenfassen.

- Schüler lernen eigenverantwortlich mit ihrer Zeit umzugehen.
- Einige Fächer sind ohne Hausaufgaben undenkbar. Wie sollen z.B. im Fach Mathematik anspruchsvolle kognitive Strukturen entwickelt werden, ohne dass Schüler durch Hausaufgaben die Gelegenheit erhalten, an schwierigen Aufgaben zu knobeln?
- Den Unterricht vorbereitende Hausaufgaben machen den Schülern meist Spaß, weil sie sie in die Unterrichtsvorbereitung einbeziehen. Unterricht wird so zum gemeinsamen Anliegen der Lehrerin und der Schüler.
- Hausaufgaben sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Elternhaus und Schule. Eltern erfahren durch Hausaufgaben, was ihr Kind in der Schule lernt. Lehrer bekommen Einblicke in die Familienverhältnisse.[8]
- Hausaufgaben sind notwendig um Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten anzubahnen, zu stützen und zu festigen, für die die Lernzeit im Unterricht nicht ausreicht.
- Hausaufgaben bieten dem Lehrer eine Kontrolle des Lernfortschritts.[9]

[...]


[1] Becker/Kohler, S.7

[2] www.pz.bildung-rp.de/pn/pb2_02/magazin.htm, 18.10.2006, 13.45 Uhr

[3] vgl.Reinert (Hrsg.), S.14-22.

[4] vgl. Becker / Kohler, S.10-13

[5] Rosenbach; M. Dr. In: www.bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/gestaltung/ha_legitimation.htm, 18.10.2006, 14.15 Uhr.

[6] Becker/Kohler, S.15

[7] Becker/Kohler, S.16

[8] vgl. ebd., S.14-19

[9] vgl. Rosenbach; M. Dr. In: www.bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/gestaltung/ha_legitimation.htm, 18.10.2006, 14.15 Uhr.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Haben Hausaufgaben einen leistungssteigernden Wert?
Hochschule
Universität Lüneburg  (Institut für Pädagogik)
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V63773
ISBN (eBook)
9783638567350
ISBN (Buch)
9783638669511
Dateigröße
2328 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hausaufgaben
Arbeit zitieren
Isabell Kallis (Autor:in), 2006, Haben Hausaufgaben einen leistungssteigernden Wert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63773

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