Israel und die Türkei. Welche Rolle spielt ihre Kooperation für den Friedensprozess im Nahen Osten?


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

24 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1 Entwicklung der Beziehungen

2 Motive der Annäherung
2.1 Motive der Türkei
2.2 Motive Israels

3 Kooperation
3.1 Politische Kooperation / Bildung einer politischen Entente?
3.2 Militärische Kooperation
3.3 Wirtschaftliche Beziehungen

4 Implikationen auf den Friedensprozeß

5 Reaktionen auf die türkisch - israelischen Beziehungen

Fazit

Literaturverzeichnis
Zeitungen, Zeitschriften
Internetadressen

Einleitung

Mit Beginn des Kalten Krieges und nach dem Beitritt zur NATO übernahm die Türkei die Rolle des westlichen Bollwerks gegenüber der Sowjetunion an der Südostflanke der NATO, wodurch sie eine bedeutende geostrategische Rolle erlangte. Ihre geostrategisch wichtige Lage hat sie auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR beibehalten, als Bollwerk gegen den „islamischen Fundamentalismus“ sowie als Militärstützpunkt gegenüber dem Irak. Die Türkei wurde auch als das Tor zu den neuen unabhängigen Staaten im Kaukasus mit ihren riesigen Vorräten an Bodenschätzen angesehen. Vor allem wurde der Türkei beim "Great Game" des 21. Jahrhunderts um die Ölvorkommen in Aserbaidschan eine wichtige Rolle beigemessen, welche sie jedoch nicht in angemessenem Umfang ausfüllen konnte. Die Versuche der Türkei, in den Turk-Republiken und in Aserbaidschan als Führungsmacht aufzutreten und ihren Einfluß zu steigern, sind fehlgeschlagen, z.T. aufgrund des Mangels an Kapital aber auch aufgrund unrealistischer außenpolitischer Zielsetzungen.

Die Beziehungen der Türkei zur EU verschlechtern sich seit 1995 zunehmend. Den Höhepunkt erreichten die Unstimmigkeiten Ende 1997, als bekannt wurde, daß die Türkei bei der ersten Erweiterungsrunde in die EU nicht dabei sein wird. Nach diesem Beschluß der EU wandte sich die Türkei brüskiert und enttäuscht von der EU ab und blieb sogar als Protest der "Europakonferenz" fern, welche Mitte März 1998 in London abgehalten wurde.

Als Konsequenz begab sich die Türkei auf die Suche nach einer neuen außenpolitischen Rolle, indem sie ihre Beziehungen zu den USA und zu Israel festigte, z.B. durch bevorzugte Vergabe von militärischen Aufträgen an diese Staaten.

Die Türkei versucht, ihre Rolle im Nahen/Mittleren Osten zu stärken, mit Hilfe Israels als Partner. Sie hat zu islamischen Staaten schlechte Beziehungen und verspricht sich durch die Kooperation mit Israel einen stärkeren Einfluß in Nah/Mittelost und durch die militärische Kooperation die Modernisierung und Aufrüstung der türkischen Armee.

1 Entwicklung der Beziehungen

Am 28. März 1948 erkannte die Türkei Israel als erstes "islamisches" Land völkerrechtlich an. Dies war eine Art Bringschuld bei ihrer Suche nach einer politischen Anbindung an den Westen und an die NATO, denn die Sowjetunion meldete damals unter Stalin Gebietsansprüche an die Türkei. Die politische Anerkennung Israels war für die Türkei eine zwingende Notwendigkeit, um den westlichen Staaten ihre Loyalität zu zeigen und um in die westlichen Institutionen aufgenommen zu werden. Die Türkei trat im Jahre 1952 der NATO bei.[1]

Die Beziehungen bis 1964 sind als Teil der Beziehungen der Türkei mit der NATO anzusehen. Zu keiner Zeit waren die Beziehungen mit Israel mit politischer Tiefe versehen. Um sich die Unterstützung der arabisch-islamischen Welt in der Zypernfrage weiterhin zu sichern, übte die Türkei besonders nach 1964 einen gewissen Grad an Distanz gegenüber Israel aus. Sie unterhielt sogar zeitweilig keinen Botschafter in Israel.[2]

Nach dem weltpolitischen Umbruch und durch den eingeleiteten Friedensprozeß zwischen Israel und der PLO zeichnete sich eine neuartige Entwicklung zwischen Israel und der Türkei ab. Im Juni 1992 besuchte nach 27 Jahren erstmals ein türkischer Staatsminister (Tourismusminister) Israel. Bei Staatsbesuchen des türkischen Staatspräsidenten Demirel und der türkischen Ministerpräsidenten wurden mehrere Abkommen unterzeichnet, durch welche die Kooperation in verschiedenen Bereichen ermöglicht wurde.

In den letzten Jahren hat sich die Annäherung zwischen beiden Staaten trotz der Wahl des konservativen Benjamin Netanjahu und der Proteste der arabisch-islamischen Staaten und trotz des verlangsamten Friedensprozesses in Palästina fortgesetzt und ausgedehnt.

2 Motive der Annäherung

Beide Länder haben viele Gemeinsamkeiten, welche eine Annäherung begünstigen, z.B. sind sie die einzigen Demokratien in dieser Region und haben gemeinsame Feinde, Syrien und Iran. Desgleichen sind beide Staaten auf der internationalen Bühne wegen ihrer Politik in der Kurden- sowie in der Palästinenser-Frage isoliert und werden von den westlichen Staaten unter Druck gesetzt, diese Probleme mit politischen Mitteln zu lösen.[3]

Beide Staaten fühlen sich von islamistischen Tendenzen bedroht und versuchen sie mit allen Mitteln zurückzudrängen und abzuschrecken. In beiden Ländern spielt das Militär eine große Rolle, während Strategien der Versöhnung und Kooperation mit ihren Minderheiten in ihren Herrschaftsgebieten weitgehend vernachlässigt oder sogar aktiv bekämpft werden.[4]

Neben den genannten Gemeinsamkeiten gibt es natürlich auch unterschiedliche Interessen. Weder Israel noch die Türkei wollen in die spezifischen Konflikte der anderen Seite einbezogen werden.

Eine enge kulturelle Bindung zwischen beiden Staaten wird zudem noch durch die 130.000 türkischstämmigen Juden in Israel aufrechterhalten, welche nach der Gründung Israels aus der Türkei emigrierten. Darunter sind auch prominente Persönlichkeiten wie z.B. der erste Staatspräsident Israels, Ben Gurion, der 1910 die ottomanische Staatsbürgerschaft angenommen und an der Istanbuler Universität studiert hatte. Der zweite Staatspräsident Yitzhak Ben-Zvi und der zweite Ministerpräsident Israels, Moshe Sharett, hatten auch in Istanbul studiert und beherrschten die türkische Sprache.[5]

2.1 Motive der Türkei

Die Abweisung durch die EU in den Luxemburger Beschlüssen empfand die Türkei als Brüskierung und zeigte daraufhin Nähe zu den USA und zu Israel. Diese enge Beziehung zwischen der Türkei und Israel wird von den USA unterstützt, da sie mit beiden Staaten eng verbunden sind. Die USA erhoffen sich davon eine Stabilisierung der Region und eine gemeinsame Vorgehensweise gegenüber Syrien, Irak und Iran.[6]

Die Bemühungen der Türkei, ihre Beziehungen zu den USA und zu Israel zu verbessern, kann man als eine Art Reaktion auf die abweisende Haltung der EU betrachten. Dementsprechend verfolgt die Türkei unter anderem das Ziel, durch eine engere militärische Zusammenarbeit mit dem Judenstaat vom europäischen Rüstungsmarkt unabhängig zu werden. Die türkische Armeeführung verspricht sich von der Zusammenarbeit vor allem die “versteckten Waffenembargos” der Europäer und Amerikaner durchbrechen zu können.[7] In dieser Hinsicht sind mehrere Vereinbarungen zwischen beiden Staaten getroffen worden, auf welche später im Text genauer eingegangen werden soll.

Durch die Annäherung an Israel erhoffen sich die Türken die Unterstützung der einflußreichen israelischen Lobby in den USA, so daß die Beziehungen der Türkei mit den USA gestärkt werden können. In dieser Hinsicht äußerte sich David Ivry, ehemaliger Luftwaffengeneral und Staatsekretär im Verteidigungsministerium, Israel und die israelische Lobby würden die Interessen der Türkei in den USA vertreten, so daß z.B. erst durch den Einsatz der Israelis die Lieferung der drei Fregattenschiffe an die Türkei ermöglicht wurde.[8] Diese drei Schiffe wurden, obwohl sie schon längst bezahlt waren, wegen Menschenrechtsbedenken des US-Kongresses lange Zeit zurückgehalten und nicht an die Türkei ausgeliefert.

Die Türkei verfolgt in ihren Beziehungen mit Israel mehrere Ziele, wie z.B. die Stärkung der militärischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit, was auf beiderseitigem Interesse beruht. Die Türkei erhofft sich durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit die Steigerung seiner Exporte nach Israel und den Transfer von israelischer Hochtechnologie, um in Zukunft selber Waffensysteme bauen zu können und die Modernisierung der veralteten Waffensysteme selber durchzuführen.[9]

Gleichzeitig erhofft sie sich durch die Kooperation mit den in der Terrorismusabwehr erfahrenen Israelis Fortschritte und Erfolge im Kampf gegen die PKK. Das Terrorismusproblem ist eines der Gemeinsamkeiten zwischen Israel und der Türkei. Weiterhin hoffen die Türken durch diese Kooperation einen Abschreckungseffekt gegenüber den gemeinsamen Feinden Syrien und Iran zu erzielen. Sowohl die Türkei als auch Israel sind von größtenteils ihnen feindlich gesinnten Ländern umgeben. Beide Länder erwarten durch die Zusammenarbeit ihrer Nachrichtendienste Synergieeffekte bei der Erlangung und Auswertung von Informationen. Besonders die israelischen Geheimdienste sind in dieser Region bezüglich spionagetätigkeiten erfahren und zudem erfolgreich.

2.2 Motive Israels

Für Israel ist die Kooperation mit der Türkei von höchster Bedeutung, da es von Syrien und Iran bedroht wird. Der israelische militärische Nachrichtendienst sieht in seinem Jahresbericht an den Generalstab für 1999 eine höhere, in erster Linie von Syrien ausgehende Kriegsgefahr voraus. Syrien sei dabei, zwei Scud-Divisionen mit insgesamt 36 Abschußrampen aufzustellen. Insgesamt sei die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts für 1999 - wenn der Friedensprozeß weiterhin stagniere - ziemlich hoch. Eine weitere Bedrohung geht vom Iran aus, die mit ihren Schihab-3 Raketen mit einer Reichweite von 1300 km ganz Israel abdecken.[10]

[...]


[1] Steinbach, Udo: Die Außenpolitik, in: Informationen zur politischen Bildung, Türkei, 2. Quartal 1989

[2] Yavuz, M. Hakan: Dislanmislarin Aski: Türk-Israil iliskileri (Die Liebe der Ausgestoßenen: die türkisch-israelischen Beziehungen), in: Zaman vom 21. Juli 1998

[3] vgl.Thomas Neumann: Türk-Israil isbirligi iki ülkenin de cikarina (Die türkisch-israelische Kooperation bringt für beide Seiten Vorteile mit sich), in: Zaman (www.zaman.com.tr) vom 01.März 1998

[4] vgl. Buro, Andreas: Die Herrscher über Nahost. Das militärische Dreieck Türkei-Israel-USA, in: Wissenschaft & Frieden, 4/1998, S. 8-11, S.10

[5] Peres, Shimon: Knesset speech on occasion of turkish President`s visit, vom 12. März 1996, in: www.israel-info.gov.il

[6] vgl. Österreichische Militärische Zeitschrift OMZ, 3/1998, S.351f

[7] NZZ vom 10. Juni 1997

[8] Zaman vom 21. .Dezember 1997, Israil, ABD`de Türkiye`nin avukati (Israel ist der Anwalt der Türkei in den USA)

[9] vgl. Österreichische Militärische Zeitschrift OMZ, 3/1998, S.351f

[10] Österreichische Militärische Zeitschrift OMZ, 6/1998, S.736

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Israel und die Türkei. Welche Rolle spielt ihre Kooperation für den Friedensprozess im Nahen Osten?
Hochschule
Universität zu Köln  (SEMINAR FÜR POLITISCHE WISSENSCHAFT DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN)
Veranstaltung
Die Weiterentwicklung des Friedensprozesses im Nahen
Note
1,2
Autor
Jahr
1999
Seiten
24
Katalognummer
V63970
ISBN (eBook)
9783638568944
ISBN (Buch)
9783638903127
Dateigröße
608 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Beziehungen, Israel, Türkei, Richtung, Entente, Kooperation, Bedeutung, Friedensprozeß, Verhältnis, Syrien), Weiterentwicklung, Friedensprozesses, Nahen
Arbeit zitieren
MA Kamuran Kayhan (Autor:in), 1999, Israel und die Türkei. Welche Rolle spielt ihre Kooperation für den Friedensprozess im Nahen Osten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63970

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