Die Juden von Zirndorf - Personale Entsprechungen zwischen dem Vorspiel und dem Hauptteil


Hausarbeit, 2006

14 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Inhalt

3. Personelle Verbindungselemente zwischen dem Vorspiel und dem Hauptteil
3.1 Verbindungen zwischen Sabbatai Zewi und Agathon
3.2 Verbindungen zwischen Stefan Gudstikker und Thomas Peter Hummel
3.3 Verbindungen zwischen Rahel Knöcker und Monika Olifat
3.4 Verbindungen zwischen Enoch Geyer und Maier Knöcker
3.5 Verbindungen zwischen Joelsohn und Gedalja

4. Einzelne „typisch jüdische“ Gestalten
4.1 Baron Löwengard – der Typus des überassimilierten Juden
4.2 Nieberding – ein Vertreter des modernen dekadenten Judentums
4.3 Der Lehrer Bojesen – das Sprachrohr der Dekadenztheorie im Roman

5. Fazit und Ausblick

1. Einleitung

„Gemächlich schwebt die Zeit hin über die Länder und über die Geschlechter, und wenn sie auch Städte zertritt und Wälder zerstampft und neue Städte und Wälder hinwirft mit gleichgültiger Gebärde, so vermag sie doch dem heimatlichen Boden niemals seine Lieblichkeit zu rauben oder seine Rauheit, kurz jene Gestalt und jenes Antlitz, womit die Heimat ihren Sohn erfüllt, indem sie ihn gleichsam als ihr Eigentum in Anspruch nimmt und ihm auf den Weg seines Lebens nur diese Worte zur Mitgift wählt: Aus meinem Ton bist du gemacht.“[1] Mit diesen Worten beginnt Jakob Wassermann eines seiner frühen Werke „Die Juden von Zirndorf“, welches bei den Kritikern seiner Zeit besonders wegen seines historischen Vorspiels Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Dennoch erntete er sowohl von jüdischer als auch von deutschnationaler Seite Kritik: Einerseits soll er „bei der Aufarbeitung jüdischer Thematik“ versagt haben,[2] andererseits bezeichneten rechtsgesinnte Kritiker sein Werk als typisch jüdisch und somit undeutsch.[3]

Obwohl zu dieser Zeit der Nationalsozialismus und die deutschnationale Einstellung in der Bevölkerung um sich zu greifen begann, war Jakob Wassermann einer der großen berühmten Autoren im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.[4]

Die vorliegende Hausarbeit wird sich mit Figuren-Parallelen zwischen dem Vorspiel und dem Hauptteil dieses – zu seiner Zeit umstrittenen – Werkes befassen, wobei sie jedoch auch auf Personen des Romans eingehen wird, welche kein entsprechendes Pendant zwischen Vorspiel und Hauptteil bilden, da diese Wassermanns Darstellung des Verfalls einer Gesellschaft in je einer eigenen Facette verdeutlichen. JOERIS drückt dies so aus: „Was die Gestaltung der Figuren im Roman Die Juden von Zirndorf angeht, so fungieren diese als Ideenträger ihres >Schöpfers< Jakob Wassermann. Insofern haben sie Bild- und Symbolcharakter […].[5]

Nach einer kurzen Inhaltszusammenfassung werden einzelne Personengruppen aus Vorspiel und Hauptteil vorgestellt und interpretiert werden, um Rückschlüsse in Bezug auf Entsprechungen und deren Symbolhaftigkeit ziehen zu können.

2. Inhalt

Im Vorspiel der „Juden von Zirndorf“ schildert Jakob Wassermann die desolate Lebenslage der Fürther Juden im 17. Jahrhundert. Zacharias Naar, welcher sich als Jünger der „historisch-messianischen Gestalt“ Sabbatai Zewis bezeichnet[6], überbringt eine Nachricht dessen, indem er sich selbst als der ersehnte Erlöser und Messias ausruft. Daraufhin wird die Fürther Judengemeinde von einem messianischen Rausch erfasst. Sie beschließt, nach Zion, dem Land der Verheißung, aufzubrechen. Ende 1666 wird der Zug der jüdischen Auswanderer im Wald von Nürnberg von Bürgersoldaten und Bauern überfallen und ausgeraubt. Der Kampf fordert zahlreiche Opfer. Nach der Bestattung ihrer Angehörigen treffen sie auf weitere Auswanderer, von denen sie große Neuigkeiten erfahren: „Sabbatai Zewi war zum Islam übergetreten.“[7] Mit dem Gefühl von großer Verzweiflung und Mutlosigkeit kehren die Juden um und siedeln sich in der Nähe von Fürth an. „Jener Ort [...] hieß zuerst Zionsdorf, welcher Name dann durch die einwandernden Christen in Zirndorf umgewandelt wurde.“[8]

Vor diesem Hintergrund erzählt Wassermann die Geschichte der jungen Rahel Knöcker, einer jungen Jüdin, die von ihrem Liebhaber Thomas Peter Hummel (einem Christen) geschwängert wird. In ihrer Verzweiflung bezeichnet sie ihre Schwangerschaft als die Unbefleckte Empfängnis von Sabbatai Zwi. Ihr Vater, Maier Knöcker genannt, gerät darüber in absolute Hochstimmung und Rahel entkommt vorläufig dem Verstoß aus der jüdischen Gesellschaft.

Die Handlung des Hauptteils setzt im Jahre 1885 in der selben Gegend ein. Wassermann erzählt die Lebensgeschichte des in Armut lebenden Juden Agathon Geyer. Das Leid seiner Mitmenschen weckt in ihm das Bedürfnis, ihnen Trost und Freude zu spenden. Er wird als vermenschlichter Christus und „Messias der Moderne“ geschildert.[9] Der Autor schildert Begegnungen Agathons mit vielen verschiedenen „typisch jüdischen“ Schicksalen; er begegnet der zeitgenössischen Gesellschaft vom Bordell bis zum Hof des Königs Ludwig II. von Bayern. Zwischen all den klischeehaften Darstellungen der Juden sticht er positiv ab.[10] Agathon erkennt die Dekadenz dieser Gesellschaft sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben und bemüht sich, ihr entgegenzuwirken. Er wünscht sich, dass die Menschen ihre religiösen Bindungen überwinden können, um zu einer befreiten, sittlichen Welt zu gelangen. Letztendlich muss er jedoch erfahren, dass er der unendlichen Masse an menschlichem Leid nicht gewachsen ist: Er zieht sich in sein eigenes privates Glück zurück und beschränkt sich auf eine Verbesserung „im Kleinen“, die sich in seiner Liebe zu der schwangeren Monika ausdrückt.[11]

[...]


[1] Wassermann, Jakob: Die Juden von Zirndorf. München: Langen Müller 1999. S. 7

[2] Neubauer, Martin: Jakob Wassermann. Ein Schriftsteller im Urteil seiner Zeitgenossen. In: Europäische Hochschulschriften Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur. Band 1485. Frankfurt a.M.: Europäischer Verlag der Wissenschaften 1994. S. 101

[3] Neubauer, Martin: Jakob Wassermann. Ein Schriftsteller im Urteil seiner Zeitgenossen. S. 111

[4] Joeris, Christa: Aspekte des Judentums im Werk Jakob Wassermanns. Aachen: Shaker 1996. S. 1

[5] Joeris, Christa: Aspekte des Judentums im Werk Jakob Wassermanns. S. 103

[6] Joeris, Christa: Aspekte des Judentums im Werk Jakob Wassermanns. S. 91

[7] Wassermann, Jakob: Die Juden von Zirndorf. München: Langen Müller 1999. S. 69

[8] ebd. S.70

[9] Joeris, Christa: Aspekte des Judentums im Werk Jakob Wassermanns. S. 95

[10] Joeris, Christa: Aspekte des Judentums im Werk Jakob Wassermanns. S. 99

[11] Wassermann, Jakob: Die Juden von Zirndorf. S.303 /304

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Juden von Zirndorf - Personale Entsprechungen zwischen dem Vorspiel und dem Hauptteil
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
2,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
14
Katalognummer
V64024
ISBN (eBook)
9783638569330
ISBN (Buch)
9783656802693
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Juden, Zirndorf, Personale, Entsprechungen, Vorspiel, Hauptteil
Arbeit zitieren
Kira Stiehr (Autor:in), 2006, Die Juden von Zirndorf - Personale Entsprechungen zwischen dem Vorspiel und dem Hauptteil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64024

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