Seit der Umsetzung der IAS-Verordnung der Europäischen Union in nationales Recht ist es für kapitalmarktorientierte Unternehmen Pflicht, ab dem Geschäftsjahr 2005 (in Ausnahmen ab 2007) ihre Konzernabschlüsse nach den Regeln der IAS/IFRS aufzustellen. Ziel der IFRS-Rechnungslegung ist es, den Adressaten ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln und ihnen damit entscheidungsrelevante Informationen zu liefern. 1 Einer der umstrittensten internationalen Rechnungslegungsstandards ist der IAS 39 (financial instruments: recognition and measurement). 2 Er regelt u.a. die bilanzielle Abbildung von Sicherungszusammenhängen, das so genannte hedge accounting. Da auch dieser Teilbereich zu den am meisten kontrovers diskutierten Regelungen gehört, setzt sich diese Arbeit kritisch mit den Anwendungsvoraussetzungen und zwei Sonderfällen des hedge accounting auseinander. 3 Um Sicherungsbeziehungen überhaupt bilanziell abbilden zu dürfen, sind umfangreiche
Dokumentationsanforderungen und ein Nachweis der Effektivität notwendig. 4 Die zwei Sonderfälle sollen zum einen diskutieren, ob der full-fair-value-approach, der von der Praxis häufig gefordert wird, eine realitätsnähere Abbildung über wirtschaftliche Zusammenhänge ermöglicht. 5 Zum anderen soll der in IAS 39 übernommene Entwurf des IASB zur bilanziellen Abbildung von Absicherungen gegen Zinsänderungsrisiken auf Portfoliobasis (fair value hdege accounting for a portfolio of interest rate risk) kritisch untersucht werden. Die Notwendigkeit spezieller Regeln zur bilanziellen Abbildung des hedge accounting ergibt sich daraus, dass die verschiedenen Kategorien von Finanzinstrumenten nach IAS 39 unterschiedlich bewertet werden (mixed model). 6 Um in der Gewinn- und Verlustrechnung die ungleich gewichteten Effekte, die sich aus der unterschiedlichen Bewertung von abgesicherten Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten ergeben, zu vermeiden, enthält IAS 39 spezielle Vorschriften zum hedge accounting. 7 [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Grundlagen
2.1 Klassifizierung von Sicherungsbeziehungen
2.2 Sicherungsinstrumente und abzusichernde Grundgeschäfte
2.3 Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen
2.4 Ausgewählte Rahmengrundsätze als Beurteilungsmaßstab
3. Anwendungsvoraussetzungen
3.1 Dokumentation
3.2 Messung der Effektivität
4. Sonderfälle
4.1 Full-Fair-Value-Approach Hedge
4.2 Portfolio-Hedging von Zinsänderungsrisiken
5. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Seit der Umsetzung der IAS-Verordnung der Europäischen Union in nationales Recht ist es für kapitalmarktorientierte Unternehmen Pflicht, ab dem Geschäftsjahr 2005 (in Ausnahmen ab 2007) ihre Konzernabschlüsse nach den Regeln der IAS/IFRS aufzustellen. Ziel der IFRS-Rechnungslegung ist es, den Adressaten ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln und ihnen damit entscheidungsrelevante Informationen zu liefern.[1]
Einer der umstrittensten internationalen Rechnungslegungsstandards ist der IAS 39 (financial instruments: recognition and measurement).[2] Er regelt u.a. die bilanzielle Abbildung von Sicherungszusammenhängen, das so genannte hedge accounting. Da auch dieser Teilbereich zu den am meisten kontrovers diskutierten Regelungen gehört, setzt sich diese Arbeit kritisch mit den Anwendungsvoraussetzungen und zwei Sonderfällen des hedge accounting auseinander.[3] Um Sicherungsbeziehungen überhaupt bilanziell abbilden zu dürfen, sind umfangreiche Dokumentationsanforderungen und ein Nachweis der Effektivität notwendig.[4] Die zwei Sonderfälle sollen zum einen diskutieren, ob der full-fair-value-approach, der von der Praxis häufig gefordert wird, eine realitätsnähere Abbildung über wirtschaftliche Zusammenhänge ermöglicht.[5] Zum anderen soll der in IAS 39 übernommene Entwurf des IASB zur bilanziellen Abbildung von Absicherungen gegen Zinsänderungsrisiken auf Portfoliobasis (fair value hdege accounting for a portfolio of interest rate risk) kritisch untersucht werden.
Die Notwendigkeit spezieller Regeln zur bilanziellen Abbildung des hedge accounting ergibt sich daraus, dass die verschiedenen Kategorien von Finanzinstrumenten nach IAS 39 unterschiedlich bewertet werden (mixed model).[6] Um in der Gewinn- und Verlustrechnung die ungleich gewichteten Effekte, die sich aus der unterschiedlichen Bewertung von abgesicherten Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten ergeben, zu vermeiden, enthält IAS 39 spezielle Vorschriften zum hedge accounting.[7]
2. Grundlagen
2.1 Klassifizierung von Sicherungsbeziehungen
Als hedging bezeichnet man eine Risikomanagement-Strategie, bei der offene Risikopositionen wie Zins-, Währungs-, Aktienkurs-, Kredit- oder Warenpreisrisiken durch den Aufbau einer wertmäßig gegenläufigen Position ökonomisch abgesichert werden.[8] Hedge accounting nennt man die bilanzielle Abbildung einer solchen Sicherungsbeziehung. Gegenläufige Wertentwicklungen eines risikobehafteten Grundgeschäfts (hedges item) und eines Sicherungsinstruments (hedging instrument) werden kompensatorisch abgebildet.[9]
In IAS 39 werden drei Arten von Sicherungsbeziehungen unterschieden: fair value hedges zur Absicherung einer Änderung des fair value eines bilanzierten oder schwebenden Geschäfts, cash flow hedges zur Absicherung des Risikos einer Schwankung der künftigen Zahlungsströme (cash-flows) eines bilanzierten oder erwarteten Geschäfts sowie hedges of a net investment in a foreign operation (Währungs -hedge) zur Absicherung des Wechselkursrisikos einer Nettoinvestition in eine wirtschaftlich selbstständige Teileinheit (ausländisches Tochterunternehmen, assoziierte Unternehmen oder joint venture oder Filiale). Der zuletzt genannte hedge ist, mit Blick auf das abgesicherte Risiko, keine eigenständige dritte Sicherungsform, sondern faktisch ein cash flow hedge.[10]
2.2 Sicherungsinstrumente und abzusichernde Grundgeschäfte
Eine Sicherungsbeziehung besteht aus einem abzusichernden Grundgeschäft und einem Sicherungsinstrument.[11]
Als Grundgeschäft kann ein bilanzierter Vermögenswert oder eine bilanzierte Verbindlichkeit, eine bilanzunwirksame feste Verpflichtung, eine erwartete, mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende künftige Transaktion oder eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb in Frage kommen.[12] All diese Grundgeschäfte können einzeln (micro hedge) oder in Gruppen mit ähnlichen Risiken (portfolio hedge) abgesichert werden.[13] Die Absicherung von einer gesamten Nettoposition (macro hedging) ist nach IAS 39 hingegen nicht zulässig, da hier eine Saldogröße betrachtet wird. Eine Erleichterung gibt es jedoch bei Teilen eines Portfolios an finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten (portfolio hedging von Zinsänderungsrisiken), auf die später noch näher eingegangen wird.[14]
Ein Sicherungsinstrument kann grundsätzlich jedes Finanzderivat sein, sofern der beizulegende Zeitwert verlässlich ermittelt werden kann. Ein nicht-derivater finanzieller Vermögenswert resp. Verbindlichkeit darf hingegen nur zur Absicherung eines Währungsrisikos herangezogen werden.[15] Darüber hinaus dürfen nur solche Finanzinstrumente als Sicherungsinstrumente bestimmt werden, die einen Partner außerhalb der rechnungslegenden Einheit haben.[16]
2.3 Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen
Um das Ziel einer synchronen Erfassung der Änderungen des beizulegenden Zeitwerts von Grund- und Sicherungsgeschäft im Periodenergebnis zu erreichen, gibt es entsprechende Regelungen für das hedge accounting. Bei der Abbildung des fair value hedge werden die allgemeinen Bilanzierungsregeln des Grundgeschäfts von den speziellen hedge accounting -Regeln überlagert.[17] Die Bilanzierung des Grundgeschäfts orientiert sich an der des Sicherungsinstruments: Wertänderungen werden bei Grundgeschäft und Sicherungsinstrument sofort erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst; unabhängig davon, ob die unrealisierten Gewinne oder Verluste des Grundgeschäfts nach den allgemeinen Bilanzierungsregeln ursprünglich direkt im Eigenkapital (other comprehensive income) erfasst werden (available for sale -Wertpapiere).[18]
[...]
[1] Vgl. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim: Internationale Rechnungslegung, 5. Aufl., Stuttgart 2004, S. 102.
[2] Vgl. Löw, Edgar/Blaschke, Silke: Verabschiedung des Amendment zu IAS 39 Financial Instruments: Recognition and Measurement – The Fair Value Option, in: BB, 60. Jg. (2005), S. 1727–1739, hier: S. 1727.
[3] Vgl. Eckes, Burkhard/Barz, Katja/Bäthe-Guski, Martina/Weigel, Wolfgang: Die aktuellen Vorschriften zum Hedge Accounting (I), in: Die Bank, 44. Jg. (2004), S. 416-420, hier: S.416.
[4] Vgl . Lantzius-Beninga, Berthold/Gerdes, Andreas: Abbildung von Mikro Fair Value Hedges gemäß IAS 39, in: KoR, 5. Jg. (2005), S. 105-115, hier S. 106.
[5] Vgl. Hommel, Michael/Hermann, Olga: Hedge-Accounting und Full-Fair-Value-Approach Hedge in der internationalen Rechnungslegung, in: DB, 56. Jg. (2003), S. 2501-2506, hier S. 2501.
[6] Vgl. Kropp, Matthias/Klotzbach, Daniela: Der Exposure Draft zu IAS 39 „Financial Instruments“ – Darstellung und kritische Würdigung der geplanten Änderungen des IAS 39 -, in: WPg, 55. Jg. (2002), S. 1010-1031, hier S. 1010.
[7] Vgl. Eckes, Burkhard/Barz, Katja/Bäthe-Guski, Martina/Weigel, Wolfgang, a.a.O., hier S. 417.
[8] Vgl. Jamin, Wolfgang/Krankowsky, Matthias: Die Hedge Accounting-Regeln des IAS 39, in KoR 11. Jg. (2003), S. 502-515, hier S. 503.
[9] Vgl. Bellavite-Hövermann, Yvette/Barckow, Andreas, a.a.O., hier S. 42.
[10] Vgl. Kehm, Patrick/Lüdenbach, Norbert: §28 Finanzinstrumente, in: Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter (Hrsg): Haufe IFRS-Kommentar, 3. Aufl., Freiburg 2005, hier S. 1380.
[11] Vgl. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim, a.a.O., hier S. 532.
[12] Vgl. IAS 39.
[13] Vgl. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim, a.a.O., hier S. 535.
[14] Vgl. Eckes, Burkhard/Barz, Katja/Bäthe-Guski, Martina/Weigel, Wolfgang, a.a.O., hier S. 419.
[15] Vgl. Bellavite-Hövermann, Yvette/Barckow, Andreas: Kommentierung der IASB-Standards Teil B zu IAS 39, in: Baetge, Jörg/Dörner, Dietrich/Kleekämper, Heinz, u.a. (Hrsg.): Rechnungslegung nach Internationalen Standards (IAS), Kommentar auf Grundlage des deutschen Bilanzrechts, 2. Aufl., Stuttgart 2003, hier S. 86.
[16] Vgl. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim, a.a.O., hier S. 533
[17] Vgl. Jamin, Wolfgang/Krankowsky, Matthias, a.a.O., hier S. 506.
[18] Vgl. Kehm, Patrick/Lüdenbach, Norbert, a.a.O., hier S. 1384.
- Arbeit zitieren
- Marlen Pfefferkorn (Autor:in), 2006, Kritische Würdigung des Hedge-Accounting nach IAS 39, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64138
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