Wer schon einmal in einem Altenpflegeheim zu Besuch war und sich etwas Zeit zum Beobachten genommen hat, der kennt vielleicht Situationen wie diese: Eine alte Frau soll „gefüttert“ werden, sie verweigert dies; die Pflegerin drängt unter Hinweis auf die fehlende Zeit zum Essen, die Frau spuckt sie daraufhin an und schiebt den Löffel energisch von sich weg, woraufhin die Pflegerin mit den barschen Worten „Dann eben nicht!“ aufsteht und geht.
Eine Begebenheit bei der man als Außenstehender vielleicht ein etwas ungutes Gefühl hat, aber damit wohl eher nicht das Wort „Gewalt“ in Verbindung bringt. Doch genau um solche und ähnliche Situationen im Pflegealltag soll es in der vorliegenden Diplomarbeit gehen. Das Augenmerk liegt weniger auf der direkten körperlichen Gewalt, die zwar leider hin und wieder auftritt, jedoch meiner Meinung nach eher selten ist. Auch geht es nicht um die juristischen Aspekte dieser Problematik. Gegenstand der Betrachtung ist die mehr oder weniger versteckte alltägliche Gewalt in der stationären Altenpflege, die vielleicht sogar von den Beteiligten gar nicht als solche erkannt wird. Ziel ist dabei nicht die Findung eines „Schuldigen“. Vielmehr soll die Komplexität der Entstehung von Gewalt aufgezeigt werden, denn oft ist es schwierig, im Beziehungsgeflecht von Bewohnern, Pflegekräften, Leitenden zu erkennen, wer nun „Opfer“ oder „Täter“ ist und wo die Gewalt ihre eigentliche Wurzel hat. In diesem Zusammenhang werden auch die strukturellen Rahmenbedingungen näher beleuchtet, denen eine große Bedeutung bei der Gewaltentstehung zukommt.
Die Problematik der Gewalt in der stationären Altenpflege ist sehr komplex, wird jedoch oft verschwiegen und tabuisiert. Die vorliegende Diplomarbeit soll dazu beitragen, den Leser für das Erkennen von Gewalt in der stationären Altenpflege und deren komplexe Entstehungsmechanismen zu sensibilisieren und Anstoß für eine aktive Auseinandersetzung mit dieser Thematik geben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Überblick über die Situation der Altenpflege in Deutschland
- Wissenswertes zur Pflegebedürftigkeit
- Strukturen der Pflegeheime
- Zukünftige Entwicklungstrends in der Altenpflege
- Begriffliche Klärungen zur Thematik "Gewalt"
- Definition des Begriffs Gewalt
- Vorstellung des "Gewaltendreiecks" nach Galtung
- Theoretische Erklärungsansätze zur Gewaltentstehung
- Frustrations-Aggressions-Hypothese nach Dollard
- Lerntheorien
- Allgemeiner Überblick
- "Lernen am Modell" nach Bandura
- Fallbeispiel
- Ursachen von Gewalt in der stationären Altenpflege
- Ursachen außerhalb der pflegerischen Beziehung
- Das Altenpflegeheim als "totale Institution"
- Frustration der Heimbewohner
- Frustration der Pflegekräfte
- Ursachen innerhalb der pflegerischen Beziehung
- Frustration der Heimbewohner
- Frustration der Pflegekräfte
- Formen der Gewalt in der stationären Altenpflege
- Formen der Gewalt gegen Heimbewohner
- Personale Gewalt
- Strukturelle Gewalt
- Kulturelle Gewalt
- Formen der Gewalt gegen Pflegekräfte
- Personale Gewalt
- Strukturelle Gewalt
- Kulturelle Gewalt
- Ansätze zur Verminderung von Gewalt in der stationären Altenpflege
- Ansatzpunkt Pflegekräfte
- Ansatzpunkt Heimbewohner
- Ansatzpunkt strukturelle Rahmenbedingungen
- Ansatzpunkt Gesellschaft
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert das Phänomen der Gewalt in der stationären Altenpflege. Sie zielt darauf ab, die Ursachen und Formen von Gewalt in diesem Kontext zu verstehen und mögliche Ansätze zur Verminderung von Gewalt zu erforschen.
- Analyse der Situation der Altenpflege in Deutschland
- Begriffliche Klärung und Einordnung des Begriffs "Gewalt"
- Untersuchung der Ursachen von Gewalt in der stationären Altenpflege, sowohl außerhalb als auch innerhalb der pflegerischen Beziehung
- Klassifizierung verschiedener Formen von Gewalt in der Altenpflege
- Entwicklung von Ansätzen zur Verminderung von Gewalt in der stationären Altenpflege
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Themas Gewalt in der stationären Altenpflege hervorhebt und den Aufbau der Arbeit skizziert.
Im Anschluss erfolgt ein Überblick über die aktuelle Situation der Altenpflege in Deutschland, der wichtige Informationen zur Pflegebedürftigkeit, Strukturen der Pflegeheime und zukünftigen Entwicklungstrends liefert.
Anschließend werden zentrale Begriffe, wie der Begriff "Gewalt", definiert und das "Gewaltendreieck" nach Galtung vorgestellt.
Im weiteren Verlauf werden wichtige theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung von Gewalt beleuchtet, darunter die Frustrations-Aggressions-Hypothese nach Dollard und Lerntheorien, insbesondere das "Lernen am Modell" nach Bandura.
Die Arbeit analysiert dann die Ursachen von Gewalt in der stationären Altenpflege, die sich sowohl außerhalb als auch innerhalb der pflegerischen Beziehung finden lassen. Hierbei werden wichtige Faktoren wie die "totale Institution" Altenpflegeheim, Frustration von Heimbewohnern und Pflegekräften sowie die Belastungen der pflegerischen Beziehung betrachtet.
Es folgt eine umfassende Darstellung verschiedener Formen von Gewalt in der stationären Altenpflege, die in personale, strukturelle und kulturelle Gewalt kategorisiert werden.
Schließlich werden verschiedene Ansätze zur Verminderung von Gewalt in der stationären Altenpflege vorgestellt, die sich an Pflegekräften, Heimbewohnern, strukturellen Rahmenbedingungen und der Gesellschaft als Ganzem orientieren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die Themen Gewalt in der stationären Altenpflege, Pflegebedürftigkeit, Strukturen der Pflegeheime, Frustration, "Gewaltendreieck" nach Galtung, Lerntheorien, Ursachen von Gewalt, Formen von Gewalt, personale Gewalt, strukturelle Gewalt, kulturelle Gewalt und Ansätze zur Verminderung von Gewalt.
- Arbeit zitieren
- Janette Lieske (Autor:in), 2004, Gewalt in der stationären Altenpflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64155