Soziale Ungleichheit ist zweifelsohne ein “hausgemachtes“ Phänomen. Ähnlich wie Umweltprobleme, Bevölkerungsdynamik und absehbare Konflikte um Energieversorgung ist soziale Ungleichheit ein weltumspannendes Ereignis, für dessen Entwicklung der Mensch selbst verantwortlich zeichnet. Und mit dieser These rücke ich bewusst von der Vorstellung des Aristoteles ab, der Ungleichheit als einen naturgegebenen Zustand erklärt (vgl. Dahrendorf 1967, 355). Um diese Ansicht zurückzuweisen, bedarf es keines intensiven Soziolgiestudiums und auch keiner Kenntnis empirischer Studien. Allein die Früchte der Aufklärung - samt dem Postulat der Gleichheit aller Menschen - und die Erfahrung von mehr als zweihundert Jahren entfeudalisierter Industriegesellschaft lehrten das Gegenteil. Wenn ich nun also die Entstehung sozialer Ungleichheit in die Verantwortung des Menschen lege, so denke ich da zu vorderst an die Industrielle Revolution und die Trans-formation von der feudalen Agrar- zur modernen Zivilgesellschaft und die neue Form legitimierter strukturierter Ungleichverteilung von Kapital und Lebenschancen. Und vor allem die Soziologie, als eine aus dieser Transformation entstandene Wissenschaft (Schäfers 2002) 1 , beschäftigt sich seit jeher mit der Entstehung und Heraufkunft dieses gesellschaftlichen Phänomens und produzierte in der Vergangenheit mehr oder minder gelungene Erklärungsversuche. Ich werden nun im folgenden einige dieser Erklärungsversuche vorstellen und dabei, der soziologischen Tradition folgend, einen Querschnitt von der Klassen- über die Schichtungs- bis hin zur Milieu- und Lebensstilforschung bieten. Während dieses ersten Teils werden auch die verschiedenen Dimensionen sozialer Ungleichheit herausgetsellt. Der zweite Teil des Essays beschäftigt sich dann mit der Ungleichheitsdarstellung in Herbert Marcuse´s Werken „Der eindimensionale Mensch“ sowie „Ideen zu einer kritischen Gesellschaft“. Es werden dabei Marcuse´s Ansichten über die Verantwortungen einzelner Strukturen der Gesellschaft an sozialer Ungleichheit beleuchtet und kritisch diskutiert. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Die Tradition der Ungleichheitsdarstellung in der Soziologie
- 1.1 Begriffsklärung
- 1.2 Klassentheorie als Ungleichheitsdarstellung
- 1.3 Funktionalistische Schichtungstheorie
- 1.4 Lebensstil, Lagen und Milieus
- 2. Soziale Ungleichheit bei Herbert Marcuse
- 3. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit dem Phänomen der strukturierten sozialen Ungleichheit und untersucht, wie diese im Kontext der modernen Gesellschaft entstanden ist. Er setzt sich mit verschiedenen soziologischen Theorien auseinander, die sich mit der Erklärung sozialer Ungleichheit auseinandersetzen, und untersucht dabei die Rolle von Klassen, Schichten, Lebensstilen und Milieus.
- Die Entwicklung und Bedeutung sozialer Ungleichheit in der Moderne
- Verschiedene soziologische Theorien zur Erklärung sozialer Ungleichheit
- Die Rolle von Klassen, Schichten, Lebensstilen und Milieus in der Entstehung und Reproduktion sozialer Ungleichheit
- Der Beitrag von Herbert Marcuse zur Analyse sozialer Ungleichheit
- Die Bedeutung von Exklusion und Benachteiligung in der Entstehung sozialer Ungleichheit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Die Tradition der Ungleichheitsdarstellung in der Soziologie
Das erste Kapitel definiert den Begriff der sozialen Ungleichheit und grenzt ihn von biologischer Ungleichheit und sozialer Differenzierung ab. Es beleuchtet verschiedene soziologische Ansätze zur Erklärung sozialer Ungleichheit, darunter die Klassentheorie (Marx, Weber), die funktionalistische Schichtungstheorie und die Lebensstil- und Milieuforschung.
2. Soziale Ungleichheit bei Herbert Marcuse
Der zweite Teil des Essays analysiert die Ansichten von Herbert Marcuse zur sozialen Ungleichheit, insbesondere in seinen Werken „Der eindimensionale Mensch“ und „Ideen zu einer kritischen Gesellschaft“. Es werden seine Argumente zur Verantwortung einzelner gesellschaftlicher Strukturen an sozialer Ungleichheit beleuchtet und kritisch diskutiert.
Schlüsselwörter
Soziale Ungleichheit, Moderne, Klassen, Schichten, Lebensstil, Milieus, Exklusion, Benachteiligung, Herbert Marcuse, funktionalistische Schichtungstheorie, Klassentheorie, soziale Differenzierung, Industrielle Revolution, kapitalistische Produktionsweise
- Arbeit zitieren
- Marcus Guhlan (Autor:in), 2006, Strukturierte soziale Ungleichheit - Ein Produkt der Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64247