Der gewerbliche Rechtschutz gegen die Produktpiraterie


Diplomarbeit, 2006

93 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1. Produktpiraterie
2.2. Markenpiraterie
2.3. Plagiat und Fälschung

3. Rechtliche Schutzvorschriften in Deutschland
3.1. Einleitung
3.2. Urheberrecht
3.3. Patentrecht
3.4. Gebrauchsmusterrecht
3.5. Geschmacksmusterrecht
3.6. Markenrecht
3.7. Zusammenfassung

4. Europäischer und internationaler Gewerblicher Rechtschutz
4.1. Einleitung
4.2. Europäisches und Internationales Urheberrecht
4.3. Europäisches und Internationales Patentrecht
4.4. Europäisches und internationales Gebrauchsmusterrecht
4.5. Europäisches und internationales Geschmacksmusterrecht
4.6. Europäisches und internationales Markenrecht
4.7. Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights
4.8. Zusammenfassung

5. Produktpiraterie in der Praxis
5.1. Einleitung
5.2. Gründe für die Zunahme der Produktpiraterie
5.3. Betroffene Bereiche
5.4. Die Herkunft von Plagiaten am Beispiel der VR China
5.5. Wirtschaftliche Folgen der Produktpiraterie
5.6. Zusammenfassung

6. Möglichkeiten der Bekämpfung der Produktpiraterie
6.1. Einleitung
6.2. Organisation der Anti-Produktpiraterie im Unternehmen
6.3. Defensive Maßnahmen
6.3.1. Rechtliche Maßnahmen
6.3.2. Weitere defensive Maßnahmen
6.4. Offensive Maßnahmen
6.4.1. Produktkennzeichnung und Verpackungskennzeichnung
6.4.2. Beschaffung, Logistik und Vertrieb
6.5. Zusammenfassung

7.0. Zusammenfassung

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Nachahmung oder sogar Fälschung von erfolgreichen Produkten oder Marken ist keineswegs eine neue Erscheinung. Schon aus der Antike gibt es viele Aufzeichnungen, die belegen, dass es bereits zu dieser Zeit zahlreiche Fälle gab, in denen versucht wurde, mit Kopien und Fälschungen einen schnellen Gewinn zu erzielen. Horaz berichtet beispielsweise von Damassipus, der durch Fälschungen zu großem Reichtum gekommen sei.[1]

Doch all diese Fälscher waren hauptsächlich in der Kunstszene zu finden und nicht wie heute in fast jedem Bereich des Wirtschaftslebens.

„Nach Angaben der EU fallen durch Produktpiraterie, illegale Überproduktion, Parallel- und Re-Importe mittlerweile bereits 10% des Welthandels auf Plagiate oder Fälschungen, was einem internationalen Schaden von über 300 Milliarden Euro gleichkommt.“[2]Im Jahr 2001 sind an den Außengrenzen der EU 95 Millionen gefälschte Artikel und Waren beschlagnahmt worden, was einen Anstieg um 900% zu 1998 bedeutet.[3]Die Zahl der gefälschten Produkte, die die EU erreicht haben, dürfte noch weit höher liegen.

Die Geburtsstunde der Produktpiraterie lässt sich zum Ende der siebziger Jahre festsetzen, als erstmalig Kleidungsstücke auf die westlichen Märkte kamen, die zwar Logos trugen, aber nicht von den Originalherstellern fabriziert worden waren. Auch wenn es diese Art von Produktpiraterie heute noch im großen Stile gibt, so möchte ich jene doch als eine Vorstufe zur modernen Produktpiraterie bezeichnen.

Die moderne Produktpiraterie trat vor gut einem Jahrzehnt ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt wurden vor allem Luxusprodukte wie Uhren und besonders teure Handtaschen kopiert, jedoch meist in einer sehr schlechten Qualität und zu Preisen, die die Kopien sofort verrieten.

In den letzten Jahren hat sich das Spektrum der kopierten Produkte jedoch deutlich erweitert. Kopien bieten für die Nachahmer die Möglichkeit, mit geringen Kosten ein auf dem Markt sehr erfolgreiches Produkt zu imitieren, denn sowohl die Entwicklung des Produkts, als auch die erfolgreiche Markteinführung hat der Originalhersteller ja schon erledigt. Diese Produkte können dann mit einer sehr großen Gewinnspanne verkauft werden.

Auf Grund der immer besser werdenden Produktionsmethoden sind Kopien heute optisch kaum noch von den Originalprodukten zu unterscheiden. Auch der Preis für diese nachgeahmten Produkte gleicht sich immer mehr an den der Originale an, so dass auch diese Unterscheidungsmöglichkeit für den Verbraucher zunehmend schwindet.

Es ist daher falsch, zu glauben, dass nur besonders erfolgreiche Luxusartikel gefälscht würden - in Wahrheit wird alles gefälscht, was sich fälschen lässt. Die Spannweite reicht von der einfachen Europalette über Getränkedosen bis hin zu Software oder gar kompletten Autos.[4]

An dieser Stelle soll durch die Darstellung einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2006 eine kleine praktische Einleitung in das Thema der Produktpiraterie gegeben werden.

Die Klägerin ist Produzentin von verschiedenen Parfüms wie „Lancaster“ und „Nikos“ und zusätzlich Lizenznehmerin der Marken „Chopard“, „Davidoff“, „JOOP!“ und einige mehr. Sie vertreibt diese Produkte nur in ausgewählten Geschäften, zu denen die Geschäfte der Beklagten nicht gehören.

Im Jahr 2001 wurde eines ihrer Parfüms, im Rahmen eines Testkaufes, von einer Zeugin im Laden der Beklagten gekauft.

Die Klägerin konnte feststellen, dass sie dieses Parfüm an ein Geschäft in Istanbul geliefert hatte und dass es von der Beklagten widerrechtlich in den europäischen Wirtschaftsraum zurückgeführt worden war.

Die Klägerin beantragte daraufhin, die Beklagte zu verurteilen, die Einführung, Ausfuhr und das Angebot von Parfüms der oben genannten Marken zu unterlassen. Weiterhin beantragte sie einen Ersatz für den ihr entstandenen Schaden.

Die Richter erkannten an, dass es sich in diesem Fall um eine Markenrechtsverletzung von Seiten der Beklagten handelt, da diese nicht berechtigt war, die Parfüms anzubieten.

Die Beklagte wurde daraufhin verurteilt, es zu unterlassen, die oben genannten Marken im geschäftlichen Verkehr einzuführen, auszuführen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu diesem Zwecke zu besitzen, soweit dies nicht mit Zustimmung der Klägerin geschehe. Bei Zuwiderhandlung wurden der Beklagten 250.000 € Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft angedroht.

Weiterhin wurde festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden, der im Zusammenhang mit dieser Markenrechtsverletzung entstanden ist oder noch entstehen wird, zu ersetzen hat.[5]

Schon an diesem Fall kann man die Vielschichtigkeit des Problems der Produktpiraterie erahnen.

Sowohl bei den Produzenten von Originalen, als auch bei den Gesetzgebern wird versucht, diese negative Entwicklung so weit wie möglich einzugrenzen.

Die Unternehmen bringen immer bessere Schutzvorrichtungen auf den Markt, die in ihre Produkte eingearbeitet werden. Der Gesetzgeber weitet den gewerblichen Rechtschutz immer weiter aus und droht den Nachahmern mit hohen Strafen.

Die folgende Diplomarbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob der heutige gewerbliche Rechtschutz, national und international, dazu in der Lage ist, die Produktpiraterie allein erfolgreich zu bekämpfen.

Dabei sollen zum einen die Abwehrversuche von Unternehmen und Gesetzgebern genauer beleuchtet und zum anderen die alltägliche Praxis der Produktpiraterie dargestellt werden.

Im ersten Teil dieser Arbeit wird der Begriff der Produktpiraterie näher erörtert und werden die in Deutschland geltenden Gesetze zum gewerblichen Rechtschutz erklärt.

Danach wird der Leser einen Einblick in die internationalen Schutzmaßnahmen gegen die Produktpiraterie bekommen.

Im zweiten Teil meiner Arbeit wird die aktuelle Situation der Produktpiraterie erläutert, ihre Wirkungsweise verdeutlicht und die von ihr verursachten Schäden beschrieben.

Im letzten Teil sollen dann die Abwehrmaßnahmen der Wirtschaft gegen die Produktpiraterie dargestellt und bewertet werden.

2. Begriffsbestimmungen

Auch wenn schon über einen längeren Zeitraum Handlungen aufgetreten sind, die mit dem Begriff Produktpiraterie bezeichnet werden, so gibt es doch bis heute keine eindeutige und einheitliche Definition dieses Begriffs. Zur Beschreibung des von mir unter dem Begriff Produktpiraterie zusammengefassten Ausdrucks existieren allein im Deutschen mehrere Schlagworte wie beispielsweise Identfälschung, Klonung, Markenpiraterie oder auch einfach Piraterie.

Wenn man auch noch englische Begriffe in die Betrachtung mit einbezieht, trifft man weiterhin auf trade mark piracy, counterfeiting oder knockoff.

Es wird in diesem Zusammenhang oft darauf verwiesen, dass eine eindeutige Definition für diesen Sachverhalt nicht benötigt wird. Ich bin jedoch der Meinung, dass die vielen verschiedenen Begriffe nur zur Verwirrung aller Beteiligten führen. Die einheitliche Definition des Sachverhaltes würde die Durchführung von abwehrenden Maßnahmen erleichtern.

Daher werde ich an dieser Stelle kurz die Begriffe Markenpiraterie und Produktpiraterie genauer definieren.

Des Weiteren werde ich einige Schutzrechtverletzungen wie das Plagiat und die Fälschung, die für das Verständnis der Thematik wichtig sind, näher erläutern.

2.1. Produktpiraterie

Die Produktpiraterie umfasst jede „gewerbsmäßige Schutzrechtsverletzung in Gewinnabsicht durch illegales Verwenden von rechtlich geschütztem technischen Know-How, Designs, Zeichen, Namen, Logos (Marken) und geschäftlichen Bezeichnungen oder sonstigen geschützten Gestaltungselementen, die von Herstellern von Markenware zur Kennzeichnung und zur Formgebung ihrer Produkte im Handel eingesetzt werden.“[6]

Die Produktpiraterie ist also als ein Oberbegriff aufzufassen, in dem vier verschiedene Komponenten zusammengefasst worden sind. Die erste Komponente stellt die Markenpiraterie dar, die im Folgenden noch genauer definiert wird.

Die zweite Komponente ist die gewollte Verletzung von anderen gewerblichen Schutzrechten, wie beispielsweise des Patentrechts oder des Gebrauchsmusterrechts.

Als dritte Komponente sind Verletzungen des Urheberrechts abzugrenzen. Diese fallen nicht unter die gewerblichen Schutzrechte, da das Urheberrecht kein rein gewerbliches Schutzrecht ist.

Die vierte Komponente stellt die rechtswidrige Nachahmung sonderrechtlich nicht geschützter Produkte dar. Diese Fälle von Produktpiraterie werden auch durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, § 4 UWG, geahndet.[7]

Zusammenfassen lässt sich diese Aufzählung durch die Formel: Produktpiraterie ist gleich „Markenpiraterie plus Nachahmung von Produkten, ohne dass gleichzeitig eine Kennzeichnung gefälscht wird.“[8]

2.2. Markenpiraterie

Die Markenpiraterie tauchte erstmals etwa Ende der siebziger Jahre als Begriff in der Öffentlichkeit auf. Zu dieser Zeit wurden die westlichen Märkte zum ersten Mal von Produkten überschwemmt, die zwar ein Markenlogo trugen, aber nachweislich nicht von den Originalherstellern stammten.

Es gibt heute mehrere verschiedene Definitionen für den Begriff Markenpiraterie. Die erste Definition zeigt eine sehr enge Sicht auf die Markenpiraterie und grenzt diese damit stark ein. Hiernach versteht man unter Markenpiraterie das vorsätzliche Versehen eines eigenen, selbst oder durch Dritte hergestellten Produkts mit einer fremden Marke, um den Abnehmer über die Herkunft dieser Ware zu täuschen.[9]

Diese Definition der Markenpiraterie erfasst aber eine Vielzahl von Schutzrechtsverletzungen, die unter das Markengesetz fallen, nicht. Beispielsweise werden im Markengesetz, über die oben genannte Definition hinaus, unter anderem auch geschäftliche Bezeichnungen geschützt.

Daher sollte unter Markenpiraterie ein übergeordneter Begriff verstanden werden, der die unzulässige Imitation des äußeren Erscheinungsbildes eines gewerblichen Produkts bezeichnet, wobei es sich sowohl um die vorsätzliche Verwendung der Marke, des Namens und der Geschäftsbezeichnung eines anderen, als auch um die Verpackung und Präsentation handeln kann.[10]

Ausschlaggebend ist nach dieser Definition der Markenpiraterie, ob die Nachahmung so gut ausgeführt worden ist, dass sie im Auge des unabhängigen Betrachters vom Original nicht mehr unterschieden werden kann.

2.3. Plagiat und Fälschung

„Der Begriff Plagiat geht zurück auf einen der ältesten bekannten Plagiatsfälle aus dem Rom des ersten Jahrhunderts nach Christus. Nachdem ein gewisser Fidentinus Gedichte des Martial als die eigenen ausgegeben hatte, verglich Martial die Veröffentlichung eines Gedichtes mit der Freilassung eines Sklaven oder den Raub von Kindern und folgend die Aneignung durch einen anderen als Menschenraub.“[11]

Es handelt sich also bei einem Plagiat nicht um eine bloße Kopie eines erfolgreichen Produktes. Vielmehr versucht der Plagiator das von einem anderen erstellte Produkt unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen oder zu verkaufen. Daran wird auch die Abgrenzung des Plagiates gegenüber einem Zitat deutlich. Bei einem Zitat nämlich wird die geistige Urheberschaft des eigentlichen Autors für den Außenstehenden deutlich angegeben.[12]

Die Fälschung funktioniert in genau entgegengesetzter Richtung. Der Fälscher versucht, das von ihm hergestellte Produkt so aussehen zu lassen, als wäre es von jemand anderem hergestellt worden. Auch er täuscht also den Konsumenten in Bezug auf die wahre Herkunft des Produktes und versucht, damit Gewinn zu erzielen.

3. Rechtliche Schutzvorschriften in Deutschland

3.1. Einleitung

In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Gesetzen und Normen, die den gewerblichen Rechtschutz regeln. Zu diesen zählen das Urheberrecht, das Patentrecht, das Gebrauchsmusterrecht, das Geschmacksmusterrecht, das Markenrecht und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb möchte ich allerdings schon an dieser Stelle aus meinen Überlegungen ausklammern. Dieses Gesetz dient zwar dem Schutz von Mitbewerbern und Verbrauchern eines Unternehmens und enthält somit auch Regelungen, die für die Betrachtungen in dieser Arbeit relevant sind.

Es zielt aber in eine weit allgemeinere Richtung als die anderen, in dieser Arbeit beschriebenen, Gesetze. Auch enthält es keine Regelungen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtschutzes, die die hier schon betrachteten Gesetze ergänzen würden. Vielmehr ist es in vielen Fällen von Rechtsverletzungen, beispielsweise des Markenrechts, parallel zum Markengesetz anzuwenden.

Der gewerbliche Rechtschutz gehört in den Regelkreis des Privatrechts, da sich hier private Personen gleichberechtigt gegenüber stehen. Genauer betrachtet gehört es zur Untergruppe des Sonderprivatrechts.

Aus diesem Grund sind alle im gewerblichen Rechtschutz aufgeführten Gesetze und Normen lex speziales im Gegensatz zu den allgemeinen BGB Normen, den lex generales. Die lex speziales haben in der Rechtsprechung den Vorrang vor den lex generalis.

Das BGB füllt also in diesem Fall nur Lücken aus, die der gewerbliche Rechtschutz offen gelassen hat. Allerdings finden sich auch im gewerblichen Rechtschutz einige Bereiche, die öffentlichem Recht zugehörig sind, so beispielsweise die Strafvorschriften.[13]

Im Folgenden werde ich die oben aufgeführten einzelnen Teilbereiche des gewerblichen Rechtschutzes in Deutschland separat betrachten. Dazu werde ich jeweils den Schutzgegenstand und den Rechtsinhaber des entsprechenden Gesetzes nennen, die ihm zustehenden Rechte erklären und darauf eingehen, was bei einer Verletzung dieser Rechte geschieht.

3.2. Urheberrecht

Das Urheberrechtsgesetz schützt persönliche, geistige Schöpfungen von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst.

Mit diesem Gesetz soll dem Urheber die Möglichkeit gegeben werden, den Lohn für seine Schöpfung durch die Verwertung dieser zu erhalten. Damit greift es genau in die Bereiche ein, in denen es schon in der Antike zu den meisten Rechtsverletzungen gekommen ist.

Zu den geschützten Werken gehören nach § 2 UrhG:

„1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2. Werke der Musik;
3. Pantomimische Werke einschließlich Werke der Tanzkunst;
4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.“

Somit schützt es ein immaterielles Gut ohne Rücksicht darauf, welchem Zweck dieses Gut dient. Es ist also zweckneutral.

Rechtsinhaber der in diesem Gesetz genannten Schutzrechte ist, nach § 7 UrhG, der Schöpfer des jeweiligen Werkes, der als Urheber bezeichnet wird. Ist das Werk von mehreren Personen gemeinsam geschaffen worden, so stehen allen Miturhebern die gleichen Rechte zu.

Dem Urheber bzw. den Miturhebern stehen die in § 15 UrhG genannten Verwertungsrechte an ihren Werken zu. Diese sind im Einzelnen:

„1. das Vervielfältigungsrecht (§16),
2. das Verbreitungsrecht (§17),
3. das Ausstellungsrecht (§18).“

Außerdem besitzt der Urheber das alleinige Recht, sein Werk in der Öffentlichkeit aufzuführen. Dies umfasst nach § 15 UrhG:

„1. Das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§19),
2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19a),
3. das Senderecht (§20),
4. das Recht der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger (§21),
5. das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§22).“

Allerdings kann der Urheber einem Dritten nur ausschließliche oder absolute Verwertungsrechte an seinem Werk einräumen. Er kann sein Urheberrecht aber nicht übertragen. Die Sache, in der sich unter Umständen die Wertschöpfung verkörpert, kann jedoch veräußert oder übertragen werden.

Der einzige Weg, das Urheberrecht auf einen Dritten zu übertragen, ist, nach § 28 UrhG, die Vererbung. „Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers.“

Des Weiteren definiert das Urheberrecht in § 97 UrhG, welche Ansprüche dem Urheber zustehen, wenn ein anderer seine oben beschriebenen Rechte verletzt und in § 106 ff UrhG, welche Straf- und Bußgeldvorschriften vom Gesetzgeber für die unerlaubte Verwertung von Werken vorgesehen sind.

Demzufolge gibt es privatrechtlich für den Urheber nach § 97 UrhG die Möglichkeit, vom Verletzer seines Rechts zum einen die „Beseitigung der Beeinträchtigung“ und die Unterlassung für die Zukunft zu verlangen. Zum anderen kann er, „wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt“, auch einen Ersatz für den ihm entstandenen Schaden verlangen.

Neben diesen Vorschriften aus dem UrhG gelten auch noch die allgemeinen Vorschriften des BGB. Der geschädigte Urheber kann nach § 812 BGB auf Grund ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Schädiger vorgehen und nach § 823 BGB Schadensersatz auf Grund einer unerlaubten Handlung des Schädigers verlangen.

Außerdem droht der Gesetzgeber in §106 UrhG demjenigen, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk unerlaubt verwertet, mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren. Zusätzlich wird hier auch der Versuch einer solchen Tat unter Strafe gestellt.

Das Urheberrecht bietet dem Urheber also weitreichende Möglichkeiten, sein eigenes künstlerisches Werk zu verwerten, zu schützen und gegen etwaige Schädiger vorzugehen.

3.3. Patentrecht

„Zweck des Patentgesetzes ist es, dem Erfinder eine angemessene Belohnung zu gewähren, weil er zum Wohle der Allgemeinheit den technischen Fortschritt gefördert und damit zu einer Bereicherung der Technik beigetragen hat und weil er dies der Allgemeinheit bekannt gab.“[14]

Im Gegensatz zum Urheberrecht schützt das Patentrecht Erfindungen auf technischem Gebiet. Erfindungen im Sinne des Gesetzes müssen mehrere Kriterien erfüllen: Nach § 1 PatG müssen sie neu, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein.

Das Gesetz enthält in § 1 PatG auch schon eine Auflistung von Dingen, die keine Erfindungen darstellen. Zu diesen zählen unter anderem mathematische Methoden, welche nicht erfunden werden können, weil sie in der Natur schon vorhanden sind, und die Wiedergabe von Informationen, denn eine Wiedergabe kann nicht neu sein.

Im Unterschied zum UrhG entsteht ein Schutz nach dem PatG nicht schon mit der eigentlichen Schöpfung bzw. Erfindung. Auch gilt der Schutz des PatG nicht per definitionem für alle Erfindungen im Sinne des Gesetzes. Wie im Urheberrecht stehen die im PatG aufgezählten Rechte dem Erfinder bzw. seinem Rechtsnachfolger zu. Haben mehrere an der Erfindung mitgewirkt, so stehen ihnen alle Rechte gemeinsam zu.

Der Schutz nach dem PatG tritt, nach § 16 PatG, erst mit dem Tage in Kraft, „der auf die Anmeldung der Erfindung folgt“. Diese Anmeldung kann nur beim zuständigen Patentamt erfolgen und muss die in § 34 PatG genannten Angaben enthalten. Des Weiteren ist die Schutzdauer des Patentschutzes deutlich kürzer als die des Urheberrechts.

Sie beträgt nach § 16 PatG 20 Jahre, kann aber auf Grund der in § 20 genannten Gründe bereits vor Ablauf der 20 Jahre enden. Zu diesen Gründen zählt unter anderem das Nichtzahlen der fälligen Gebühren an das Patentamt, denn anders als beim Schutz durch das Urheberrecht muss man bei einem Patent auch Gebühren entrichten, um einen Schutz zu erlangen.

Parallel zum Urheberrecht stehen dem Inhaber eines Patents ebenfalls die alleinigen Verwertungsrechte an dem Patent zu. Anders als im Urheberrecht kann er aber Dritten nicht nur Nutzungsrechte, im Wege von Lizenzen, an seinem Patent einräumen und dieses vererben, er kann es auch komplett veräußern bzw. verschenken.

Das Patent hat zur Folge, dass nur der Rechteinhaber berechtigt ist, die patentierte Erfindung zu nutzen.

Es gibt verschiedene Formen von Patenten, die ihren Schutz in unterschiedlicher Weise entfalten. Zu nennen sind hier das Erzeugnispatent und das Verfahrenspatent.[15]

Das Erzeugnispatent bezieht sich auf Produkte, die eine spezifische technische Besonderheit aufweisen. Diese Erzeugnisse dürfen dann von Dritten weder angeboten, noch verkauft werden.

Das Verfahrenspatent bezieht sich „auf eine bestimmte zeitliche Reihenfolge, durch die ein technischer Erfolg hervorgebracht wird.“[16]Bei diesem Patent dürfen Dritte weder das geschützte Verfahren anwenden oder zur Anwendung anbieten, noch ein aus diesem Verfahren hervorgegangenes Erzeugnis anbieten.

Auch im PatG gibt es Vorschriften, die den Umgang mit Rechtsverletzungen regeln. Auch hier hat der Patentinhaber nach § 139 PatG die Möglichkeit, vom Verletzer seines Rechts Unterlassung und Schadensersatz für einen ihm entstandenen Schaden zu verlangen.

Diese Vorschriften und ihre Wirkung nach außen verlaufen parallel zu den Vorschriften des Urheberrechts. Ebenso gibt es auch im PatG gesetzliche Strafvorschriften, die den privatrechtlichen Schutz ergänzen. Nach § 142 PatG wird derjenige „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe (...) bestraft“, der einen patentierten Gegenstand anbietet oder, beim Verfahrenspatent, das patentierte Verfahren anwendet oder zur Anwendung anbietet.

Mit den beschriebenen Regelungen des PatG verfolgt der Gesetzgeber auch das Ziel, das Erfinden, gerade für Unternehmen, interessant zu machen. Der Erfindungsprozess beansprucht meist sehr große Ressourcen, vor allem finanzieller Art. Wäre es nicht möglich, mit einer neuen Erfindung dann auch den entsprechenden Gewinn zu machen, würden die meisten Unternehmen ihre Forschungsarbeit einstellen. Der technische Fortschritt würde dann deutlich langsamer vorangehen und die Allgemeinheit könnte, beispielsweise auf dem Gebiet der Medizin, nicht mehr in gleichem Maße wie heute von dem Fortschritt profitieren.

3.4. Gebrauchsmusterrecht

Der Schutzgegenstand und die Vorschriften des Gebrauchsmustergesetzes sind denen des Patentgesetzes sehr nahe. Daher werde ich nicht alle Vorschriften des Gebrauchsmustergesetzes so detailliert ausführen wie im Abschnitt über das Patentrecht. Ich werde an entsprechender Stelle aber immer wieder auf das PatG verweisen.

Das Gebrauchsmusterrecht ist auch ein technisches Schutzrecht und hat eine Erfindung zum Gegenstand. „Das Gebrauchsmuster war schon immer durch das praktische Bedürfnis bestimmt, ein gewerbliches Schutzrecht für die „kleine Erfindung“ zu schaffen, für die ein Patent sich nicht eignet oder lohnt.“[17]

In der Umgangssprache wird es daher oft auch als Minipatent bezeichnet.

Diese Verniedlichung soll das Gebrauchsmuster aber keinesfalls herabsetzen, vielmehr soll es im Sinne eines kleinen Schutzrechtes verstanden werden.

Um etwas als Gebrauchsmuster schützen zu lassen, muss es, nach § 1 GebrMG, eine Erfindung sein, die neu und gewerblich anwendbar ist und außerdem auf einem erfinderischen Schritt beruht. Sprachlich gibt es hier zum Patentgesetz nur den Unterschied, dass die „erfinderische Tätigkeit“ des Patentgesetzes, nach § 1 PatG, durch einen „erfinderischen Schritt“ ersetzt wurde.

Trotzdem gibt es bei der Auslegung dieser Paragraphen noch einige weitere Unterschiede. So bietet das GebrMG nach § 2 GebrMG keinen Verfahrensschutz. Es gibt also im Gebrauchsmusterrecht kein Äquivalent zum Verfahrenspatent.

Ein weiterer Unterschied liegt in den Anforderungen an den Begriff der Neuheit.

Um als neu zu gelten, darf eine Erfindung im Patentrecht noch nie in irgendeiner Weise, schriftlich oder mündlich, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein. Das GebrMG berücksichtigt bei der Frage nach der Neuheit nur schriftliche Veröffentlichungen im Inland. Die Neuheit ist hier also nur als relativ anzusehen im Gegensatz zur absoluten Neuheit im PatG.

Weiterhin werden „an den Grad der Erfindungshöhe beim Gebrauchsmuster geringere Anforderungen gestellt als beim Patent.“[18]Es geht hier vor allem um Erfindungen im lower-tech Bereich im Gegensatz zum high-tech beim Patent. Diese Anforderungen an die Neuheit werden in § 3 PatG daher noch einmal genau beschrieben.

Auch geht die Eintragung eines Gebrauchsmusters deutlich schneller und einfacher als die eines Patents. Der Schutz eines Gebrauchsmusters beginnt nach § 23 GebrMG mit dem Tag der Anmeldung und endet nach zehn Jahren. Der Schutzzeitraum ist deutlich kürzer als der eines Patentes und trägt damit den geringeren Anforderungen an ein Gebrauchsmuster Rechnung.

Die dem Erfinder zustehenden Verwertungsrechte sind gleich denen des Patentrechts. Der Erfinder darf sie auch uneingeschränkt auf Dritte übertragen oder Dritten die Verwendung seines Gebrauchsmusters, beispielsweise im Wege einer Lizenz, einräumen.

Die Schutzvorschriften des Gebrauchsmustergesetzes verlaufen parallel zu denen des Patentrechts. Auch hier gibt es einen in § 24 GebrMG definierten Anspruch des Rechteinhabers auf Unterlassung einer Verletzung seines Rechts und auf Schadensanspruch für den ihm durch diese Verletzung entstandenen Schaden.

Auch die Strafvorschriften drohen dem Verletzer in § 25 GebrMG mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe die gleichen Ahndungen seines Vergehens an, die auch im Urheberrecht und im Patentrecht verankert sind.

Das Gebrauchsmustergesetz schließt also die Lücke zwischen dem Patent, an das sehr hohe Anforderungen gestellt werden, und belanglosen Erfindungen, die nicht geschützt werden können. Damit wird es besonders Privatpersonen erleichtert, sich eine Erfindung, zumindest in geringem Umfang, schützen zu lassen.

[...]


[1]Vgl. Gerlach, T., [2006].

[2]Wikipedia: Produktpiraterie, [2006].

[3]Vgl. Wölfel, T., 2003, S.18.

[4]Vgl. Wölfel, T., 2003, S.18.

[5]Vgl. o.V.: BGH, I ZR 272/02, 2006.

[6]Hansen, R., [2006].

[7]Vgl. Meister, H., 1990, S. 34.

[8]Gaul, A., 2003, S. 43.

[9]Vgl. Wölfel, H., 1990, S. 35.

[10]Vgl. Levin, M., 1987, S. 18.

[11]o.V.: Wikipedia, Plagiat, [2006].

[12]Vgl. Ebd.

[13]Vgl. Eisenmann, H.; Jautz, U., 2004, S. 2-4.

[14]Eisenmann, H.; Jautz, U., 2004, S. 58.

[15]Vgl. Eisenmann, H.; Jautz, U., 2004, S. 58-60

[16]Ebd. S. 59.

[17]Eisenmann, H.; Jautz, U., 2004, S. 69.

[18]Ebd. S. 71.

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Der gewerbliche Rechtschutz gegen die Produktpiraterie
Hochschule
International Business School Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
93
Katalognummer
V64309
ISBN (eBook)
9783638571616
ISBN (Buch)
9783638738712
Dateigröße
1205 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtschutz, Produktpiraterie
Arbeit zitieren
Peer-Martin Runge (Autor:in), 2006, Der gewerbliche Rechtschutz gegen die Produktpiraterie , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64309

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