Corporate Hedging und Shareholder Value - ein Widerspruch?


Diplomarbeit, 2006

91 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung der Arbeit
1.4 Vorgehensweise

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Das Shareholder-Value-Konzept
2.2 Corporate Hedging
2.2.1 Definition
2.2.2 Risikoarten und deren Bedeutung
2.2.3 Organisatorische Eingliederung
2.3 Kapitalmarkttheorien bei Marktvollkommenheit
2.3.1 Gemeinsame Annahmen
2.3.2 Das Irrelevanztheorem nach Modigliani/ Miller
2.3.3 Das Capital Asset Pricing Model
2.4 Zwischenfazit I

3. Motive für Corporate Hedging
3.1 Besteuerung als Einflussfaktor
3.1.1 Struktur des Steuersystems
3.1.2 Zeitpunkt der Besteuerung
3.1.3 Steuerliche Auswirkungen einer Kapitalstrukturveränderung
3.1.4 Kritische Würdigung des Steuerargumentes
3.2 Transaktionskosten als Einflussfaktor
3.2.1 Definition
3.2.2 Kosten des „Financial Distress“
3.2.3 Kosten des Corporate Hedging
3.3 Kosten der Agency-Beziehungen
3.3.1 Definition
3.3.2 Agency-Beziehungen aus Sicht der Finanzierungstheorie
3.3.3 Agency-Beziehungen aus Sicht der Wirtschaftstheorie
3.4 Investitions- und Finanzierungspolitik
3.4.1 Koordination der Finanzierungsmittel
3.4.2 Kritische Würdigung der Koordinationsfunktion
3.5 Weitere Einflussfaktoren
3.5.1 Einfluss der „Corporate Governance“ - Struktur
3.5.2 Einfluss des Wechselkurssystems
3.6 Zwischenfazit II

4. Hedge-Accounting und dessen Einfluss auf den Shareholder Value
4.1 Formen und bilanzielle Abbildung von Hedging-Strategien
4.2 Hedge-Accounting versus No-Hedge-Accounting

5. Fazit

Anhangsverzeichnis

Anhang

Verzeichnis der Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsanweisungen und sonstigen Rechnungslegungsnormen

Verzeichnis der Internetquellen

Literaturverzeichnis

Schriftliche Versicherung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Komponenten des Shareholder-Value-Konzepts

Abbildung 2: Anlagekombinationen

Abbildung 3: Das Unterinvestitionsproblem

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Einführung in das Thema

Neben dem Zusammenwachsen verschiedener nationaler Finanz- und Kapitalmärkte im Zuge der anhaltenden Globalisierung, ist in den letzten Jahren parallel dazu eine zunehmende internationale Ausrichtung vieler Unternehmen zu beobachten. Diese Entwicklung verursacht durch Wechselkurs-, Zins- und Güterpreisänderungen ebenfalls beträchtliche Risiken für die jeweiligen Gesellschaften, die den wirtschaftlichen Erfolg und die langfristige Existenz stark beeinträchtigen können. Sony musste beispielsweise im Jahr 1986 einen Ergebniseinbruch in Höhe von 75 Prozent hinnehmen, nachdem der japanische Yen einen massiven Kursanstieg verzeichnete.[1] Wechselkursschwankungen, insbesondere die Aufwertung der Deutschen Mark, beeinflussten auch die Ertragslage deutscher Unternehmen negativ. Mitte der 90er Jahre hatte unter anderem der Daimler-Benz Konzern einen wechselkursbedingten Rückgang seines operativen Geschäftsergebnisses um ca. DM 1,6 Mrd. zu verbuchen.[2] Die modernen Kapitalmärkte ermöglichen es, mit Hilfe derivativer Finanzinstrumente (z. B. Optionen, Swaps, Terminkontrakte), unterschiedliche Risiken aus Unternehmenstätigkeiten abzusichern. Diese Möglichkeit wird verstärkt von Unternehmen in Anspruch genommen.

Darüber hinaus ist ebenfalls zu beobachten, dass in den vergangenen Jahren das Wert-steigerungsmanagement im Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungen an Bedeutung gewonnen hat, und eine steigende Anzahl von Unternehmen den Unter-nehmenswert bei ihrer Strategieentwicklung berücksichtigt.[3] Eine empirische Untersuchung zum Thema „Wertsteigerungsmanagement“ ergab, dass 37 von 44 Unternehmen der Unternehmenswertsteigerung eine sehr hohe Bedeutung beimessen und somit als ein wichtiges Ziel der Unternehmensführung ansehen.[4] In der Literatur ist diese Ausrichtung auch als „Shareholder-Value-Ansatz“ bekannt und kann als Steigerung des Aktionärsvermögens beschrieben werden. Dabei wird der Begriff Shareholder mit den Anteilseignern des Unternehmens gleichgesetzt.[5]

1.2 Problemstellung

Sofern ein risikobehaftetes Geschäft (sog. Grundgeschäft) durch ein Geschäft mit gegenläufiger Wertentwicklung in Bezug auf das Grundgeschäft (sog. Sicherungs- bzw. Hedging-Geschäft, auch bekannt als Hedging) abgeschlossen wird, kann das ursprünglich vorhandene wirtschaftliche Risiko aus dem Grundgeschäft reduziert bzw. im Idealfall eliminiert werden. So kann bspw. ein aufgenommener Währungskredit durch ein Devisentermingeschäft gegen eine Aufwertung des Dollars abgesichert werden. Ein Verlust aus dem Grundgeschäft würde jeweils mit einem Gewinn aus dem Sicherungsgeschäft kompensiert werden, so dass bei einheitlicher Betrachtung der beiden Geschäfte (sog. Bewertungseinheit) eine Wertminderung nicht eintreten kann. Allerdings wirkt dieser Mechanismus auch in entgegengesetzter Richtung, d. h. ein Unternehmen verzichtet durch den Einsatz von Sicherungsgeschäften zwangsläufig auf die Chance an einer positiven Wertentwicklung des Grundgeschäftes zu partizipieren und somit eine Unternehmens-wertsteigerung zu erzielen. Bezogen auf das oben aufgeführte Beispiel kann das Unternehmen infolge des Sicherungsgeschäftes nicht von einer Abwertung des Dollars zum Fälligkeitstermin profitieren, da dem Gewinn aus der Wechselkursänderung ein Verlust aus dem Devisentermingeschäft in gleicher Höhe gegenüber steht. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob ein Unternehmen überhaupt Hedging-Geschäfte (sog. Corporate Hedging) tätigen sollte, oder ob es eventuell sinnvoller wäre, es den Anteilseignern zu überlassen, ihre Risikoposition auf persönlicher Ebene zu steuern.

Sofern ein Unternehmen von seinem Eigentümer geführt wird, kann dieser persönlich über die Absicherung der Grundgeschäfte entscheiden und demnach die durch ihn bevorzugte Variante umsetzen. Ein Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Parteien scheidet daher aus. Demzufolge wird auf diese Art der Unternehmensführung im Rahmen der Arbeit nicht weiter eingegangen.

In den Fällen, in denen eine Trennung von Unternehmenseignern und Geschäftsführung (Principal-Agent-Beziehung, kurz PAB) anzutreffen ist, kann das Problem auftreten, dass das Management und die Anteilseigner in Bezug auf den Einsatz von Hedging-Geschäften unterschiedlicher Ansicht sind. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), welches am 4. März 1998 vom Bundestag verabschiedet wurde[6], verpflichtet die Unternehmensvorstände von Aktiengesellschaften durch die Änderung des § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Risikomanagement- bzw. Überwachungssystems.[7] Jedoch fordert der Gesetzgeber lediglich geeignete Maßnahmen zur Früherkennung von Risiken, lässt aber offen, inwiefern identifizierte Risiken gesteuert werden sollen.

1.3 Zielsetzung der Arbeit

Die Auswirkungen von Hedging-Geschäften wurden in der Vergangenheit eingehend untersucht. Folgt man der Argumentation diverser Kapitalmarkttheorien, so wird Corporate Hedging einem Null-Summen-Spiel gleichgesetzt und deshalb als überflüssig betrachtet.[8] Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen aufgrund ihrer großen Bedeutung und ihres weit reichenden Einflusses für diesen Forschungsbereich lediglich das Irrelevanztheorem nach Modigliani/ Miller (kurz MM-Theorem) und das Capital Asset Pricing Model (kurz CAPM) als Ausgangspunkt dienen. Sowohl das Irrelevanztheorem als auch das Capital Asset Pricing Model basieren auf der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes.

Das Ziel der Diplomarbeit besteht darin, zu untersuchen, inwieweit Marktun-vollkommenheiten sowie weitere exogene und endogene Einflussfaktoren dazu führen, dass Hedging-Geschäfte, die durch das Unternehmen selbst getätigt werden, dennoch einen positiven Wertbeitrag leisten können und daher mit den Interessen der Shareholder, d.h. der Steigerung ihres Vermögens, im Einklang stehen. Unter dem Oberbegriff des Shareholders fallen verschiedene Gruppen von Anlegern. Neben Investment- und Pensionsfonds, Beteiligungsunternehmen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts investierten in den letzten Jahren auch zunehmend Privatanleger in Aktien bzw. Unternehmensanteile.[9] Obwohl die grundsätzlichen Probleme im Zusammenhang mit einer Unternehmens-wertsteigerung und dem Abschluss von Sicherungsgeschäften für sämtliche Shareholder identisch sind, werden sich die nachfolgenden Ausführungen auf die Auswirkungen von unternehmenseigenen Hedging-Strategien für Privatpersonen konzentrieren, da Groß-aktionäre i. d. R. die organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten haben, eigenständig Sicherungsgeschäfte abzuschließen und somit das Risiko ihres Gesamtportfolios reduzieren können.

1.4 Vorgehensweise

Zu Beginn der Diplomarbeit sollen die theoretischen Grundlagen dargestellt werden. Dabei wird zunächst auf das Shareholder-Value-Konzept eingegangen. Anschließend wird der Begriff des Corporate Hedging definiert und näher erläutert. Des Weiteren werden die verschiedenen Risikoarten, denen ein Unternehmen ausgesetzt sein kann, und die organisatorische Eingliederung von Sicherungsmaßnahmen vorgestellt. Im Anschluss daran erfolgt eine kurze Beschreibung der Annahmen zur Marktvollkommenheit, die den beiden zuvor genannten Kapitalmarkttheorien (MM-Theorem, CAPM) zu Grunde liegen, und es wird ein Überblick über die Inhalte dieser Theorien gegeben. Ein Zwischenfazit schließt den ersten Abschnitt des Hauptteils ab.

Der folgende Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit Erklärungsansätzen für die wertsteigernde Wirkung von Corporate Hedging in Bezug auf den Shareholder Value. Den Schwerpunkt bildet die Untersuchung der Unvollkommenheiten des Kapitalmarktes, wobei diskutiert wird, inwiefern ihre Existenz Anreize für Corporate Hedging setzt. Dabei wird die Problematik der Besteuerung von Unternehmensgewinnen, der Transaktionskosten, der Agency Costs und der Koordination der Investitions- und Finanzierungspolitik in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Hinsichtlich der Besteuerung wird speziell auf die Struktur des Steuersystems, den Zeitpunkt der Besteuerung und die steuerlichen Auswirkungen einer Kapitalstrukturveränderung eingegangen. Der Transaktions-kostenansatz befasst sich insbesondere mit den Auswirkungen von „Financial-Distress“ - Kosten[10] und von allgemeinen Kosten, die im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften entstehen. Der Unterabschnitt Agency Costs untersucht Principal-Agent-Beziehungen. Dabei werden mögliche Agency-Beziehungen sowohl aus der Sicht der Finan-zierungstheorie, als auch aus der Perspektive der Wirtschaftstheorie detaillierter betrachtet. Neben anderen Aspekten werden die Phänomene der Unterinvestition und der Asset-Substitution vorgestellt und das Problem der unterschiedlichen Risikopräferenzen von Managern und Anteilseignern analysiert. Die Darstellung des Einflusses von Corporate Hedging im Zusammenhang mit der Investitions- und Finanzierungspolitik erfolgt in einem weiteren Unterkapitel. Hierbei werden die Vor- und Nachteile der Unabhängigkeit eines Unternehmens vom Kapitalmarkt thematisiert. Darüber hinaus werden Umweltfaktoren dargestellt, die ein Unternehmen, das Corporate Hedging praktiziert, berücksichtigen sollte. Dieser Teil wird ebenfalls mit einem Zwischenfazit abgeschlossen.

Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Bereich der Bilanzierung von Sicherungs-geschäften. Es werden zunächst verschiedene Hedging-Strategien vorgestellt und im Anschluss diskutiert, welche nach den derzeitig gültigen Rechnungslegungsnormen zulässige Bilanzierungsmethode einen positiven Beitrag zu einer Unternehmenswert-steigerung leisten kann.

In einem letzten Schritt erfolgt ein Fazit.

2. Theoretische Grundlagen

Um letztendlich die Frage beantworten zu können, inwiefern Corporate Hedging und Shareholder Value (kurz SV) im Widerspruch stehen oder nicht, ist es zunächst notwendig, beide Konzepte vorzustellen.

2.1 Das Shareholder-Value-Konzept

„Corporate Mission Statements proclaiming that the primary responsibility of management is to maximize shareholders total return via dividends and increases in the market price of the company’s shares abound.“[11]

An vielen großen Unternehmen, insbesondere an einer Börse gelisteten Aktien-gesellschaften, ist regelmäßig eine Vielzahl von Anteilseignern mit heterogenen Präferenzen beteiligt. Es ist folglich nicht praktikabel, sämtliche Eigentümer an der Unternehmensführung zu beteiligen, so dass diese Aufgabe regelmäßig einem Management übertragen wird. Damit die Unternehmensleitung ihre Arbeit im Interesse der Shareholder erfüllt, bedarf es einer Zielsetzung, die möglichst mit den Vorstellungen aller Anteilseigner korrespondiert. Die Maximierung des Marktwertes des Unternehmens bzw. des Shareholder Value erscheint hierbei als geeignet.[12]

Mathematisch errechnet sich der Shareholder Value aus der Differenz des Unternehmenswertes (= [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) abzüglich des aufgenommenen Fremdkapitals (= [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]), wobei der Unternehmenswert die Summe der Barwerte der künftigen „free cash flows“ (= [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) darstellt.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

An einer Börse spielen Erwartungen hinsichtlich der künftigen Wertentwicklung eines Unternehmens eine entscheidende Rolle und spiegeln sich, neben anderen Einflussfaktoren, in dem Kurs des entsprechenden Wertpapiers (kurz WP) wider.[14] Der Marktwert einer Gesellschaft wird demnach weniger anhand buchhalterischer Größen der Vergangenheit beurteilt. Im Rahmen des Shareholder-Value-Ansatzes sind somit, analog der Beurteilung durch den Kapitalmarkt, die zukünftigen, zur freien Verfügung stehenden, Zahlungsströme („free cash flows“, kurz: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) relevant, die mit einem adäquaten Kapitalkostensatz auf den aktuellen Betrachtungszeitpunkt diskontiert werden. Als Kriterium für Entscheidungen der Unternehmensleitung fungiert daher, an Stelle des im Jahresabschluss bilanzierten Ergebnisses, die Aussicht auf Dividendenzahlungen und mögliche Kurssteigerungen der Anteilsscheine.[15]

Zusätzlich zu den erwarteten „free cash flows“ ist der Shareholder Value abhängig von dem Risiko, dem das Unternehmen ausgesetzt ist. Sofern von zwei alternativen Investitions-möglichkeiten eine Alternative ein höheres Risiko ausweist, wird diese Anlageform von einem risikoaversen Investor nur gewählt, wenn ein entsprechend höherer „cash flow“ erwartet werden kann. Das Ausmaß des Risikos fließt in den Kapitalkostensatz ein, mit dem die künftigen Zahlungsströme abgezinst werden.[16]

Im Ergebnis werden von dem Management nur solche Maßnahmen durchgeführt, die rentabel sind und langfristig den Wert des Unternehmens erhöhen. Das bedeutet, dass die Summe der diskontierten „free cash flows“ höher sein muss als die gesamten Kapitalkosten. Demnach berücksichtigt das Shareholder-Value-Konzept auch solche Projekte (z. B. im Bereich Forschung und Entwicklung, den Aufbau eines Markennamens oder die Steigerung von Marktanteilen), die in der Periode der Einführung das Ergebnis zunächst negativ belasten, über den gesamten Betrachtungszeitraum aber einen positiven Wertbeitrag leisten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Unternehmenswachstum nicht zwingend zu einer Steigerung des SV führen muss. Demzufolge ist Wachstum nicht als ein eigenständiges Ziel zu definieren, sondern kann als Nebenbedingung bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien einfließen.[17]

Die folgende Abbildung fasst die Komponenten des Shareholder-Value-Konzeptes graphisch zusammen.

Abbildung 1: Komponenten des Shareholder-Value-Konzepts

(in Anlehnung an: Bischoff, J. (1994), S. 86.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2 Corporate Hedging

2.2.1 Definition

Corporate Hedging umfasst die Absicherung bestimmter Risiken, denen ein Unternehmen ausgesetzt sein kann und erfolgt auf der Ebene des Unternehmens. Es gewinnt in Zeiten fortschreitender Globalisierung und unvorhersehbarer Kapitalmarktentwicklung zuneh-mend an Bedeutung.[18] Corporate Hedging ist als Bestandteil des Risikomanagement-systems eines Unternehmens zu sehen, dessen Aufgabe es ist, Risikofelder festzulegen, die zu bestandsgefährdenden Entwicklungen führen können. Das System muss in der Lage sein, Risiken rechtzeitig zu erkennen, zu analysieren und zu kommunizieren, damit bei Bedarf entsprechende Hedging-Geschäfte abgeschlossen werden können.[19]

2.2.2 Risikoarten und deren Bedeutung

Die verschiedenen Risiken, die mit Hilfe von Corporate Hedging gesteuert werden, lassen sich in die folgenden drei Gruppen einteilen:

Wechselkursrisiko

Sofern ein Unternehmen Geschäftsverbindungen mit Partnern aus anderen Währungs-räumen unterhält, besteht die Möglichkeit, dass diese Geschäfte in Fremd­währung fakturiert sind. Eine Änderung des Wechselkurses (= Wertverhältnis zweier Währungen) kann dazu führen, dass der Wert einer Forderung, gemessen in heimischer Währung, fällt bzw. der einer Verbindlichkeit steigt. Eine derartige Entwicklung des Wechselkurses würde deshalb zu einem Verlust bei dem betreffenden Unternehmen führen. Das Wechsel-kursrisiko kann differenziert werden in ein „Accounting Exposure“ (kurz „AE“), ein „Transaction Exposure“ (kurz „TE“) und in ein „Economic Exposure“ (kurz „EE“).[20] Das „AE“ betrifft die Umrechnung von originär in Fremdwährung ausgedrückten Bilanz-positionen. Solange die Bilanzpositionen nicht in entsprechender Höhe zu künftigen Ein- oder Auszahlungen führen, hat das „AE“ keine Auswirkungen auf den „cash flow“ des Unternehmens. Im Gegensatz dazu umfasst das „TE“ das Risiko in Bezug auf Ein- und Auszahlungen in Fremdwährung und wirkt sich somit unmittelbar auf den „cash flow“ eines Unternehmens aus. Das „EE“ betrachtet die Veränderung des Marktwertes des gesamten Unternehmens in Abhängigkeit der Wechselkursentwicklung.[21]

Eine Untersuchung von US-amerikanischen und deutschen Gesellschaften[22] durch die damalige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse[23] ergab, dass 96 Prozent aller befragten Unternehmen ihr „TE“ vollständig (35 %) bzw. teilweise (61 %) absichern und daher dem „Transaction Exposure“ den höchsten Stellenwert beimessen. Im Vergleich dazu werden das „AE“ bzw. das „EE“ lediglich von 65 bzw. 52 Prozent der Befragten gesteuert, wobei das „Economic Exposure“ zunehmend an Bedeutung gewinnt.[24] Die Verteilung der Hedging-Aktivitäten wird in Anhang I (S. 63) dargestellt.

Zinsänderungsrisiko

Zinsänderungen können dazu führen, dass der geplante bzw. erwartete Erfolg eines Unternehmens negativ beeinflusst wird. Das Risiko kann hierbei sowohl aus zu niedrigen Zinserträgen, als auch aus zu hohen Zinsaufwendungen resultieren.[25] Die Umfrage von Price Waterhouse verdeutlichte, dass auch in Bezug auf das Zinsänderungsrisiko entsprechende Hedging-Instrumente bei einem Großteil (73 %) der analysierten Unter-nehmen eingesetzt werden. Je nach Risikostrategie erfolgt eine vollständige bzw. partielle Absicherung (siehe Anhang II, S. 64).[26] Neben Futures, Forwards und Optionen werden hauptsächlich Zinsswaps zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken eingesetzt. Dabei ist auffällig, dass vorrangig variable Zinszahlungen in feste Zahlungsströme konvertiert werden.[27]

Güterpreisrisiko

Das Risiko aus Veränderungen von Güterpreisen, insbesondere Rohstoffen, spielt im Vergleich zu den beiden zuvor genannten Risiken eine untergeordnete Rolle. Lediglich eine geringe Anzahl von Unternehmen sichert sich gegen Güterpreisrisiken ab, wobei hier vorrangig Firmen im Energiesektor derartige Sicherungsmöglichkeiten nutzen.[28] Trotz des starken Wachstums des Marktes für handelbare Güter, konzentrieren sich die Aktivitäten des Risikomanagements der Unternehmen verstärkt auf Währungs- und Zinsänderungs-risiken. Diese Aussage wurde in einer Umfrage von Hentschel/ Kothari und Bodnar/ Gebhardt aus dem Jahr 1997 bzw. 1998 bestätigt (siehe Anhang III, S. 65).[29]

2.2.3 Organisatorische Eingliederung

Es bietet sich an, das Währungs- und Zinsänderungsrisiko zentral zu steuern, da so die einzelnen Risiken erkannt und anschließend als Einheit bewertet und entsprechend abgesichert werden können. Das Risikomanagement von Güterpreisänderungen könnte von den jeweiligen Einkaufsabteilungen übernommen werden. Hierbei sollte aber zumindest eine Koordination der Hedging-Geschäfte zwischen den einzelnen Abteilungen erfolgen.[30] Für die Steuerung von Währungs- und Zinsänderungsrisiken ist vorwiegend die Abteilung „Treasury“ zuständig, wobei zunehmend auch die Beobachtung des Güterpreisrisikos diesem Bereich übertragen wird. Die „Treasury“ - Abteilung wird zumeist als Service-Center geführt. Sie steuert das Risikomanagement mittels EDV-Systemen und beschäftigt in der Regel weniger als drei Mitarbeiter.[31]

[...]


[1] Vgl. Aggarwal, R./Soenen, L. A. (1989), S. 60.

[2] Vgl. Gentz, M. (1996), S. B4.

[3] Vgl. Busse von Colbe, W. (1995), S. 713f.; Bühner, R. (1993), S. 749; Pfaff, D./Bärtl, O. (1999), S. 86.

[4] Vgl. im Internet: Homburg, C./Toksal, A./Gödde, D. (2004), S. 7.

[5] Vgl. Born, K. (1995), S. 213; Günther, T. (1997), S. 3.

[6] Vgl. KonTraG (1998).

[7] Vgl. § 91 Abs. 2 AktG (2006).

[8] Vgl. Hommel, U. (2005), S. 457.

[9] Vgl. Rosen, R. v. (1999), S. 656.

[10] Unter diesen Begriff werden sämtliche Kosten im Zusammenhang mit Liquiditäts- oder Überschuldungs-problemen subsumiert.

[11] Rappaport, A. (1986), S. 1.

[12] Vgl. Brealey, R. A./Myers, S. C. (2003), S. 22; Brown, C. (2001), S. 148.

[13] Vgl. Gleißner, W. (2005), S. 487f.

[14] Vgl. Gleißner, W. (2005), S. 487.

[15] Vgl. Born, K. (2003), S. 214.

[16] Vgl. Beck, H. P. (2002), S. 41f.

[17] Vgl. Born, K. (2003), S. 213f.

[18] Vgl. Kürsten, W. (2006), S. 3.

[19] Vgl. Lück, W. (1998), S. 11ff.

[20] Vgl. im Internet: Bartram, S. M. (2000), S. 7f.

[21] Vgl. FAS 52; im Internet: O’Brien, T. J. (1997), S. 1f.

[22] In diese Umfrage wurden keine Banken oder Finanzdiensleistungsunternehmen einbezogen.

[23] Diese Gesellschaft fusionierte im Jahr 1998 zu Price Waterhouse Coopers.

[24] Vgl. Price Waterhouse (1995), S. 14; Jesswein, K./Kwok, C. C. Y./Folks, W. R. Jr. (1995), S. 108.

[25] Vgl. Breit, C. (1998), S. 4.

[26] Vgl. Price Waterhouse (1995), S. 12.

[27] Vgl. im Internet: Bodnar, G. M./Gebhardt, G. (1998), S. 22f.; Phillips, A. L. (1995), S. 120.

[28] Vgl. im Internet: Thornton, D. B./Welker, M. (1999), S. 3.

[29] Vgl. im Internet: Bodnar, G. M./Gebhardt, G. (1998), S. 8; im Internet: Hentschel, L./Kothari, S. P. (1997), S. 26.

[30] Vgl. Bodnar, G. M./Hayt, G. S./Marston, R. C. (1998), S. 72.

[31] Vgl. im Internet: Bartram, S. M. (2000), S. 18.

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Corporate Hedging und Shareholder Value - ein Widerspruch?
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
91
Katalognummer
V64370
ISBN (eBook)
9783638572071
ISBN (Buch)
9783638669962
Dateigröße
1880 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Corporate, Hedging, Shareholder, Value, Widerspruch
Arbeit zitieren
Tobias Kasperczyk (Autor:in), 2006, Corporate Hedging und Shareholder Value - ein Widerspruch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64370

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