Sprache bzw. das Sprechen als Form der Kommunikation ist eine Handlung der sozialen Interaktion. Die Lüge ist damit eine besondere Form der Interaktion.
Die Ausführungen sollen zeigen, welche linguistischen Ausprägungen das Lügen als eine Form des sprachlichen Handelns aufweist und welche kommunikativen Fähigkeiten und Schwierigkeiten darin liegen. Um zu beschreiben, was wir eigentlich genau tun, wenn wir sprechen, wird um größten Teil die Sprechakttheorie Austins und Searles zugrunde gelegt. Außerdem werden semantische und pragmatische Grundlagen zur Wahrheit, Sprecher-Hörer-Beziehungen, sowie eine genauere Einordnung des sprachlichen Handelns in die soziale Interaktion im Allgemeinen beschrieben.
Der zweite Abschnitt wird sich dem Lügen als einem eigenen Begriff der sprachlichen Täuschung widmen. Den ersten Anstoß zu ernsthaften linguistischen Analysen dieses speziellen Falls sprachlichen Handelns gab Weinrich mit seiner "Linguistik der Lüge" im Jahr 1966, die aber „nur“ eine Antwort auf die Preisfrage „Kann Sprache die Gedanken verbergen?“ der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zu geben versuchte.
Im III. Teil werden Theorien und Analysen des Lügens als Sprechakt ausgeführt. Nachdem die Begriffe Wahrheit und Wissen in einem kleinen erkenntnistheoretischen Exkurs näher bestimmt wurden, werden Anhaltspunkte zu finden sein, inwiefern Lügen als eine Form des Behauptens verstanden werden kann.
Darüber hinaus widmen wir uns einer eigentlich ganz eigenen Thematik: dem Paradox des Lügners.
Wie sind Sätze zu verstehen, die sich im Bezug auf ihre eigene Aussage selbst widersprechen? Welches Wahrheitsprädikat ist einem Satz der Form "Dieser Satz ist falsch" zuzuteilen, wenn nicht klar ist, ob der semantische Inhalt nun wahr oder falsch ist?
Zu dieser Frage wird zum einen die philosophische und logische Umgehensweise mit sprachlichen Paradoxien erläutert, sowie eine kleine Auswahl an semantischen und pragmatischen Gedanken zur Lösung des Problems geboten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Vorbereitende Grundlagen
- 1. Pragmatische und Semantische Grundlagen
- 1.1. Bedeutung und Wahrheitsbedingungen – Stützpunkte der Semantik
- 1.2. Sprache, Sprecher und Hörer
- 2. Sprachliches Handeln
- 2.1. Die Sprechakttheorie
- 2.1.1. Die Sprechakte bei Austin und Searle
- 2.1.1.1. Glückensbedingungen illokutionärer Akte (Searle)
- 2.1.1.2. Die Klassifizierung von Sprechakten: Die Taxonomie von Searle
- 3. Kommunikation und kommunikative Kooperation
- 3.1. Die Rolle des Impliziten
- II. Die Sprachliche Täuschung und die Lüge
- 1. Das Interesse der Linguistik an Täuschung und Lüge
- 1.1. Der Untersuchungsgegenstand
- 2. Grund und Zweck des Lügens – Eine pragmatische Frage?
- 3. Allgemeine Definitionen
- III. Die Theorie und linguistische Analysen
- 1. Die Lüge als eigener Begriff sprachlicher Täuschung
- 2. Wahrheit und Wissen
- 2.1. Wissen, Glauben und Lügen
- 3. Der prototypische Fall
- 3.1. Proposition und propositionale Einstellung
- 3.2. Behaupten
- 3.2.1. Erfolgsbedingungen der Behauptung
- 3.3. Lügen als besondere Behauptungen
- 3.3.1. Faktive und epistemische Wahrheit
- 3.3.2. Der Irrtum – ein Fall einer wahren Lüge
- 4. Sprechakttheoretische Bestimmung
- 4.1. Lügen als illokutionärer Akt: Glückensbedingungen
- 4.2. Die Lüge als Perlokution
- IV. Das Paradox des Lügners
- 1. Die Metaphysik des Paradoxen
- 2. Paradox und Antinomie
- 2.1. Die aristotelische Lösung
- 2.2. Das Paradox des Lügners zwischen Philosophie und Logik
- 3. Das Problem des Lügners
- 4. Die Ermittlung der Antinomie im Sprachsystem
- 5. Lösungsversuche - eine überschaubare Auswahl
- 5.1. Pragmatische Überlegungen zum Antinomienproblem
- V. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Magisterarbeit widmet sich der sprachlichen Täuschung, insbesondere der Lüge, und untersucht diese als Sprechakt. Ziel ist es, das Lügen sprachlich zu beschreiben und die kommunikativen Aspekte dieses sprachlichen Handelns zu beleuchten.
- Die Sprechakttheorie von Austin und Searle als Grundlage zur Analyse sprachlichen Handelns
- Semantische und pragmatische Grundlagen zur Wahrheit, Sprecher-Hörer-Beziehungen und der Rolle des Impliziten in der Kommunikation
- Das Lügen als ein eigener Begriff der sprachlichen Täuschung und seine Relevanz für die Linguistik
- Die Verbindung von Wahrheit und Wissen im Kontext des Lügens
- Die Sprechakttheoretische Bestimmung des Lügens und die Untersuchung der Glückensbedingungen dieses Sprechakts
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, in der das Thema der Lüge aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird.
Im ersten Teil der Arbeit werden die pragmatischen und semantischen Grundlagen für die Analyse des Lügens gelegt. Dazu zählen die Analyse der Bedeutung und der Wahrheitsbedingungen von Aussagen, die Beziehung zwischen Sprache, Sprecher und Hörer sowie die Einordnung von Sprache in das soziale Handeln.
Der zweite Teil behandelt die sprachliche Täuschung und das Lügen als eigenständigen Begriff. Es werden die Perspektiven der Linguistik auf das Lügen aufgezeigt, sowie die Gründe und Zwecke des Lügens aus pragmatischer Sicht.
Im dritten Teil werden Theorien und Analysen des Lügens als Sprechakt vorgestellt. Dabei werden insbesondere die Beiträge von Falkenberg und Gieses zum Verständnis der sprachlichen Täuschung beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Begriffe Wahrheit und Wissen im Zusammenhang mit dem Lügen und der Beschreibung des Lügens als illokutionärer Akt.
Der vierte Teil beschäftigt sich mit dem Paradox des Lügners. Die Arbeit untersucht die metaphysischen Aspekte des Paradoxen, sowie seine philosophischen und logischen Dimensionen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die sprachliche Analyse des Lügens als Sprechakt. Daher sind die wichtigsten Schlüsselwörter: Sprechakttheorie, Täuschung, Lüge, Wahrheit, Wissen, Illokution, Perlokution, Paradox des Lügners, Pragmatik, Semantik.
- Arbeit zitieren
- Iris Baumgärtel (Autor:in), 2005, Die Lüge, ein linguistischer Fall. Beschreibung des Lügens als Sprechakt sprachlicher Täuschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64602