Frauenberatung. Grundlagen und Betrachtungen anhand der Suchtkrankenhilfe


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Psychosoziale Arbeit
1.1. Die Frau als Adressatin psychosozialer Arbeit

2. Feministische Ansätze in der psychosozialen Arbeit
2.1.Feministische Kritik und neue Ansätze in der psychosozialen Arbeit
2.2. Grundlagen und Konzepte feministischer Arbeit

3. Frauen und Sucht in der Beratung
3.1. Fakten und Zahlen zur Suchtmittelabhängigkeit
3.2. Wege von Frauen in die Sucht
3.3. Beratung für süchtige Frauen

4. Zusammenfassung

Einleitung

Im Eigentlichen soll es mir in dieser Arbeit um Frauenberatung gehen. Problematisch dabei ist, das es zur feministischen Beratung in der psychosozialen und sozialpädagogischen Arbeit kaum Schriften gibt, auch zum Arbeitsfeld feministischer Therapie sind sie nicht übermäßig zu finden.

Die meisten Veröffentlichungen aus der Forschung und Theorieentwicklung sowie der Projektevaluation beziehen sich auf Einzelbereiche wie Weiterbildungsberatung, Suchtberatung, Mädchen in der Erziehungsberatung. Auch Beiträge aus den USA oder Großbritannien beziehen sich vorrangig auf einzelne Felder, wie die Beratung von Opfern männlicher Gewalt (vgl. Sickendieck/ Engel/ Nestmann 1999, S. 72).

Aus diesem Grund werde ich auch einige Erkenntnisse aus dem Therapeutischen Bereich einfließen lassen. Beratung ist ein Feld psychosozialer Arbeit, wodurch ich allgemeine Erkenntnisse, die den gesamten Bereich betreffen auch als solche ausweisen werde.

Im ersten Kapitel soll es mir deshalb um die Bestimmung psychosozialer Arbeit im Allgemeinen gehen und speziell um die Spezifik von Frauen in psychosozialen Arbeitsfeldern.

Im zweiten Kapitel möchte ich feministische Ansätze erläutern, die die psychosoziale Landschaft seit der zweiten Frauenbewegung mit geprägt haben. Dabei werde ich zuerst herausarbeiten, mit welchen Kritikpunkten sich Feministinnen dem psychosozialen Versorgungssektor genähert haben und in einem weiteren Punkt werde ich beschreiben, wie sie diese Kritik kreativ genutzt haben.

Um den Bezug zu einem Praxisfeld herzustellen, werde ich im letzten Kapitel die Suchtkrankenhilfe speziell für Frauen näher betrachten.

In einer Zusammenfassung am Schluss möchte ich prägnante Erkenntnisse meinerseits niederschreiben.

1. Psychosoziale Arbeit

Psychosoziale Versorgung umfasst eine breite Auswahl von Angeboten innerhalb des Sozial- und Gesundheitswesens der BRD. Gemeint sind damit „...professionelle und formell organisierte Tätigkeiten in Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Beratung, Psychotherapie und Psychiatrie, die sich an Menschen in Lebens- und Beziehungskrisen und Personen mit psychischen Befindlichkeitsstörungen richten“ (Sickendieck/ Nestmann 2001, S.661).

Psychosoziale Arbeit soll einerseits den Klienten mehr Gesundheit, Wohlbefinden und Selbststeuerungskompetenz verleihen, wobei dies als Einzel- oder Gruppenbehandlung, -Heilung oder Problembearbeitung erfolgen kann. Zum anderen übt sie soziale Kontrolle bei abweichendem Verhalten bzw. Anpassung an herrschende Normen im Auftrag der Gesellschaft aus (vgl. ebd.).

Psychosoziale Arbeit soll vor allem gegen reine medizinische Sichtweisen gesetzt werden und versteht Störungen nicht als gesundheitliches Defizit sondern erkennt sie als Zusammenspiel von individuellen und sozialen Bewältigungskompetenzen und sozialer Lebenssituation.

1.1. Die Frau als Adressatin psychosozialer Arbeit

Im folgenden werde ich darstellen, aus welchen Gründen Frauen psychosoziale und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und in welcher Art und Weise Frauenspezifische Störungen generell betrachtet werden. Dabei stütze ich mich auf den Text „Frauen in der psychosozialen Versorgung und Psychiatrie“ von Sickendieck und Nestmann (2001).

Es ist nicht möglich, generalisierend von „der Frau“ als Klientin zu sprechen, da es ein breites Spektrum von weiblichen Lebensrealitäten, Lebenswelten und Lebensentwürfen, sowie Persönlichkeitsdispositionen gibt. Dennoch verdient die Lage und Rolle der Frau in der Beratung besondere Aufmerksamkeit, so wie die Geschlechterdimension in Beratung beachtet werden sollte. Die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft durchdringen sämtliche Lebensbereiche eines Individuums und haben sowohl psychische als auch soziale Folgen für Männer und für Frauen.

Dabei ist die Rolle der Frau von spezifischen Belastungen geprägt. Frauen sind nach wie vor für die „Beziehungs“- und Versorgungsarbeit in Familie und Beruf zuständig. Diese Zuständigkeit ergibt sich aus der weiblichen Sozialisation als einer „Erziehung zur Abhängigkeit“ (ebd. S.666). Dies bedeutet, dass Frauen während ihrer Sozialisation lernen, eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Sie unterliegen starken Einschränkungen ihrer Selbstentfaltungschancen. In der Praxis sieht es oft so aus, dass sie einen Großteil ihrer Energie darauf verwenden, ihnen Nahestehende zu umsorgen, und im häuslichen Bereich Harmonie zu erzeugen, ebenso wie sie darauf achten, selbst niemals Wut oder Aggression zu zeigen. Diese „Aufopferung“ fällt aber nicht auf sie zurück, d.h. die Angehörigen kümmern sich im Gegenzug nicht oder wenig um die Ehefrau; Mutter o.ä.

Im Berufsleben sind Frauen oft dort anzutreffen, wo sie ebenfalls Beziehungsarbeit leisten oder in Berufen, die von vornherein soziale Kompetenz verlangen.

Durch die Beziehungs- und Versorgungsarbeit, die Frauen leisten, sind sie oft in die Probleme anderer involviert und laufen häufig Gefahr, Probleme anderer zu den eigenen zu machen. Zudem leiden sie durch ihr Eingebundensein wesentlich stärker an Konflikten und Missstimmungen im Netzwerk.

Das ergibt für die Frau eine Vielzahl von Belastungen, die zudem vielschichtig und oftmals widersprüchlich sind.

In der Folge können für die Frau chronische Erschöpfungszustände auftreten. Da die Geschlechtsspezifik in der Belastungsverarbeitung bei Frauen tendenziell nach „innen“ gerichtet ist, reagieren Frauen auf Alltagsbelastungen oft mit psychosomatischen Befindlichkeitsstörungen. Sie manifestieren sich in typischen „Frauenkrankheiten“ , welches oft Symptome ohne nachweisbare organische Fehlfunktion sind.

Aus diesen Gründen sind Frauen bevorzugt Klientinnen psychosozialer Arbeit sowie Patientinnen medizinischer Versorgungssysteme.

Frauen nehmen öfter als Männer ärztliche Versorgung in Anspruch und werden auch öfter krank geschrieben. Oft suchen sie den Arzt auf, weil sie an Befindlichkeitsstörungen leiden. Dabei werden in der ärztlichen Diagnose körperliche Probleme von Frauen oft auf psychische Schwierigkeiten zurückgeführt. Frauen bekommen wesentlich häufiger Psychopharmaka verschrieben (in Deutschland 75%) und auch bei gleichlautenden Diagnosen für Männer und Frauen werden Patientinnen doppelt so viel Psychopharmaka verschrieben.

In der ambulanten und stationären Psychiatrie sind Patientinnen ebenfalls häufiger vertreten als Patienten. Dabei leiden Frauen an anderen psychischen Störungen als Männer, nämlich an neurotischen, depressiven, psychosomatischen und Angststörungen.

Entsprechend der vorangegangenen Fakten nehmen Frauen öfter psychosoziale Angebote in Anspruch. Aufgrund dessen, dass Frauen in der Familie die Versorgungsarbeit übernehmen und entsprechend auch für das gesundheitliche Wohl der Ihnen Anvertrauten verantwortlich sind, nehmen sie eigene Krankheitssymptome eher wahr und ernst. Aufgrund ihrer Sozialisation sind sie außerdem in der Lage eigene Schwächen zuzugeben, ihre Probleme öffentlich zu machen und um Hilfe zu bitten. Während sich Männer mit ihren Problemen eher an ihre Frauen oder Mütter wenden, gehen Frauen auch den Schritt nach außen. Sie suchen also auch Hilfe im Netzwerk, z.B. bei Freundinnen oder in professionellen Hilfeeinrichtungen.

Ein zusätzlicher Grund, warum Frauen häufiger zu Klientinnen psychosozialer Arbeit werden ist der, dass abweichendes Verhalten ihrerseits stärker sanktioniert wird. Wenn sich also Frauen aufgrund dessen, dass sie starken Belastungen und Problemen ausgesetzt sind, ungewöhnlich verhalten oder gar ihre Versorgungspflichten vernachlässigen, werden sie schnell als „krank“, „gestört“ oder „verrückt“ bezeichnet. Ungewöhnliches Verhalten kann das gesamte Spektrum von Auto- bis Fremdaggression und Kontrollverlust durch Suchtmittelmissbrauch darstellen.

Weitere Gründe für die Inanspruchnahme professioneller Hilfe sind Gewalterfahrungen sexueller und nichtsexueller Natur oder sexuelle Belästigung durch Fremde oder Bekannte bzw. Ehemänner oder Lebensgefährten oder sexuelle Gewalt oder Misshandlung im Kindesalter.

Das Aufsuchen von Beratungsangeboten sehe ich außerdem im Zusammenhang mit der Beziehungs- und Versorgungsrolle in der Familie, wodurch Frauen diejenigen sind, die sich z.B. um Erziehungs- oder Partnerprobleme kümmern.

2. Feministische Ansätze in der psychosozialen Arbeit

Mit der „zweiten“ Frauenbewegung wurde in den 70er Jahren unter anderem die Beratungs- und Therapielandschaft zugunsten frauenfreundlicher Ansätze erweitert. Dazu gründeten sich in der Anfangszeit autonome Frauenprojekte, die ihren Standort jenseits traditioneller Angebote aus dem Bereich der Therapie festlegten. Zugrunde lag eine massive Kritik an der Gesellschaft, Gesundheitsversorgung und Therapie bzw. Beratung, welche Frauen stigmatisierten und etikettierten, wenn sie sich nicht in das Rollenmuster der patriarchalen Familie einfügten (vgl. Blessing 1991, S.49f.).

Im Bereich der Psychotherapie entwickelten sich Selbsthilfe-, Beratungs- und Therapieansätze aus den ab 1972 gegründeten so genannten CR- Gruppen ( aus den USA- „Consciousness- Raising-Groups“), in der BRD Selbsterfahrungsgruppen genannt (vgl. Scheffler 1986, S.25). Diese Gruppen verstanden sich als antiprofessionell und stellten die klassische Therapie bzw. eine professionalisierte Therapie in Frage. Diese Gruppen spielten eine wichtige Rolle, da sie viele Ansatzpunkte in die feministische Diskussion einbrachten und Erfahrungen, wo sie Stärken, Möglichkeiten und Grenzen hatten.

In verschiedenen Städten hatten sich seit 1975 Frauenberatungsinitiativen und therapeutische Selbsthilfegruppen im Rahmen von Frauenzentren gebildet. Auch sie verstanden sich alternativ und antiprofessionell im Gegensatz zu konventionellen Psychotherapien (vgl. Blessing 1991, S.47)

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Frauenberatung. Grundlagen und Betrachtungen anhand der Suchtkrankenhilfe
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Erziehungswissenschaften/ Sozialpädagogik)
Veranstaltung
Seminar: Sozialpädagogik und psychosoziale Beratung
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V6508
ISBN (eBook)
9783638140591
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beratung, Frauen, Sucht
Arbeit zitieren
Stefanie Fischer (Autor:in), 2002, Frauenberatung. Grundlagen und Betrachtungen anhand der Suchtkrankenhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6508

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