Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Wissensmanagementsystemen an der Universität


Diplomarbeit, 2006

127 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas - Warum Wissensmanagement?
1.2 Forschungsfrage
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Begründung der Vorgehensweise

2. Wissen und Wissensmanagement
2.1 Definition des Wissensbegriffs
2.1.1 Daten – Informationen – Wissen
2.1.2 Individuelles – organisationales Wissen
2.1.3 Explizites – implizites Wissen
2.1.4 Wissen speichern und verteilen
2.1.5 Wissen generieren - Wissensgenerierung durch organisationales Lernen
2.2 Konzepte des Wissensmanagements
2.2.1 Die Wissensspirale nach Nonaka/Takeuchi
2.2.1.1 Die vier Formen der Wissensumwandlung
2.2.1.2 Voraussetzungen für die Wissensschaffung
2.2.1.3 Das Fünf-Phasen-Modell der Wissensschaffung
2.2.2 Die Bausteine des Wissensmanagements nach Probst et al
2.2.2.1 Wissensziele
2.2.2.2 Wissensidentifikation
2.2.2.3 Wissenserwerb
2.2.2.4 Wissensentwicklung
2.2.2.5 Wissens(ver)teilung
2.2.2.6 Wissensnutzung
2.2.2.7 Wissensbewahrung
2.2.2.8 Wissensbewertung
2.2.2.9 Probleme der Wissensbewertung
2.3 Vor- und Nachteile der theoretischen Konzepte und ihrer Anwendbarkeit
2.4 Instrumente und Methoden für den Einsatz von Wissensmanagement-Systemen
2.4.1 Kommunikation als Grundvoraussetzung
2.4.2 Wissenslandkarten/Yellow Pages
2.4.3 Lessons learned
2.4.4 Communities of Practice
2.4.5 Datenbanken und Intranet
2.5 Motivationale Voraussetzungen
2.6 Wissensbarrieren
2.7 Zusammenfassung

3. Die Universität
3.1 Organisationsstruktur der Universität
3.2 Positionspapier des Deutschen Hochschulverbandes zur Organisationsstruktur von Universitäten
3.3 Reformprozesse an der Universität Hamburg

4. Wissensmanagement an der Universität
4.1 Vorüberlegungen zum Einsatz von Instrumenten und Methoden zum Wissensmanagement an der Universität

5. Zur Methodik der Experteninterviews

6. Möglichkeiten und Grenzen von Wissensmanagement- Systemen an der Universität: Analyse der Experteninter- views anhand der Bausteine nach Probst et al.
6.1 Stellenwert der Ressource Wissen
6.2 Wissensziele definieren
6.3 Wissen identifizieren
6.4 Wissen erwerben
6.5 Wissen entwickeln
6.6 Wissen (ver)teilen
6.7 Wissen nutzen
6.8 Wissen bewahren
6.8 Wissen bewerten
6.10 Defizite im Umgang mit Wissen an der Universität
6.11 Einstellungen zum Wissensmanagement

7. Fazit

8. Abbildungsverzeichnis

9. Literaturverzeichnis

10. Internetquellen

11. Anhang
A: Interview-Leitfaden
B: Einverständniserklärung des Kanzlers der Universität Hamburg
C: Verwendete Kürzel bei Zitaten der interviewten Personen
D: Transkriptionsregeln
E: Transkription der Experten-Interviews (auf CD-ROM)

„Knowledge Management: Great concept but what is it?

Angus et al

1. Einleitung

1.1 Relevanz des Themas – Warum Wissensmanagement?

Das Thema Wissensmanagement ist in den letzten Jahren auch im sozialwissenschaftlichen Diskurs zu einem wichtigen Thema geworden. Der strukturelle Wandel der Gesellschaft von der „Informationsgesellschaft“ zur sogenannten „Wissensgesellschaft“ (vgl. Stehr 2000, Willke 1998) und die Zunahme der Relevanz von Wissen im gesellschaftlichen Kontext machen eine Auseinandersetzung mit diesem Thema unumgänglich. Die Diskussion um die Bedeutung und den Umgang mit der strategischen Ressource Wissen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und findet sich auch in vielen Fachpublikationen wieder. Wissensmanagement kann dazu auch als Weiterentwicklung im Zusammenhang mit der Diskussion zum organisationalen Lernen gesehen werden.

Obwohl die Beschäftigung mit Wissensmanagement z.T. inflationär als „Modethema“ bezeichnet wird, sollte die Relevanz des Themas nicht unterschätzt werden. Wissen gilt heute als ein, wenn nicht der bedeutendste Produktionsfaktor neben den traditionellen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Grundbesitz und wird so zu einer relevanten Größe im Wettbewerb. In der Literatur wird Wissen zudem häufig als der vierte Produktionsfaktor angesehen (vgl. Stewart 1998). Besonders das Wissen der Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Organisation rückt in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion, da der individuelle Wissensanteil z.B. bei der Produktion komplexer Dienstleistungen immer größer wird.[1] Die Produktivität von Wissen bzw. von geistig arbeitenden Menschen ist zu einer der zentralen Herausforderung für das Management von Unternehmen und Organisationen geworden. Damit wird eine optimale Nutzung individueller und kollektiver Wissensbestände zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Um aber Produktivität, Innovation und Effizienz in Unternehmen und Organisationen zu gewährleisten, muss Wissen gemanagt werden. Die Fähigkeit, Wissen zu identifizieren, zu erwerben und umzusetzen, ist damit eine der Kernkompetenzen der Zukunft. Auch die Bedeutung von Wissen als entscheidender ökonomischer Faktor ist erkannt worden. In Zeiten fortschreitender Globalisierung und mit immer neuen Informations- und Kommunikationstechnologien muss Wissen professionell gemanagt werden.[2]

Die Autorin geht davon aus, dass Wissensmanagement aus diesen Gründen nicht nur in Wirtschafts- und Verwaltungsunternehmen, sondern auch in einer Organisation wie der Universität Relevanz besitzt. Universitäten sollten von dieser Entwicklung, die bisher vor allem im wirtschaftlichen Bereich stattgefunden hat, profitieren und an der Einführung eines erfolgreichen Wissensmanagementsystems interessiert sein. Gerade in einer wissensbasierten Organisation wie der Universität sollte man in der Lage sein, das richtige Wissen zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stellen zu können. Dabei gibt es natürlich, bedingt durch die spezifische Organisationsstruktur, spezielle Voraussetzungen, die es bei dieser Arbeit zu berücksichtigen gilt. Eine Universität ist kein Wirtschaftsunternehmen, das materielle Güter produziert, sondern eine Organisation, in der Wissen produziert wird, in der aber auch gerade vor dem Hintergrund der Reformprozesse der Aspekt des Organisierens und Verwaltens des eigenen Wissens immer wichtiger wird. Die Einführung z.B. der Bachelor- und Masterstudiengänge im Zuge der Reformprozesse bedeutet einen wesentlich höheren Aufwand in der Verarbeitung einer deutlich größeren Datenmenge, die es effizient und effektiv zu verwalten gilt. Im folgenden Kapitel wird, anknüpfend an diese Einführung, die Fragestellung für diese Arbeit formuliert.

1.2 Forschungsfrage

Die bekanntesten Ansätze zum Thema Wissensmanagement beziehen sich weitestgehend auf Wirtschafts- und Großunternehmen, aber auch für kleine und mittlere Unternehmen sowie für die Verwaltung finden sich in letzter Zeit immer häufiger Ansätze zu verschiedenen Wissensmanagementkonzepten. Natürlich kann man das Konzept eines Großunternehmens nicht eins zu eins auf die Universität übertragen, eine Reihe von Faktoren, insbesondere in Bezug auf die Ziele und die Organisationsstruktur einer Universität stehen denen eines Wirtschaftsunternehmen entgegen.

Vor dem Hintergrund der sich im Umbruch befindlichen Hochschullandschaft ist auch die Universität Hamburg gezwungen, sich mit der neuen Situation ausein-ander zu setzen und sich den geänderten Anforderungen zu stellen. Eine Universität bzw. die jeweiligen Fakultäten und Departments können nicht erfolgreich und effizient geleitet werden, wenn es keinen zentralen Überblick über das vorhandene Wissen und die einzelnen Anforderungen und Aufgabenbereiche gibt.

Aufgrund dieser Situation ergibt sich die Frage, ob die Universität vor dem Hintergrund neuer gesetzlicher Bestimmungen[3] und der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge in der Lage ist, weiter wie bisher ohne IT-gestützte Wissensverwaltung auszukommen, und welche Wissensmanagement-Systeme bzw. Ansätze geeignet wären, diese Zukunftsaufgaben der Universität zu lösen. Diese Fragestellung resultiert aus der oben geschilderten Situation und besitzt nach Ansicht der Autorin eine nicht zu unterschätzende Relevanz für den weiteren Weg der Universität. Es soll dabei herausgefunden werden, wie die Universität bisher mit dem Thema Wissen umging, welche Bedeutung die Ressource Wissen hat und in welcher Form und in welchen Bereichen es gespeichert und/oder zugänglich gemacht wurde. Dies geschieht anhand von Experteninterviews mit Entscheidungsträgern der Universität Hamburg in Bezug auf das Konzept zu den Bausteinen des Wissensmanagements von Probst et al., das in Kapitel 2.2.4 ausführlich dargestellt wird und sich nach Ansicht der Autorin für eine Übertragung auf die Universität am besten eignet. Die Forschungsfrage erweitert somit ein Konzept, das auf die Anforderungen von Wirtschaftsunternehmen ausgerichtet ist, auf eine Bildungsorganisation wie die Universität, die sich per se mit Wissen beschäftigt.

Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es sich nicht um eine Untersuchung handelt, die sich mit Wissenschaftsmanagement, also mehr Wettbewerb und Kooperation für Ergebnisse aus Forschung und Lehre, beschäftigt, sondern dass es darum geht herauszufinden, wie die Universität Hamburg ihr Wissen verwaltet.[4]

Die Verfasserin ist sich darüber bewusst, dass sie aufgrund des Umfangs dieses speziellen Themas immer nur Teilaspekte, die sich auf die Kernpunkte dieser Arbeit beziehen, skizzieren kann. So würde z.B. eine umfassende Darstellung und Analyse der Reformprozesse an der Universität mit Berücksichtigung der politischen Hintergründe, sowie den damit einhergehenden Änderungen den Rahmen dieser Arbeit sprengen und wären sowohl für Fragestellung als auch für das Erkenntnisinteresse nicht zielführend.

1.3 Aufbau der Arbeit

In Kapitel 2 werden Grundlagen und Definitionen zur Bedeutung des Wissensbegriffs sowie Konzepte zum Thema Wissensmanagement vorgestellt. Darüber hinaus erfolgt eine Erörterung der möglichen Vor- und Nachteile dieser Konzepte und es werden neben Kriterien für ein erfolgreiches Wissensmanagement auch die dabei auftretenden Probleme vorgestellt. Nach einem Überblick über die verschiedenen Instrumente und Methoden zum Einsatz von Wissensmanagement-Systemen werden motivationale Voraussetzungen und mögliche Wissensbarrieren beschrieben. Kapitel 3 beschäftigt sich sowohl mit den Besonderheiten der Organisationsstruktur der Universität, als auch mit den Auswirkungen der Reformprozesse auf die Universität Hamburg. In Kapitel 4 geht es um Universitäten und Wissensmanagement und um die Frage, in welcher Form Wissensmanagement an einer Universität vorstellbar wäre. Vor der Auswertung der Experteninterviews wird in Kapitel 5 noch einmal das methodische Vorgehen vorgestellt und begründet. In Kapitel 6 erfolgt die Analyse der Interviews anhand der acht Bausteine von Probst et al., die die theoretische Grundlage zur Beantwortung der Forschungsfrage bilden. Kapitel 7 fasst die theoretischen und empirischen Ergebnisse in Bezug auf die Forschungsfrage und das Erkenntnisinteresse zusammen.

Bevor die Einführung zum Wissensbegriff erfolgt, soll am Ende der Einleitung noch kurz auf das methodische Vorgehen dieser Arbeit eingegangen werden.

1.4 Begründung der Vorgehensweise

Die Auswertung unterschiedlicher Fachliteratur zum vorgestellten Thema bildet die theoretische Grundlage dieser Arbeit. Eingegangen wird dabei zum einen auf Standardwerke[5] zum Thema Wissensmanagement, zum anderen aber auch auf Literatur, die sich nur teilweise oder aus einem bestimmten Blickwinkel mit Wissensmanagement beschäftigt. Dazu wurden neben verschiedenen relevanten Artikeln aus Zeitschriften auch diverse Internetquellen in die Darstellungen einbezogen. Beachtet werden muss dabei natürlich, dass in der Literatur aufgrund der verschiedenen Blickwinkel unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Neben organisations- und lerntheoretischen Arbeiten gibt es auch eine Fülle an Literatur aus den Bereichen Betriebswirtschaft und Ökonomie, die auf verschiedenen Management-Konzepten aufbauen. Im Verlauf der Recherche hat sich gezeigt, dass es zum Thema Universitäten und Wissensmanagement so gut wie keine wissenschaftlich fundierte Fachliteratur gibt.

Da es in dieser Arbeit nicht um die Aufstellung und Überprüfung von Hypothesen gehen soll, hat sich die Verfasserin für die Durchführung von Experteninterviews und somit für eine explorative Befragungsmethode entschieden. Der empirisch praktische Teil dieser Arbeit besteht aus einer qualitativen Erhebung in Form von leitfadengestützten Experteninterviews. Diese wurden mit sechs Personen aus unterschiedlichen Funktionsbereichen der Universität Hamburg geführt. Bei der Auswahl der Personen stand im Vordergrund, dass sie zu den „Entscheidungsträgern“ an der Universität zählen mussten.[6] Die Befragung dient der Informationsgewinnung mit dem Ziel, die Einstellungen dieses Personenkreises in Bezug auf die Fragestellung zu ermitteln und miteinander zu vergleichen, sowie ggf. Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen. Diese wenig standardisierte Interviewform erlaubt es außerdem, Probleme im direkten Gespräch mit den Experten ausführlicher darzustellen und auf sie einzugehen. Die Interviews wurden auf Band aufgezeichnet und anschließend vollständig transkribiert. Die Methode des leitfadengestützten Interviews eignet sich besonders für diese Arbeit, da sie dem begrenzten zeitlichen Rahmen entgegenkommt. Da-rüber hinaus wird sie in der empirischen Sozialforschung als Möglichkeit angesehen, wissenschaftlich fundiert einen hohen Realitäts- und Praxisbezug herzustellen (vgl. Kopp et al. 2000) und zur „Rekonstruktion komplexer Wissensbestände“ beizutragen (vgl. Meuser/Nagel 1997, 481).

Im nachfolgenden Teil folgt nun eine Einführung in das Thema Wissensmanagement und dessen Bedeutung und Entwicklung.

2. Wissen und Wissensmanagement

In der Einleitung wurde bereits auf die aktuelle Relevanz und die Bedeutung der Begriffe Wissen und Wissensmanagement hingewiesen. Der Umgang mit diesen Begriffen ist dabei aber nicht immer einheitlich. In der Literatur gibt es unterschiedliche Ansätze und Perspektiven, die vom jeweiligen Kontext abhängen. Auch eine einheitliche Definition des Wissensmanagement-Begriffs lässt sich nicht finden. Zu einer besseren Einordnung sollen deshalb einige ausgewählte Definitionen folgen.

Reinmann-Rothmeier und Mandl verstehen unter dem Begriff folgendes:

„Wissensmanagement bezeichnet den bewussten und systematischen Umgang mit der Ressource Wissen und den zielgerichteten Einsatz von Wissen in Organisationen. Damit umfasst Wissensmanagement die Gesamtheit aller Konzepte, Strategien und Methoden zur Schaffung einer intelligenten und lernenden Organisation. In diesem Sinne bilden Mensch, Organisation und Technik gemeinsam die drei Standbeine des Wissensmanagements.“ (Reinmann-Rothmeier/Mandl 2000, 9)

Für Pawlowsky bedeutet Wissensmanagement „alle Maßnahmen, die ein Unternehmen betreibt, um Wissenspotentiale (inkl. Daten und Informationsbestandteile) für den Unternehmenserfolg zu mobilisieren und nutzbar zu machen.“ (Pawlowsky 1998, 123). Nach Probst, Raub und Romhardt ist Wissensmanagement zudem ein „integriertes Interventionskonzept, dass sich mit den Möglichkeiten zur Gestaltung der organisationalen Wissensbasis befasst.“ (Probst et al. 1998, 45). Bea zufolge ist Wissensmanagement die „zielorientierte Gestaltung des Wissensprozesses im Unternehmen“ und „umfasst die Wissensgenerierung, den Wissenstransfer, die Wissensspeicherung und die Wissensnutzung.“ (Bea 2000, 362). Für Schüppel bedeutet es einen „Ansatz zur wissenszentrierten Unternehmensführung (…), der die umfassende und systematische Auseinandersetzung mit dem Wissen und Lernen von psychischen und sozialen Systemen als nicht-triviale Maschinen sucht, dabei potentielle Barrieren ausdrücklich thematisiert, auf die Mobilisierung der Wissens- und Lernbarrieren zielt und damit ein wesentliches Instrument zur Bewältigung des organisatorischen Wandels darstellt.“ (Schüppel 1996, 195). Oftmals unter dem Begriff aber auch versucht, einseitige IT(-Schein)-Lösungen zu verkaufen. Diese IT-basierten Lösungsansätze vernachlässigen dabei den Faktor Mensch und können so nicht halten, was sie versprechen. Dies widerspricht der Ganzheitlichkeit des Ansatzes und steht in keinem Zusammenhang mit dem Ansatz des organisationalen Lernens. Damit ist festzuhalten, dass Wissensmanagement nicht ausschließlich ein human- oder technikorientierter Ansatz ist, sondern durchaus als integratives und umfassendes Konzept verstanden werden sollte.

Der Begriff Wissensmanagement besteht aus der Kombination der Wörter „Wissen“ und „Management“. Dies erscheint zunächst einmal verwirrend, denn der Begriff Management bezieht sich in der Regel auf geistig arbeitende Menschen und nicht, wie in diesem Fall, auf abstrakte Dinge wie Wissen. Im Gegensatz zu Menschen kann man mit Wissen keine Ziele oder Entscheidungen vereinbaren oder etwas produzieren - man managt es nicht, sondern (be-)nutzt es. Daher erscheint es der Autorin sinnvoll, darauf zu verweisen, dass es im Zusammenhang mit Wissensmanagement primär immer um einen professionellen Umgang mit dem abstrakten Faktor Wissen und geistig arbeitenden Menschen, den sogenannten „Wissensarbeitern“, geht.

Wissen resultiert also nicht nur aus der Verarbeitung von Daten oder Informationen, sondern ist die Gesamtheit aller Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person. In Unternehmen und Organisationen setzt sich die Gesamtheit des relevanten Wissens aus dem aller Mitarbeiter, der organisationalen Wissensbasis, zusammen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, sowohl individuelles als auch kollektives Wissen zu managen.[7]

Bevor die verschiedenen Konzepte zum Wissensmanagement vorgestellt werden, folgt zum besseren Verständnis des Begriffs und seiner Zusammenhänge ein Überblick darüber, was unter dem Wissensbegriff verstanden wird.

2.1 Definition des Wissensbegriffs

2.1.1 Daten – Informationen – Wissen

Es fällt schwer, eine allumfassende Definition des Begriffs Wissen zu finden, da diese je nach Kontext anders ausfällt. Wissen ist nicht objektiv vorhanden oder beliebig abrufbar, sondern es muss ständig produziert, dargestellt, gespeichert und erneuert werden. Und immer noch ist es so, dass in der Literatur aufgrund der jeweiligen individuellen Betrachtungs- und Herangehensweise in der Praxis die entsprechende Definition von eben diesem Kontext geprägt ist. Der Grund dafür ist oft die unklare Trennung der Begrifflichkeiten und die ungenaue Verwendung der Begriffe Daten, Informationen und Wissen. Um dem entgegenzugehen, folgt zunächst eine Abgrenzung der Begriffe, so wie sie auch in der Literatur vielfach zu finden ist.[8] Dabei ist festzustellen, dass unter den Autoren auch in dieser Hinsicht unterschiedliche Definitionen zu finden sind.

Daten stehen auf der untersten Ebene der Begriffshierarchie und sind damit sozusagen der „Rohstoff“. Sie sind beobachtungsabhängig und müssen codiert sein, sonst bestehen sie nur aus isolierten und unstrukturierten Zeichen. Die Codierung beschränkt sich auf die drei Möglichkeiten: Zahlen, Sprache bzw. Dokumente und Bilder. Aus Daten werden Informationen durch die Einbindung in einen bedeutungsrelevanten Kontext.

Informationen resultieren also aus Daten und liefern neue Gesichtspunkte zur Interpretation von Ereignissen oder Dingen. Damit machen sie vorher nicht erkennbare Zusammenhänge deutlich. Sie sind die „Botschaften“, die letztlich Wissen erzeugen und geben Daten einen „Sinn“.

Aus Informationen entsteht Wissen , wenn das Wissen in einen zweiten, relevanten Kontext integriert wird. „Dieser zweite Kontext besteht nicht, wie der erste, aus Relevanzkriterien, sondern aus bedeutsamen Erfahrungsmustern, die das System in einem speziell dafür erforderlichen Gedächtnis speichert und verfügbar hält.“ (vgl. Willke 1998, 11). Wissen entsteht also durch die Auswahl, Bewertung, Vernetzung und Transformation von Informationen. Ohne diese Einbettung in einen bestimmten Kontext wären Informationen wertlos. Das Besondere ist, dass Wissen immer mit menschlichem Handeln und Erfahrungen verbunden ist – Menschen greifen auf einen bestimmten „Erfahrungsschatz“ zurück und können so Informationen einordnen und Wissen erzeugen. So wird Wissen zur bewussten Anwendung von Informationen für die Lösung eines Problems genutzt.

Nach Nonaka/Takeuchi wird Wissen als eine „mit Erklärung verbundene richtige Vorstellung“ verstanden (Nonaka/Takeuchi 1997, 70). Sie betrachten Wissen als einen „dynamischen menschlichen Prozess der Erklärung persönlicher Vorstellungen über die Wahrheit" (ebd.).[9] Wichtig ist damit also immer der Aspekt der sozialen Interaktion. Probst et al. definieren Wissen folgendermaßen:

„Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden. Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert deren Erwartungen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge.“ (Probst et al. 1998, 44)

Demnach ist Wissen immer personengebunden, wobei es sich sowohl um eine, als auch um mehrere Personen handeln kann.

Diese Definitionen zeigen die Notwendigkeit einer klaren Trennung der Begriffe Daten, Informationen und Wissen, da sie in der alltäglichen Verwendung oft nicht klar unterschieden werden. Es erscheint der Verfasserin auch wichtig da-rauf zu verweisen, dass Wissen keinesfalls neutral ist. Je nach Interpretation durch das Individuum und dessen individuell geartete Erfahrungshintergründe kann die Einordnung völlig unterschiedlich ausfallen.

2.1.2 Individuelles – organisationales Wissen

Wissen äußert sich also in Form von Kenntnissen und Fähigkeiten und basiert auf der Einbindung von Informationen in Erfahrungsmuster. Wichtig im Zusammenhang mit dem Wissensbegriff ist die Dichotomie zwischen individuellem und organisationalem bzw. kollektivem Wissen.[10] Das individuelle Wissen bezeichnet das Wissen eines Individuums, also das Wissen eines Mitglieds der Organisation. Dieses Wissen wird oft auch als Expertenwissen bezeichnet und hat eine zentrale Bedeutung für die Generierung neuen Wissens, denn das Individuum wird so zum zentralen Träger der organisationalen Wissensbasis. Individuelles Wissen ist damit Ausgangspunkt für organisationales Lernen.[11] Das organisationale Wissen bezieht sich auf den strukturellen Ansatz und bezeichnet das Wissen einer Gruppe in einer Organisation. Es entsteht durch die Interaktion individueller Wissenselemente und geht somit über das Wissen der einzelnen Mitglieder hinaus. Aus der Kollektivierung des individuellen Wissens lassen sich im besten Fall Synergieeffekte herstellen. Organisationales Wissen findet sich im Wissen von Gruppen wieder und äußert sich in Verhaltensregeln, heimlichen Spielregeln, Standards und der Unternehmenskultur. Daneben wird das organisationale Wissen auch als „organisationale Wissensbasis“ bezeichnet (vgl. Bea 2000, 363).

Bea trifft eine weitere Unterscheidung zwischen externem und internem Wissen. Das externe Wissen unterscheidet sich vom internen dadurch, dass es von außen, also extern, eingeholt wird, z.B. durch die Rekrutierung von Personal, Einkauf von Software oder Lizenzen, da es nicht im internen Wissen, also innerhalb der kollektiven Wissensbasis der Organisation, vorhanden ist (vgl. ebd.).

2.1.3 Implizites – explizites Wissen

Die Begriffe des impliziten („tacit“, unbewusst) und expliziten („explicit“) Wissens wurden geprägt durch Michael Polanyi und dienen ebenfalls der Unterscheidung von verschiedenen Formen des Wissens. Polanyis psychologischer Ansatz der Klassifizierung von Wissen mündete in eben dieser Trennung. Ihm zufolge weiß der Mensch mehr, als er zu sagen weiß: „Es scheint demnach so, als müssten wir mehr wissen, als wir auszusagen wissen, um zu wissen, ob eine Aussage wahr ist (…).“ (Polanyi 1985, 29). Dies impliziert, dass wir etwas können, aber nicht dazu in der Lage sind anzugeben, wie oder woher wir das können. Implizites Wissen ist nach Polanyi somit relevant bei allen Formen des Diagnostizierens und Beobachtens. Die Unterscheidung zwischen knowing that und knowing how kommt der deutschen Unterscheidung von wissen und können sehr nahe. Diese ähnlich strukturierten Wissensformen treten immer paarweise auf, genauso wie die Unterscheidung zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen. Das deklarative Wissen bezieht sich auf Tatsachen und Dinge und ist daher Faktenwissen. Das prozedurale Wissen bezieht sich auf die Art, wie kognitive Prozesse, z.B. beim Problemlösen, ausgeführt werden, (vgl. Zimbardo/Gerrig 1999, 234f). So kann das Problemlösen durch die Zurverfügungstellung von relevantem Wissen erleichtert werden. Irrelevantes Wissen dagegen erschwert die Problemlösung und ist vergleichbar mit einem information overload , einer Flut an Informationen. Polanyis gleichwertige Betrachtung von theoretischem und praktischem Wissen macht seinen Ansatz so interessant für das Wissensmanagement (vgl. ebd., 16). Aus seinen Erkenntnissen folgt, dass niemals das gesamte implizite Wissen in expliziter Form dargestellt werden kann und so zwar ein IT-gestützes Datenmanagement notwendig und hilfreich sein kann, aber nie ausreichend sein wird für ein gelungenes Wissensmanagement.

Implizites Wissen steht im Mittelpunkt des Interesses von Wissensmanagement. Für Polanyi bedeutet es, „dass jeder unserer Gedanken Komponenten umfasst, die wir nur unmittelbar, nebenbei, unterhalb unseres eigentlichen Denkinhalts registrieren - und dass alles Denken aus dieser Unterlage, die gleichsam ein Teil unseres Körpers ist, hervorgeht.“ (vgl. ebd., 10). Es ist persönliches und kontextgebundenes Wissen, das sich in den Köpfen der Mitarbeiter befindet und daher sprachlich nur schwer artikulierbar und so auch nur schwer kommunizierbar ist. Implizites Wissen liegt in Form von unbewusst erlernten Handlungen, Erfahrungen und Erinnerungen vor. Nach Willke wird es beschrieben als „ein Wissen, das eine Person aufgrund ihrer Erfahrung, ihrer Geschichte, ihrer Praxis und ihres Lernens im Sinne von Know-how hat.“ (Willke 2004, 35). Damit steht es immer im Zusammenhang mit individuellen Überzeugungen und Wertvorstellungen.

Explizites Wissen dagegen kann als Faktenwissen bezeichnet werden. Dadurch, dass es artikulierbar und formal beschreibbar ist, kann es anderen Menschen leichter und vor allem objektiv vermittelt werden. Durch diese problemlose Weitergabe ist es also die Art des Wissens, „von dem der Wissende weiß und über das er sprechen kann“ (ebd.) - egal, ob es in grammatikalischen Sätzen oder mathematischen Formeln weitergegeben wird.

Ziel ist es, implizites Wissen in explizites zu überführen und so anderen Menschen zugänglich zu machen. Dieser Prozess erweist sich aber oft als sehr schwierig. Insbesondere im Kontext von Unternehmen oder Organisationen ist es entscheidend, ob und unter welchen Bedingungen Mitarbeiter bereit sind, ihr Wissen preis- und damit an andere weiterzugeben, und so ihr implizites Wissen explizit zu machen. Dies steht natürlich immer auch im Zusammenhang mit Macht- und Herrschaftsprozessen und zeigt, wie wichtig es ist, in einer Organisation eine Kultur des Vertrauens und des offenen Wissensaustausches zu schaffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zwei Typen von Wissen (Nonaka/Takeuchi 1997, 73)

Die Unterscheidung von explizitem und implizitem Wissen ist eine der Grundlagen der Theorie von Nonaka/Takeuchi und wird deshalb in Kapitel 2.2.1 ausführlich dargestellt. Wissen ist also immer kontextspezifisch und personengebunden und muss nicht immer bewusst vorhanden sein. Daraus, dass Wissen nicht immer explizit gemacht werden kann, folgt auch, dass sich im Hinblick auf die Speicherung Probleme ergeben können.

Bevor auf die Voraussetzungen für das Speichern und Verteilen von Wissen eingegangen wird, soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es in Bezug auf die Unterscheidung von verschiedenen Wissensarten in der Literatur eine Menge weiterer unterschiedlicher Klassifizierungsmöglichkeiten gibt. Wie in Kapitel 2.1.2 schon erwähnt, unterscheidet Bea neben dem individuellen und organisationalem Wissen auch externes und internes Wissen. Dazu kommt eine Differenzierung zwischen Fakten-, Methoden- und Verhaltenswissen, auf die in diesem Zusammenhang aber nicht weiter eingegangen werden soll, da es hier nicht von Bedeutung ist. Nach North (1999, 27ff) gibt es drei verschiedene Wissensperspektiven: Das Produktwissen, das Prozesswissen und das Wissen im Zusammenhang mit der Generierung neuen Wissens. Bei Ersterem kann Wissen in ein Objekt bzw. ein Produkt einfließen. Beim Prozesswissen kann es zur Verbesserung des Wertschöpfungsprozesses, und beim Letzen kann es zur Generierung von neuem Wissen im Sinne einer selbstreferentiellen Anwendung von Wissen auf Wissen genutzt werden, wodurch neues Wissen entsteht. Dagegen unterscheidet Felbert (1997, 114ff) vier unterschiedliche Begriffspaare von Wissen: Unternehmensinternes und -externes Wissen, aktuelles und zukünftiges Wissen, implizites und explizites Wissen (analog zu Nonaka/Takeuchi) sowie Erfahrungs- und Rationalitätswissen.

Grundlage für ein erfolgreiches Wissensmanagement ist nach Ansicht der Autorin aber die klare Unterscheidung von Daten, Informationen und Wissen, so wie sie in Kapitel 2.1.1 dargestellt wurde.

2.1.4 Wissen speichern und verteilen

Die Frage nach dem Speichern und Verteilen von Wissen ist im Zusammenhang mit Wissensmanagement immer wieder Thema und die Beantwortung dieser Frage Bedingung für den weiteren Umgang mit Wissen. Wissen speichern und verteilen ist neben der Generierung von neuem Wissen eine der wichtigsten Funktionen des Wissensmanagements, wobei es sich hier genau genommen um das Speichern und Verteilen von Informationen handelt. Wo und wie wird etwas gespeichert und wie gelangt dieses Wissen zu der Person, die es benötigt? Das Speichern von Informationen geschieht in erster Linie mit Hilfe technischer Unterstützung, zum Beispiel in Form von Datenbanken. So können durch moderne Formen der Informationsspeicherung alle anfallenden Daten gespeichert werden. In diesem Zusammenhang ist die Zugänglichkeit zu den dort vorhandenen Daten und Informationen von großer Wichtigkeit. Denn nur wenn diese gewährleistet ist, ist das so explizit gemachte Wissen auf allen Ebenen der Organisation jederzeit verfüg- und einsetzbar. Allerdings reicht das reine Eingeben der Daten nicht aus, die Quantität der vorhandenen Datenmenge sagt nichts über dessen Qualität aus.[12] Das Verteilen von Wissen bedeutet, dass jeder Mitarbeiter das Wissen erhält, welches für seine Arbeit relevant ist. Dabei handelt es sich um Informationen, die verteilt und dann vor dem Hintergrund der jeweiligen Tätigkeit in einen für diesen relevanten Kontext eingebunden werden, so dass neues Wissen entstehen kann. Die Wissensteilung basiert auf verschiedenen Kommunikationsprozessen, bei denen die Bereitschaft zur Wissensteilung, das heißt das Bereitstellen von Informationen, vorhanden sein muss.[13] Problematisch bei der Verteilung von Wissen ist die Frage, wie implizites Wissen in explizites umgewandelt werden und so anderen zugänglich gemacht werden kann. Dies wird z.B. unterstützt durch Face-to-face-Situationen und andere Gruppenprozesse, da diese die Chance auf eine Wissensteilung erhöhen.[14]

Im Zusammenhang mit der Speicherung von Wissen ergibt sich die Frage nach dem Umgang mit veralteten Informationen. Wie können diese identifiziert werden und wie geht man mit ihnen um, um einen Überfluss an Daten und Informationen zu vermeiden?

Die Frage nach der Identifikation von veralteten Informationen lässt sich nicht leicht beantworten, denn als „veraltet“ identifizierte Informationen können zwar im Moment wertlos sein, aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder Bedeutung erlangen. Oder aber sie sind nicht mehr relevant und beanspruchen durch weitere Dokumentation wertvolle Speicherkapazitäten. Diese Probleme sind allerdings individueller Art und sollten von Fall zu Fall nach den spezifischen Anforderungen eines Unternehmens gelöst werden. Ein weiterer Punkt ist die Frage danach, ob es wirklich notwendig ist, dass alle Mitarbeiter sämtliche Informationen erhalten, oder ob es so nicht auch zu einer Art information overload kommt. Dies ist nicht nur nicht hilfreich, sondern kann die Mitarbeiter auch überfordern. Durch eine Selektion der Daten - es erhalten nur diejenigen Personen die Informationen, die sie für ihre unmittelbare Arbeit benötigen - kann dies verhindert werden. Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Frage der Zugriffsberechtigung auf bestimmte Daten, auch in Bezug auf den Datenschutz. Ist jemand in der Lage auf alle Daten zugreifen, erhält er vielleicht Informationen, die nicht für ihn bestimmt sind.[15] Als letzter Punkt genannt werden soll das Problem der Auffindbarkeit von Informationen. Wenn ein Mitarbeiter Informationen benötigt, die er aber aufgrund der Menge und Art der Strukturierung nicht findet, erfüllt das Speichern nicht seinen Zweck. Das Speichern der Informationen muss also so organisiert und strukturiert sein, dass ein schnelles Auffinden jederzeit gewährleistet ist.

Die genannten Punkte zu Fragen der Speicherung und Verteilung von Wissen sind die Grundlage für den zweiten bedeutenden Aspekt des Wissensmanagements, nämlich die Generierung von Wissen.

2.1.5 Wissen generieren - Wissensgenerierung durch organisationales Lernen

Wissen generieren bedeutet neues Wissen zu schaffen. Dies ist immer mit Lernen und Lernprozessen verbunden, weshalb die Begriffe der Lernenden Organisation und des Wissensmanagements eng miteinander verknüpft sind.

In diesem Zusammenhang geht es nun um die Frage, wie Organisationen neues Wissen entwickeln. Defizite bei der Speicherung und Verteilung von Wissen haben demnach negative Auswirkungen auf die Schaffung von neuem Wissen, denn nur eine optimale Speicherung und Verteilung, die das jederzeit mögliche Auffinden und die Verfügbarkeit von Informationen sicherstellt, kann Basis für die Generierung von Wissen sein. Zweifelsohne erlangen bzw. erlernen zuerst einzelne Personen neues Wissen. Die Frage ist aber, wie dieses Wissen für alle Mitglieder der Organisation nutzbar gemacht werden kann, denn neues Wissen wird häufig erst in kollektiven Lernsituationen generiert. Hier verbinden sich die Beiträge Einzelner zu einem Ergebnis, das als Einzelleistung sonst nicht zustande gekommen wäre.

Da das Lernen eine Grundvoraussetzung für Wissensgenerierung ist, soll an dieser Stelle auf Fragen zum organisationalen Lernen und der lernenden Organisation eingegangen werden. Zum besseren Verständnis werden außerdem die Unterschiede zwischen Routine- und Innovationsspielen kurz erklärt.

Mit dem Begriff Routinespiele wird das alltägliche Wissen einer Organisation in Bezug auf die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen definiert. Dieses Routinehandeln wird oft verstanden als das organisatorische Gedächtnis, das zur Erhaltung der Strukturen beiträgt. Dagegen sind Innovationsspiele das, was oftmals mit dem Begriff des organisationalen Lernens verbunden wird (vgl. Wilkesmann 1999a, 3). Bei Innovationsspielen geht es um die Generierung neuer Ideen, aus denen sich im besten Fall neue Organisationsstrukturen und neues Wissen entwickeln.

In der Literatur wird der Lernbegriff auf unterschiedliche Arten gesehen und diskutiert: lernen in Organisationen, Organisationslernen, organisatorisches Lernen oder organisationales Lernen. Auch von „der“ lernenden Organisation ist die Rede. Für Probst et al. betrifft organisationales Lernen „die Veränderungen der organisationalen Wissensbasis, die Schaffung kollektiver Bezugsrahmen sowie die Erhöhung der organisationalen Problemlösungs- und Handlungskompetenz.“ (vgl. Probst et al. 1998, 44). Die organisationale Wissensbasis umfasst somit alle Wissensbestandteile, die zur Lösung vielfältiger Aufgaben vorhanden sind (vgl. Romhardt 1998, 41). Dabei kann die Organisation an sich nicht lernen, wohl aber die Gruppe der Individuen und Akteure innerhalb der Organisation. Den wohl populärsten Ansatz zum organisationalen Lernen entwickelten Argyris und Schön (1978), die die verschiedenen Arten des Lernens in drei Ebenen unterteilen. Beim single-loop learning findet eine Reaktion auf eine Abweichung von einem vorgegebenen Standard oder einer Norm statt. Beim double-loop learning findet eine Modifikation der Handlung durch Umweltbeob-achtung statt, das Lernen wird also durch Umweltveränderungen ausgelöst. Das deutero-learning kann mit dem Begriff des organisationalen Problemlösungslernens übersetzt werden. Auf dieser dritten Ebene geht es um die Verbesserung der Lernfähigkeit einer Organisation, um das Lernen des Lernens. Unklar bei diesem Ansatz bleibt allerdings, wie sich diese Änderungen auf das Handeln der Mitarbeiter und auf die Organisation auswirken. Auch die Frage nach einem positiven Verlauf des Lernprozesses und wie in der Organisation neues Wissen generiert, gespeichert und kommuniziert werden kann, wird dort ebenfalls nicht klar beantwortet.

Zum besseren Verständnis wird deshalb im Folgenden nun auf den Ansatz von Wilkesmann zurückgegriffen (vgl. Wilkesmann 1999 und Wilkesmann 2003b). Er fragt unter anderem nach den strukturellen und motivationalen Voraussetzungen die notwendig sind, um organisationales Lernen zu ermöglichen. Wilkesmann unterscheidet drei Lernprozesse: das individuelle, das kollektive und das organisationale Lernen. Lernen ist dabei immer abhängig von den Individuen in der Organisation (Wilkesmann 1999, 74ff). Individuelles Lernen wird in der Lernpsychologie durch drei verschiedene Konzepte charakterisiert: die klassische Konditionierung, die operante Konditionierung und das Lernen am Modell. Dabei sieht Wilkesmann das Lernen nach Belohnung und Bestrafung, also die operante Konditionierung, als das wohl häufigste Modell in der Unternehmensorganisation. Hier entscheidet ein Anreizsystem darüber, was gelernt werden soll und wodurch in der Organisation eine bestimmte Lernroutine entsteht, in der unbelohntes Verhalten vernachlässigt wird.

Individuelles Lernen bezieht sich auf das Lernen der einzelnen Mitglieder in einer Organisation und ist Voraussetzung für organisationales Lernen (vgl. Argyris/Schön 2002). Dies kann, muss aber nicht vorteilhaft sein für die Organisation, so dass dadurch noch kein organisationales Lernen entsteht. Kollektives Lernen in Form von komplexem Problemlösungslernen besitzt nach Ansicht von Wilkesmann eine besondere Bedeutung. Hier werden Probleme in einer Gruppe von Individuen gelöst, da ein Individuum allein sie nicht lösen kann. Es existieren dabei keine Entscheidungskriterien für die „richtige“ Lösung, der Lösungsweg an sich ist vorher nicht klar und auch die Anzahl der benötigten Bearbeitungsschritte steht noch nicht fest. Probleme werden hier gelöst durch Kommunikation und Interaktion in der Gruppe. Auch die Zusammenführung von unterschiedlichem individuellen Wissen und ungleichen Sichtweisen tragen ihren Teil zur Problemlösung bei. Erst durch kollektives Lernen entsteht organisationales Lernen, denn nur wenn alle Beteiligten ihr Verhalten ändern, ändern sich auch die Strukturen. Die Mitglieder der Gruppe müssen motiviert sein und eine gemeinsame Lösung finden wollen. Organisationales Lernen entsteht dann, wenn es gelingt, die Ergebnisse der (Lern)Gruppen in neue Routinen für die Organisation zu überführen, wodurch eine Verhaltensänderung aller Mitglieder erreicht werden kann (Wilkesmann 1999, 9ff). Wilkesmann betrachtet Organisationen als stabile Interaktionsbeziehungen, die sich aus teilautonomen Einheiten und Gruppen zusammensetzen und so wiederum ein neues Netzwerk bilden können. Je nach Aufbau des Netzwerkes verändert sich dann durch gelungene Innovationsspiele die Lernfähigkeit einer Organisation (ebd. 61ff).

Auch Herrschafts- und Machtprozesse haben Einfluss auf die Wissensgenerierung. Nur wenn differierende Machtinteressen keine Rolle spielen, ist gemeinsames organisationales Lernen möglich. Dieses ist erst dann erfolgreich, wenn es sich durch neue Routinehandlungen ausdrückt, die auf zwei verschiedene Arten durchgesetzt werden können. Zum einen durch das Prinzip der überlappenden Gruppen, zum anderen durch die Durchsetzung per Machtdifferenz. Bei Ersterem ist ein Mitglied der Hauptgruppe gleichzeitig Mitglied einer Subgruppe und fungiert als Brückenmitglied, indem es den freien Informationsaustausch untereinander gewährleistet. Bei der Durchsetzung per Machtdifferenz sind schon neue Lösungen produziert worden und die Ergebnisse werden nun von oben nach unten durchgesetzt. Hier kommt es besonders auf die Umsetzung an, im schlimmsten Fall kann es zu Verteilungskämpfen innerhalb der Organisation kommen (ebd. 11f).

Diese Beispiele zeigen, dass eine klare Trennung der theoretischen Ansätze zum Thema organisationales Lernen und Wissensmanagement nicht möglich ist, da viele Aspekte sich gegenseitig beeinflussen und/oder aufeinander aufbauen. Wissensmanagement ist immer mit Lernprozessen verbunden und diese führen schließlich auch zu einer lernenden Organisation.

2.2 Konzepte des Wissensmanagements

Wie im vorangehenden Teil erläutert, besteht Wissen nicht nur aus Daten oder Informationen, sondern ist die Gesamtheit aller Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person. In Unternehmen und Organisationen setzt sich diese Gesamtheit des relevanten Wissens aus dem Wissen aller Mitarbeiter zusammen, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, individuelles und kollektives Wissen zu managen.

Aufgrund dieser Problematik wurden in den letzten Jahren verschiedene Konzepte zum Wissensmanagement entwickelt. Sie alle beschäftigen sich mit dem Umgang von Wissen in Unternehmen und Organisationen. Es geht dabei um die Frage, wie die Nutzung und die Organisation des vorhandenen Wissens verbessert werden kann, um daraus neues Wissen zu entwickeln. Auch wenn diese Konzepte zum Teil die gleichen theoretischen Ursprünge und Grundlagen haben, so setzt jedes Konzept doch seine eigenen Schwerpunkte und ein Vergleich ist somit schwer möglich.

In der Literatur wird Wissensmanagement oft als logische Weiterentwicklung des Informationsmanagements gesehen. Diese Auffassung ist aber umstritten, da es gibt zwar einen zeitlichen Zusammenhang gibt, aber keinen logisch-inhaltlichen. Wissensmanagement kann vielmehr als eine Teilaufgabe des Informationsmanagements gesehen werden.

Lehner unterscheidet in seiner Arbeit über Organisational Memory zwischen dem humanorientierten und dem technologieorientierten Ansatz (Lehner 2000, 231ff). Beim humanorientierten Ansatz zum Wissensmanagement steht das Individuum als zentraler Wissensträger im Mittelpunkt. Sein Wissen soll für die Organisation sinnvoll genutzt und durch Wissensmanagement unterstützt werden. Es geht nach Lehner darum, „wie Individuen dazu bewegt werden können, am allgemeinen Lernprozess teilzunehmen und das persönliche Wissen mit anderen Organisationsmitgliedern zu teilen.“ (ebd. 232). Der technologieorientierte Ansatz konzentriert sich auf den Einsatz verschiedener Informations- und Kommunikationsmittel wie z.B. Datenbanken und Software, durch die die Organisationsmitglieder unterstützt werden sollen.

Heutzutage wird zunehmend versucht, die Vorteile der jeweiligen Ansätze in einem integrativen bzw. ganzheitlichen Konzept miteinander zu verbinden und so die kreativen und intellektuellen Fähigkeiten der Individuen „mit den daten- und informationsverarbeitenden Kapazitäten der Computertechnologien zu verbinden, um Synergieeffekte zu erzielen“ (ebd. 233).[16]

Auch kann die Beschäftigung mit diesem Thema nicht eindeutig einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin zugeordnet werden; Sozialwissenschaftler, Psychologen, Wirtschafts- und Informationswissenschaftler sowie Informatiker beschäftigen sich mit der Ressource Wissen und ihrem Management in den unterschiedlichsten Bereichen und setzen ihre eigenen Schwerpunkte.

Im Folgenden werden nun zwei ausgewählte Konzepte zum Wissensmanagement vorgestellt. Eine umfassende Darstellung aller vorhandenen Konzepte kann aufgrund des Umfangs dieser Arbeit nicht erfolgen, weshalb auch kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.[17] Deshalb beschränkt sich die Auswahl auf die wohl bekanntesten Konzepte zum Wissensmanagement von Nonaka/Takeuchi und Probst et al.

2.2.1 Die Wissensspirale nach Nonaka/Takeuchi

Nonaka/Takeuchi beschäftigen sich in ihrem organisatorischen Ansatz mit der Wissenserzeugung von Individuen und Organisationen, also der Schaffung und Verbreitung von Wissen in Unternehmen und deren Zusammenspiel. Sie gehen davon aus, dass „Wissen durch eine Interaktion zwischen beiden Bereichen geschaffen und erweitert wird“ (Nonaka/Takeuchi 1997, 73). Im Vordergrund steht dabei das Prinzip der Umwandlung verschiedener Wissensformen. Die Grundlage ihres Konzeptes bildet die Unterscheidung von implizitem und explizitem Wissen in Anlehnung an Michael Polanyi.[18]

Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen steht das Individuum, ohne das ein Unternehmen kein Wissen erzeugen kann. Die Organisation nimmt dabei eine unterstützende Funktion ein (ebd.). Beachtenswert hierbei ist die Auslegung des Wissensbegriffs in Asien, wo er viel weiter gefasst und in einem impliziteren Sinn verstanden wird als in westlichen Industrieländern:

„They recognize that the knowledge expressed in words and numbers represents only the tip of the iceberg. They view knowledge as being primarily ‚tacit’ - something not easily visible and expressible.” (Nonaka/Takeuchi 1995, 8)

Darüber hinaus geht es um die Darstellung von Prozessen zur Wissenserzeugung, denn:

„Although much has been written about the importance of knowledge in management, little attention has been paid to how knowledge is created and how knowledge-creation process is managed.” (Nonaka/Takeuchi 1995, 59)

2.2.1.1 Die vier Formen der Wissensumwandlung

Wissen wird geschaffen durch das komplementäre Zusammenwirken von implizitem und explizitem Wissen, d.h. durch die Umwandlung von individuellem Wissen in Unternehmenswissen und damit die Gestaltung der jeweiligen Übergänge. Daraus ergibt sich folgendes Diagramm:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vier Formen der Wissensumwandlung (Nonaka/Takeuchi 1997, 75)

Sie zeigt die vier Modi der Wissensgenerierung - die Übergänge von implizitem zum expliziten Wissen - die sich bei optimaler Ausgestaltung zu einer sogenannten „Spirale der organisationalen Wissensgenerierung“ (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, 84f) verknüpfen lassen. Die Sozialisation kann als Prozess bezeichnet werden, bei dem Erfahrungen ausgetauscht werden. Dabei handelt es sich um das Lernen durch Beobachtung, Nachahmung und Praktizieren, wie es z.B. bei der Arbeit zwischen Lehrlingen und Meistern in einem Handwerksbetrieb der Fall ist (vgl. ebd., 75). Solche Denkmodelle wären allein über die Sprache sehr schwer zu vermitteln.

Bei der Externalisierung wird den Autoren zufolge implizites Wissen in explizites umgewandelt. Es geht also um eine Artikulation, also das Aufschreiben des vorhandenen Wissens in Form von Metaphern, Analogien oder Modellen. Die Externalisierung wird von den Autoren als wichtigster Bestandteil zur Wissensbeschaffung gesehen und bildet die Grundlage für die Kombination . Hier wird aus vorhandenem explizitem Wissen neues explizites Wissen für die Organisation generiert. Unterstützt werden kann die Kombination durch Hilfsmittel wie Dokumente, Besprechungen, verschiedene elektronische Kommunikationsnetzwerke oder Datenbanken.

Bei der Internalisierung werden Erfahrungen aus Sozialisation, Externalisierung und Kombination zu implizitem Wissen eines Individuums. Neues Wissen wird internalisiert durch individuelle Aneignung und Verinnerlichung. „Learning by doing“ ist eines der Schlagwörter in diesem Zusammenhang, ebenso wie die unterschiedlichen Formen des individuellen und sozialen Lernens und der individuelle Erfahrungsschatz.

Aus diesen vier Prozessen ergibt sich den Autoren zufolge die sogenannte „Wissensspirale“, ein Kreislauf, der dann von vorn beginnt, wenn internalisiertes Wissen auf der individuellen Ebene durch Sozialisation mit anderen Mitgliedern der Organisation geteilt wird. Durch soziale Interaktion kann aus explizitem implizites und dann wieder explizites Wissen gemacht werden. Auf diesem Weg entsteht neues Wissen für die Organisation und nur dieses explizite, operative Wissen kann anschließend von der gesamten Organisation genutzt werden. Die Autoren bezeichnen den dynamischen Prozess der Wissensschaffung im Unternehmen zudem als „Spiralprozess, der ausgehend von der individuellen Ebene immer mehr Interaktionsgemeinschaften erfasst und die Grenzen von Sektionen, Abteilungen, Divisionen und sogar Unternehmen überschreitet.“ (ebd., 86).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Spirale der Wissensschaffung im Unternehmen (Nonaka/Takeuchi 1997, 87)

2.2.1.2 Voraussetzungen für die Wissensschaffung

Darüber hinaus zeigen Nonaka/Takeuchi organisationale Voraussetzungen für Wissensschaffung im Unternehmen auf (ebd., 88). Ihrer Ansicht nach sollte ein Umfeld entwickelt werden, das der individuellen Wissensentwicklung positiv gegenübersteht und unterstützt. Genannt wird an erster Stelle die Intention des Unternehmens, die durch Visionen oder Standards in Leitbildern festgeschrieben wird. Dadurch sollen sich die Mitarbeiter besser mit dem Unternehmen identifizieren können, was wiederum Motivation und Engagement fördern soll. Die Möglichkeit des autonomen oder selbstorganisierten Handelns der einzelnen Mitarbeiter ist nach Ansicht von Nonaka/Takeuchi eine weitere Voraussetzung der Wissensspirale zur Schaffung neuen Wissens, da sie Engagement und Eigeninitiative erhöht. Fluktuation und kreatives Chaos begünstigen durch den Verfall von Routinen und ein „Infragestellen und Überdenken bestehender Grundannahmen durch einzelne“ sowie eine „erhöhte Spannung im Unternehmen“ (ebd., 94) ebenfalls die Wissensschaffung, da die Mitarbeiter gezwungen sind, sich mit einem veränderten Umfeld auseinanderzusetzen und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Diese Krisenstimmungen können vom Unternehmen auch ganz bewusst geschaffen werden. Mit Redundanz im positiven Sinn ist die „Existenz von Informationen, die über die unmittelbaren operativen Bedürfnisse der Unternehmensangehörigen hinausgehen“ (ebd., 96), gemeint. Mitarbeiter sollen sich über ihr eigenes Fachwissen hinaus mit anderen austauschen können. Diese Informationsredundanz soll nach Ansicht der Autoren dazu führen, dass durch das absichtliche Überschneiden von Informationen eben dieser Austausch von implizitem Wissen gefördert wird. Als letzter Punkt wird die notwendige Vielfalt oder Flexibilität genannt, die dazu beitragen soll, dass sich Mitarbeiter besser und schneller auf die Komplexität des unternehmerischen Umfeldes einstellen können. Erreichen lässt sich dies z.B. über einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen, Personalrotationen oder den Abbau von starren Hierarchien.

2.2.1.3 Das Fünf-Phasen-Modell zur Wissensschaffung

Im Anschluss an ihre Darstellungen haben Nonaka/Takeuchi ein Fünf-Phasen-Modell zur Wissensschaffung in Unternehmen entwickelt (ebd., 100ff). Phase eins dient dem Austausch von implizitem Wissen, denn dieser wird als Voraussetzung zur Wissensschaffung im Unternehmen angesehen. Die Wissensschaffung ist der Sozialisation gleichzusetzen. Arbeit in selbstorganisierten Teams ist nach Ansicht von Nonaka/Takeuchi eine gute Voraussetzung zur Schaffung eines Interaktionsfeldes. In Phase zwei sollen dann durch intensiven Austausch von implizitem und explizitem Wissen (Externalisierung) und auf Basis gleicher mentaler Modelle Konzepte entwickelt werden. Diese Konzepte werden in Phase drei erklärt und es wird gemeinsam mit Hilfe bestimmter Beurteilungskriterien kontrolliert, ob sie für das Unternehmen wertvoll sind und im Einklang mit dessen Zielen stehen. Phase vier dient der Umwandlung der Konzepte in einen Arche- bzw. Prototypen mit Hilfe der Verbindung von neu geschaffenem und bereits vorhandenem expliziten Wissen. Werden allerdings die Kriterien des ursprünglichen Konzeptes nicht erfüllt, muss an dieser Stelle noch einmal ein neuer Prozess durchlaufen werden. In der fünften und letzten Phase wird das gewonnene Wissen auf andere Einheiten übertragen werden. Dies kann sowohl innerhalb eines Unternehmens - z.B. innerhalb verschiedener Abteilungen oder aber auch zwischen Führungs- und Abteilungsebene - als auch zwischen verschiedenen Unternehmen geschehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: 5-Phasen-Modell der Wissensschaffung im Unternehmen (Nonaka/Takeuchi 1997, 100)

Abschließend ist zu beachten, dass der Prozess der Wissensschaffung immer ein dynamischer, interaktiver und nicht-linearer Prozess ist.

[...]


[1] Im Verlauf der Arbeit wird aus Gründen der Lesbarkeit immer die männliche Form verwendet.

[2] Diese Ansätze zum Wissensmanagement sind in einer Vielzahl der im Literaturverzeichnis aufgeführten Werke zu finden. Aufgrund der Anzahl der Publikationen und ihrer unterschiedlichen Sichtweisen wird an dieser Stelle auf eine explizite Auflistung verzichtet und auf das Literaturverzeichnis verwiesen.

[3] In Kapitel 3.3 wird ausführlich auf die Änderungen im Zuge der Reformprozesse eingegangen.

[4] Für eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Thema Wissenschaftsmanagement in Abgrenzung zum Wissensmanagement siehe Thomas (2005): Stiefkind Wissenschaftsmanagement.

[5] vgl. z.B. Nonaka/Takeuchi 1995; Probst et al. 1998; Schreyögg/Noss 1997; Davenport/Prusak 1998.

[6] Die ausführliche Begründung der Auswahl gerade dieser Personen erfolgt in Kapitel 5.

[7] Nach Meinung der Autorin wäre in diesem Zusammenhang die Verwendung des Begriffs Wissens organisation im Gegensatz zum Wissens management sinnvoller.

[8] Zur Vertiefung vgl. zum Beispiel Willke (1998, 7-12) oder North (1999, 40).

[9] Die Autoren gehören zu den wenigen, die sich außerdem ausführlich mit epistemologischen Aspekten des Wissensbegriffs und einer phänomenologischen Begriffsbildung auseinandergesetzt haben. In der gängigen Managementliteratur findet man dazu keinerlei Informationen.

[10] Vgl. hierzu Argyris/Schön 1999, 20ff und 30ff.

[11] Dieser Aspekt wird ausführlich behandelt in Kapitel 2.1.5.

[12] Möglichen Probleme in Bezug auf die Dateneingabe werden thematisiert in Kapitel 2.5.5

und 2.6.

[13] Diese Problematik wird ausführlich behandelt im Kapitel Wissensbarrieren 2.7.

[14] Vgl. hierzu Kapitel 2.4 Instrumente und Methoden zum Wissensmanagement.

[15] Die Frage nach der Zugangsberechtigung wird auch Thema bei der Auswertung der Experteninterviews sein, insbesondere in Bezug auf datenschutzrechtliche Gründe z.B. im Zusammenhang mit der Einführung des Virtuellen Campus an der Universität Hamburg.

[16] Dazu zählen nach Ansicht der Autorin sowohl das Konzept von Probst et al. als auch der Ansatz von Nonaka/Takeuchi.

[17] Mittlerweile existiert eine Fülle unterschiedlicher Literatur zu Wissensmanagementkonzepten. Eine detaillierte und umfassende Darstellung kann nicht erfolgen, da dies den Rahmen der Arbeit überschreiten würde. Es ist aber bei der Recherche deutlich geworden, dass es individuelle Schwerpunkte in der Fragestellung und Herangehensweise dieser Konzepte gibt, die sich zum Teil in ihren Ansätzen zwar inhaltlich überschneiden, zum Teil aber auch völlig unterschiedliche Ausgangspunkte und Herangehensweisen besitzen. Für einen Überblick vgl. z.B. Eschenbach/Geyer (2004): Wissen & Management oder North (1999): Wissensorientierte Unternehmensführung.

[18] Entsprechend der Darstellung aus Kapitel 3.1.3.

Ende der Leseprobe aus 127 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Wissensmanagementsystemen an der Universität
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Soziologie)
Note
2,3
Jahr
2006
Seiten
127
Katalognummer
V65088
ISBN (eBook)
9783638577403
ISBN (Buch)
9783656781349
Dateigröße
924 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Grenzen, Einsatzes, Wissensmanagementsystemen, Universität, Eine, Untersuchung, Hintergrund, Reformprozesse, Universität, Hamburg
Arbeit zitieren
Anonym, 2006, Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Wissensmanagementsystemen an der Universität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65088

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