Transnationale Ökonomie des Krieges in Zentralafrika und Implikationen für Konfliktlösungsstrategien


Vordiplomarbeit, 2006

39 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Einführung in die Thematik und Fragestellung der Arbeit

2. Überblick: Geschichte, Hintergründe und Ausmaß des Krieges im Kongo als Teil der Region Zentralafrika

3. Analyse des Konfliktes in der Region des Ost-Kongo unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen Dimension
3.1. Kategorisierung des Konfliktes
3.2. Akteursebenen
3.3. Nährböden des Konfliktes
3.3.1. Rohstoffreichtum
3.3.2. Staatsversagen – Failed State
3.3.3. Ungesicherte Staatsgrenzen und Flüchtlingsströme
3.4. Strategie der Kriegsführung
3.5. Politische Dimension des Konfliktes
3.6. Ethnische Dimension des Konfliktes
3.7. Wirtschaftliche Dimension des Konfliktes
3.7.1. Finanzierung des Krieges: Die Kriegswirtschaft
3.7.2. Schattenglobalisierung und multinationale Verstrickungen
3.7.3. Einfluss Humanitärer Hilfe
3.7.4. Zusammenfassung: Stellenwert der wirtschaftlichen Dimension
3.8. Transnationale Dimension des Konfliktes

4. Implikationen für Konfliktlösungsstrategien
4.1 Erfolgsbilanz derzeitiger Strategien
4.2 Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Strategie

5. Schlussbetrachtung: Notwendigeit und Chancen einer Lösung

6. Literatur- und Quellenvereichnis

1. Einleitung: Einführung in die Thematik und Fragestellung der Arbeit

Seit Beginn der modernen Staatenordnung im Zuge des Westphälischen Friedens war Krieg lange eine Auseinandersetzung zwischen Staaten.[1] Krieg galt als eine zeitlich begrenzte Abweichung vom Normalzustand, an deren Anfang eine Kriegserklärung und deren Ende ein Sieg, bzw. Friedensschluss stand.

Nach der klassischen Kriegstheorie von von Clausewitz ist Krieg ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung seines Willens zu zwingen. Krieg war eine „bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“.[2]

Es ist statistisch nachgewiesen, dass die Mehrzahl der Konflikte und Kriege nach 1945 innerstaatliche Kriege waren.[3] Während des Kalten Krieges wurden beinahe alle diese Konflikte als exotische Abkömmlinge der ideologischen Blockkonfrontation in der Peripherie, sogenannte Stellvertreterkriege, gesehen, in denen die sich gegenüberstehenden Seiten jeweils Unterstützung von den Ost- oder Westmächten erhielten.[4]

Als einer der ersten skizzierte der Militärhistoriker van Crefeld 1991, dass das Modell der Clausewitzschen Kriege seine Gültigkeit verloren hätte und dass es zu einer Transformation des Krieges käme, nach der die Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts zwischen Staaten mit ihren stehenden Massenheeren ein Ende fänden.[5]

Mit Ende des Kalten Krieges machte sich zunächst Hoffnung breit, dass es durch die Aussetzung der sicherheitsstrategischen Unterstützung von despotischen Regimen und Kriegsparteien in den Ländern des Südens und der stärkeren Betonung von Demokratie und Menschenrechten in der westlichen Außenpolitik[6], sowie durch den Abwurf der sogenannten Friedensdividende aus den Ersparnissen sinkender Militärbudgets,[7] zur spürbaren Verringerung der Anzahl heißer Kriege und zur Befriedung von Konflikten im Süden kommt.

Dies sollte jedoch, wie auch von van Crefeld prophezeit, nicht der Fall sein. Vielmehr kam es seit Beginn der 90er Jahre zu einer Vielzahl neuer und äußerst gewalttätiger Konflikte. Schnell wurde ein neues Erklärungsmuster gesucht und gefunden in ethnisch-kulturellen oder religiösen Bruchlinien.[8] Dieses dichotome Modell griff jedoch zu kurz, um die Komplexität eines Typus von Kriegen zu erfassen, der sich teilweise schon seit den 80er Jahren abzeichnete. Diese Art des Krieges ist prevalent vor allem in Staaten, die ihr inneres Gewaltmonopol verloren haben. Hier kämpfen oft unterschiedlichste Akteure, sowohl staatlicher, als auch privater Natur, mit unterschiedlichen Motiven gegen- und miteinander, Gewalt wurde daduch privatisiert. Der besondere Aspekt an diesen Konflikten, an dem klassische und kulturalistische Erklärungsansätze scheiterten,[9] ist, dass das als natürlich angenommene Ziel der einzelnen Akteure nicht eindeutig die Unterwerfung des Gegners, somit ein dauerhafter Sieg und letztendlich Frieden zu sein scheint. Vielmehr ziehen sich diese Konflikte „geringer Intensität“[10] über einen langen Zeitraum, wobei es weder zu großen Schlachten, klaren Fronten, noch zu einer Auszehrung der Kriegsparteien kommt. Die Konfrontation scheint hier weniger zwischen den gegnerischen Kombatanten, als zwischen Bewaffneten und der Zivilbevölkerung stattzufinden, welche die größten Opferzahlen aufweist.[11] Unerwünschte Nebeneffekte der Kriege, wie sie in der Genfer Konvention geregelt sind, wie Mord von Zivilisten, Vergewaltigung und Plünderungen, scheinen zum wesentlichen Merkmal der Kriegsführung selbst zu werden.[12] Politische Motive, die vielleicht am Anfang des Konfliktes standen, geraten in Vergessenheit und der Krieg wird scheinbar zu einer Art Selbstläufer. Ist es möglich, dass Krieg hier vom Mittel zum Zweck entartete? Lange Zeit wurden Konflikte, in denen dies scheinbar der Fall war als irrationale Stammeskriege abgetan.[13]

Mary Kaldor war die erste, die mit dem Begriff der Neuen Kriege 1998 ein kohärentes Konzept entwickelte, das eine rationale Erklärung für diesen Typus des Krieges bot.

Dieses Konzept wurde schnell aufgenommen und erfreut sich spätestens seit Herfried Münklers Werk „Die Neuen Kriege“ von 2002 auch im deutschen Raum einer regen wissenschaftlichen Debatte.

Die innere Logik dieser Neuen Kriege liegt vor allem ihrer Ökomomie, die nicht, wie in klassischen Staatenkriegen zentralitisch, allumfassend und autark[14] ist oder, wie in den Guerilla- und „Stellvertreter“-Kriegen des 20. Jahrhunderts, auf der Unterstützung der Kombatanten durch die mobilisierte Zivilbevölkerung oder eine der Blockmächte beruht[15]. Statt dessen nährt sie sich aus der Ausbeutung der umliegenden Zivilbevölkerung und der Rohstoffvorkommen durch die Etablierung einer Gewaltherrschaft, sowie der systematischen ökonomischen Einbindung dessen in eine Schattenglobalisierung.[16] Krieg wird hier zum Unternehmen, aus dem die verschiedenen Gewaltakteure Profit schlagen. Das Gewaltmonopol des Staates wird privatisiert und unterwandert. Die Grenzen zwischen Krieg und organisiertem Verbrechen verschwimmen.[17] Krieg ist in diesem Falle also - im Gegensatz zur vorher erwähnten Clausewitzschen Formel - eine Fortsetzung der Ökonomie mit anderen Mitteln.

Auch viele der noch andauernden Kriege in der Region Zentralafrika lassen sich weitestgehend unter das Modell der Neuen Kriege subsumieren.

Die Bezeichnung „neu“ ist hier jedoch fragwürdig, da Politik und bewaffnete Auseinander-setzungen dort scheinbar immer die Bereicherung einzelner Eliten als zentrales Antriebsmoment hatten.[18] Insbesondere der seit zehn Jahren andauernde Krieg in der Demokratischen Republik Kongo weist eine besondere ökonomische Komponente auf.

Jener Konflikt wird Gegenstand dieser Arbeit sein und soll exemplarisch analysiert werder.

Der rohstoffreiche Ost-Kongo ist ökonomischer Nährboden und Hauptschauplatz des Konfliktes. Er stellt daher den Schwerpunkt der Untersuchung dar.

Dennoch bezieht diese Arbeit auch angrenzende Staaten in der Region Zentralafrika, vor allem Uganda und Ruanda, auch Simbabwe, Burundi, den Südsudan und teilweise andere in die Analyse mit ein. Denn, wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird, kann der Konflikt im Kongo kaum gesondert, ohne Berücksichtigung der Verstrickungen mit Nachbarstaaten betrachtet werden. Eine analytische Trennung anhand von Staatsgrenzen scheint nicht sinnvoll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/DR_Kongo, am 10.09.2006. Bearbeitet durch den Autor.

Zunächst wird diese Arbeit einen kurzen Überblick zur Geschichte und Morphologie des Konfliktes in der Region geben und somit den politischen Rahmen und Ursprung erläutern, der diesem zugrunde liegt. Dabei soll ein kausaler Bogen, von den Ereignissen des Kolonialismus bis zu den Konflikten von heute gespannt werden, wobei die Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Konflikten in den verschiedenen Staaten und Stadien des Untersuchungsgebietes deutlich werden soll.

Anschließend wird versucht, ausgehend von den Erkenntnissen aus der Debatte um die Neuen Kriege, den Konflikt im Kongo insbesondere aus seiner ökonomischen Dimension heraus zu erklären und die Bedeutung des ökonomischen, neben anderen Aspekten, herauszustellen. Es wird kaum möglich sein, den Konflikt in seiner gesamten Komplexität zu erfassen. Anspruch dieser Arbeit ist es, grundlegende Strukturmerkmale aufzuzeigen. Ein gesonderter Punkt widmet sich anschließend dem transnationalen Charakter dieser Kriege.

In einem zweiten Teil der Arbeit wird vor diesem Hintergrund untersucht, welche Schwierigkeiten sich durch die besondere transnationale Kriegsökonomie bei der Lösung der Konflikte auftun und welche Gründe konventionelle Konfliktlösungsstrategien hier scheitern lassen.

Die Arbeit vermag nicht, ein Patentrezept für eine Konfliktlösung zu liefern, soll aber einige Voraussetzungen aufzeigen, die eine an die Bedingungen dieser Kriegsökonomien angepasste Lösungsstrategie berücksichtigen müsste.

In einer Schlussbetrachtung sollen Notwendigkeit und Chancen einer Konfliktlösung erörtert werden.

2. Überblick: Geschichte, Hintergründe und Ausmaß des Krieges im Kongo als Teil der Region Zentralafrika

Die moderne Geschichte des Kongo seit Beginn der Kolonialisierung ist geprägt von Ausbeutung und ausufernden Gräueltaten an der Bevölkerung, sowie der Einmischung ausländischer Akteure.

Erstmalig kolonialisiert durch die Portugiesen und später zunächst kontrolliert von Holländern und Engländern, wurde das Gebiet des heutigen Kongo vor allem durch Sklavenjäger geplündert. Einen perversen Höhepunkt fand die Kolonialzeit, als der belgische König Leopold II im Jahr 1885 den Kongo zu seinem Privatbesitz erklärte und damit auch seine Bevölkerung zu rechtlosen Leibeigenen machte. Die grausamen Exzesse bei der wirtschaftlichen Ausbeutung des Kongo, vor allem in der Kautschuk-Gewinnung, uferten aus in die sogenannten Kongogräuel, wobei 1908 ein Drittel der Bevölkerung, etwa 10 Mio. Menschen, einem regelrechten Blutbad zum Opfer fielen. Nach internationaler Empörung übergab der König seinen „Besitz“ als Kolonie Belgisch-Kongo an den belgischen Staat.[19]

1960 zog sich Belgien nach Unruhen und unter dem Druck von Unabhängigkeitbewegungen, sowie dem Trend der Entkolonialisierung schlagartig zurück und hinterließ ein Chaos, dass Patrice Lumumba, der einzige jemals in pluralistischen und freien Wahlen gewählte Regierungschef des neu ausgerufenen Staates DR Kongo, nicht beheben konnte. Er wurde 18 Monate nach Amtsantritt nach bürgerkriegsartigen Sezessionsbewegungen und der Einmischung durch die Blockmächte, die um Einfluss im rohstoffreichen Kongo kämpften, ermordet. Nach weiteren Jahren der Kongo-Wirren putschte Armeechef Joseph Mobutu 1965 mit Hilfe der USA und Belgiens an die Macht und errichtete ein autokratisches System, dass sich auf Repression, Klientelismus und die Abschöpfung von Renten aus dem Rohstoffexport und Entwicklungshilfegeldern stützte.[20] Mobutu behandelte den Kongo wie sein Eigentum, ohne die geringste Verantwortung für seine Bevölkerung zu zeigen. Sein beispielloses Wirtschaften in die eigene Tasche aus dem Haushalt des -von ihm in Zaire umbenannten- Staates brachte seiner Herrschaft den Titel Kleptokratie ein. Die Wirtschaft brach zusammen und Verwaltung und Staat waren abgesehen von der Versorgung bestimmter Klientel praktisch funktionsunfähig.[21] [22]

Ein Ende sollte Mobutus Herrschaft erst ausgelöst durch die Nachwehen des von den Hutu an den Tutsi verübten Völkermords in Ruanda von 1994 finden.

Mit der Schaffung der Kolonie Deutsch-Ostafrika im Jahr 1899, zu der neben Ruanda auch das heutige Burundi gehörte, wurde durch die Deutschen wesentlich zur Herausbildung von ethnischer Identität bei Hutus und Tutsi beigetragen. Nach ihrem Drang zur simplen Klassifizierung teilten sie die Bevölkerung historisch und soziologisch fragwürdig in Tutsi und Hutu. Nach ihren Rassentheorien sahen sie die ökonomisch dominierende Bevölkerungsminderheit der Tutsis, als höherwertige Rasse, bestimmt, gegenüber der Mehrheit der Hutus eine privilegierte Stellung einzunehmen.[23] Nach dem Prinzip von teile und herrsche banden sie ethnische Tutsi in Herrschaftsstrukturen ein, die sich nach dem Verlust der Kolonie nach dem ersten Weltkrieg an Belgien weiter zementierten und nach der Unabhängigkeit 1962 zu großen Spannungen und gewalttätigen Machtkämpfen zwischen den beiden Ethnien führten.[24]

In den 60ern kam es nach der Machtübernahme einer gewählten Hutu-Regierung zu Vertreibungen und Massakern an Tutsis und schließlich, trotz sporadischer Attacken von Tutsi-Guerillas, zur Etablierung einer stabilen Militärherrschaft unter einer Hutu-Einheitspartei.[25]

Erst 1990 änderte sich die Situation, als die vor allem von Tutsi-Exilanten aus Uganda getragene Front Patriotique Rwandais (FPR) in den Norden Ruandas einfiel und das Land destabilisierte.[26] Nach langen internationalen Verhandlungen kam es 1993 zu einem Friedensabkommen zwischen FPR und Regierung, das die Grundlage für einen nationalen Neuanfang ebnen sollte. Dessen Umsetzung verzögerte sich jedoch ständig, während Hutu-Extremisten über die Medien eine Hasskampagne gegen Tutsi und versöhnungsbereite Hutu führten. Nachdem das Flugzeug des Hutu-Präsidenten abgeschossen wurde, entlud sich die Spannung in einem offensichtlich von Regierungskräften geplanten Genozid, dem innerhalb weniger Wochen 800000 Menschen, vor allem Tutsi, zum Opfer fielen, während eine viel zu schwache UN-Mission abgezogen wurde.[27]

Der endgültige militärische Sieg der FPR nach dem Völkermord führte zu einer gewaltigen Fluchtwelle von über 2 Mio. Hutu in die Nachbarländer, vor allem nach Ost-Zaire, wo riesige Flüchtlingslager entstanden.[28] Unter den Flüchtlingen befanden sich auch viele ehemalige Hutu-Soldaten und deren Anführer, die schon bald eine maßgebliche Kontrolle über diese Lager ausüben sollten, was das Flüchtlingsproblem weiter dramatisierte.[29]

Während sich die politische Macht der FPR in Ruanda im Inneren konsolidierte, ging eine ständige äußere Bedrohung durch die geflohenen Hutu-Milizen aus dem Gebiet Ost-Zaires aus.[30] 1996 kam es in Ost-Zaire zu einem Aufstand ethnischer Tutsi, nachdem die Regierung Mobutus deren Rechte als Staatsbürger Zaires in Frage stellte. Zaire unterstellte Ruanda, diese zu bewaffnen und die zairische Armee unterstützte Hutu-Milizen daraufhin bei der Vertreibung dieser Tutsis.[31] Ruanda wiederum gefiel es nicht, dass für den Völkermord verantwortliche Hutus in den Flüchtlingslagern in Zaire eine Sammlungsbasis gefunden hatten, wo sie der Strafverfolgung entgehen und mit der Unterstützung Zaires Kraft für neue Attacken schöpfen konnten. Ausgelöst durch wiederholte Übergriffe der Hutu-Milizen auf Ruanda und mit dem Argument der Sicherung seiner Grenzen, marschierte Ruanda mit einer überlegenen Armee nach Ost-Zaire ein und fügte der zairischen Armee dort erhebliche Verluste bei.[32] Auch Uganda schickte große Kampfverbände mit der Begründung, gegen bewaffnete dissidente Gruppen, die sich in Ost-Zaire befinden, vorgehen zu wollen. Zum einen waren dort die Okellos Brigaden präsent,[33] die 1986 versuchten, die Machtergreifung des ugandischen Präsidenten zu verhindern.. Zum anderen hatte die Lord´s Resistance Army (LRA), dort eine Basis. Gegen diese führt Musevenis Regime einen Krieg in Norduganda, wo die LRA seit 1987 auf brutalste Art und unter Terrorisierung der Bevölkerung gegen Musevenis Regierung und für die Errichtung eines christlich-fundamentalistischen Gottesstaates kämpft.[34] Sein Vorgehen gegen die zairische Regierung rechtfertigte Uganda mit deren Untätigkeit bei der Bekämpfung der ugandischen Rebellen auf ihrem Territorium.

Die Gelegenheit nutzend, schlossen sich fünf Dissidenten-Gruppen unter Führung von Laurent Kabila zur Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo-Zaire (AFDL) zusammen und drängten die zairische Armee immer weiter zurück, so dass sie bald mit aktiver Unterstützung durch Uganda eine breite Pufferzone an der Grenze zu jenen beiden Nachbarländern kontrollieren sollte und Mobutu in Kinshasa unter großen Druck brachte. Dessen verzweifelte Versuche, die AFDL in eine Zentralregierung einzubinden und somit seine eigene Macht zu sichern, blieben erfolglos, so dass er 1997 abtrat und sich der nach Kinshasa vorgerückte Kabila zum Präsidenten einer neuen Demokratischen Republik Kongo erklärte. Dem Ende dieses 1. Kongokrieges folgten eine verfassungsgebende Versammlung und Versprechen Kabilas, Frieden, Einheit, Prosperität und Sicherheit zu schaffen, sowie nach einer Stabilisierungsphase von zwei Jahren freie Wahlen abzuhalten.[35]

Schon 1998 kam es jedoch erneut zu heftigen Aufständen verschiedener Rebellengruppen gegen Kabila im Osten des Landes, die maßgeblich von der Unterstützung Ruandas und Ugandas getragen wurden. Beide Staaten sahen ihre Interessen von der neuen Regierung, die mit ihrer Hilfe an die Macht gelangt war, nicht gewahrt und schienen darüber hinaus nicht an einem stabilen Staat Kongo interessiert, sondern eher daran, ihren eigenen Einflussbereich im Ost-Kongo zu sichern, so dass sie sich gegen ihren ehemaligen Schützling Kabila wandten. Sie bedienten sich mit dem Ziel des Sturzes Kabilas derselben Taktik der Mobilisierung von Rebellengruppen im Ost-Kongo, wie sie es zuvor bei Mobutu gemacht hatten. Unterstützung erhielten sie dabei noch von Burundi, das damals bei ähnlicher ethnischer Konstituierung wie Ruanda ebenso eine Tutsi-Regierung hatte.[36] Vor allem drei kongolesische Rebellengruppen sind zu nennen: im Nordosten die Rassemblement Congolais pour la Libération du Congo (RCD-ML), sowie die Mouvement pour la Libération du Congo (MLC), unterstützt von Uganda, und im Osten eine andere RCD-Fraktion, die zusammen mit ruandischen Truppen kämpfte. Insgesamt strömten dabei mehrere zehntausend ausländische Soldaten in den Kongo. Hinzu kamen mehrere lokale Milizengruppen, die zum Teil auch auf Seiten Kabilas gegen die ausländische Invasion kämpften, wie die Mayi-Mayi.[37]

[...]


[1] Kaldor, Mary: Neue und alte Kriege. Suhrkamp Verlag. Frankfurt a. M. 2000. S. 33.

[2] Ebd. S. 28, 31.

[3] Großmann, Horst: Die „neuen Kriege“ – Logisches und Historisches. Auf:

http://www.sicherheitspolitik-dss.de/person/groszmann/hg403010.htm. Am 01.09.06.

[4] Jean, Francois / Rufin, Jean-Christophe: Vorwort. In: Dies. (Hg.): Ökonomie der Bürgerkriege. Hamburger Edition. Hamburg 1999. S. 7.

[5] Eppler, Erhard: Vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt?. Suhrkamp Verlag. Frankfurt a.M. 2002. S.24.

[6] Riehl, Volker: Ressourcenkrieg im Kongo. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. Heft 7 / 2003. S. 863.

[7] Schmidt, Manfred G.: Friedensdividende, in: Wörterbuch der Politik. Kröner-Verlag. Stuttgart 2004. S. 243.

[8] Münkler, Herfried: Die neuen Kriege. Rowohlt Verlag. Reinbeck bei Hamburg 2002. S. 160.

[9] Münkler, Herfried: a.a.O. S. 17.

[10] Kaldor, Mary: a.a.O. S. 8.

[11] Kaldor, Mary: a.a.O. S. 18.

[12] Kador, Mary: a.a.O. S. 160.

[13] Kößler, Reinhard: Zu viele Interessen im Kongo. In: Afrika Süd – Zeitschrift zum südlichen Afrika. Informationsstelle südliches Afrika. Nr.1 Januar/Februar 2001, S. 2.

[14] Kaldor, Mary: a.a.O. S. 144.

[15] Kaldor, Mary: a.a.O. S 157.

[16] Vgl. Lock, Peter: Kriegsökonomien und Schattenglobalisierung. In: Ruf, Werner (Hrsg.): Politische Ökonomie der Gewalt. Leske + Budrich. Opladen 2003. S. 61ff.

[17] Kaldor, Mary: a.a.O. S. 8.

[18] Vgl. Eberlein, Ruben: Politik und Verbrechen. In: Konkret: Politik und Kultur. Heft 5, Mai 2006. S. 46.

[19] Tull , Denis M. : Demokratische Republik Kongo. In: Hofmeier/Mehler (Hrsg.): Kleines Afrika-Lexikon. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2005, S. 61f.

[20] Tull , Denis M. (2005): a.a.O. S. 61.

[21] Arnold, Guy: Historical Dictionary of Civil Wars in Africa. The Scarecrow Press. Lanham/Maryland/London, 1999. S. 307.

[22] Tull , Denis M.(2005): a.a.O. S. 63.

[23] Scherrer, Christian: Ethnisierung und Völkermord in Zentralafrika. Campus Verlag. Frankfurt/New York 1997. S. 19.

[24] Arnold, Guy: a.a.O. S. 224.

[25] Hofmeier, Rolf: Rwanda. In: Hofmeier/Mehler (Hrsg.): a.a.O. S. 250.

[26] Arnold, Guy: a.a.O. S. 226.

[27] Hofmeier, Rolf: a.a.O. S 251.

[28] Ebd.

[29] Halvorsen, Kate: Protection and Humanitarian Assistance in the Refugee Camps in Zaire: The Problem of Security. In: Adelman, Howard / Suhrke, Astrid (Hg.): The Path of a Genocide – The Rwanda Crisis from Uganda to Zaire. Transaction Publishers. New Brunswick/London 1999. S. 310.

[30] Hofmeier, Rolf: a.a.O. S 252.

[31] Möllers, Hein: Kurze Chronik des Kongo-Konfliktes. In: Afrika Süd – Zeitschrift zum südlichen Afrika. Informationszentrum südliches Afrika. Nr. 1, 2000. S. 15.

[32] Arnold, Guy: a.a.O. S 308f.

[33] Arnold, Guy: a.a.O. S 282.

[34] Weyel, Volker: Uganda, in: Hofmeier/Mehler (Hrsg.): a.a.O. S. 62.

[35] Möllers, Hein: a.a.O. S. 15.

[36] Link, Nikolai: Mythos und Realität – Ethnizität und der Kampf um Ressourcen in der DR Kongo. In: Afrika Süd – Zeitschrift zum südlichen afrika. Informationszentrum südliches Afrika. Nr. 6, 2003. S. 24.

[37] Aust, Björn: „Feindliche Übernahmen“ – Ökonomische Interessen und „militärisches Unternehmertum“ im Kongo. In: Azzelini, Dario / Kanzleiter, Boris (Hg.): Das Unternehmen Krieg. Assoziation A. Berlin/Hamburg/Göttingen 2003. S. 144.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Transnationale Ökonomie des Krieges in Zentralafrika und Implikationen für Konfliktlösungsstrategien
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Seminar für Politikwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
39
Katalognummer
V65120
ISBN (eBook)
9783638577625
ISBN (Buch)
9783638725170
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit zeigt die Ursachen des Krieges in der DR Kongo auf. Sie analysiert den Konflikt in seiner politischen, ethnischen und wirtschaftlichen Dimension jeweils mit historischen u. transnationalen Bezug. Sie belegt, dass die Kriegswirtschaft u. ihre Einbindung in eine Schattenglobalisierung das zentrale Antriebsmoment des Krieges ist. Vor diesem Hintergrund wird aufgezeigt, wieso aktuelle Konfliktlösungsstrategien scheitern u. wie ein erfolgversprechender Ansatz aussehen müsste.
Schlagworte
Transnationale, Krieges, Zentralafrika, Implikationen, Konfliktlösungsstrategien
Arbeit zitieren
Timo Alexander Holthoff (Autor:in), 2006, Transnationale Ökonomie des Krieges in Zentralafrika und Implikationen für Konfliktlösungsstrategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65120

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Transnationale Ökonomie des Krieges in Zentralafrika und Implikationen für Konfliktlösungsstrategien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden