Der Roman Tristan, der im 12. Jahrhundert von Gottfried von Straßburg, nach der Vorlage des französischen Originals, ins Deutsche übertragen wurde, behandelt im Kern die Themen Liebe und Ehre. Doch ganz im Gegensatz zu den damals herrschenden höfischen Vorstellungen dieser beiden Begriffe, definiert Gottfried von Straßburg den Liebes- und Ehrbegriff neu und veranschaulicht anhand einer Reihe von Exkursionen seine Auffassung davon. Tristan und Isolde, die beiden Hauptcharaktere im Tristan, verlieben sich aufgrund eines Liebestrankes, der von Isoldes Mutter, der Königin von Irland, eigens für Isolde und ihren zukünftigen Ehemann Marke, den König von Cornwall, zubereitet wurde. Als jedoch Tristan, der Neffe und getreue Anhänger Markes, die Prinzessin Isolde von Irland nach seiner Brautwerbungsfahrt für Marke mit dem Schiff nach Cornwall bringt, trinken Tristan und Isolde versehentlich von diesem Liebestrank und verlieben sich unsterblich ineinander. Diese Liebe entspricht jedoch nicht einer Liebe unter normalen Bedingungen, sondern wirkt auf die Betroffenen durch den Trank wie ein Bann, der weder durch Vernunft noch durch Trennung unschädlich gemacht werden kann und letztlich Leid und den Tod der beiden Liebenden bedeutet. Diese „mechanisch-zwanghafte Wirkung“ 1 und die daraus resultierende „schicksalhafte, außerhalb jeder menschlichen Verantwortlichkeit liegende Urgewalt dieser Liebe“ 2 stürzen Tristan und Isolde in eine Krise, durch die sie gezwungen sind, durch List und Intrigen König Marke und den Artushof zu hintergehen, um ihre Ehre aber auch ihre verächtete Liebe zu erhalten. Im Folgenden soll nun der Konflikt zwischen dem höfischen Ehr- und Liebesideal und der von Gottfried von Straßburg dargestellten Ehre und Liebe erklärt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Liebe-Ehre-Konflikt
- Liebe
- Höfische Liebesauffassung
- Gottfried von Straßburgs Liebesauffassung
- Prolog
- Hündchen Petitcreiu
- Minnegrotten-Exkurs
- Ehre
- Höfischer êre-Begriff
- Gottfried von Straßburgs êre-Begriff
- Minnetrank
- Minnegrotte
- Markes êre
- Lösung des Liebe-Ehre-Konflikts
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Tristan-Roman von Gottfried von Straßburg, eine Übersetzung des französischen Originals aus dem 12. Jahrhundert, beleuchtet die Themen Liebe und Ehre. Im Zentrum steht die Neubewertung dieser Begriffe durch Gottfried von Straßburg, die sich von den höfischen Vorstellungen seiner Zeit deutlich unterscheidet. Die Geschichte von Tristan und Isolde, die durch einen Liebestrank unsterblich ineinander verliebt sind, wird zum Spiegelbild dieser neu definierten Liebe und Ehre, die mit den höfischen Regeln kollidiert und die Liebenden in einen Konflikt mit dem Königshof und den gesellschaftlichen Normen stürzt.
- Die Redefinition der Liebe und Ehre durch Gottfried von Straßburg im Kontrast zur höfischen Tradition.
- Die „schicksalhafte, außerhalb jeder menschlichen Verantwortlichkeit liegende Urgewalt dieser Liebe“¹ und ihre Folgen für Tristan und Isolde.
- Der Konflikt zwischen der höfischen Moral und der individuellen Liebe, der Tristan und Isolde in Intrigen und List verwickelt.
- Die Darstellung von Liebe als „ewige Einheit der Liebenden“² im Gegensatz zur höfischen Minne.
- Die Rolle des Liebestranks und seine Auswirkungen auf die Liebesbeziehung und den gesellschaftlichen Rahmen.
Zusammenfassung der Kapitel
Der Roman beginnt mit dem Konflikt zwischen den beiden zentralen Themen – Liebe und Ehre. In dieser Einleitung wird die gesellschaftliche Norm der höfischen Minne und der Ehrbegriff des Mittelalters erläutert, um den Kontrast zu Gottfrieds Neuinterpretation zu verdeutlichen.
Im zweiten Kapitel wird die höfische Liebesauffassung dargestellt. Die Liebe im Mittelalter wird als gesellschaftliches Konstrukt definiert, das dem Standesdenken und dem Erhalt des Besitzes diente. Die Ehe wird nicht als Ort der individuellen Liebe, sondern als Mittel zur Fortpflanzung und zur Sicherung des gesellschaftlichen Status betrachtet.
Im dritten Kapitel präsentiert Gottfried von Straßburg seine Sichtweise auf Liebe, die sich von den höfischen Idealen unterscheidet. Er zeigt die „ewige Einheit der Liebenden“³ und das gemeinsame Leid, das durch eine feindliche Welt entsteht. Der Prolog dient als Einführung in diese neu definierte Liebe, die nicht durch gesellschaftliche Normen, sondern durch eine tiefe Verbindung und die Bereitschaft zum Leid bestimmt ist.
Das Kapitel über Ehre konzentriert sich auf die höfischen Definitionen der Ehre und wie sie sich von Gottfrieds Interpretation unterscheiden. Die Handlung des Romans wird dann genutzt, um die Auswirkungen von Tristan und Isoldes Liebe auf die Ehre des Hofes zu verdeutlichen.
Schlüsselwörter
Der Roman Tristan von Gottfried von Straßburg behandelt die Konzepte von Liebe und Ehre in einem mittelalterlichen Kontext. Er befasst sich mit der höfischen Liebesauffassung, der Ehre des Adels und dem Konflikt zwischen den beiden. Die „mechanisch-zwanghafte Wirkung“⁴ des Liebestranks und die daraus resultierende unsterbliche Liebe von Tristan und Isolde sind zentrale Themen. Der Roman beleuchtet auch die Folgen dieser Liebe für die gesellschaftliche Ordnung und die moralischen Normen des Hofes. Zu den wichtigen Begriffen gehören höfische Minne, gesellschaftliche Konventionen, Ehre, Liebestrank, Intrigen und der Konflikt zwischen individueller Liebe und gesellschaftlichen Regeln.
¹ Gottfried von Straßburg: Tristan. 3. Bd. Kommentar. 6. Aufl. Stuttgart 2002. S. 171 f.
² Furstner, Hans: Studien zur Wesensbestimmung der höfischen Minne. Groningen 1956. S. 198.
³ Ebd. S. 198.
⁴ Gottfried von Straßburg: Tristan. 3. Bd. Kommentar. 6. Aufl. Stuttgart 2002. S. 171 f.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2005, Liebesauffassung und Ehrbegriff im Tristan Gottfrieds von Straßburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65171