201 v. Chr. endete der für Karthago wohl folgenreichste Zweite Punische Krieg gegen Rom. Karthago musste sich nicht nur dem römischen Friedensdiktat unterwerfen, sondern ebenso die Vorstellung von einer alleinige Vormachtstellung im Mittelmeerraum verwerfen. Die Frage, die hieraus erwächst, ist, wie es zu diesem fatalen Krieg kommen konnte, der so verheerende Konsequenzen für Karthago mit sich brachte. Ist der Kriegsgrund in dem ausgeprägten Römerhass der Barkiden begründet, so wie die antiken Historiker POLYBIOS und LIVIUS zu wissen glaubten, oder brach der Krieg auf Grund der römischen imperialistischen Bestrebungen aus? Bis heute wird in der historischen Forschung heftig darüber diskutiert, ob die römische Kriegserklärung im Zuge der karthagischen Einnahme Sagunts oder dem Überschreiten des Ebro durch Hannibal erfolgte. Auch wenn in den antiken Quellen, die, wie man aus historischer Sicht anmerken muss, leider überwiegend aus der römischen Perspektive vorliegen und dementsprechend stark unter dem Einfluss Roms stehen, behauptet wird, Rom habe schon zu dem Zeitpunkt in Spanien interveniert, als Hannibal Sagunt angegriffen bzw. eingenommen hat, muss man bei genauerer Betrachtung der Abläufe zu dem Ergebnis kommen, dass erst Hannibals Ebroüberschreitung von römischer Seite als casus belli betrachtet wurde.1 Greift man auf die antiken Quellen zurück, schließen sich beide Erklärungsansätze nicht aus, da POLYBIOS, LIVIUS und APPIAN davon ausgehen, der Ebro läge südlich von Sagunt.2 Einige Wissenschaftler sind vormals davon ausgegangen, dass der Ebrovertrag eine Saguntklausel enthalten habe, die die Stadt vor karthagischen Angriffen schützen sollte.3 Solch eine Klausel würde „dem Geist des Ebrovertrages“ widersprechen, sodass sie mittlerweile „als eine späte annalistische Erfindung angesehen wird, die dazu dienen sollte die Römer von der Verantwortung an einem Krieg freizusprechen“.4 Inwieweit generell verlass auf die antiken Quellen ist, soll sich im Rahmen dieser Arbeit zeigen.
Zunächst einmal müssen die Geschehnisse um die Eroberung Sagunts, einschließlich der römischen Reaktion diesbezüglich, näher untersucht werden, damit im Anschluss festgestellt werden kann, welche Rolle dem Ebrovertrag in der Kriegsschuldfrage des Zweiten Punischen Krieges beigemessen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die politische Neuorientierung Karthagos
- Der Ebrovertrag
- Die geographische Lage des Ebro
- Römische Intervention in Südspanien
- Hannibals Einnahme Sagunts und die römische Kriegserklärung
- Rechtsgültigkeit bzw. eigentliche Rolle des Ebrovertrages zum Zeitpunkt der Kriegserklärung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Rolle des Ebrovertrages in der Kriegsschuldfrage des Zweiten Punischen Krieges zu untersuchen. Dabei werden die politischen und strategischen Hintergründe der karthagischen Expansion in Spanien, die Entstehung des Ebrovertrages, sowie die Interpretationen der antiken Quellen bezüglich der Rechtsgültigkeit des Vertrags und seiner Bedeutung für den Ausbruch des Krieges analysiert.
- Die karthagische Expansion in Spanien und ihre strategische Bedeutung
- Der Ebrovertrag: Entstehung, Inhalte und Interpretationen
- Die Rolle des Ebrovertrages in der Kriegsschuldfrage des Zweiten Punischen Krieges
- Die Interpretationen der antiken Quellen und deren Aussagekraft
- Die Frage nach der Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Rolle des Ebrovertrages in der Kriegsschuldfrage des Zweiten Punischen Krieges vor. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen in der Forschung und skizziert die Problematik der antiken Quellen.
- Das zweite Kapitel analysiert die politische Neuorientierung Karthagos nach dem Ersten Punischen Krieg und dem Söldneraufstand. Es behandelt die Frage nach den strategischen Zielen Karthagos in Spanien und der Rolle des Ebrovertrages.
- Das dritte Kapitel untersucht die Entstehung und den Inhalt des Ebrovertrages, der zwischen Karthago und Rom geschlossen wurde. Es geht auf die unterschiedlichen Interpretationen des Vertrags ein und beleuchtet die Frage, ob eine Saguntklausel im Vertrag enthalten war.
- Das vierte Kapitel betrachtet die geographische Lage des Ebro und seine strategische Bedeutung für Karthago und Rom. Es beleuchtet die karthagische Expansion in Spanien und die Reaktion Roms auf die karthagische Präsenz im Süden des Ebro.
- Das fünfte Kapitel beschreibt die römische Intervention in Südspanien und die Reaktion der Karthager auf die römischen Eingriffe.
- Das sechste Kapitel untersucht die Einnahme Sagunts durch Hannibal und die damit verbundene römische Kriegserklärung. Es diskutiert die Frage, ob Hannibals Einnahme Sagunts den casus belli darstellte oder ob die römische Kriegserklärung erst durch die Ebroüberschreitung Hannibals erfolgte.
- Das siebte Kapitel beleuchtet die Rechtsgültigkeit des Ebrovertrages und die Frage, welche Rolle er zum Zeitpunkt der Kriegserklärung spielte. Es analysiert die antiken Quellen und die unterschiedlichen Interpretationen des Vertrags.
Schlüsselwörter
Zweiter Punischer Krieg, Kriegsschuldfrage, Ebrovertrag, Karthago, Rom, Hannibal, Hamilkar Barkas, Sagunt, antike Quellen, Interpretationen, Strategie, Expansion, Ressourcen, Kriegsschulden, casus belli, römische Intervention.
- Arbeit zitieren
- Toni Rudat (Autor:in), 2006, Die Rolle des Ebrovertrages in der Kriegsschuldfrage des Zweiten Punischen Krieges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65195