Prozessorientierte Theorien zur Arbeitsmotivation


Referat (Ausarbeitung), 2003

16 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Überblick über die Theorien der Arbeitsmotivation

2. Hintergründe der prozessorientierten Theorien zur Arbeitsmotivation

3. Die VIE-Theorie nach Vroom (1964)
3.1 Ausgangsannahmen der Theorie
3.2 Die Schlüsselkomponenten der Theorie
3.2.1 Das Valenzkonzept
3.2.2 Das Instrumentalitätskonzept
3.2.3 Das Erwartungskonzept
3.3 Das Zusammenspiel der drei Komponenten
3.4 Modifikationen der VIE-Theorie

4. Das Modell von Porter und Lawler
4.1 Zur Arbeitszufriedenheit
4.2 Anmerkungen und Kritik zu Porter und Lawler

5. Die Validität der VIE-Theorie

6. Implikationen für Betriebsorganisationen
6.1 Erwartungsbezogene Implikationen
6.2 Instrumentalitätsbezogene Implikationen
6.3 Valenzbezogene Implikationen
6.4 Schlussbemerkung

1. Überblick über die Theorien der Arbeitsmotivation

In der Arbeits- und Organisationspsychologie gibt es wohl kaum einen Bereich, der mit genauso viel Interesse und Beachtung versehen wird, wie das Thema der Arbeitsmotivation. Sowohl die wissenschaftliche Forschung wie auch die Organisationsleitungen von Betrieben sind daran interessiert die Kenntnis bezüglich der entsprechenden Motivationsprozesse und der darauf einflussnehmenden Faktoren zu erweitern um mögliche Implikationen praktisch umzusetzen.

So ist es zum Beispiel für Ansatzmöglichkeiten in der Praxis wichtig herauszufinden, welche Kräfte einen Menschen dazu bringen, seine Bemühungen in eine bestimmte Aufgabe zu investieren, eine bestimmte Tätigkeit überhaupt erst zu verfolgen, täglich die Arbeitsstelle anzutreten, ein gewisses Leistungsniveau zu erreichen oder auch an der Vollendung einer bestimmten Tätigkeit mit Engagement und Interesse mitzuwirken und ähnliches mehr. Allerdings interessieren aufgrund der Multikausalität menschlichen Verhaltens für eine verhaltenserklärende Motivationstheorie neben der Motivation als Determinante auch andere Faktoren, die Arbeitsverhalten und Arbeitsleistung beeinflussen, wie Fähigkeiten, Erfahrungen, Erwartungen oder Werte, um nur einige Beispiele anzuführen.

Die Forschung zur Arbeitsmotivation entwickelte zur Erklärung motivierten Verhaltens in Arbeitssituationen und der Beziehung zwischen Verhalten und Leistung eine Anzahl verschiedener Motivationsmodelle, die sich in zwei Kategorien unterteilen lassen: zum einen die Inhalt/Ursache-Theorien und auf der anderen Seite die sogenannten Prozess-Theorien.

Was und welche spezifischen Faktoren den Menschen zur Arbeit motivieren, mit dieser Frage beschäftigen sich die Inhalt/Ursache Theorien, so das Modell der Bedürfnishierarchie nach Maslow (1954), die Bedürfnistheorie der Organisationspsychologie von Adlerfer (1972), Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie (1967) und McClellands Theorie der gelernten Bedürfnisse (1984).

Im Gegensatz dazu versuchen die Prozess-Theorien zu erklären, wie menschliches Verhalten energiert, gerichtet und beendet wird und warum Menschen bestimmte Verhaltensweisen wählen um ihre Ziele zu erreichen, es werden also vor allem die kognitiven Aspekte im menschlichen Handeln betont. Hierzu gehören v.a. die Instrumentalitäts- oder Erwartungsmodelle und die Balance-Theorien.

Im Folgenden werden die Instrumentalitäts- bzw. Erwartungs-Theorien näher ausgeführt und erläutert, zum einen die Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie (VIE-Theorie) von Vroom (1964) und anschließend eine auf diesem Modell basierende Erweiterung des Erwartungs x Wert-Ansatzes, ein sogenanntes Zirkulationsmodell von Porter und Lawler (1968)

2. Hintergründe der prozessorientierten Theorien zur Arbeitsmotivation

Die Prozess-Theorien der Arbeitsmotivationsforschung sind kognitive Ansätze, was bedeutet, dass sie von der Annahme ausgehen, dass Individuen sich in einer Form von bewusstem Verhalten in ihre Arbeit einbringen. Der Mensch wird hier also als ein rationales, vernünftig denkendes Wesen gesehen, das sich der Konsequenzen seines Verhaltens bewusst ist und diese in seine Handlungsplanung mit einbezieht. Diese kognitiven Modelle betreffen also die Denkprozesse, die ein Mensch durchläuft bei Entscheidungen für am Arbeitsplatz.

Die vermutlich bekanntesten Theorien der Arbeitsmotivation sind die sogenannten Erwartungsmodelle. Unter diesem Begriff lassen sich eine Vielzahl von Theorien einordnen, deren Gemeinsamkeiten untereinander weitaus bedeutsamer sind als ihre Unterschiede. Der Großteil dieser Theorieansätze basiert auf den Ansichten Vrooms zur Arbeitsmotivation (1964) und greift dessen Basiskonzepte als Grundlage auf.

Allerdings ist bisher trotz unzähliger empirischer Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet und vielfacher Variationen der Grundkonzeption dieser Theorien nur sehr wenig Klarheit bezüglich deren Validität erreicht, was auf gravierende Fehler bei den Untersuchungen zurückzuführen ist, welche die Eindeutigkeit der Schlussfolgerungen einschränkten.

3. Die VIE-Theorie nach Vroom (1964)

3.1 Ausgangsannahmen der Theorie

Vrooms Theorie basiert als kognitives Modell auf der Annahme, dass menschliches Verhalten auf einer rationalen, bewussten Auswahl zwischen unterschiedlichen Handlungsalternativen beruht, und dass die hierbei zu treffenden Entscheidungen systematisch auf psychologische Prozesse v.a. der Wahrnehmung und der Bildung von Überzeugungen und Einstellungen bezogen sind, obwohl man natürlich keinesfalls von einer eins-zu-eins Übertragung zwischen Einstellung und Verhalten ausgehen kann. Der Zweck dieser Auswahl einer bestimmten Handlungsalternative liegt in dem in der Psychologie alt bekannten Prinzip der Erhöhung von Lust bzw. Vermeidung von Unlust.

3.2 Die drei Schlüsselkomponenten der Theorie

Vrooms theoretische Konzeption basiert auf drei grundlegenden Komponenten, von denen jede eine Überzeugung des Individuums darstellt. Diese drei Schlüsselbegriffe sind Valenz (V), Instrumentalität (I) und Erwartung (E) entsprechend dem Namen des Modells (VIE-Theorie).

3.2.1 Das Valenzkonzept:

Vroom geht in seiner Theorie davon aus, dass jedes Individuum bestimmte Vorlieben, aber genauso auch Abneigungen bezüglich bestimmter Handlungsergebnisse hat. Diese Präferenzen reflektieren den zugrundeliegenden Bedürfniszustand einer Person und dessen Ausmaß. So wäre es z.B. denkbar, dass viele Menschen es vorziehen würden mit anderen zusammen zu arbeiten, auch wenn die einzigen sozial interaktiven Arbeitsstellen gewisse Nachteile wie eventuell eine schlechtere Bezahlung mit sich bringen würden.

Diese affektive Orientierung von Individuen in Richtung bestimmter Handlungstendenzen je nach persönlicher Präferenz bezeichnet Vroom mit dem Begriff der Valenz.

Ein Sachverhalt besitzt eine positive Valenz für eine Person, wenn diese den Zustand für wünschenswert hält, er besitzt dagegen eine negative Valenz, wenn er für die Person nicht erstrebenswert ist, sondern sie diesen Zustand vermeiden möchte. Es ist außerdem möglich, dass eine Person unentschieden ist bezüglich der Valenz eines bestimmten Sachverhaltes, in diesem Falle spricht man von einer sogenannten Null-Valenz.

Ein sehr wichtiger Aspekt in diesem Valenzkonzept ist die Tatsache, dass es sich hierbei um die subjektive Überzeugung einer Person handelt, d.h. die Valenz bezieht sich auf den Grad der Befriedigung, den eine bestimmte Person von einem Handlungsergebnis erwartet und nicht auf das tatsächlich eintretende Ausmaß an Befriedigung. Es geht also um einen Erwartungswert.

Bsp.: für eine Angestellte hat Kündigung eine negative Valenz, sie möchte diesen Sachverhalt möglichst vermeiden. Nachdem sie nun aber tatsächlich gekündigt wird, findet sie einen neuen Arbeitsplatz welcher eher ihren Fähigkeiten entspricht, in welchem sie sich zufriedener fühlt und mehr Gehalt bekommt als zuvor. Hier bekommt die Kündigung, welche anfangs für die Angestellte negative Valenz besaß schließlich als sie tatsächlich eintritt doch eine positive Valenz.

Eine der wichtigsten Folgen von Arbeitsanstrengung ist der erreichte Leistungsgrad. Für einen Arbeitnehmer besteht eine sehr wichtige und starke Verbindung zwischen erbrachtem Einsatz und dem damit verbundenen Arbeitsergebnis. Um die Arbeitsmotivation von Individuen zu verstehen und zu erklären, ist das Leistungslevel die wichtigste Folge von Arbeitsanstrengung.

V steht also für Valenz – der erwartete Zufriedenheitsgrad/Unzufriedenheitsgrad der durch die subjektive Bewertung von arbeitsbezogenen Handlungsfolgen erreicht wird.

3.2.2 Das Instrumentalitätskonzept:

Bei einer genauen Betrachtung des Valenzkonzepts bleibt die Frage offen, was genau den Wert einer bestimmten Handlungsfolge für ein Individuum (in diesem Falle ein Arbeitnehmer) bestimmt. Was legt z.B. den speziellen Wert fest, der für einen bestimmten Angestellten mit einem gegebenen Leistungslevel verbunden ist?

Vroom definiert hierfür den Instrumentalitätsbegriff. Ein konkretes Leistungslevel ist dann positiv valent für eine Person, wenn diese davon überzeugt ist, dass eben dieser gewisse Leistungsstandard mit einer Reihe von ihm positiv bewerteter Folgen (sogenannter second level outcomes) instrumentell verbunden ist. D.h. wenn der Arbeitnehmer davon überzeugt ist, dass ein hohes Maß an Arbeitsleistung (first level outcome) bestimmte Konsequenzen nach sich zieht, die er anstrebt (z.B. eine Beförderung) und/oder andere Konsequenzen vermeidet, die er nicht erfahren möchte (z.B. eine Kündigung), dann wird das Erreichen eines hohen Leistungsstandards für diesen Arbeitnehmer positive Valenz besitzen, da es die von ihm gewünschten Folgen mit sich bringt.

Instrumentell bedeutet demnach, dass etwas das Mittel für das Erreichen von etwas anderem darstellt, zu einer bestimmten Sache führt.

Vroom geht also in seiner Theorie davon aus, dass Instrumentalität die erwartete Beziehung zwischen einer Handlungsfolge und anderen Konsequenzen darstellt, wobei er der Instrumentalität einen Range von +1 bis –1 zuordnet:

Eine Instrumentalität von +1 gibt an, dass nach der Überzeugung der Person eine zweite Konsequenz sicher eintritt, wenn eine erste Handlungsfolge erreicht ist.

Eine Instrumentalität von 0 drückt aus, dass keine Beziehung irgendeiner Form besteht zwischen den beiden Konsequenzen.

Eine Instrumentalität von –1 bedeutet, dass das Eintreten einer zweiten Konsequenz dem Individuum zufolge sicher ausbleibt, wenn eine erste Konsequenz gegeben ist.

In den meisten Fällen im alltäglichen Leben sind Individuen in komplexe Instrumentalitätsnetzwerke eingebunden, so dass das Eintreten eines bestimmten Ereignisses sowohl instrumentell für das Eintreten weiterer Ereignisse ist, sowie auch instrumentell für das Ausbleiben bestimmter anderer Konsequenzen.

Das Individuum als rational denkendes Wesen nach Vroom wägt also bei der Entscheidung für eine bestimmte Handlung die damit instrumentell verknüpften positiven bzw. negativen Folgen gegeneinander ab um die subjektive Lust zu erhöhen.

Gemeinsam betrachtet bedeuten das Valenz- und das Instrumentalitätskonzept, dass ein Handlungsergebnis welches von einer Person positiv bewertet wird mit bestimmten Konsequenzen verbunden ist, welche ebenfalls einen positiven Wert für die Person besitzen.

Wenn ein Angestellter beispielsweise davon ausgeht, dass eine hohe Arbeitleistung hauptsächlich Dinge nach sich zieht, die ihm missfallen, so wird auch diese Arbeitsleistung keine positive Valenz für diesen Angestellten besitzen. Wenn der Arbeitnehmer dagegen davon überzeugt ist, dass ein hoher Grad an Arbeitsleistung mit für ihn angenehmen Folgen verbunden ist, so wird er auch diesen Leistungsstandard subjektiv positiv bewerten und eine solche hohe Leistung anstreben.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Prozessorientierte Theorien zur Arbeitsmotivation
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Psychologisches Institut)
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V65323
ISBN (eBook)
9783638579209
ISBN (Buch)
9783656802846
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prozessorientierte, Theorien, Arbeitsmotivation
Arbeit zitieren
Corinna Grau (Autor:in), 2003, Prozessorientierte Theorien zur Arbeitsmotivation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65323

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